von RedScorpion » 27.05.2014, 19:41
Lia hat geschrieben:Barbarossa hat geschrieben:Ich frage mich gerade, warum soll eigentlich nur der deutsche Nationalismus schlecht gewesen sein, der in allen anderen Ländern aber nicht? In allen anderen Ländern war er mindestens genauso stark ausgeprägt oder sogar noch stärker, als gerade in Deutschland, das über lange Strecken seiner Geschichte politisch zersplittert war.
Eine berechtigte Frage, deren Beantwortung eben nicht so einfach und undifferenziert sein kann.
Platt zu sagen, der deutsche Nationalismus sei
die Ursache für beide Weltkriege gewesen, ist zu simpel und blendet gleiche Strömungen in anderen Staaten als verzeihlich aus.
...
Viel eher, tät' ich sagen, blendet es weitere Strömungen in D aus.
Z.B. Antidemokratismus (z.B. in der preussischen Verfassung), Antisemitismus, Unfähigkeit bzw. Unerfahrenheit in der polit. Meinungsbildung, und und und.
Lia hat geschrieben:
...
Genau die Töne wie in Nazi-Deutschland gab es auch in Polen, in der Tchechoslowakei, in Frankreich, In Dänemark, in Norwegen. So etwas wie den ersten staatlich gelenkten, nationalistischen Medienkrieg gab zwischen Polen und Deutschland vor dem Überfall auf Polen.
...
Wow,
hätt' ich jetzt nicht gedacht, dass das echt noch jemand denkt heute.
Medienkrieg in Polen und NS-Policies in D sollen auf dem gleichen Niveau sein (von den anderen genannten Staaten ganz abgesehen)?
Selbst wenn man den Dikurs nur allein auf die Medien reduziert, gab es sowas wie den "Stürmer" in Polen garantiert niemals.
Lia hat geschrieben:
...
Der deutsche Nationalismus entstand sicherlich in der Selbstfindungsphase des neuen großen Deutschland, in dem alte Identitäten verloren gegangen waren und die neue "deutsche" gefunden werden musste.
Nationalismus ist oft auch- in der Masse gesehen, so etwas wie Angst, die Suche nach einer starken Gruppe,nach Abgrenzung.
...
Nach der Logik hätte aber 1848 ein Erfolg werden müssen, zwangsläufig.
Lia hat geschrieben:
...
Nach 1918 waren sicherlich viele dafür anfällig er denn je. Die Auswirkungen des Vertrags von Versailles waren überall spürbar, in ganz banalen Situationen. Insofern trafen die rechten Töne schon den richtigen Gehörnerv. Versailles war eine unter vielen Ursachen für den aufflammenden Nationalismus, der in den Krieg führte.
...
Wenn dem so wäre, dann hätten wir den Krieg aber schon in den 20ern haben müssen.
Lia hat geschrieben:
...
Doch die Untersuchung zeigt, dass Nationalismus fast immer janusköpfig ist, positive und negative Elemente sind stets gleichzeitig vorhanden und es hängt von der politischen Situation ab, welche die Oberhand gewinnen.
Das ist absolut korrekt- und trifft auf alle Staaten mit überbordendem Nationalismus zu, nicht nur auf Deutschland.
...Und führte dazu, dass sich das herrschende Bürgertum mit dem pöbelhaften Nationalismus verband und die Katastrophe von 1945 herbeiführte.
Wobei auch ursprünglich der eher links wählende "kleine Mann" zusehends dem Sog des Nationalismus- oder Nationalsozialismus erlag, der ihm beides versprach.
Da trafen viele, sehr viele Ursachen und Wirkungen aufeinander. Ob ohne Hitler und seine Partei, die von der Ungunst der Stunde profitierten, deutscher Nationalismus ebenso in einen Weltkrieg geführt hätte?
Was in D (und den dann besetzten Gebieten) abging, ging aber deutlich über alle nur denkbaren Folgen nichtdeutschen Nationalismus' hinaus.
Ausserdem tät' ich - Dieter, Harald und alle, die mir bisweilen angebliche Deutschenhasserei in die Schuhe schieben wollen, aufgepasst - in Abrede stellen, dass das Bürgertum den NS auch nur halbwegs unterstützte, jedenfalls nicht 1933 und nicht nach 1941 (also bei grösster Machtausdehnung des Reichs, 1942 und 43, schon nicht mehr, und zwar deutlich nicht mehr). Abgesehen davon, dass die NS-Ideologie in ihrer Anti-Moderne gerade den modernen Urbanismus zurückzudrängen suchte, auf so gut wie allen Gebieten, und der NS auf dem Land seine Klientel hatte, nicht in den Städten, ist der Krieg u.a. eine Folge gerade der mangelnden Unterstützung von konkreten Ideen des NS in der dt. Bev., und es wird nur einem ganz geringen Teil der männlichen Bev. Spass gemacht haben, selbst in militärisch erfolgreichen Operationen wie dem Frankreichfeldzug zu Fuss bis nach Paris zu marschieren und dann dort das Rückgrat der SS und der Kollaborationisten spielen zu dürfen. Studien bez. der Steuermoral, der Namensgebung an Neugeborene im Reich, Privatbriefe usw. legen das z.T. sehr anschaulich und entwaffend dar.
LG
[quote="Lia"][quote="Barbarossa"]Ich frage mich gerade, warum soll eigentlich nur der deutsche Nationalismus schlecht gewesen sein, der in allen anderen Ländern aber nicht? In allen anderen Ländern war er mindestens genauso stark ausgeprägt oder sogar noch stärker, als gerade in Deutschland, das über lange Strecken seiner Geschichte politisch zersplittert war.[/quote]
Eine berechtigte Frage, deren Beantwortung eben nicht so einfach und undifferenziert sein kann.
Platt zu sagen, der deutsche Nationalismus sei [i]die[/i] Ursache für beide Weltkriege gewesen, ist zu simpel und blendet gleiche Strömungen in anderen Staaten als verzeihlich aus.
...[/quote]
Viel eher, tät' ich sagen, blendet es weitere Strömungen in D aus.
Z.B. Antidemokratismus (z.B. in der preussischen Verfassung), Antisemitismus, Unfähigkeit bzw. Unerfahrenheit in der polit. Meinungsbildung, und und und.
[quote="Lia"]
...
Genau die Töne wie in Nazi-Deutschland gab es auch in Polen, in der Tchechoslowakei, in Frankreich, In Dänemark, in Norwegen. So etwas wie den ersten staatlich gelenkten, nationalistischen Medienkrieg gab zwischen Polen und Deutschland vor dem Überfall auf Polen.
...[/quote]
Wow,
hätt' ich jetzt nicht gedacht, dass das echt noch jemand denkt heute.
Medienkrieg in Polen und NS-Policies in D sollen auf dem gleichen Niveau sein (von den anderen genannten Staaten ganz abgesehen)? :wtf:
Selbst wenn man den Dikurs nur allein auf die Medien reduziert, gab es sowas wie den "Stürmer" in Polen garantiert niemals.
[quote="Lia"]
...
Der deutsche Nationalismus entstand sicherlich in der Selbstfindungsphase des neuen großen Deutschland, in dem alte Identitäten verloren gegangen waren und die neue "deutsche" gefunden werden musste.
Nationalismus ist oft auch- in der Masse gesehen, so etwas wie Angst, die Suche nach einer starken Gruppe,nach Abgrenzung.
...[/quote]
Nach der Logik hätte aber 1848 ein Erfolg werden müssen, zwangsläufig.
[quote="Lia"]
...
Nach 1918 waren sicherlich viele dafür anfällig er denn je. Die Auswirkungen des Vertrags von Versailles waren überall spürbar, in ganz banalen Situationen. Insofern trafen die rechten Töne schon den richtigen Gehörnerv. Versailles war [i]eine [/i]unter vielen Ursachen für den aufflammenden Nationalismus, der in den Krieg führte.
...[/quote]
Wenn dem so wäre, dann hätten wir den Krieg aber schon in den 20ern haben müssen.
[quote="Lia"]
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[quote]Doch die Untersuchung zeigt, dass Nationalismus fast immer janusköpfig ist, positive und negative Elemente sind stets gleichzeitig vorhanden und es hängt von der politischen Situation ab, welche die Oberhand gewinnen.[/quote]
Das ist absolut korrekt- und trifft auf alle Staaten mit überbordendem Nationalismus zu, nicht nur auf Deutschland.
[quote]...Und führte dazu, dass sich das herrschende Bürgertum mit dem pöbelhaften Nationalismus verband und die Katastrophe von 1945 herbeiführte.[/quote]
Wobei auch ursprünglich der eher links wählende "kleine Mann" zusehends dem Sog des Nationalismus- oder Nationalsozialismus erlag, der ihm beides versprach.
Da trafen viele, sehr viele Ursachen und Wirkungen aufeinander. Ob ohne Hitler und seine Partei, die von der Ungunst der Stunde profitierten, deutscher Nationalismus ebenso in einen Weltkrieg geführt hätte?[/quote]
Was in D (und den dann besetzten Gebieten) abging, ging aber deutlich über alle nur denkbaren Folgen nichtdeutschen Nationalismus' hinaus.
Ausserdem tät' ich - Dieter, Harald und alle, die mir bisweilen angebliche Deutschenhasserei in die Schuhe schieben wollen, aufgepasst - in Abrede stellen, dass das Bürgertum den NS auch nur halbwegs unterstützte, jedenfalls nicht 1933 und nicht nach 1941 (also bei grösster Machtausdehnung des Reichs, 1942 und 43, schon nicht mehr, und zwar deutlich nicht mehr). Abgesehen davon, dass die NS-Ideologie in ihrer Anti-Moderne gerade den modernen Urbanismus zurückzudrängen suchte, auf so gut wie allen Gebieten, und der NS auf dem Land seine Klientel hatte, nicht in den Städten, ist der Krieg u.a. eine Folge gerade der mangelnden Unterstützung von konkreten Ideen des NS in der dt. Bev., und es wird nur einem ganz geringen Teil der männlichen Bev. Spass gemacht haben, selbst in militärisch erfolgreichen Operationen wie dem Frankreichfeldzug zu Fuss bis nach Paris zu marschieren und dann dort das Rückgrat der SS und der Kollaborationisten spielen zu dürfen. Studien bez. der Steuermoral, der Namensgebung an Neugeborene im Reich, Privatbriefe usw. legen das z.T. sehr anschaulich und entwaffend dar.
LG