Barbarossa hat geschrieben:Ich weiß, was du meinst, Karlheinz. Das erinnert mich auch sehr an die Entwicklung hier in Ostdeutschland. Auch hier gab es solche Wohnungsbauprogramme mit den Plattenbauten, wo ein Wohnblock mit 10 Aufgängen und 5 Etagen rohbaumäßig innerhalb zwei Wochen hochgezogen war. Im Vergleich zu den Altbauten boten diese Wohnungen tatsächlich einen hohen Komfort. Das ulkige daran: In diesen Blöcken war eigentlich gar kein Gemeinschaftsraum vorgesehen, sondern nur mehrere Trockenräume zum Wäschetrocknen. Aber die Mieter vieler Aufgänge beschlossen dann einfach, einen dieser Räume als Gemeinschaftsraum für Feiern herzurichten. So war das auch in meinem Aufgang und da wurden dann Geburtstage, Jugendweihe und Sylvester zusammen gefeiert. Erst wenige Jahre vor der Wende brach in meinem Aufgang diese Gemeinschaft auseinander und jeder machte "sein Ding". Ich glaube, als man sich verkrachte, da spielten auch Differenzen bei der politischen Einstellung eine Rolle.
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Erstaunlich, bei uns haben sich nie Gemeinschaften herausgebildet, hier machte jeder von Anfang an sein eigenes Ding. Liegt wohl an unserer Gesellschaftsstruktur, die auf Konkurrenz aufbaut. Im Osten brauchte man wahrscheinlich häufig Nachbarschaftshilfe, bei uns stand ja sofort am nächsten Tag der Handwerker vor der Tür. Und knappe Waren musste auch niemand für die anderen besorgen.
Wie dem auch sei, jeder, der zu etwas Geld kam, zog irgendwann aus. Es rückten dann häufig sozial schwache Familien nach, die von den Behörden zwangsweise eingewiesen wurden und deren Sozialverhalten, sagen wir einmal, ungewöhnlich war. Meine Schwester wohnte in einem solchen Haus, bei der Familie über ihr war der Mann im Knast, die Mutter Alkoholikerin und die Kinder kamen wiederholt ins Heim. In freie Wohnungen zogen dann auch immer mehr Ausländer, so dass zum Schluss nur noch wenige Deutsche dort lebten. Auch hier gab es Probleme. Die Ausländer vertrugen sich oftmals gegenseitig nicht und wer die südlichen Länder kennt, weiß, dass dort der Lärmpegel in den Wohnhäusern erheblich ist. Dort ist es ganz normal, aber die Deutschen mögen dies nun einmal nicht.
Nun, meine Schwester zog mit ihrer Familie auch fort. Jetzt sind in dem Hochhaus ständig die Fahrstühle kaputt, alle Briefkästen zertrümmert und und und… Es entstand ein Slum. Damit hatte niemand gerechnet, als der Wohnblock in den sechziger Jahren errichtet wurde.