Im Grunde war ja der Mauerbau ein Defensivgedanke, ein Versuch, den Status Quo zu halten, wohingegen die Blockade von 1948 noch ein offensives Vorgehen war. Wo war also Chruschtschows Gedanke der friedlichen Koexistenz, mit der der Kommunismus eines Tages den Kapitalismus überholen sollte?
Hier der Vorgängerthread:
http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... =75&t=4325
dieter hat geschrieben:Lieber Barbarossa,Barbarossa hat geschrieben:Stets wird behauptet, der Bau der Berliner Mauer hätte den 3. Weltkrieg verhindert. Und darum war Kennedy nach dem Bau der Mauer durchaus auch erleichtert. Ich habe lange Zeit nicht verstanden, warum?Orianne hat geschrieben:Nun, es gab oder gibt ja Stimmen die besagen, dass Kennedy mit der Mauer nicht unglücklich gewesen sein soll:
Walt Rostow (Kennedy-Berater): "Ich unterhielt mich (Anfang August 1961) mit Präsident Kennedy, während wir am Swimming-pool im Weißen Haus spazierengingen. Plötzlich drehte sich der Präsident zu mir und sagte: "Chruschtschow steht vor einer unerträglichen Situation. Ostdeutschland blutet aus, und damit ist der ganze Ostblock in Gefahr. Er muß was tun, um das aufzuhalten. Vielleicht eine Mauer." Foy Kahler (Kennedy-Berater): "Es war ein Versagen unserer Geheimdienste, unseres eigenen, des deutschen, britischen und französischen. Das heisst: Die Aktion überraschte uns."
Theodore Sorensen (Kennedy-Berater): "Auf lange Sicht haben dann Verhandlungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjet-Union ... zu einer Verminderung der Spannung beigetragen. Man könnte sogar sagen: Ohne die Mauer ... wäre es vielleicht nicht möglich gewesen, zu solchen Verhandlungen zu kommen."
Quelle: Der Spiegel 34/1976
Es erschien mir einfach äußerst widersinnig - wie sollte die massenhafte Flucht von DDR-Bürgern nach Westberlin einen 3. Weltkrieg auslösen und mit welcher Begründung?
In einer Doku vor einiger Zeit wurde das jedoch genauer erklärt und plötzlich machte diese Behauptungfür mich einen Sinn:
Es war einfach so, dass noch Stalin entgegen des Viermächte-Abkommens plötzlich auch die 3 Westsektoren für sich beanspruchte und die Westmächte aus West-Berlin herausdrängen wollte. Dies führte 1948 zur Blockade West-Berlins. Die Westalliierten ließen sich nicht verdrängen und antworteten mit der Luftbrücke. Die Blockade wurde nach 11 Monaten aufgegeben - der (vertragsbrüchige) Gebietsanspruch jedoch blieb bestehen und das auch noch nach der Gründung der DDR, die West-Berlin nun offiziell als ihr Territorium betrachtete. Erst die starke Fluchtbewegung und der daraus resultierende Bau der Mauer war ein Zeichen dafür, dass der (Gebiets-)Anspruch aufgegeben worden war. Der bis dahin vor-sich-hinschwelende politische Konflikt war damit ebenfalls beendet.
verstehe ich Dich richtig Mit dem Bau der Mauer akzeptierte die DDR und die SU die Existenz von Berlin(West)
Barbarossa hat geschrieben: Genau so habe ich die Dokumentation verstanden, ja. Bis dahin wurde immer noch überlegt, wie man West-Berlin einverleiben konnte.
Und so erkärt sich auch die überlieferte Erleichterung Kennedys.