Reinhold Quaatz, Hugenberg + der 30. Januar 1933

Deutschland zwischen den Kriegen: Stresemann, Goldene Zwanziger, Völkerbund, Zerstörung einer Demokratie, Weimarer Republik

Moderator: Barbarossa

andreassolar
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Reinhold Quaatz, Reichstagsabgeordneter der DNVP 1924-1933, Scharfmacher vom rechten Rand + Befürworter des Hugenberg-Kurses und einer seiner engsten Berater, hat Aufzeichnung/Tagebuchnotizen hinterlassen, die als zuverlässig gelten können, da nicht später bearbeitet oder überarbeitet oder neu gefasst.

Teile davon wurden 1989 in zwei Publikationen veröffentlicht.
Die eine vom us-amerikanischen Historiker Larry Eugene Jones in seinem Aufsatz DIE TAGE VOR HITLERS MACHTÜBERNAHME. Aufzeichnungen des Deutschnationalen Reinhold Quaatz. Erschienen und inzwischen online frei zugänglich in den Vierteljahresheften für Zeitgeschichte (1989/Heft 4, S. 759-774).

https://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/ ... _jones.pdf

In den Aufzeichnungen wird nochmals deutlich, dass man - in der Umgebung von Hindenburg - glaubte, durch eine entsprechende MinisterEinrahmung H. unter Kontrolle halten zu können, während man die Nationalsozialisten für die Errichtung eines autoritären Regimes nutzen und darin einbinden wollte. Sowohl Hugenberg wie Quaatz sahen durchaus die damit verbundenen möglichen Gefahren, Papen offenkundig nicht, andererseits wollte man unbedingt den Weimarer Parlamentarismus endlich nachhaltig schwächen/beseitigen. Um fast jeden Preis.

H., das zeigen die Aufzeichnungen vom 20.1., Anmerkung 46, hatte mit den für die NSDAP erfolgreichen Wahlergebnissen in Lippe vom 15. Januar 1933, die Zwischenkrise offenkundig überwunden und weigerte sich in Folge dessen nun, sich als 'Juniorpartner' in ein Regierungskabinett einzufügen.
andreassolar
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Nicht nur H. und sein Umfeld hatten die Idee zu einen Ermächtigungsgesetz, und ein autoritäres (Präsidial-)Regime strebten sowohl Papen wie Hugenberg wie auch alle sonstigen nicht NS-Minister im späteren Hitler-Papen-Kabinett an, Hindenburg bzw. seine Umgebung ebenfalls.

Das lässt sich gut aus den Aufzeichnungen von Quaatz ableiten bzw. belegen.
Skeptik
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Autoritäres Verhalten war in Familie, Kirche und Gesellschaft positiv besetzt. - Für uns, seit 70 Jahren in der Demokratie zuhause, nicht so nachfühlbar.
Der auf sieben Jahre durch Direktwahl des Volks gewählte Reichspräsident besaß das Recht zur Reichstagsauflösung. Artikel 48 der Verfassung gab ihm das Recht, bei Gefährdung der öffentlichen Sicherheit den Ausnahmezustand zu verhängen und Notverordnungen zu erlassen.
...Die Bestimmungen von Artikel 48, die den Reichspräsidenten im Licht eines "Ersatzkaisers" erscheinen ließen, waren Ausdruck des Misstrauens der Nationalversammlung gegen die Parteiendemokratie.
Quelle: https://www.dhm.de/lemo/kapitel/weimare ... -1919.html
Noch in der Nacht vom 30. zum 31. Januar 1933 hatten die Nationalsozialisten einen pompösen Fackelzug veranstaltet, bei dem Verbände von SA, SS und “Stahlhelm” durch das Brandenburger Tor marschierten. Der Maler Max Liebermann, einer der Hauptvertreter des Impressionismus, kommentierte das Treiben von seiner Wohnung am Pariser Platz aus mit den Worten: “Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte.” Liebermann [...] trat im Mai 1933 aus der Preußischen Akademie der Künste aus [...] Auf diese Weise protestierte er dagegen, dass die Akademie bereits zahlreiche Mitglieder aus politischen oder “rassischen” Gründen ausgeschlossen hatte und sich so – wie viele andere gesellschaftliche Institutionen – selbst “gleichschaltete”, ohne zu diesem Zeitpunkt dazu gezwungen gewesen zu sein.
Quelle: https://www.berlin.de/berlin-im-ueberbl ... 453067.php
Obwohl seine Mutter Jüdin war, unterstützte Reinhold Quaatz als DNVP-Politiker eine antisemitische Politik und ermutigte Hugenburg sogar zu einer engen Zusammenarbeit mit Adolf Hitler, da er sowohl den Sozialismus als auch den politischen Katholizismus der Zentrumspartei fürchtete.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Reinhold_Quaatz

Selbst Juden waren offen für Antisemitismus und brachten das auch überzeugt zum Ausdruck.
Zuletzt geändert von Balduin am 03.11.2023, 07:55, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Beitrag aus urheberrechtlichen Gründen geändert
andreassolar
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Die Neigung zu autoritären Staatsformen...das war, vor allem in jenen Jahren ab 1929/1930 keine besondere dt. Neigung. Wir finden mit weiter, globaler Ausstrahlung das scheinbar so stabile und erfolgreiche Mussolini-Regime, das Stalin-Regime, Polen u. Jugoslawien, Türkei, Baltikum-Staaten, Rumänien, Portugal usw. usw.
andreassolar
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Du gibst übrigens erneut keine Quelle für deine langen Zitationen an, Skeptik.
Marianne E.
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Nur zum besseren Verständnis bei Quellenangaben:

Das Internet ist ein Fundort, keine Quelle.
Eine Quellenangabe ist nur im Original verwendbar.
Skeptik
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Das hat schon Martin Luther gewußt: "Die Hebräer trinken aus der Quelle; die Griechen aber aus den Bächlein, die aus der Quelle fließen; die Lateinischen aber aus den Pfützen.“

Meine nächste erreichbare Bibliothek ist 40 Kilometer entfernt. - Also was immer ich hier einstelle ergrabe ich an besagtem "Fundort". - Never mind!
Marianne E.
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Und was ändert das an dem von mir beschriebenen Sachverhalt?
Mein Hinweis ist allgemeiner Art und stützt sich auf Erfahrungen mit ungenau zitierten Semesterarbeiten, die, wie alle Veröffentlichungen, in juristisch einwandfreier Art und Weise geschrieben werden sollen.
Skeptik
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Nun, ich will hier nicht meinen Doktor machen. - Ich schreibe aus Spaß an der Freud!
Marianne E.
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Die Freude am Schreiben und an der Wissensvermittlung haben wir gemeinsam. Vorsichtshalber sollte man aber bei Veröffentlichungen auf korrekte Quellenangaben nicht verzichten. Es gibt Abmahnbüros, die nur darauf warten, kostenpflichtig abzumahnen.

Eine bessere Möglichkeit ist, wenn auch nicht immer umsetzbar, den Inhalt mit eigenen Worten zu vermitteln. Und wenn dann noch eine Quellenangabe zum Weiterlesen ermuntert, ist das eine prima Sache.

Ich vergaß vorhin, zu erwähnen, dass die Achtung vor dem geistigen Eigentum anderer und dem damit verbundenen Fleiß respektiert werden sollte.
andreassolar
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Skeptik, man kann Deine längeren Zitate - oder im Beitrag oben sogar eine Zusammenstellung von Zitaten aus verschiedenen Sites - halt nur mit Quellen- und/oder Fundortangabe als Leser nachvollziehen/vertiefen bzw. erkennen/unterscheiden. Zur juristischen Seite hat Marianne das Notwendige geschrieben.
Skeptik hat geschrieben: 02.11.2023, 12:47 Meine nächste erreichbare Bibliothek ist 40 Kilometer entfernt. - Also was immer ich hier einstelle ergrabe ich an besagtem "Fundort". - Never mind!
Tja....vielleicht wäre mal ein Ausflug zu einer Landes- oder Staatsbibliothek machbar...um sich dort einen Bibliotheksausweis ausstellen zu lassen.
Für die Jahresgebühr von 30-40 € erhält man zugleich auch Zugang zu dem inzwischen sehr, sehr umfangreichen, für die Bibliotheksnutzer freigeschalteten Angebot an digitalen Zeitungen u. Zeitschriften, Reihen u. Einzeltiteln aus vielen Ländern, nicht nur Deutschland. Die man auch daheim abrufen kann, mit dem bei der Bibliotheksanmeldung hinterlegten Passwort und Nutzer-Nr.

Die Corana-Pandemie hat diese Entwicklung nochmals deutlich beschleunigt, wie auch verbessert.
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Balduin
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Marianne E. hat geschrieben: 02.11.2023, 20:41 Die Freude am Schreiben und an der Wissensvermittlung haben wir gemeinsam. Vorsichtshalber sollte man aber bei Veröffentlichungen auf korrekte Quellenangaben nicht verzichten. Es gibt Abmahnbüros, die nur darauf warten, kostenpflichtig abzumahnen.

Eine bessere Möglichkeit ist, wenn auch nicht immer umsetzbar, den Inhalt mit eigenen Worten zu vermitteln. Und wenn dann noch eine Quellenangabe zum Weiterlesen ermuntert, ist das eine prima Sache.

Ich vergaß vorhin, zu erwähnen, dass die Achtung vor dem geistigen Eigentum anderer und dem damit verbundenen Fleiß respektiert werden sollte.
Das ist eine sehr wichtige Anmerkung von Marianne. Mir gefallen die Beiträge von Skeptik und seine Einwürfe sind eine Bereicherung für dieses Forum. Allerdings habe ich in der Vergangenheit viele Beiträge nachbearbeiten müssen, weil das Kopieren von Inhalten nicht ohne Weiteres zulässig ist. Das betrifft auch Übersetzungen fremdsprachiger Quellen. Ich möchte hier keine rechtliche Risiken eingehen - diese Plattform ist nicht gewinnorientiert und lebt davon, dass die Menschen, die sich beteiligen, sich dessen bewusst sind. Deshalb auch die Bitte: Wenn euch etwas auffällt, was mir nicht auffällt, meldet euch bei mir - dann kann ich dem entsprechend nachgehen.

Schönen Freitag :)
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He has called on the best that was in us. There was no such thing as half-trying. Whether it was running a race or catching a football, competing in school—we were to try. And we were to try harder than anyone else. We might not be the best, and none of us were, but we were to make the effort to be the best. "After you have done the best you can", he used to say, "the hell with it". Robert F. Kennedy - Tribute to his father
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