Ich habe meine Jugend und Schulzeit in den fünfziger Jahren durchlebt und habe diese Zeit als extrem intolerant und autoritär erlebt. In der Schule herrschte beinahe militärische Disziplin und man kriegte ständig Ohrfeigen und Hiebe mit dem Rohrstock. Konformes Verhalten war gefragt, bloß nicht auffallen oder aus der Reihe tanzen. Der kleinbürgerliche Mief und die spießbürgerliche Moral waren unerträglich. Alles war wohlgeordnet, am Sonntag ging die ganze Familie hübsch gekleidet spazieren.Ralph hat geschrieben:Die Gesellschaft wurde toleranter?
Dem Land war zwar eine Demokratie verordnet worden, aber eigentlich wusste keiner, was das eigentlich ist und deshalb haben sie alle einfach so weitergemacht, wie sie es von früher gewohnt waren.
Es gab auch noch viele kuriose Gesetze. Bis 1958 durften Frauen nur mit Genehmigung des Mannes ihren Führerschein machen oder ein eigenes Konto führen. (Eigenes Konto wurde erst 1962 erlaubt). Berufstätigkeit war ihnen nur möglich, wenn der Ehemann oder der Vater dies gestattete. (wurde erst in den siebziger Jahren geändert).
In Bayern mussten Lehrerinnen zölibatär leben wie Priester – heirateten sie, mussten sie ihren Beruf aufgeben. Denn sie sollten entweder voll und ganz für die Erziehung fremder Kinder zur Verfügung stehen. Oder alle Zeit der Welt haben, um den eigenen Nachwuchs zu hegen.
Der Kuppeleipraragraph stellte vorehelichen und außerehelichen Geschlechtsverkehr unter Strafe. Homosexualität wurde mit Gefängnis bestraft.
Es gab noch viel mehr Ungereimtheiten. Dieser ganze Muff musste erst einmal weg, damit sich eine wirklich freie Gesellschaft bilden konnte.