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Frankfurt am Main, 27. November 1308 - Wahl Heinrichs VII. von Luxemburg zum römisch-deutschen König

Heraldik, Jagd, Pest, Kriegsführung, Ritter, Feuerwaffen, Burgen, Könige, Königreiche

Moderator: Barbarossa

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Barbarossa
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Textzitat in voller Länge:
»In unserem gestrigen Artikel thematisierten wir die Krönung Karls IV. in Bonn zum Gegenkönig Ludwigs IV. Heute ist der Jahrestag der Wahl seines Großvaters Heinrich VII., die einen neuerlichen markanten Wendepunkt in der Reichsgeschichte darstellte. Mit ihm gelangte zunächst erstmals ein Angehöriger des Hauses Luxemburg auf den Thron des römisch-deutschen Königtums. Die Wahl folgte auf eine Phase akuter politischer Unsicherheit, ausgelöst durch die Ermordung seines Vorgängers Albrecht I. von Habsburg am 1. Mai 1308. Verschiedene Mächte – darunter vor allem Frankreich - bemühten sich um Einfluss auf die Nachfolge, was die Suche nach einem politisch tragfähigen Kompromisskandidaten begünstigte. Den Wahlfürsten war wie schon bei der Wahl Rudolfs von Habsburg daran gelegen, durch die Wahl eines vermeintlich minderstarken Grafen (Grafenkönige) den eigenen Einfluss auf die Reichsführung zu stärken, was einer möglichen Zentralisierung des Reichs stark entgegenwirkte.

Heinrich VII. erschien den Wahlfürsten als geeignet: territorial nicht übermächtig, diplomatisch akzeptabel und ohne unmittelbare Dominanzansprüche gegenüber den etablierten Fürsten im Reich.

Ort der Wahl war traditionsgemäß Frankfurt am Main.

Die Kurfürsten und ihre Stimmen

Zum Zeitpunkt der Wahl bestand das Wahlkollegium aus den Fürsten von sieben zur Wahl privilegierten Territorien:

1. Peter von Aspelt, Erzbischof von Mainz
2. Heinrich II. von Virneburg, Erzbischof von Köln
3. Balduin von Luxemburg, Erzbischof von Trier (Bruder d. Kandidaten)
4. Ruprecht I. von der Pfalz (Pfalzgraf bei Rhein)
5. Rudolf I. von Sachsen-Wittenberg, Herzog von Sachsen
6. Waldemar von Brandenburg, Markgraf von Brandenburg
7. Heinrich von Kärnten, König von Böhmen

Historisch gesichert ist, dass Heinrich von Kärnten weder persönlich erschien noch vertreten war. Die Wahl erfolgte somit mit den Stimmen der sechs anwesenden Kurfürsten.

Abwesenheit des böhmischen Kurfürsten

Die Gründe für die Nichtteilnahme Heinrichs von Kärnten bleiben in den Quellen für uns unklar. Wahrscheinlich spielten mehrere Faktoren eine Rolle: seine politisch schwache Position in Böhmen, dynastische Konflikte sowie begrenzte Anerkennung durch andere Reichsfürsten. Seine fehlende Teilnahme verhinderte keine Wahl, deutete aber auf die zunehmend pragmatische Handhabung des Wahlrechts bereits vor der späteren schriftlichen Festlegung in der Goldenen Bulle hin.

Die Rolle Waldemars von Brandenburg

Aufmerksamkeit verdient die Teilnahme Waldemars von Brandenburg. Obwohl Brandenburg erst 1356 durch die Goldene Bulle formal endgültig im Kurfürstenkollegium kodifiziert wurde, nahm Waldemar, wie schon sein Großvater Johann I. vor ihm, als Wahlträger teil. Seine Stimme dokumentiert, einmal mehr, dass Brandenburg bereits vor der formalen Fixierung faktisch als Kurfürstentum anerkannt war, ähnlich aber wie Sachsen-Wittenberg wegen der territorialen Randlage im Reich wenig politischen Einfluss hatte.

Waldemars Stimme fügt sich bei jener Wahl unter die politischen Interessen der rheinischen Kirchenfürsten, insbesondere des Mainzer Erzbischofs Peter von Aspelt und des Trierer Erzbischofs Balduin von Luxemburg, die Heinrichs Kandidatur stützten.

Bedeutung der Wahl

Mit der Wahl Heinrichs VII. begann der dynastische Aufstieg des Hauses Luxemburg innerhalb des Reiches. Sein Sohn Johann von Luxemburg wurde später König von Böhmen und sein Enkel Karl IV. von Luxemburg erreichte als König und Kaiser eine der prägenden Positionen in der Reichsgeschichte.

Die Wahl selbst gilt als Beispiel einer politisch sorgfältig austarierten Entscheidung der Kurfürsten, die weniger eine freie Kür als vielmehr ein Ergebnis dynastischer und territorialer Balance war. Sie dokumentiert zudem den Übergang von einem herrscherzentrierten Königtum zu einem kurfürstengeführten Wahlkönigtum, das strukturell mit der Goldenen Bulle 1356 rechtlich weiter festgelegt wurde.

Zur ikonographischen Überlieferung

In zeitgenössischen und spätere Darstellungen erscheinen häufig alle sieben Kurfürsten, auch Heinrich von Kärnten, obwohl dieser der Wahl fernblieb. Solche Abbildungen zeigen keine historische Momentaufnahme, sondern die rechtliche Ordnungsvorstellung der Wahl: sieben Kurfürsten, ein König. Die Darstellungen dienten der Legitimation und symbolischen Vollständigkeit der Wahl und nicht ihrer exakten Wiedergabe.«
Quelle: https://www.facebook.com/share/p/1FnizgYwTG/
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