Kinderpornoseiten im Internet: blocken oder löschen?

Medienpolitik, Digitales Zeitalter, IT

Moderator: Barbarossa

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Barbarossa
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Stopp-Schilder für Kinderpornos im Internet

Berlin (dpa) - Der Zugriff auf Kinderpornografie im Internet wird erschwert - doch Kritiker bezweifeln die Wirksamkeit der Sperren.

Fünf der größten Internetanbieter unterzeichneten am Freitag in Berlin auf Initiative von Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) eine entsprechende Vereinbarung mit dem Bundeskriminalamt (BKA). Spätestens in sechs Monaten werden Internet-Nutzer, die Kinderporno-Seiten anklicken, ein rotes Stopp-Schild oder eine vergleichbare Warnung sehen. Kritiker bezeichneten die Blockaden als leicht zu umgehen und sehen darüber hinaus den Einstieg in eine staatliche Zensur...
weiter lesen: http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/ ... ernet.html
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Barbarossa
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Es regt sich Widerstand...
Kinderpornografie
Wie die virtuelle Welt die reale Politik verändert
Mittwoch, 27. Mai 2009 03:54 - Von Heike Dietrich

Die Schnittstelle zwischen realer und virtueller Welt liegt in einem kleinen asiatischen Restaurant an der Berliner Torstraße. Die Frau, die beinahe 100 000 Bundesbürger gegen die Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) aufgebracht hat, trägt ein blauweiß gestreiftes T-Shirt, enge Jeans und Chucks, eine Packung Camel-Zigaretten in der linken Gesäßtasche, das Geld für das Mittagessen lose in der Hand.
- Die 29-jährige Berlinerin Franziska Heine, Hauptinitiatorin der Internet-Petition gegen die Indizierung und Sperrung von Websites, macht der Ministerin gerade großen Ärger...
weiter lesen: http://www.morgenpost.de/printarchiv/se ... ndert.html
Sperrung von Internetseiten
Kriminalpolizei unterstützt Gesetzesnovelle
Mittwoch, 27. Mai 2009 03:54

Es mag im Angesicht von fast 100.000 Unterzeichnern einer E-Petition der Eindruck entstehen, dass das Gesetzesvorhaben zur Sperrung von Internetseiten überwiegend Gegner hat. Doch das ist nicht richtig. Das Bundeskriminalamt unterstützt das Vorhaben von Familienministerin Ursula von der Leyen...
weiter lesen: http://www.morgenpost.de/politik/articl ... velle.html

Kleine Hintergrundinformation

Ein Artikel im Grundgesetz lautet:
Artikel 5
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort,
Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und
sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert
zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit
der Berichterstattung durch Rundfunk und Film
werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften
der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen
Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem
Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre
sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von
der Treue zur Verfassung.
Damit wäre das Gesetz durchaus Verfassungsgemäß.

...und es gibt Kritik am Entwurf...
INTERNET:
Experten sehen Mängel bei geplanten Internetsperren
Bundestagsausschuss lässt sich zum Gesetz gegen Kinderpornografie beraten

BERLIN - Die Pläne von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU), mit Hilfe von Sperrlisten den Zugriff auf Internetseiten mit kinderpornografischen Inhalten zu verhindern, hat heftige Diskussionen ausgelöst. Kritiker werfen der Ministerin vor, eine Umleitung auf die geplante Stopp-Seite im Netz würde das Problem nur verdecken, nicht lösen, die Sperren seien leicht zu umgehen – und vor allem sollten sie nur der Anfang für eine umfangreichere Zensur im Netz sein. Fast 99 000 Menschen haben eine Petition gegen das Gesetz gezeichnet. Und bei einer Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Bundestages äußerten zahlreiche Experten Zweifel an dem Entwurf...
weiter lesen: http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/ ... raten.html
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elysian
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Die Verfassungsmäßigkeit ist nicht unproblematisch, da hier eindeutig in den Schutzbereich eingegriffen wird und die Schranke in Absatz 2 ihrerseits durch die verfassungsimmanente Schranke der Verhältnismäßigkeit begrenzt wird (sog. Schranken-Schranke).
Demnach müsste die Maßnahme
a) einem legitimen Zweck dienen
b) geeignet
c) erforderlich
d) verhältnismäßig im engeren Sinne sein

Von einem legitimen Zweck der Sperrung können wir ausgehen.
Die Eignung hingegen ist außerordentlich fraglich. Die Sperrung kann von Interessierten sehr leicht umgangen werden.
Erforderlich ist eine Maßnahme, wenn es keine mildere gleicher Eignung gibt. Hier kommt zum Tragen, dass der Kampf gegen die Server in aller Welt ein vergleichsweise milderes Mittel sogar besserer Eignung wäre!
Schließlich kann man argumentieren, dass die Sperrung von Pornoseiten auf eine Weise geschieht, mit Mitteln erfolgt, die insoweit nicht in der Relation zum Ziel stehen, als dass der Anwendungsbereich dieses Mittels ausgeweitet werden könnte und letztlich zur Zensur oder zensurähnlichen Zuständen führen kann. Beim System TollCollect hat man bereits erlebt, wie verführerisch es auf die Politiker wirkt, wenn ihnen erstmal ein Instrument in die Hände gelegt wird. Die durch TollCollect gesammelten Daten dienten zunächst fiskalischen Zwecken, dann wurde ihre Nutzung im Rahmen der Terrorbekämpfung und bei Kapitalverbrechen angeregt und schließlich wurde vorgeschlagen, die Daten auch für andere Bereiche zu nutzen, angefangen von der Steuerhinterziehung bis hin zu schlichten Verkehrsdelikten.

Es handelt sich also um eine politische Maßnahme von geringem Nutzen, die wohl eher als Symbolpolitik bezeichnet werden darf, die aber in gefährlicher Weise missbraucht werden kann.
sic transit gloria mundi
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Barbarossa
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Gesetz gegen Kinderpornografie
Bundestag beschließt Internet-Sperre
Freitag, 19. Juni 2009 04:00

Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat das gestern Abend beschlossene Gesetz gegen Kinderpornografie im Internet gegen Kritik verteidigt. "Es ist zynisch, in diesem Zusammenhang von Zensur zu sprechen", sagte sie gestern vor der Abstimmung im Bundestag...
weiter lesen: http://www.morgenpost.de/printarchiv/ti ... perre.html
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MarcoZ
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Ich bin immer wieder fasziniert in welchen Bereichen man sich als BundesfamilienministerIN aufspielen kann. Handelt es sich nicht um eine frage für die Justizministerin?
Wie der Artikel und elysian schon erläutern: Im Internet gibt es immer einen Weg und bei diesen Perversen handelt es sich sicher auch nicht um Amateure. Mein Fazit : Gutes Ziel-jedoch mangelhaftes Denken und Internetverständnis der Politiker.
elysian
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Das Gesetz ist kein Werk, das allein aus der Feder des Familienministerium stammt. Es ist auch nicht allein durch die CDU/CSU beschlossen worden.
Selbstredend war das Justizministerium unter Zypries federführend beteiligt. Da hierbei Belange des Kinder- und Jugendschutzes betroffen sind, war das Familienministerium selbstredend zu beteiligen. Und natürlich hat auch die SPD zugestimmt. Auch wenn sie gerne so verfährt: heimlich zustimmen, öffentlich meckern! Wer wie in der Öffentlichkeit dann im Vordergrund steht, ist eine andere Frage...
sic transit gloria mundi
Polit-Onkel
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Ich denke, dass eher das Innenministerium unter Schäuble seine Hände im Spiel hatte. Nachdem Schäuble einige seiner freiheitsraubenden Gesetze im letzten Jahr nicht umsetzen durfte, hat er das Frauenministerium vorgeschoben.
elysian
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Also mit Verlaub, das ist blanker Unsinn.
Inwieweit das Innenministerium bei der Ausarbeitung eingebunden war, kann ich nicht abschätzen, aber dass das Innenministerium das Familienministerium als Trojanisches Pferd gebraucht hätte, ist schlicht absurd! Schließlich wurden Initiativen des Innenministeriums (das sich LEIDER unter Schäuble nicht besser geriert als unter Schily steht auf einem anderen Blatt) nicht abgelehnt, weil Schäuble der zuständige Fachminister war (übrigens hatte bei diesen Projekten wiederum Zypries die Finger mit im Spiel). Die Ablehnung war jeweils in der Sache begründet.
Allerdings muss man der Großen Koalition lassen, dass sie weniger verfassungwidrige Gesetze oder Gesetze auf verfassungswidrige Weise auf den Weg gebracht hat, als davor Rot-Grün (z.B. das Luftsicherheitsgesetz, auf dessen Grundlage man bei Verdacht vom Himmel geballert werden durfte...).
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Balduin
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Die Politik ist komplett mit dem Internet überfordert - die Piratenpartei hat hier natürlich viel Experten, dennoch bin ich der Meinung, dass diese "Partei" als Verband besser geartet wäre.
Den Sinn des Verbots sehe ich nicht ein, jeder der einigermaßen Ahnung hat, kann solche Sperren umgehen - und die, die wirklich auf solche Seiten wollen, können diese auch ansurfen.

Das Thema Internet wird immer wichtiger werden - auch im Bereich Datenschutz und Co.
Dass Menschen mit ihren Daten im Internet sehr leichtsinnig umgehen ist erwießen. Wahrung der Anonymität? Weitgefehlt...
Wobei ich wirklich einen Trend hin zu einem Internet ohne Anonymität sehe - das hat natürlich Vor- und Nachteile.

Ich hoffe wirklich, dass der Bund & die einzelnen Parteien so langsam erkennen, wie wichtig das Thema in der Zukunft sein wird. Wo stehen wir in 10 Jahren? Wer hatte denn vor 10 Jahren Internet? - aus eigener Erfahrung: Internetanschluss seit 2006, entsprechend hat das Internet auch alle Lebensbereiche durchdrungen. E-Mail Listen der Parteien, Schule, Privatleben (wenn ich nur daran denke, wie viel Zeit in Politik-Diskurs floß :wink:)

Von purem Aktionismus halte ich recht wenig, entsprechend finde ich dieses Vorgehen einfach lächerlich. U.v.d.Leyen lasse ich mal aus der Diskussion heraus, aber was man von dieser Person halten soll...

...
Ein kleiner satirischer Einsatz: Ich denke in den Hinterzimmern von Schäuble, Zypries und Co. liegt bereits ein Gesetzesvorschlag vor um das gesamte Internet zu überwachen. Alle neue Informationen im Internet müssten von einer multi-mega-riesen-effizienten Behörde freigeschaltet werden, alle YouTube Filme kontrolliert werden - alle Forenbeiträge auf Verfassungsmäsigkeit geprüft werden...
Nebenbei wäre natürlich das Problem der Arbeitslosigkeit gelöst :-)
Polit-Onkel
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elysian hat geschrieben:Also mit Verlaub, das ist blanker Unsinn.
Inwieweit das Innenministerium bei der Ausarbeitung eingebunden war, kann ich nicht abschätzen, aber dass das Innenministerium das Familienministerium als Trojanisches Pferd gebraucht hätte, ist schlicht absurd!
Die Bundesregierung plant einen umfangreichen Eingriff in die Privatsphäre am PC zu Hause, um Volk kontrollieren zu können. Da ist der Umweg über die Sperrung von Kinderpornoseiten im Web ein guter Einstieg.
Kennt wer überhaupt Kinderpornoseiten und weiss wie diese sich öffentlich im Web nennen?? Wie kommt man "zufällig" auf solche Seiten?? Erzähle mir keiner, über unverfänglich erscheinende Links auf seriösen Webseiten.

Der Schutz der Kinder wird nicht über den Konsum von Bild- und Tonträgern im Pornobereich geregelt sondern über gnadenlose Verfolgung und harte Strafen für die Verursacher des Kindesmissbrauchs.
Hier geht es nicht um marktwirtschaftliche Mechanismen wie "der Markt regelt Konsum und Nachfrage" (das sowieso ein Ammenmärchen ist). Wenn man die Nachfrage reguliert würde sich der Konsum minimieren - das glaubt doch kein gebildeter Mensch. Man wird nicht wegen Kinderpornos pädophil.
elysian
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Die Sperrung von Seiten im Internet hat weder juristisch noch politisch auch nur ansatzweise etwas mit dem Zugriff auf den PC zu tun, den ich ablehne, wobei es m.E. in den Bereich der Verschwörungstheorie gehört, dass der Staat damit alle Bürger kontrollieren will.
Es geht dabei vielmehr um Ermittlungsmittel, deren Einsatz umstritten ist. Es liegt beim Zugriff auf Rechner dieselbe Problematik vor wie beim sog. Großen Lauschangriff.
Ich muss bei aller Ablehnung zugeben, dass ein sachlich begründetes Interesse an dieser Zugriffsmöglichkeit für die Terrorismusbekämpfung besteht. Meine Ablehnung fußt auf dEN damit verbundenen Missbrauchsmöglichkeiten, vor allem durch Dritte(!).

Was die Sperrung angeht, so geht es nicht darum, dass Leute nicht pädophil werden, sondern dass die pädophilen Angebote nicht genutzt werden können. Die Sperre ist, da "kinder"leicht zu umgehen, kein taugliches Mittel. Besser wäre es, wie sonst auch, das Angebot selbst zu beseitigen. Allerdings gibt es hierbei Grenzen des politisch Möglichen, das muss man zugeben. Wenn ein Server mit Material z.B. in Bangladesh steht, dann können deutsche Behörden die dortigen Inhalte nicht selbst löschen. Sie müssten die Beseitigung bei den dortigen Kollegen beantragen.
sic transit gloria mundi
Polit-Onkel
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elysian hat geschrieben:Die Sperrung von Seiten im Internet hat weder juristisch noch politisch auch nur ansatzweise etwas mit dem Zugriff auf den PC zu tun...
Stell dir vor, du wärst Chef in einem Unternehmen. Du hältst eine Belegschaftsversammlung ab und erklärst und erläuterst diverse Entscheidungen (oder per schriftlicher Anweisung). Glaubt dir der größte Teil der Belegschaft deine Erklärungen oder vermuten diese weitere naheliegende und plausible aber nichtgenannte Gründe?
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Barbarossa
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Polit-Onkel hat geschrieben:Stell dir vor, du wärst Chef in einem Unternehmen. Du hältst eine Belegschaftsversammlung ab und erklärst und erläuterst diverse Entscheidungen (oder per schriftlicher Anweisung). Glaubt dir der größte Teil der Belegschaft deine Erklärungen oder vermuten diese weitere naheliegende und plausible aber nichtgenannte Gründe?
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Was hat die Glaubwürdigkeit eines Chefs in seiner Firma mit unserem Thema zu tun?
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Barbarossa hat geschrieben:
Polit-Onkel hat geschrieben:Stell dir vor, du wärst Chef in einem Unternehmen. Du hältst eine Belegschaftsversammlung ab und erklärst und erläuterst diverse Entscheidungen (oder per schriftlicher Anweisung). Glaubt dir der größte Teil der Belegschaft deine Erklärungen oder vermuten diese weitere naheliegende und plausible aber nichtgenannte Gründe?
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