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Re: Vertriebenenverbände und Landsmannschaften in Deutschlan
Verfasst: 07.08.2014, 22:48
von Marek1964
Die Volksdeutschen, sei es eben in Böhmen und Mähren, in Polen oder sostwo, waren einfach begeisterte Anhänger Adolf Hitlers, auch wenn es Ausnahmen gab.
Das hatte sich nach 1945 dann eben gerächt actio reactio. Und ja, mancher gaukelte vor, dem Widerstand angehört zu haben. Schwierig halt. Aber eben deshalt sollte man heutigen Forderungen, zumindest von Deutscher Seite, ruhen lassen.
Re: Vertriebenenverbände und Landsmannschaften in Deutschlan
Verfasst: 08.08.2014, 02:44
von Titus Feuerfuchs
Marek1964 hat geschrieben:Die Volksdeutschen, sei es eben in Böhmen und Mähren, in Polen oder sostwo, waren einfach begeisterte Anhänger Adolf Hitlers, auch wenn es Ausnahmen gab.
Rund die Hälfte der Schlesier,
die 1933 gwählt hatten*, und Schlesien war immerhin die bevölkerungsreichste Provinz der Ostgebiete, haben Hitler 1933 NICHT gewählt.
Selbiges gilt für rund 40% der Ostpreußen, der Pommerer und der Ostbrandenburger,
die 1933 gewählt hatten*. Auch sie hatten Hitler 1933 NICHT gewählt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Nationalso ... ge_ab_1930
Da es etliche Personen gab, die nicht wahlberechtigt waren oder Nichtwähler waren und da die Bevölkerung 1945, besonders die Knder und Jugendlichen, nicht dieselbe Bevölkerung war, wie 1933, ist es evident, dass die Mehrheit der Vertriebenen Ostdeutschlands Hitler
NICHT gewählt hatten. Damit dürfte deine obige Plattitüde von wegen "Ausnahmen", zumindest bzgl. der heute in Polen und Russland gelegenen Ostgebiete, widerlegt sein.
Ich weiß, die Vertreibungsopfer, die Hitler nicht gewählt hatten (und das sind eben mitnichten Ausnahmen

) sind halt bloß ein bedauerlicher Kollateralschaden, ebenso wie die geschändeten Frauen und ermordeten Kinder.
Aber wenn man selbst bzw. die eigenen Landsmänner Opfer eines Verbrechen werden, hat man ja nach deiner Logik einen Freibrief, selbst zum Täter zu werden und nach Lust und Laune zu stehlen, zu vergewaltigen, zu vertreiben und zu morden, auch weil Benes und Bierut dafür die Absolution erteilt hatten.
Marek1964 hat geschrieben:
Das hatte sich nach 1945 dann eben gerächt actio reactio. [...]
Du reproduzierst hier kommunistische Propaganda, die es sehr leicht macht, die Schuld des eigenen Landes zu leugnen...
Ethnische Säuberungen sind ein
Kapitalverbrechen, egal ob als actio, reactio oder sonst was. Punkt.
* also nicht 40% der Gesamtbevölkerung!
Re: Vertriebenenverbände und Landsmannschaften in Deutschlan
Verfasst: 08.08.2014, 11:54
von dieter
Marek1964 hat geschrieben:Die Volksdeutschen, sei es eben in Böhmen und Mähren, in Polen oder sostwo, waren einfach begeisterte Anhänger Adolf Hitlers, auch wenn es Ausnahmen gab.
Nochmal lieber Marek,
im Nov. 1932 gekam die Nazipartei 33% der Stimmen, bei der letzten freien Wahl in Deutschland. Im März 1933, als sie schon an der Macht waren, bekamen sie 43% der Stimmen, das ist weniger als die Union und die SPD schonmal bei Bundestagswahlen erreicht hatten.
Titus hat Dich schon über das Abstimmungsverhalten der Ostdeutschen informiert. Schaue dir dazu in Wikipedia die Reichstagswahlen mit den Abstimmungen an.

Übrigens, die Sudetendeutschen konnten die Nazis nicht wählen, weil es in 1938 keine Reichstagswahlen mehr gab. Es gab die Sudetendeutsche Volkspartei.

Re: Vertriebenenverbände und Landsmannschaften in Deutschlan
Verfasst: 08.08.2014, 12:56
von Lia
Ethnische Säuberungen sind ein Kapitalverbrechen, egal ob als actio, reactio oder sonst was. Punkt.
Unwidersprochen.
Nach 1945 wurde Unrecht mit Unrecht vergolten.
Gegeneinander aufzurechnen halte ich für grundsätzlich falsch- und die Bilanz sähe dann für die deutsche Seite schlecht aus.
Wichtig ist es, genau diesen Teufelskreis zu durchbrechen, und das muss auf anderem Wege als mit Regress- und Eigentumsansprüchen
geschehen.
Wahlergebnisse sind das eine- militante, rassistisch geprägte Stimmung in weiten Kreisen der "Sudetendeutschen" das andere.
Konrad Henlein sei hier genannt, auf die durchaus vorhandenen sehr unterschiedlichen Strömungen innerhalb der Sudentendeutschen Verbände sei hier aus Zeitgründen erst mal nicht eingegangen.
Das Geschehen und der Umgang mit der tschechischen Bevölkerung nach 1938 das Dritte.
Nein, nicht alle Deutschen und Sudetendeutschen, doch was eben schwer wiegt, sinddie Verbreche der Nationalsozialisten und ihrer Gefolgschaft, und die fand sich zahlreich unter den Sudetendeutschen.
Empfiehlt sich, zu diesem Thema ad fontes zu gehen, in Wikpediea gibt es genügend Quellenverweise.
Re: Vertriebenenverbände und Landsmannschaften in Deutschlan
Verfasst: 08.08.2014, 21:28
von Renegat
Eigentlich war zu dem Thema schon alles gesagt. Warum Titus es mit Bezug auf Sarrazin wiederaufnahm, kann ich nicht nachvollziehen.
Die ganze emotionale Aufregung über Ereignisse, die fast 70 Jahre zurückliegen, könnte ein echter Vertriebener, so er denn noch lebte, sowieso nicht verstehen.
Völkerrecht hin oder her, die echten Vertriebenen konnten sich schon noch erinnern, wer das Völkerrecht zuerst gebrochen hatte und dieses Gespür für die Fakten bestand ohne jede Aufrechnerei und auch wenn sich die meisten für unschuldig halten konnten.
Dass Eigentumsrechte durch den Krieg verwirkt waren und das Erbe dahin, war ebenso klar. Letztlich haben fast alle, die den Krieg überlebt hatten und fliehen mußten oder vertrieben wurden, ihr Auskommen woanders gefunden und sich ein neues Leben aufgebaut.
Mag sein, dass das ein schwereres Schicksal war, als es die Erben in der Fläche der alten BRD hatten. Es ist aber ein Schicksal, dass sie mit Millionen von Menschen teilen, die nach ihnen bis heute fliehen müssen oder vertrieben werden.
Re: Vertriebenenverbände und Landsmannschaften in Deutschlan
Verfasst: 08.08.2014, 22:25
von Marek1964
Renegat hat geschrieben:
Dass Eigentumsrechte durch den Krieg verwirkt waren und das Erbe dahin, war ebenso klar. Letztlich haben fast alle, die den Krieg überlebt hatten und fliehen mußten oder vertrieben wurden, ihr Auskommen woanders gefunden und sich ein neues Leben aufgebaut.
Mag sein, dass das ein schwereres Schicksal war, als es die Erben in der Fläche der alten BRD hatten. Es ist aber ein Schicksal, dass sie mit Millionen von Menschen teilen, die nach ihnen bis heute fliehen müssen oder vertrieben werden.
Sehr gut gesagt, Renegat. Hier sind wir einer Meinung.
Man darf ja auch nicht vergessen, dass der Nationalsozialsimus letztendlich den Kommunismus in Mitteleuropa gebracht hat, und nicht in einem Land haben die Kommunisten die Mehrheit, ja nicht einmal die 43 % der Nazis haben sie erreicht. Aber deutsche Politik hat letztendlich den Kommunismus in Mitteleuropa verursacht - aber die Mehrheit Deutschlands blieb davon verschont. Paradoxerweise, sind es Vertreter dieser Mehrheit (also in West- und Süddeutschland), die heute noch Forderungen stellen, im Nordosten Deutschlands ist dieses Thema schon lange durch. Dabei sollten diese Leute froh sein, dass sie in einem von Amerika geschützten Land ihre wirtschaftliche Leistung erbringungen durften und damit ohnehin entschädigt worden sind - zusammen mit dem Lastenausgleicht.
Renegat hat richtig gesagt, man kann sich in Geschichte nicht immer aussuchen, was man will. Die ewigen Wiederholungen der Wahlergebnisse von 1933 machen auf mich keinen Eindruck. Eindruck macht auf mich, der enorme Vormarsch der Wehrmacht über ganz Europa. Die Soldaten Mussolinis, das war eine andere Kategorie. Das war de facto Weherdienstverweigerung. Die deutsche Wehrmacht aber, die war, vielleicht nach den Japanern, die beste Armee, weil die Bürger in Uniform treu und gewissenhaft ihre "Pflicht" getan haben.
Das wurde nach dem Kriege bestraft, und ich finde, noch nicht einmal 1:1. Allein die enormen Schäden in den Ländern der Sowjetunion, da hätte man viel mehr verlangen können. Aber auch die Leistungen der tschechischen Wirtschaft zu Gunsten der deutschen Kriegsmaschinerie, wurden nie beglichen, sie wurden nahezu in den Währungsreformen von 1945 und 1953 annuliert.
Also: Alle Ansprüche, die man aus Vertreibung stellen will, sind an die Deutsche Regierung zu stellen. Wenn man also meint, der Lastenausgleich sei noch nicht ausreichend. Wie es auf wikipedia gut heisst: Was Reparationen für den zweiten Weltkrieg anbelangt, ist die Deutsche Seite gut beraten, das Thema ruhen zu lassen.
Re: Vertriebenenverbände und Landsmannschaften in Deutschlan
Verfasst: 09.08.2014, 03:41
von Titus Feuerfuchs
@ Marek
Eine Frage an dich, denn ich durchschaue deine Argumentation, unabhängig davon, dass ich deine Meinung hier absolut nicht teile, überhaupt nicht.
Du schriebst im Nachbarthread "Hat man den Führer, den man verdient hat?":
Marek1964 hat geschrieben:
[...]
es gibt hier das Momentum des Betruges und der Gewalt. Nehmen wir die schlimmsten Verbrecher der Geschichte, so waren die Mao Tse Tung und Hitler oder Stalin. Sie alle haben sich mit Gewalt an die Macht gebracht und haben danach ihre Völker manipuliert. Kann ein Bürger in einer unterdrückten System sich eine freie Meinung bilden?
o
Ich sage da: Nein. Nur moralisch hochwertige Menschen, wie Václav Havel können das. Aber das sind immer nur wenige.
Hitler wie der Kommunismus haben etwas versprochen, was sie nicht gehalten haben. Sie haben aber Machtsituationen geschaffen, die wirklich nur ganz wenigen die Möglichkeit gaben, zu sehen, was Sache ist und deshalb denke ich eher, das Volk ist da freizusprechen. [...]
Warum gilt das bei deiner Argumention hier, wo du die Vertreibung der Deutschen mit der politischen Meinung eines großen Bevölkerungsanteiles legitimierst, auf einmal nicht mehr?
Freispruch und trotzdem Bestrafung durch Vertreibung, Enteignung und Ermordung?

Re: Vertriebenenverbände und Landsmannschaften in Deutschlan
Verfasst: 09.08.2014, 04:27
von Titus Feuerfuchs
Marek1964 hat geschrieben:[...]
Man darf ja auch nicht vergessen, dass der Nationalsozialsimus letztendlich den Kommunismus in Mitteleuropa gebracht hat,
Ja, aber im Gegensatz zur OHL unabsichtlich. Wir wollen nicht vergessen, dass der braune den dunkelroten Sozialismus auslöschen wollte. (Antikomintern usw.)
Marek1964 hat geschrieben:
und nicht in einem Land haben die Kommunisten die Mehrheit, ja nicht einmal die 43 % der Nazis haben sie erreicht.
Och bei den "Wahlen" in der Deutschen "Demokratischen" Republik hatten die Kommunisten z.B. immer eine komfortable Mehrheit jenseits der 90% erreicht.
Marek1964 hat geschrieben:
Aber deutsche Politik hat letztendlich den Kommunismus in Mitteleuropa verursacht - aber die Mehrheit Deutschlands blieb davon verschont.
Aber bloß unmittelbar. Mittelbar blecht Gesamtdeutschland nach wie vor.
Marek1964 hat geschrieben:
Paradoxerweise, sind es Vertreter dieser Mehrheit (also in West- und Süddeutschland), die heute noch Forderungen stellen, im Nordosten Deutschlands ist dieses Thema schon lange durch.
Ich dachte das sind Landsmannschaften, die die Vertreibungsopfer vertreten?
Marek1964 hat geschrieben:
Dabei sollten diese Leute froh sein, dass sie in einem von Amerika geschützten Land ihre wirtschaftliche Leistung erbringungen durften und damit ohnehin entschädigt worden sind - zusammen mit dem Lastenausgleicht.[...]
Na wie gnädig.
Marek1964 hat geschrieben:
Das wurde nach dem Kriege bestraft, und ich finde, noch nicht einmal 1:1. Allein die enormen Schäden in den Ländern der Sowjetunion, da hätte man viel mehr verlangen können.
Hätte man, nur wär's sinnlos gwesen, denn mehr als man ohnehin schon an Land, Leuten (Zwangsarbeiter, Wisschenschaftler) und Gütern (gigantische Demontagen, die das marode kommunistische System am laufen hielten),zusammengarafft hatte, war ohnehin nicht mehr zu holen.
Du kannst jemandem nur einmal die Taschen leeren und einen Bettler auszurauben, ist ebenfalls sinnlos.
Und was die Schäden in der SU anlangt, wollen wir festhalten, dass der allergrößte Teil der SU nicht vom Krieg heimgesucht worden war.
Marek1964 hat geschrieben:Aber auch die Leistungen der tschechischen Wirtschaft zu Gunsten der deutschen Kriegsmaschinerie, wurden nie beglichen, sie wurden nahezu in den Währungsreformen von 1945 und 1953 annuliert.
Erstens wurden sie mit der Massenenteigung der Sudetendeutschen beglichen und zweitens war das Gros der (Kriegs-)Industrie sowieso im deutschsprachigen Teil der Tschechoslowakei zu finden.
Marek1964 hat geschrieben:
Also: Alle Ansprüche, die man aus Vertreibung stellen will, sind an die Deutsche Regierung zu stellen. Wenn man also meint, der Lastenausgleich sei noch nicht ausreichend. Wie es auf wikipedia gut heisst: Was Reparationen für den zweiten Weltkrieg anbelangt, ist die Deutsche Seite gut beraten, das Thema ruhen zu lassen.
Ja, indem man z.B. auf Basis der Kriegsschuld kein Geld mehr springen lässt. Deutschland hat gezahlt ohne Ende und dafür bis heute nicht mal einen Friedensvertrag erhalten.
Re: Vertriebenenverbände und Landsmannschaften in Deutschlan
Verfasst: 09.08.2014, 05:00
von Titus Feuerfuchs
Lia hat geschrieben:
[...]
Wahlergebnisse sind das eine- militante, rassistisch geprägte Stimmung in weiten Kreisen der "Sudetendeutschen" das andere. [...]
Das ist zwar grundsätzlich nicht unrichtig; nichtsdestotrotz sind die Wahlergebnisse ein starkes in Zahlen gegossenes Indiz.
Marek hatte ja vorher mit "reaktio" argumentiert, das kann man im Fall der Sudetendeutschen auch so sehen, denn sie waren gegen ihren erklärten Willen Staatsbürger dieses Staates und hatten wenig zu lachen. Masaryk und Benes waren nicht gerade die innigsten Freunde der deutschen Minderheit. Die diversen Benachteiligungen und Tschechisierungstendenzen trugen auch nicht besonders zu eine Kalmierung rassistischer Einstellungen, wie sie bei erheblichen Teilen der Sudetendeutschen vorhanden waren, bei. Nichtsdestotrotz sind diese rassistischen Einstellungen der Sudetendeutschen natürlich zu verurteilen.
Des Weiteren ist die Frage zu stellen, ob es legitim war, diese militanten, rassistischen Einstellungen und Handlungsweisen mit ethnischen Säuberungen zu bestrafen. Meiner Meinung nach ganz klar nein.
Entnazifizierungen nach deutschem und österreichischen Muster wären das korrekte Mittel gewesen.
Re: Vertriebenenverbände und Landsmannschaften in Deutschlan
Verfasst: 09.08.2014, 10:21
von dieter
Marek1964 hat geschrieben: Also: Alle Ansprüche, die man aus Vertreibung stellen will, sind an die Deutsche Regierung zu stellen. Wenn man also meint, der Lastenausgleich sei noch nicht ausreichend. Wie es auf wikipedia gut heisst: Was Reparationen für den zweiten Weltkrieg anbelangt, ist die Deutsche Seite gut beraten, das Thema ruhen zu lassen.
Lieber Marek,
Du machst es Dir wieder sehr einfach. Nun wirfst Du den deutschen Soldaten vor, dass sie gute Soldaten waren und sich treu ihrem Eid den sie geleistet haben verhalten hatten. Dass hat es in der Geschichte noch nie gegeben. Wo ist den Franzosen vorgeworfen worden, dass sie zu Napoleon gehalten haben, auch dann als er zum zweiten Mal von Elba kam

Die Tschechische Industrie hat dank der deutschen Kriegswirtschaft bis zuletzt gearbeitet. Tschechen haben die Häuser und Wohnungen der vertriebenen Deutschen, die da schon seit über 500 Jahren saßen, in ihren Besitz genommen. Also wieso ein Ausgleich

Den Kommunismus hat es vor Hitler und nach Hitler gegeben.
Wann werden endlich die Morde an den 80.000 Sudetendeutschen gesühnt und die Mörder, sofern sie noch leben vor Gericht gestellt

In Deutschland verjährt Mord nicht.

Wenn Du die Benes-Dekrete anführen solltest, wie kann eine Regierung einen Teil ihres Volkes von Schuld freistellen, wenn die gemordet haben

Ein Mörder kann sich nicht selbst freisprechen.

Re: Vertriebenenverbände und Landsmannschaften in Deutschlan
Verfasst: 09.08.2014, 12:52
von RedScorpion
Hier herrscht imho viel Konfusion,
es wird absichtlich oder fahrlässig viel vermischt und am Ende kommt a bisserl viel Dadaismus raus. (Doppelstaatler? Muslimische Migranten? Link wo?)
Das ist nicht schlimm, aber bez. des Themas auch nicht unbedingt hilfreich.
Hauptproblem ist m.E., dass der Einzelne in der heutigen (und auch schon damaligen) modernen Gesellschaft nicht mit Institutionen (von mir aus auch Proto- oder Pseudo-Institutionen), nicht mit Werten (oder "Werten") eines Kollektivs identisch ist und keinesfalls nur die Möglichkeit hat(te), am Gesellschaftsleben teilzunehmen, wenn es die öffentliche oder veröffentliche Meinung bis zur letzten Pore teilt.
Deswegen ist für den Vertriebenen so schwer einzusehen, warum er büssen muss für die Verbrechen Anderer oder des Kollektivs.
Im Detail könnte man anmerken, dass - jenseits aller ermüdender Debatten ob der Mehrheiten in Wahlen 1932 und 33 - der Widerstand gerade aus den "Neu-Grossdeutschen" (Sudeten, polnischen "Volksdeutschen", oder auch Luxemburger) gefürchtet war, und der NS und seine Schergen auch im Altreich nicht immer fest im Sattel sassen (die Gestapo lieferte sich z.T. in Berlin einen bizarren Kleinkrieg mit Widerständlern, U-Booten usw., denen allein im Krieg eine mittlere dreistellige Anzahl an Beamten zum Opfer fiel; von Steuermoral usw. gar nicht zu reden).
Tatsache ist aber, dass der NS nicht durch Ueberzeugungen Opfer schaffte, sondern durch die Exekutive und dann die Wehrmacht, und da ist völlig wurscht, ob einer an die NS-Doktrin glaubte oder nicht; Hauptsache, er konnte n Gewehr halten.
PR-mässig langen die Vertriebenenverbände m.E. oft daneben; Steinbach ist komplette Fehlbesetzung und alles andere als friedliebend und auf Verständigung aus ("Ich kann leider auch nix dafür, dass Polen mobilgemacht hat."),
auch der Verdacht, doppelt abkassieren zu wollen (oder gar dreifach: einmal schon während des NS, dann durch Lastenausgleich, und dann noch durch Besitzansprüche an die westverschobenen, damals nur teilautonomen stalinistischen Satellitenstaaten und ihre Nachfolger), in den Augen der alten Westdeutschen z.T. unmögliches Auftreten usw. haben viele Sympathien gekostet, die Opfern normalerweise zustehen.
Und sicherlich ist es so, dass es Vertriebenen, die es bis in den "goldenen Westen" geschafft hatten, unendlich viel besser ging als den meisten Flüchtlingen der Welt.
Das vermisse ich in der offiziellen Selbstbeschreibung der Verbände. Ein Interesse um Realismus, um das Erhalten der alten Tradition und alten Werte von damals, die man auch den "neuen" Siedlern zur Verfügung stellen kann, Verständigung, Sprachen- und Kulturaustausch und Hilfsprogramme für Flüchtlinge, denen es weniger gut geht als ihnen heut.
LG
Re: Vertriebenenverbände und Landsmannschaften in Deutschlan
Verfasst: 10.08.2014, 13:24
von Marek1964
Ich gebe Red Scorpion weitgehend Recht, diese Diskussion ist mühsam, weil halt moralische, rechtliche und politische Aspekte vermischt werden, jeder hat da so eine eigene Vorstellung von Werten, Recht, Schuld, individuelle und kollektive Verantwortung und Schuld und daraus hergeleitete Ansprüche auf Entschädigung, die kaum je befriedigend zu lösen sind, auch hier kompliziert, weil individuelle Aspekte von kollektiven zu unterscheiden sind.
Im Nachhinein ist es leicht zu sagen, die Sieger hätten sich gerechter verhalten sollen, ebenso zu sagen, die Deutschen hätten sich nicht so für das unterdrückerische System einsetzen sollen. Tatsache ist, dass von Adolf Hitler ein Gewaltexzess in Gang gesetzt worden ist.
Im Folgenden will ich nur auf einige Einzelaspekte eingehen.
Titus Feuerfuchs hat geschrieben:Marek1964 hat geschrieben:
Das wurde nach dem Kriege bestraft, und ich finde, noch nicht einmal 1:1. Allein die enormen Schäden in den Ländern der Sowjetunion, da hätte man viel mehr verlangen können.
Hätte man, nur wär's sinnlos gwesen, denn mehr als man ohnehin schon an Land, Leuten (Zwangsarbeiter, Wisschenschaftler) und Gütern (gigantische Demontagen, die das marode kommunistische System am laufen hielten),zusammengarafft hatte, war ohnehin nicht mehr zu holen.
Du kannst jemandem nur einmal die Taschen leeren und einen Bettler auszurauben, ist ebenfalls sinnlos.
Dieser Satz ist so zynisch, dass man ihn nicht einfach stehen lassen kann. Viele Häuser der Bewohner von vor allem der Ukraine und Weissrusslands wurden im Rahmen des Ruckzugs der Wehrmacht vollständig zerstört, ebenso wie viele andere Einrichtungen wie Eisenbahnlinien, Brücken usw.
Vor diesem Hintergrund erblasst eigentlich das Schicksal der meisten Vertriebenen, vor allem in der Gesamtzahl, von individuellen Schicksalen mag ich jetzt nicht sprechen.
Titus Feuerfuchs hat geschrieben:Marek1964 hat geschrieben:Aber auch die Leistungen der tschechischen Wirtschaft zu Gunsten der deutschen Kriegsmaschinerie, wurden nie beglichen, sie wurden nahezu in den Währungsreformen von 1945 und 1953 annuliert.
Erstens wurden sie mit der Massenenteigung der Sudetendeutschen beglichen und zweitens war das Gros der (Kriegs-)Industrie sowieso im deutschsprachigen Teil der Tschechoslowakei zu finden.
Auch der letzte Satz, eigentlich nicht so wichtig, aber so falsch, dass ich ihn nicht stehen lassen kann. Als Österreicher sollte Dir doch klar sein, dass schon zur KuK Zeit Böhmen und Mähren, und zwar der tschechische Teil, die Rüstungsschmiede war, die Zentren lagen in Pilsen, Prag, Brünn, Mladá Boleslav, Zlin und Kopřivnice. Im Grenzgebiet dominierte die leichte Industrie. Von den besetzten Gebieten war nur Frankreich als Lieferant von Rüstungsgütern bedeutender als das Protektorat. Deshalb sandte Hitler auch seinen "besten Mann", Heydrich, nach Prag, um die Produktivität in diesem bedetutenden Teil seine Kriegsmaschinerie am Laufen zu halten.
Re: Vertriebenenverbände und Landsmannschaften in Deutschlan
Verfasst: 10.08.2014, 18:16
von dieter
Marek1964 hat geschrieben:
Dieser Satz ist so zynisch, dass man ihn nicht einfach stehen lassen kann. Viele Häuser der Bewohner von vor allem der Ukraine und Weissrusslands wurden im Rahmen des Ruckzugs der Wehrmacht vollständig zerstört, ebenso wie viele andere Einrichtungen wie Eisenbahnlinien, Brücken usw.
Vor diesem Hintergrund erblasst eigentlich das Schicksal der meisten Vertriebenen, vor allem in der Gesamtzahl, von individuellen Schicksalen mag ich jetzt nicht sprechen.
Lieber Marek,
wie kannst Du zerstörte Häuser, Einrichtungen, Eisenbahnlinien und Brücken in der Ukraine und Weissrussland mit den über 80.000 Menschen, die von den Tschechen ermordet wurden vergleichen

Der Tod von Menschen ist doch wohl höher einzuschätzen als die Zerstörungen von Sachen. Das passierte im Laufe eines Krieges. Die Wehrmacht hat auch in Kassel eine Fuldabrücke gesprengt, um die Amis dadurch aufzuhalten. Am Rhein wurden viele Brücken gesprengt, um die Westalliierten aufzuhalten. Selbst, wenn solches in der Tschechei auch passiert sein sollte, rechtfertigt das nicht das Umbringen von 80.000 Menschen nach dem Ende des Krieges.

Re: Vertriebenenverbände und Landsmannschaften in Deutschlan
Verfasst: 10.08.2014, 18:33
von Marek1964
dieter hat geschrieben:Marek1964 hat geschrieben:
Dieser Satz ist so zynisch, dass man ihn nicht einfach stehen lassen kann. Viele Häuser der Bewohner von vor allem der Ukraine und Weissrusslands wurden im Rahmen des Ruckzugs der Wehrmacht vollständig zerstört, ebenso wie viele andere Einrichtungen wie Eisenbahnlinien, Brücken usw.
Vor diesem Hintergrund erblasst eigentlich das Schicksal der meisten Vertriebenen, vor allem in der Gesamtzahl, von individuellen Schicksalen mag ich jetzt nicht sprechen.
Lieber Marek,
wie kannst Du zerstörte Häuser, Einrichtungen, Eisenbahnlinien und Brücken in der Ukraine und Weissrussland mit den über 80.000 Menschen, die von den Tschechen ermordet wurden vergleichen

Der Tod von Menschen ist doch wohl höher einzuschätzen als die Zerstörungen von Sachen. Das passierte im Laufe eines Krieges.
Die Wehrmacht hat auch in Kassel eine Fuldabrücke gesprengt, um die Amis dadurch aufzuhalten. Am Rhein wurden viele Brücken gesprengt, um die Westalliierten aufzuhalten. Selbst, wenn solches in der Tschechei auch passiert sein sollte, rechtfertigt das nicht das Umbringen von 80.000 Menschen nach dem Ende des Krieges.

Habe ich zu keinem Zeitpunkt gemacht. Mein Post, bezog sich auf die Einlassung von Titus, der meinte, einem Bettler könne man nichts wegnehmen. Es ging in dem Punkt um materielle Entschädigung für Kriegsschäden.
Ausserdem operierst Du wiederholt mit der Zahl 80 000 Tote der Vertreibung - die deutsch-tschechische Kommission setzte die Zahl auf 15 bis maximal 30 000. Würde man von den Opfern der Menschen in der Sowjetunion sprechen, müsste man von über 20 Millionen sprechen, weiss ich noch gar nicht genau, wieviele das waren, habe auch schon Schätzungen bis 40 Millionen gelesen. Das sind einfach andere Dimensionen. Ohne aber damit etwas anderes rechtfertigen zu wollen, ausser dem, dass Entschädigungsforderungen vor diesem Hintergrund gelinde gesagt problematisch wirken, ebenso die Aussage "wir haben schon genug gezahlt".
http://de.wikipedia.org/wiki/Vertreibun ... pferzahlen
Auch der Begriff "Tschechei" ist nicht korrekt, eine Erfindung Hitlers im Übrigen.
Re: Vertriebenenverbände und Landsmannschaften in Deutschlan
Verfasst: 10.08.2014, 19:04
von RedScorpion
Vllt sollte man den Vernichtungskrieg durch die Wehrmacht im Osten etwas anders sehen, als das mancher hier tut (bei dem wohl immer noch die Vorstellung in der Birne haust, die Wehrmacht sei sauber gewesen, nur die Marsmenschen sprich SS haben hier und da ein wenig übertrieben).
Hineinverwoben offenbar auch der Mythos, Westdeutschlands Aufstieg sei ein Wiederaufleben des Phönix aus der Asche, und der geknechtete Osten Deutschlands nur deshalb zurückgefallen, weil Stalin alles weggeklaut hätte. Wahr ist, dass die Infrastruktur des Westens weitgehend intakt war, weiterhin (wie ehedem) auf künftige (und alte) Handelspartner ausgerichtet war und der Rhein weiterhin von Schaffhausen nach Rotterdam floss. Und dass der Osten keine Chance hatte, lag am System, nicht an der Demontage.
Ungerecht ist darüberhinaus, dass ausgerechnet den Pseudo-Staaten 1945 einhalb, d.h. Stalin- sprich diktaturdominierten Bandengebilden, welche ohne den Ueberfall bzw. den Einmarsch durch die Wehrmacht niemals hätten entstehen können, Vertreibungen und Morde mit dem gleichen moralischen Anspruch zur Last gelegt werden, wie dies einem verantwortlichen, institutionell funktionierendem Gemeinwesen vorgeworfen würde.
Das ist unehrlich.
Hätte man die bestehenden (und btw. auch halbwegs funktionierenden, zumindest wesentlich besser als ausgerechnet Deutschland und Oesterreich) Staaten einfach bestehen lassen und nicht ohne Not mit Krieg und Leid überzogen, hätten die sich schon allein aus Staatsräson darum gekümmert, dass auf ihren Territorien keine 30.000 oder 80.000 Menschen umgebracht wurden (noch dazu eigene Staatsbürger), von den zig Millionen Umgebrachten, Verschleppten und Vertriebenen durch die Reichsdeutschen gar nicht zu reden.
Deutschland war in keiner Not, als es 1938 unbedingt in Oesterreich und den Sudeten einmarschieren musste und 1939 nach Prag und dann im September in Warschau,
und v.a. auch nach der Eroberung nix dafür getan hat, vllt halbwegs um Ausgleich bemühte rechtliche Normen oder gar Friedensverträge durchzusetzen. Es war nicht Fremdherrschaft, die dafür gesorgt hätte, dass sich Deutschland ermächtigt sah, dreiviertel Europa plus Nordafrika zu beherrschen, sondern institutionelle und moralische Unzulänglichkeit, auf eigenem Mist gewachsen. Das ist was ganz anderes als der Mob, der an Ausschreitungen und Morden verantwortlich ist an Deutschen nach 1944 oder als die Westverschiebung des neuen Eisernen Vorhangs durch Stalin, denen ganze Länder zum Opfer fielen, samt ihrer rechtmässigen Regierung und Bevölkerung. Daraus den lokalen Regierungen und gesamten Bevölkerung einen Strick zu drehen, ist typischer deutscher dummdreister Revisionismus.
Und Benes hin, Benes her: Glaubt hier irgendjemand, der Mob, durch prostalinistische Kommunisten aufgehetzt, hätte auch nur einen einzigen Mord nicht begangen, wenn sich Benes gegen Vertreibung ausgesprochen hätte? Dass Stalin auch nur auf einen Kilometer Neugewinn bzw. auf die im Molotov-Ribbentrop-Abkommen beschlossenen Einverleibung in die Sowjetunion verzichtet hätte, wenn sich Benes moralisch integer gezeigt hätte?
P.S. Iglau, Brünn, Jungbunzlau, ja selbst Prag waren m.W. deutschsprachig dominierte Städte, die ihre deutsche Dominanz im Lauf des 19. Jh. vermindert sahen bzw. verloren.
Ignoranz meinerseits: Warum man "Tschechisch" nicht einfach mit "Böhmisch" oder "Böhmisch + Mährisch" übersetzen kann und dann alle zufrieden sind, geht mir nicht so gut in die Birne.
LG