Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und das Flugblatt

Landtagswahlen, Ministerpräsidenten, Regierungen und deren Entscheidungen

Moderator: Barbarossa

andreassolar
Mitglied
Beiträge: 259
Registriert: 10.03.2023, 21:48

Ton und Inhalt des Flugblatts, das bei A. gefunden worden war, lag dann doch noch deutlich rechts der REPs oder DVU. Wem oder was auch immer dieser verbale Hass des Flugblatts gegolten hat.
andreassolar
Mitglied
Beiträge: 259
Registriert: 10.03.2023, 21:48

Der Hintergrund zum Thema Volksverräter des Flugblattes wäre schon wissenswert gewesen.
Skeptik
Mitglied
Beiträge: 421
Registriert: 06.06.2022, 17:50

andreassolar hat geschrieben: 16.09.2023, 00:40 Der Hintergrund zum Thema Volksverräter des Flugblattes wäre schon wissenswert gewesen.
„Volksverräter“ könnte auch von Franz Schönhuber stammen. Schönhuber reiste als Günstling im Pressetross von Franz Josef Strauß und moderierte im Bayerischen Fernsehen als Vizechefredakteur die Wirtshaus-Sendung "Jetzt red i“. - Vom Applaus der Massen ließ sich Schönhuber zu extremen Aussagen treiben. Er beschimpfte Journalisten als "Hilfsschüler" und "Volksverhetzer", drohte den "rotgrünen Deppen" mit einem "Tag der Abrechnung".
Auch sonst paßte Schönhuber in die Zeit: Schönhuber war Träger des Bayerischen Verdienstordens. 1975 wurde Schönhuber Hauptabteilungsleiter beim Bayerischen Rundfunk im Bereich „Bayern Information“.
1982 endete Schönhubers Karriere beim Bayerischen Rundfunk mit der fristlosen Entlassung.
Doch damals fanden sich noch nachsichtige Richter: Im Rahmen eines arbeitsrechtlichen Prozesses wurde festgestellt, dass er zu Unrecht entlassen worden war. Der Bayerische Rundfunk wurde letztinstanzlich verurteilt, Schönhuber entweder wieder einzustellen oder ihm per sofort alle Ruhestandsbezüge bis zu seinem Lebensende zu zahlen.

So enden Märchen oft: „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie heute noch“.
andreassolar
Mitglied
Beiträge: 259
Registriert: 10.03.2023, 21:48

Ja, an Schönhuber kann ich mich noch gut erinnern, auch an seine Günstlingszeit und an den damals vielfach stramm 'nationalbayerischen', CSU nahen BR. Den konnte man Anfang der 1980er gelegentlich nur mit Bauchschmerzen anschauen, wenn es politische Sendungen waren, die vom BR produziert worden waren.

Nur: Schönhuber hatte also Journalisten mal als 'Volksverhetzer' tituliert, das war ja keine Drohung, sondern eine polemische Abkanzelung. Der Titel unterstellt eine Verhetzung, Manipulation des 'Volkes'.

Der Begriff 'Volksverräter' im Flugblatt ist tradiert mit Gewalt kontaminiert und dahinter stecken - wie das Flugblatt zeigt - Vorstellungen von massiven körperlichen Gewaltandrohungen /Gewaltphantasien /Vernichtungsphantasien gegen ...einen Lehrer der Schule, der Klasse? Der Volksverräter verrät also das 'Volk', tut also etwas ganz Schändliches am arglosen 'Volk', will dem 'Volk' massiv schaden in den Vorstellungen bestimmter Kreise und Anschauungen.
andreassolar
Mitglied
Beiträge: 259
Registriert: 10.03.2023, 21:48

So grausam die Geschichte der KZs auch war, aber es wurden weder in Dachau noch in Auschwitz ausschließlich Juden interniert.
In beiden wurden die Menschen nicht 'interniert', meine ich.

Und das KZ-System Ausschwitz steht als Synonym für den Holocaust, bekanntlich war Ausschwitz (-Birkenau) das zentrale Vernichtungslager für die europäischen Juden.
Der Anteil von etwa 90% jüdischer Opfer der Massentötungen im Lagersystem Ausschwitz belegt dies.

Das Flugblatt, welche bei Aiwanger gefunden wurde, nennt Ausschwitz als erstes mit dem 'F... durch den Sch....'
Meiner Einschätzung nach gilt wohl, dass Ausschwitz auch schon in den späten 1980er Jahren, zu Abfassungszeit des Flugblattes, fast durchweg mit dem Holocaust, mit dem Massenmord primär an den Juden in Verbindung gebracht wurde. Von einigen wenigen Fachleuten mal abgesehen.

Dachau war kein Vernichtungslager.
Skeptik
Mitglied
Beiträge: 421
Registriert: 06.06.2022, 17:50

Der Unterschied zwischen einem Vernichtungslager und einem Internierungslager wird am Beispiel Auschwitz-Birkennau deutlich.
Walter Kempowski dokumentierte in seinem vierbändigen Werk „Echolot“ - für die Zeit vom 1.1.1943 bis zum 28.2.1943 - unter anderen auch die von Danuta Czech gesammelten Dokumentationen der Vernichtung.
Es sind für diesen Zeitraum insgesamt 58 Berichte und in ihrer nüchternen Brutalität nicht zu fassen. Also täglich ein Bericht:

Samstag16.1.1943: Um Mitternacht wird die ganze SS-Bereitschaft auf die Ausladerampe kommandiert. Mit einem Transport des RSHA (Reichssicherheitshauptamt) aus Zambrów sind etwa 2000 polnische Juden - Männer, Frauen und Kinder - eingetroffen. Nach der Selektion werden 211 Männer, die Nummern 87168 bis 87378 erhalten, als Häftlinge in das Lager eingewiesen. Die übrigen etwa 1789 Deportierten werden in den Gaskammern getötet.

Sonntag 17.1.1943: Die Lagerleitung führt eine Selektion unter den Häftlingen in den Quarantäneblöcken 2 und 8 des Stammlagers durch, wobei etwa 500 Häftzlinge ausgesucht werden. Sie werden am selben Tag nach Birkenau gebracht und dort in den Gaskammern getötet.

Sonntag 24.1.1943: Mit einem Transport des RSHA aus Holland sind 921 jüdische Patienten unter ihnen auch Kinder, und medizinisches Personal aus dem Psychiatrischen Krankenhaus Apeldoornse Bosch eingetroffen. Nach der Selektion werden (…) 868 Menschen in den Gaskammern getötet.

Sonntag 31.1.1943: Mit dem Sonderzug Pj 101, der Oranczyce am 30. Januar 1943 um 2.10 Uhr verlassen hat, ist ein Transport mit 2450 polnischen Juden eingetroffen. In dem Transport befinden sich 145 Kinder unter vier Jahren sowie 312 Kinder im Alter von vier bis zehn Jahren. Nach der Selektion werden (…) 2169 Menschen unter ihnen 457 Kinder, in den Gaskammern getötet.

Donnerstag 4.1.1943: Mit einem Transport des RSHA aus Holland sind 890 Juden aus dem Lager Westerbork eingetroffen. Mit dem Transport sind 321 Männer und Jungen sowie 569 Frauen und Mädchen angekommen. Nach der Selektion (…) werden 713 Menschen, unter ihnen Invaliden und Kinder in den Gaskammern getötet.


Die Firma Degesch Frankfurt am Main, eine Tochter der Degussa, lieferte das dazu notwendige Giftgas Zyklon B. In einer Rechnung vom 31. Mai 1944 an Herrn Obersturmführer Kurt Gerstein, Berlin heißt es: Wir sandten am 31. Mai ab Dessau mit einem Wehrmachtfrachtbrief der Heeres-Standortverwaltung Dessau an das Konzentrationslager Auschwitz, Abteilung Entwesung und Seuchenabwehr … als Frachtgut folgende Sendung: ZYKLON B Blausäure ohne Reizstoff. 15Kisten, enthaltend je 30x390 Büchsen á 500g = 195 kg = 975,- Reichsmark.
https://www.google.de/search?sca_esv=56 ... 03Nfo3kKxM
andreassolar
Mitglied
Beiträge: 259
Registriert: 10.03.2023, 21:48

...ich kann mich jedenfalls an kein anderes (Neonazi-) Pamphlet aus dem 80ern erinnern, welches so eine Sprache gewählt hatte...

Das Flugblatt wurde sorgfältig konzipiert & fehlerfrei getippt und zwecks Verteilung multipliziert
andreassolar
Mitglied
Beiträge: 259
Registriert: 10.03.2023, 21:48

Die FW haben bei den Landtagswahlen erwartbar nun ein neues Bestergebnis erzielt, Aiwanger im Wahlkreis Landshut mit 37,2 % erwartbar das Direktmandat via Erststimmen geholt.

Aiwanger hatte bei der Landtagswahl 2018 noch 25,2 % der Erstimmen geholt, dies hatte nicht für ein Direktmandat gereicht.
Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag

Zurück zu „Länderpolitik“