Sicherlich würden die USA heute Dinge anders anpacken als sie es damals taten. Nur damals hatten sie keine weiteren Kriegsschauplätze an der Backe ... zum Thema "wollen" und "können" ... siehe unten.elysian hat geschrieben:Halt! Da kommen jetzt zwei Dinge durcheinander.
Ich meinte mit lernfähig, dass sie die (schlimmsten) Fehler aus dem damaligen Somaliaeinsatz nicht wiederholen würden. Damals fehlten insbesondere genügend schwere Waffen (z.B. Panzer).
Weiterhin meinte ich, dass die USA gezeigt haben, dass sie nach wie vor über den Willen und die Mittel verfügen, ihre Interessen durchzusetzen.
Die Begriffe "Supermacht", "Großmacht" und "Regionalmacht" sind im militärischen Sprachgebrauch genau definiert. Hier kommt die Klassifizierung "1st rate", "2nd rate" und "3rd rate" zum Tragen.elysian hat geschrieben:Was die Stellung als Supermacht angeht, so denke ich nicht, dass diese schon verloren ist. Allerdings wird sie mit Sicherheit verloren gehen. Die Welt wird zukünftig multipolar sein. Wenn wir Glück haben, ist das eine gute Entwicklung. Sie kann aber zu neuen und erheblichen Problemen führen. Allerdings sehe ich nicht, dass die USA auf 2nd rate zurückfallen. Sie werden m.E. eine von mehreren führenden Großmächten.
Rollen wir das Feld von hinten auf ...
Eine "Regionalmacht" oder "3rd rate power" ist eine Militärmacht, die in einer genau definierten Region (sphere of influence) die militärisch dominierende ist. Hier kann man Russland als Beispiel anführen, auch für das Beispiel wie man von "1st rate" auf "3rd rate" abrutschen kann.
Das russische Einflussgebiet beschreibt heute das Gebiet der ehemaligen UdSSR (mit kleineren Ausnahmen) und der heutigen GUS. Wie wir im jüngsten Georgienkonflikt gesehen haben, ist Russland durchaus in der Lage die Region militärisch zu dominieren und für bestimmte Gruppen als "Schutzmacht" aufzutreten.
Russland wäre wieder eine Großmacht (2nd rate power) wenn es auch überregional militärisch dominierend wäre. Als Beispiel sei hier der Kosovokonflikt genannt. Russland bezeichnet Serbien als "Brudervolk", mit dem es nicht nur die "slawische Ethnie" sondern auch eine gemeinsame Religion (das orthodoxe Christentum) teilt.
Serbien ist für Russland militärisch jedoch "out of area", da Russland derzeit nicht über die Mittel verfügt seine konventionelle Militärmacht - im Alleingang - auch in diese Region Europas zu projezieren. Könnte Russland dies, dann wäre es eine "Großmacht" ... eine Macht die überregional operieren kann. Die Unfähigkeit Serbien im Kosovokonflikt militärisch zu unterstützen ist der Beweis für den fehlenden "Großmachtstatus".
Dieses Debakel veranlasste Russland wieder massiv in den Militärsektor zu investieren und Reformen durchzuführen. Den Erfolg dieser Maßnahmen haben die Georgier zu spüren bekommen, und die "Welt" war auch ziemlich von der Effizienz und Schnelligkeit der russischen Intervention in S-Ossetien überrascht.
Der gravierende Unterschied zwischen einer "Großmacht" und einer "Supermacht" liegt jedoch darin begründet, dass eine Supermacht - im Alleingang - nicht nur überregional sondern auch parallel auf mehreren Schauplätzen aktiv sein kann - und dort dominiert.
Die UdSSR hätte dies gekonnt, Russland kann es heute nicht mehr. Daher ist Russland auch eindeutig keine "Supermacht" mehr - aber wieder auf dem Weg zur Großmacht.
Auf die USA bezogen ist unstrittig, dass die USA immer noch eine Großmacht sind. "Supermacht" darf jedoch angezweifelt werden, da die USA derzeit nicht mehr in der Lage ist auf mehreren Schauplätzen gleichzeitig und autark die dominierende Kraft zu sein. Die militärischen Kräfte der USA sind überdehnt und in weiten Teilen abgenutzt, es fehlen neben personellen und materiellen auch die finanziellen Mittel.
Auch hier darf der jüngste Georgienkonflikt herhalten, da es für mich eindeutig ist, dass wären die USA tatsächlich noch eine Supermacht, dann hätten sie auf georgischer Seite in den Konflikt eingegriffen. Das haben sie jedoch nicht, nicht weil es am Willen fehlte sondern an den (oben beschriebenen) Mitteln.
Der Georgienkonflikt war daher nicht nur ein "Punktesieg" für Russland sondern auch ein militärpolitisches Desaster für die USA. Die Unterstützungsbekundungen für Georgien waren ein Lippenbekenntnis der USA, da es am nötigen "Fleisch" fehlte um das "Gerippe" der Drohkulisse wirksam zu bepacken. Alles in Allem ... ein weiterer politischer Nagel im Sarg der NeoCons in Washington.
Das Szenario am Persischen Golf - und hier rechne ich Afghanistan mit ein - bindet zu viele amerikanische Kräfte um es den USA zu erlauben an einem weiteren Ort militärisch aktiv zu werden. Sei es Georgien, Iran oder sonstwo. Damit ist der "Supermachtstatus" widerlegt.
Die von Dir beschriebene "Denke" ist die "Supermachtdenke" ... bist Du nicht für mich ... dann bist Du gegen mich ... und ich schaffe "das Problem" eben alleine aus dem Weg. Dies aber können die USA nicht mehr ... und haben es der Welt bewiesen. Bush sen. war nicht in der Situation wie Bush jun. - wäre er es gewesen, dann wären die Defizite wohl schon früher offensichtlich geworden.elysian hat geschrieben:Bezüglich der Denke bin ich gespalten. Die simple Unterteilung der Welt in Schwarz und Weiß durch die Regierung Bush junior ist mit Sicherheit rückständig. Bush senior fällt da etwas aus dem Rahmen, da während seiner Amtszeit der Kalte Krieg endete.
Dagegen agierte m.E. die Regierung unter Clinton durchaus differenziert, auch wenn es berechtigte Anlässe für Kritik gab.
Deshalb sehe ich der Regierung Obama auch in solchen Fragen zunächst hoffnungsvoll entgegen
Clinton und Obama sind "Demokraten", keine "Republikaner".
"Demokraten" sind eher isolationistisch ... haben weniger das "Sendungsbewusstsein" der "Republikaner". Wirtschaftspolitisch sind "Demokraten" gefährlicher als Republikaner, militärpolitisch sind sie aber reservierter und damit ungefährlicher.
Obama steht als erster "demokratischer" Präsident vor dem Problem, dass er nicht "demokratisch" an den Start gehen kann. Die Wirtschaftskrise kann er nicht "isolationistisch" schultern, er kann es nur kooperativ tun. Aber das ist wieder ein gänzlich anderes Thema.