Verfassungsrichter stoppen EU-Reformvertrag

Grundgesetz, Gesetzesfragen, Wahlen, bundespolitische Ereignisse, Polizei

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Barbarossa
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Deutschland darf EU-Vertrag noch nicht ratifizieren:
Verfassungsrichter stoppen EU-Reformvertrag

Die Karlsruher Richter halten den EU-Reformvertrag von Lissabon mit dem Grundgesetz vereinbar, allerdings mit Einschränkungen. Bundespräsident Köhler darf seine Unterschrift daher noch nicht unter den Vertrag setzen...
weiter lesen: http://www.netzeitung.de/politik/deutsc ... 91459.html
«Ein guter Tag für den Lissaboner Vertrag»:
Regierung zufrieden mit Karlsruher EU-Urteil

Freude allerorten: Auch wenn der EU-Reformvertrag noch Hürden nehmen muss, sieht weder die Kanzlerin noch ihr Vize das Vertragswerk in Gefahr. Noch in dieser Legislaturperiode sollen die notwendigen Nachbesserungen verabschiedet werden...
weiter lesen: http://www.netzeitung.de/politik/deutsc ... 91780.html

Die wichtigsten Punkte des EU-Reformvertrages:
http://www.netzeitung.de/politik/ausland/1391659.html
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elysian
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Einen juristisch sehr bedeutsamen Punkt hat man aufzuführen vergessen:
der Anwendungsvorrang der Gemeinschaftsrechts wird kodifiziert!
sic transit gloria mundi
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Barbarossa
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elysian hat geschrieben:Einen juristisch sehr bedeutsamen Punkt hat man aufzuführen vergessen:
der Anwendungsvorrang der Gemeinschaftsrechts wird kodifiziert!
Womit der Grundsatz "EU-Recht bricht nationales Recht" gemeint ist, stimmts?

Wahrscheinlich ist das auch der Knackpunkt, der in vielen EU-Ländern mißtrauen bei der Bevölkerung aufkommen läßt, denke ich.
:roll:
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elysian
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Zur näheren Erläuterung:
Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts (namentlich das Primärrecht aus dem EGV) ist ein Anwendungsvorrang.
Das bedeutet, nur in den Fällen, in denen Gemeinschafsrecht überhaupt anwendbar ist, überlagert es das nationale Recht im Falle eines Konflikts, indem es an seiner statt ausschließlich angewendet wird.
Das Gemeinschaftsrecht findet nur bei Grenzüberschreitungen Anwendungen, z.B. wenn ein Österreicher in Deutschland arbeiten will.
Verordnungen hingegen werden ja direkt geltendes nationales Recht (also kein Konflikt möglich). Richtlinien werden regelmäßig in nationales Recht umgesetzt und sind nur in Ausnahmefällen (verspätete, also noch nicht (richtig) erfolgte Umsetzung!) und auch nur im vertikalen Verhältnis zwischen Bürger und Staat und auch nur zugunsten des Bürgers als Rechtsgrundlage wirksam.
Somit profitieren die Bürger der europäischen Staaten ganz erheblich von diesem Vorrang, sodass dieser gerade nicht Grundlage des Misstrauens sein dürfte.
Allerdings sind zu diesem Vorrang verschiedene Einzelheiten strittig. Zur Frage, ob der Anwendungsvorrang zeitlich begrenzt werden kann, habe ich vor geraumer Zeit eine wissenschaftliche Arbeit verfasst.
Hintergrund waren die Verbote nichtstaatlicher Wettangebote (Stichwort: oddset).
Die Kodifikation sollte die weitere Durchdringung befördern.
sic transit gloria mundi
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Barbarossa
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Dokumentation:
"Grundgesetz sagt Ja zu Lissabon"

Karlsruhe (dpa) - Das Bundesverfassungsgericht hat den EU- Reformvertrag von Lissabon am Dienstag gebilligt, aber eine Stärkung der parlamentarischen Beteiligung gefordert. dpa dokumentiert Auszüge aus dem Eingangsstatement von Vizepräsident Andreas Voßkuhle:
weiter lesen: http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/ ... sabon.html
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JetLeechan
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Irland stimmt jetzt erstmal solange ab bis es klappt während bei uns jetzt solange am Zustimmungsgesetz rumgedoktort wird bis es dem GG genügt. Vielleicht sollte man sich mal Gedanken darüber machen wofür genau wir die EU überhaupt brauchen.
elysian
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Das ist natürlich die grundlegende, die entscheidende Frage.
Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg war die Europäische Gemeinschaft die Antwort auf die Frage, wie der Frieden langfristig zu sichern sei.
Die Gefahr kriegerischer Auseinandersetzungen wird jedoch heutzutage, unbeachtlich schießwütiger polnischer Patroullienboote, als de facto inexistent bewertet, sodass diese Antwort der Frage entbehrt.
Wozu also benötigen wir die Europäische Gemeinschaft?
Zur Antwort wird heutzutage ein ganzes Bündel zahlreicher Argumente geboten, wenngleich keines die universelle Anerkennung erfährt, welche das Friedensargument für sich verbuchen konnte.
Genannt werden:
-Schaffung eines gemeinsamen Raumes des Friedens (da ist es wieder), der Sicherheit und des Rechts
Vor allem die institutionalisierte Zusammenarbeit gegen grenzübergreifende Kriminalität ist für alle redlichen Menschen in Europa ein nicht zu unterschätzender Vorteil, auch wenn in diesem Bereich sicherlich noch sehr viel Luft nach oben ist (s. allein schon Problematik des sog. Europäischen Haftbefehls).
-gemeinsamer Binnenmarkt
Dieser gemeinschaftliche Wirtschaftsraum fördert den Güterverkehr (nicht zuletzt zum Wohle des Konsumenten!) und ermöglicht Unternehmern und Arbeitnehmern oder Selbstständigen, auch außerhalb ihres Heimatstaates nach Betätigungsmöglichkeiten zu suchen; ein klares Mehr an Perspektive
-Schengen
Reisefreiheit in einem für Europa historischen Ausmaß!
-Euro (bis auf einige wenige, die noch fehlen)
Eine gemeinsame Währung erspart umrechnen und wechseln des Geldes, was vor allem Urlauber freut. Preise sind im europäischen Kontext besser zu vergleichen, was man wohl verbraucherfreundlich nennen darf; vor allem aber hat eine gemeinsame Währung eine starke positive Wirkung auf die beteiligten Volkswirtschaften
-internationaler Einfluss
Zwar gibt es unter den Mitgliedsstaaten nicht immer eine abgestimmte Außenpolitik, aber die Gemeinschaft kann auch außenpolitisch gemeinsam handeln (was sie in wirtschaftspolitischen Fragen auch oft tut) und hat dann wegen ihrer Wirtschaftsmacht einen nicht zu unterschätzenden Einfluss in der Welt; hier stören vor allem nationale Egoismen, nicht zuletzt die Eitelkeiten der beteiligten Staatsführer

Es ließen sich sicherlich noch weitere Punkte nennen, aber das sollte zunächst einmal genügen.
sic transit gloria mundi
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