Varus Schlacht

Moderator: Barbarossa

Cherusker
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Man hat auch in Kalkriese auch Gegenstände gefunden, die als "germanisch" betrachtet werden. Nicht viele, aber es gibt sie.
Ferner hat man in der Umgebung von Kalkriese (ca. 15km) Bohlenwege gefunden und dort auch germanische Waffen.
Somit kann man schon gesichert davon ausgehenen, daß dort eine Schlacht zwischen Römern und Germanen stattfand.
Es gibt auch Experten, die davon ausgehen, daß dort vielleicht eine römische Lagerbesatzung, die sich zum Rhein (Xanten) absetzen wollte, überfallen wurde.

Anhand der Funde, z.B. Kampfverletzungen an Schädelknochen, hat dort auch ein Kampf stattgefunden. Der Wall ist auch zusammengebrochen und hat ein Muli unter sich begraben. Das deutet alles auf kämpferische Aktivitäten hin.
RedScorpion

Find ich n bisschen mager.

Germanen kann man m.E. völlig ausschliessen, wenn wenig oder keine germanischen Gegenstände gefunden wurden.

Man kann zwar argumentieren, dass Auxilia röm. Trachten trugen (aber auch als Amulette und in der Unterwäsche?) und germanische Rüstungen keine waren sprich eher vergammelten oder erst gar nicht da waren,

aber dann dürfte man auch keine römischen erwarten, sofern denn das angebliche Schlachtfeld der leichenfleddernden lokalen Bev. bekannt war.

Könnte man nicht auch irgendwie so Massenpanik auf engem Weg ohne Feindeinwirkung annehmen?
Ich mein', soll ja vorkommen ...



LG
Paul
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Das Quellgebiet der Ems würde für alle 4 beteiligten germanischen Stämme etwa gleich gut zu erreichen gewesen sein.

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/c ... enAD50.png

Was mich wundert ist, das es keine Aufzeichnungen über den Aufbruch des Varus und seinen geolanten Zug gibt.
Welche der disskutierten Kriegsschauplätze liegen denn in der Nähe des Quellgebiets der Ems?
Gibt es eine Karte über die disskutierten Kriegsschauplätze?
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
Cherusker
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RedScorpion hat geschrieben:
Könnte man nicht auch irgendwie so Massenpanik auf engem Weg ohne Feindeinwirkung annehmen?
Ich mein', soll ja vorkommen ...



LG
Das ist nun sehr unwahrscheinlich, wenn man bedenkt, daß ein römischer Troß sich in der Größenordnung über Kilometer hinwegzog und die römischen Legionen sich durch ihre Disziplin auszeichneten. Ferner war die "Engstelle", auch nicht so eng, sondern einige hundert Meter breit. :wink: Für einen Angriff war sie geeignet, aber nicht für eine Massenpanik. :mrgreen: Und wozu hat man dann noch einen Wall gebaut ? :mrgreen: Um den Engpaß noch schmaler zu machen? :wink:

Und die Germanen hatten viele vergängliche Sachen, die in diesen Bodenschichten die 2000 Jahre nicht überstehen konnten. Weiterhin haben die siegreichen Germanen nach der Schlacht den Kampfplatz geplündert und die römischen Gegenstände, die sie finden konnten an bestimmten Stellen zusammengetragen. Das ist anhand der Funde bestätigt. Nur Gegenstände, die vom Wall verschüttet wurden, z.B. die römische Maske, hat man unversehrt gefunden.

Übrigens hat man auf keltischen Wallanlage auch kaum Hinweise auf die Angreifer (höchstwahrscheinlich Germanen) gefunden. Nur Pfeilspitzen, die auch Kettenhemden durchschlagen konnten, wurden als gegnerische Stücke gewertet. Ansonsten waren nur die metallischen Gegenstände der keltischen Bevölkerung gefunden worden. :?
RedScorpion

Cherusker hat geschrieben:
RedScorpion hat geschrieben:
Könnte man nicht auch irgendwie so Massenpanik auf engem Weg ohne Feindeinwirkung annehmen?
Ich mein', soll ja vorkommen ...



LG
Das ist nun sehr unwahrscheinlich, wenn man bedenkt, daß ein römischer Troß sich in der Größenordnung über Kilometer hinwegzog und die römischen Legionen sich durch ihre Disziplin auszeichneten.
...
Disziplin schaltet Instinkte aber nie völlig aus.

Cherusker hat geschrieben: ...
Und wozu hat man dann noch einen Wall gebaut ? :mrgreen: Um den Engpaß noch schmaler zu machen? :wink:
...
Stand der Dinge von vor ein paar Jahren war, dass man es nicht weiss (denn er steht für eine Verteidigungsfunktion doch auf der falschen Seite?). Wegbefestigung und Verhindern, dass die Muli abrutschen, könnte auch denkbar sein.

Cherusker hat geschrieben: ...
Und die Germanen hatten viele vergängliche Sachen, die in diesen Bodenschichten die 2000 Jahre nicht überstehen konnten.
...
Und das ist der grosse Schwachpunkt einer Therorie eines germanischen Sieges.
Es ist einfach undenkbar, keine germanischen Gegenstände zu finden, und wenn sie noch so vergänglich wären (zumal teilweise in Sumpfgebiet. Da muss man einfach irgendwas finden, um behaupten zu können, dass auch nur ein einziger Germane dabeiwar). Irgend nen germanischen Toten, der verschütt gegangen ist, wird's bei ner Schlacht, auch bei germanischem Sieg, gegeben haben müssen, und einer wird auch sein Armbändchen oder Kämmchen verloren haben, selbst wenn sie nur im Wald gehaust haben, zu Hunderten oder Tausenden.
Zumal ja hinterher, da die Sachen ja nicht so einfach wieder zu kaufen waren wie heut, bestimmt der eine oder andere das "Schlachtfeld" abgegrast hat (aber unmöglicherweise ohne Detektoren u.ä. alles gefunden und mitgenommen haben kann), und das gute römische Zeugs liegenliess (bzw. zusammentrug und dann doch liegenliess), aber das vergleichsweise minderwertige germanische mitnahm (oder war's schon damals alles vergammelt?)? Und Römer, die danach kamen, haben das ebenso gemacht? Das ist doch nicht glaubhaft ...

Cherusker hat geschrieben: ...
Übrigens hat man auf keltischen Wallanlage auch kaum Hinweise auf die Angreifer (höchstwahrscheinlich Germanen) gefunden. Nur Pfeilspitzen, die auch Kettenhemden durchschlagen konnten, wurden als gegnerische Stücke gewertet. Ansonsten waren nur die metallischen Gegenstände der keltischen Bevölkerung gefunden worden. :?
Für ne echte Schlacht würden aber nur Pfeilspitzen, die gegnerische Ziele durchschlagen haben, zählen:

Meine Message ist: Evtl. Vorsicht mit vorschnellen Ergebnissen.
M.E. weiss man einfach nicht genug bisher.
Wenn es neue Ergebnisse gibt, die ich nicht kenne, bin ich freilich froh, jene erzählt zu bekommen.

Danke und lG
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Agrippa
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RedScorpion hat geschrieben:Sorry, dass ich hier hereinplatze;

darf ich aber trotzdem ma fragen, woraus genau man entnimmt, dass überhaupt Germanen an der "Schlacht" beteiligt waren?
Ist eventuell auch denkbar, dass es nicht nur keine Schlacht zwischen Römern und Germanen/Römern und Auxilia/Auxilia und Auxilia oder gar Römern und Römern u.ä. gegeben hat,

sondern auch gar keine Schlacht?
Hallo Red Scorpion,

ein wichtiger Einwand, mit dem sich die Wissenschaft seit langem beschäftigt.

Man vermutete, dass in Kalkriese keine Schlacht stattfand, sondern sich ein germanischer Opferplatz befand. Vergleichbar fundreiche Opferplätze sind aus Südskandinavien bekannt. An diesen Orten wurden die Waffen der Feinde den eigenen Göttern geopfert. Das würde gut erklären, warum germanische Waffenfunde in Kalkriese fehlen. Der seltsam geschwungene Wall wurde in Verbindung mit der Midgardschlange gebracht und könnte somit rein kultischen Charakter gehabt haben. Dagegen sprechen allerdings die zahlreichen Funde, die eher einem römischen Tross zugeornet werden, wie Spielsteine, Truhen, sogar ein Bettgestell. Das wäre für einen Kultplatz ungewöhnlich.

Geht man also doch von einem Kampfplatz zwischen Römern und Germanen aus, so bleibt die Frage, warum keine germanischen Waffen gefunden wurden.

Waren es vielleicht germanische Hilfstruppen, die mit römischer Ausrüstung die Legionäre überfielen?
Das ist eher unwahrscheinlich.
Zur Zeit des Varus waren die Germanen, die den Römern dienten, noch keine Auxiliarii, sondern socii, also Bundesgenossen. Diese Truppen unterstanden nicht dem Heer ständig, sondern wurden bei Bedarf hinzugeholt. So geschah es auch zu Beginn der Varusschlacht, als Arminius vorgab, germanische Verbündete herbei zu holen.

Man kann sich die Situation so vorstellen, wie in Nordamerika im 18. Jh. (während des French and Indian War). Die Franzosen hatten einige Indianerstämme als Verbündete, die jedoch nicht in franz. Uniformen und in Reih und Glied antraten, sondern auf ihre eigene Art kämpften. Sie waren auch nicht in den Forts kaserniert, sondern standen im Kriegsfall als eigenständige Verbündete zur Verfügung. Entlohnt wurden sie in Naturalien.
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Agrippa
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Nach allen Regeln der Logik müssten am Ort der Varusschlacht neben römischen auch germanische Waffen zu finden sein. Warum fehlen sie in Kalkriese?
Weil Kalkriese nicht der Ort der Varusschlacht ist!

In der Varusschlacht kämpften Germanen mit germanischen Waffen gegen die Legionen des Varus. Die Unterlegenheit in der schlechten Ausrüstung glichen die Germanen durch einen Guerillakampf in schwierigem Gelände aus.
Nach dem Sieg waren nicht nur ca. 20 000 Römer tot oder in Gefangenschaft, sondern die gesamte Ausrüstung eines kompletten Heeres fiel den Germanen als Beute in die Hände. Für eine Gesellschaft, die Krieg als Lebensform pflegte, jedoch an chronischer Metallarmut litt, ein Gewinn von unschätzbarem Wert.
Tacitus hebt diesen Punkt explizit hervor.

In den späteren Rachefeldzügen des Germancus sahen sich die Römer Germanen gegenüber, die Schwerter (gladii) und Wurfsspeere (pila) verwendeten und wahrscheinlich auch zum Teil römische Defensivausrüstung trugen, so lange sie sie nicht im Kampf behinderte.

Auf den Schlachtfeldern der Germanicus-Feldzüge (wie z.B. an den Potes Longi) wird deshalb weiniger mit germanischen Waffen zu rechnen sein. Dort führte Armnius persönlich den ersten Hauptangriff mit einer Schar ausgewählter und sicher auch sehr gut ausgerüsteter Männer.
Paul
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Dort wo "Chatten" mitkämpften, mußten vor allem auch Latene-Waffen gefunden werden. Es gab keinen Grund den Bewaffnungsstandart ihrer Vorfahren zurückzuschrauben. Die "Chatten" litten nicht unter Metallarmut, sondern verfügten über unbegrenzte Erzlagerstätten und eine alte (ubische) Tradition in der Rüstungsproduktion, welche laut den Ausgrabungen in Nord- und Mittelhessen ohne Unterbrechung bis in die Neuzeit fortgeführt wurde. Sicherlich werden auch sie ihre Langschwerter, Streitäxte, Wurfspeere und Kettenhemden nicht ohne Not zurückgelassen haben.
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
Cherusker
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RedScorpion hat geschrieben: Und das ist der grosse Schwachpunkt einer Therorie eines germanischen Sieges.
Es ist einfach undenkbar, keine germanischen Gegenstände zu finden, und wenn sie noch so vergänglich wären (zumal teilweise in Sumpfgebiet. Da muss man einfach irgendwas finden, um behaupten zu können, dass auch nur ein einziger Germane dabeiwar). Irgend nen germanischen Toten, der verschütt gegangen ist, wird's bei ner Schlacht, auch bei germanischem Sieg, gegeben haben müssen, und einer wird auch sein Armbändchen oder Kämmchen verloren haben, selbst wenn sie nur im Wald gehaust haben, zu Hunderten oder Tausenden.
Zumal ja hinterher, da die Sachen ja nicht so einfach wieder zu kaufen waren wie heut, bestimmt der eine oder andere das "Schlachtfeld" abgegrast hat (aber unmöglicherweise ohne Detektoren u.ä. alles gefunden und mitgenommen haben kann), und das gute römische Zeugs liegenliess (bzw. zusammentrug und dann doch liegenliess), aber das vergleichsweise minderwertige germanische mitnahm (oder war's schon damals alles vergammelt?)? Und Römer, die danach kamen, haben das ebenso gemacht? Das ist doch nicht glaubhaft ...

Man hat auch was gefunden. Zwar nicht direkt in Kalkriese, sondern noch nicht einmal 10km Luftlinie entfernt, fand man einen Bohlenweg, der durch eine dendrochronologische Untersuchung in das Jahr 15 n.Chr. datiert wird und bei dem man auch germanische Waffen mit Kampfspuren entdeckte. Zur Erinnerung: 15 n.Chr. war PONTES LONGI.
Das hat bei Kalkriese-Befürwortern den Verdacht erregt, daß die Varusschlacht und PONTES LONGI-Schlacht sich "überlappt "haben könnten. :shock: :lolno:
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Agrippa
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Germanische Waffen waren von geringerer Qualität als römische. Germanische Schwerter haben sich in der Schlacht auch schon mal verbogen.
Man kann davon ausgehen, dass nach der Varusschlacht über 10000 gladii und eine noch größere Zahl an pila in den Besitz der Germanen fiel.
Römische gladii und pila waren tödliche Waffen, vor denen selbst die Römer großen Respekt hatten, vor allem wenn sie in Massen in die Hände von Germanen gerieten, wie im Falle der Varusschlacht.


Das folgende Zitat bezieht sich auf die Ansprache des Arminius zu seinem Heer, kurz vor der Schlacht gegen Marbod 17 n.Chr.:

Tacitus Ann. II, 45:
„Jetzt besichtigte Arminius zu Pferd alles und wies überall, wohin er ritt, auf die wiedergewonnene Freiheit, die erschlagenen Legionen und auf die den Römern abgenommenen Waffen hin, die immer noch in vieler Hände seien.“
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Barbarossa
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Ein interessanter Aspekt dabei ist tatsächlich die besondere Qualität des norischen Stahls, der so in Europa wohl einmalig war.
Ein wichtiges Exportgut der Noriker war der ob seiner Härte und Elastizität gerühmte norische Stahl (ferrum noricum). Fast die gesamte Produktion der norischen Waffenschmiede ging nach Rom und wurde zu einem Faktor beim Aufbau des römischen Imperiums. Die Waffen aus dem norischen Stahl trugen maßgeblich zu dem Erfolg der römischen Eroberungszüge bei.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Noriker_%28Volk%29

Es gab darüber mal eine Doku und dort wurde ausgeführt, dass die Qualität des dortigen Eisens durch den Einschlag eines Meteoriten in der Gegend günstig beeinflusst wurde.
Die Diskussion ist eröffnet!

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Agrippa
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Ja, das ist die Geschichte vom sog. "Chiemgau-Kometen" (lief auch als Folge von Terra X im ZDF). In meinen Augen ist diese Theorie allerdings zu phantasievoll und nicht wirklich relevant für den Erfolg des römischen Imperiums.
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Agrippa
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Zurück zum Thema Kalkriese:

Laut Tacitus führte Arminius persönlich mit einer Schar ausgewählter Krieger den Angriff gegen die Legion I des Legaten Caecina. Es wird sich um Cherusker gehandelt haben, die schon sechs Jahre zuvor in der Varusschlacht für ihn gekämpft hatten. Ihnen rief Arminius (Tacitus, Ann. I 66) zu:

"Seht da! Varus und die wiederum dem gleichen Verhängnis verfallenen Legionen!"

Wir wissen alle, dass dieser Ausruf von Tacitus verfasst wurde, um die Berichterstattung spannender auszuführen. Aber im Prinzip gibt er die Situation wieder: Die gleichen Cherusker, die Varus zuvor vernichtet hatten, sehen nun wieder ein römisches Heer in schwieriger Situation.

Anders als in der dreitägigen Varusschlacht. in der das römische Heer noch einige Distanz zurücklegt, kommt es hier, an den Pontes Longi punktuell zu einem großen Gefecht.

Tac. Ann. I 66:
"Mit diesen Worten durchbrach er (Arminius, Anm. d.Verf.) mit einer auserlesenen Truppe die Marschkolonne, wobei er hauptsächlich den Pferden Wunden beibrachte. (...) Während Caecina versuchte, dnen kampf zum Stehen zu bringen, wurde sein Pferd unter ihm durchstochen. Er stürtzte herab und wäre umzingelt worden, wenn nicht die erste Legion sich dem Feind entgegengeworfen hätte."

Und hier wird es interessant: Bereits 1992 wurde in Kalkriese die Faltschließe eines römsichen Kettenhemdes gefunden, die die gepunzte wie geritzte Inschrift trägt: M. Aius I Fabricii. Die Kalkrieser Wissenschaftler deuteten in ihrem Sinne, dass die Haste "I" nach dem Namen Aius als Bezeichnung der ersten Kohorte zu sehen sei. Die Legion sei nicht benannt. Andere Wissenschaftler entgegneten, es könne sich dabei ebenso um die Nennung der ersten Legion, anstatt der Kohorte handeln. Die erste Legion kämpfte allerdings nicht in der Varusschlacht, sondern, wie oben gesehen, an den Pontes Longi 15 n.Chr.

Ebenfalls 1992 wurde das Mundblech einer Schwertscheide in Kalkriese gefunden, die u.a. die Ritzinschrift "LPA" trug. Dieses Kürzel wurde von der spanischen Epigraphikerin M. Garcia Bellido als "Legio Prima Augusta" gedeutet, also wiederum die erste Legion. Seltsamerweise verschwand dieses Objekt auf unerklärliche Weise für 16 (!) Jahre im Archiv in Kalkriese, bevor es auf Nachfrage von Frau M. Garcia Bellido 2008 endlich veröffentlicht wurde!
Diese Inschrift war den Kalkriesern so unpassend, dass sie sie gerne nach dem 2000-jährigen Jubiläum im Jahr 2009 publiziert hätten. In ihrer Not erklärten die Kalkrieser, dieses Stück zeige eine Inschrift, die es so nicht geben dürfte, da die Legio Prima "Augusta" eigentlich bereits "Germanica" heißen müsste. Das musste man so zur Kenntnis nehmen.

Die Kalkrieser, allen voran Frau Dr. Wilbers-Rost und ihr Gatte Dr.Rost, beharrten trotz allem darauf, dass in Kalkriese Germanen parallel zum Weg einen Wall errichtet hätten, um den vorbeiziehenden Legionen des Varus ein Defiléegefecht zu liefern.

2011 kam dann die Wende.
Prof. Wolfgang Schlüter, der zusammen mit Major Tony Clunn als der "Entdecker" des Schlachtfeldes von Kalkriese gilt, veröffentlichte einen wissenschaftlichen Beitrag, in dem er darlegt, dass der Wall irrtümlich als germanisch gedeutet wurde. Sogar wider besseres Wissen.
Er zeigt sehr nachvollziehbar, dass nach seiner Erkenntnis der Wall das Werk römischer Legionäre sei.
Das war ein wahrer Paukenschlag! Eine Rezension seiner Kalkrieser Kollegen Wilbers-Rost und Rost steht bis heute aus.

Seitdem hat es bereits zwei Fachkolloquien zu diesem Thema gegeben, an denen Prof. Schlüter, Dr. Cosack, Prof. Callies, Dr. Harnecker u.a. Historiker und Archäologen teilnahmen. Das dritte Kolloquium folgt in Kürze.
Harald
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Arminius und die von ihm direkt befehligten Cherusker hatten in Pannonien auf römischer Seite an der Niederschlagung des Aufstands mitgewirkt und man kann davon ausgehen, daß sie sehr wohl gelernt hatten, wie man römische Wälle baut. Die Erlebnisse in Pannonien und die Grausamkeit der Römer haben wahrscheinlich Arminius dazu gebracht, den Römern die Freundschaft zu kündigen.
Mag sein, daß nicht 100%ig sicher ist, ob Kalkriese der Ort der Varusschlacht, die nunmal eine sehr untypische war, gewesen ist, aber solange man keinen besseren bieten kann muß es dabei bleiben.

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Cherusker
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Harald hat geschrieben:Arminius und die von ihm direkt befehligten Cherusker hatten in Pannonien auf römischer Seite an der Niederschlagung des Aufstands mitgewirkt und man kann davon ausgehen, daß sie sehr wohl gelernt hatten, wie man römische Wälle baut. Die Erlebnisse in Pannonien und die Grausamkeit der Römer haben wahrscheinlich Arminius dazu gebracht, den Römern die Freundschaft zu kündigen.
Wo steht das geschrieben? :shock: Man weiß nicht, in welcher Gegend Arminius für die Römer gekämpft hat. Und der Pannonische Aufstand war gerade beendet, da kam die Nachricht von der Varusniederlage herein.
Es ist gut möglich, daß Arminius auch nur in Germanien mit seinen Truppen als Bundesgenosse für die Römer gedient und gekämpft hat. Bis 4 n.Chr. gab es in Germanien den "immensum bellum", der erst von Tiberius niedergeschlagen wurde. Hier kann auch Arminius z.B. auf Seiten der Römer gegen die Chauken gekämpft haben. Verwunderlich ist nämlich die Tatsache, daß 5 Jahre nach dem "immensum bellum" die Chauken gegen Arminus gekämpft haben und sich nicht dem Aufstand angeschlossen haben. :?
Vielleicht war Arminius auch beim Feldzug des Tiberius gegen die Markomannen dabei, der aber nicht zustande kam, weil der Pannonische Aufstand ausbrach?
Und was spricht dagegen, daß vielleicht Arminius in Xanten stationiert war?

Das sind auch reine Spekulationen, die nirgends irgendwo in den römischen Quellen erwähnt wurden. :wink:
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