Sagt ja nichts anderes aus. Polen ordnete eine im März 1939 ein Teilmobilmachung im März 1939 an, was aber keinsterlei Bedeutung für Hitlers Überfall auf Polen ein knappes halbes Jahr später hatte. Dumme Rhetorik, die aber jeden Polen wie andere Europäer vor den Kopf stossen muss, aber eben auch die Geisteshaltung der Leute dokumentiert - die Geschichte nämlich zu verdrehen.Stephan hat geschrieben:Ebenfalls nicht richtig.Marek1964 hat geschrieben:Das ganze Zitat der Stelle lautet:
ZEIT ONLINE: Sie haben gesagt, dass Erika Steinbach Recht hat.
Szarota: Aber Steinbach sagte nicht, wo und warum es die Mobilisierung gab. Das Wort Mobilmachung ruft bestimmte Vorstellungen hervor. Der Korrespondent einer linksliberalen polnischen Tageszeitung schrieb über seinen Artikel "Steinbach: Polen hat Hitler provoziert." Das ist die Lesart ihrer Aussage. Dabei steht es außer Frage, dass es umgekehrt war. Dass Polen damals Angst hatte, dürfte niemanden wundern. Deutschland hatte für alle sichtbar klargemacht, dass es ein aggressiver Staat ist. Hier wird also die Geschichte komplett verdreht.
Das obige Zitat zitiert die dritte Frage und Antwort. Mein Zitat stammt aus der Eröffungsfrage:nachzulesen in: http://www.zeit.de/politik/deutschland/ ... -interviewZEIT ONLINE: Was hatte Erika Steinbach im Sinn, als sie einen Vertriebenenfunktionär verteidigte und sagte, sie könne nun einmal nichts daran ändern, dass Polen schon im März 1939 mobilisiert hatte?
Tomasz Szarota:Als Historiker kann ich nur sagen: Ihre Aussage stimmt. Erika Steinbach lügt nicht. Aber Steinbach und Hartmut Saenger, Autor des umstrittenen Artikels, leiden an fatalen Folgen historischer Vergesslichkeit.
Ich habe ja auch nicht gesagt, dass die Annexion von Ruthenien oder der Südslowakei durch Ungarn rechtens war, hatte aber wenigstens den Hauch einer Legitimation hatte oder konnte als Revision von Versailles/Trianon gewertet werden, was die Besetzung von Böhmen und Mähren nicht im geringsten hatte.Stephan hat geschrieben:Zumindest bezüglich der Unrechtmäßigkeit der Zerschlagung der Rest-Tschechei sind wir uns ja einig. "Ethnische Legitimationen" und "historische Begründungen" für gewaltsame Grenzänderungen sind allerdings mit Vorsicht zu genießen. Das erlebt gerade auch die Ukraine.
Die Dekrete haben, was die ehemalige Deutsche Minderheit betrifft, insofern keine Bedeutung mehr, als dass heute wie schon nach Abschluss des Transfers 1947 kein Deutscher mehr enteignet werden kann und keine Gewaltakte gegen Deutsche mehr als "Folge des Befreiuungskampfes" mehr straffrei sind. Diese Gesetze bezogen sich auf die unmittelbare Nachkriegszeit. Es gelang dann der tschechischen Regierung, vor dem Beitritt der EU nachzuweisen, dass diese Gesetzestexte ex nunc keine Gültigkeit mehr haben, weshalb deren nicht formelle Aufhebung auch keinen Hinderungsgrund zur Aufnahme in die EU darstellte. Es verhinderte aber Entschädigungsansprüche der Sudetendeutschen.Stephan hat geschrieben:Leider wird nicht ausgeführt, welche der 143 Dekrete gemeint sind. Die entsprechende Erklärung der Ungültigkeit durch das tschechische Parlament erfolgte jedenfalls erst am 24. April 2002 und nicht im Jahr 1947!Marek1964 hat geschrieben: Die verballhornender Weise Beneš Dekrete gennannten Dekrete der tschechoslowakischen Exilregierug und der provisorischen Regierung sind schon seit 1947 Geschichte (zumindest diejenigen, von denen die Rede in diesem Zusammenhang ist). Hat mit Frau Steinbach gar nichts zu tun.
siehe http://www.eu-info.de/europa-punkt/unge ... s-dekrete/
Noch am 15.4.1999 hat das Europäische Parlament die Tschechische Regierung aufgefordert "Gesetze und Dekrete aus den Jahren 1945 und 1946 aufzuheben, soweit sie sich auf die Vertreibung von einzelnen Volksgruppen in der ehemaligen Tschechoslowakei beziehen." Das wäre bei einer erfolgten Aufhebung im Jahr 1947 - noch vor dem Rücktritt Benes kaum notwendig gewesen.
Von trauern rede ich nicht. Aber um die Aufarbeitung spezifisch Volksdeutscher Geschichte in Polen und Tschechoslowakei und insbesondere deren Verstrickung in die Nazi Verbrechen. Die verharmlost oder verschweigt man am liebsten.Stephan hat geschrieben:Seltsam, dass es immer noch Menschen gibt, die sich anmaßen, anderen Menschen vorzuschreiben in welcher Form und unter welchen Voraussetzungen sie ihrer Angehörigen zu Gedenken oder um sie zu Trauern haben. Eigentlich sollten diese Zeiten vorbei sein. Und eigentlich sind sie das ja auch, nur einige ewig Gestrige wollen es nicht wahrhaben.Marek1964 hat geschrieben:
Klar, das ehrliche Aufzeichnen von tschechischerseits begangenen Verbrechen an Deutschen gefällt natürlich diesen Kreisen, da gibt man mal gerne einen Preis. Schön wäre es, wie schon gesagt, wenn die Kreise (also BdV, SL) auch die Verstrickungen und Verbrechen ihrer Volksgenossen (also nicht Reichsdeutsche, sonder Deutsche in Polen und der U+010CSR) mal zu dokumentieren. Da würden sie von tschechischer (und polnischer) Seite wohl auch einen Preis kriegen.
Die Historikerkommission war paritätisch zusammengesetzt, also auch deutsche Historiker, von denen übrigens schon die ersten in den siebziger Jahren die Zahl einer viertel Million ablehnten. Es gibt für mich keine glaubwürdigere Quelle, zumal die Differenz von über einer Million durch die Nationalitätenwechsler überaus plausibel erklärt ist. Allein in der Tschechoslowakei hätten es 600 000 sein können, in Polen natürlich noch viel mehr.Stephan hat geschrieben:Zumindest bis 2006 waren 2. Mio. amtliche Verlautbarung in Dtschl. s. http://www.deutschlandfunk.de/keine-deu ... e_id=50189. Mal abgesehen davon, wie viele Opfer wären denn recht, um ein Erinnerungszentrum zu akzeptieren?
Die Ergebnisse der Historikerkommission wurden 1999 veröffentlicht und überzeugten die Bundesregierung noch 2006 nicht. Die von der Historikerkommission angeführten Zweifel an statistischen Methoden und politischen Interessenlagen gelten natürlich auch für die Ergebnisse der Historikerkommission.Marek1964 hat geschrieben:Eine reele Zahl. Christoph Bergner bestätigt selbst - 400 000 durch direkte Einwirkung, wobei auch das meines Erachtens sehr hoch ist, kenne ich aber nicht genau die polnischen Verhältnisse. Aber von den tschechischen kann ich das genau sagen. Jahrzehnte lang wurde die erschreckende Zahl von 270 000 Toten und Vermissten erwähnt - aber das sind Vergleiche von Statistiken von verschiedenen Volkszählungen verschiedener Staaten und aufgrund zahlreicher Schätzungen, aber unter Vernachlässigung von eine wichtigen Faktor: Den Nationalitätenwechslern. Die tschechisch-deutsche Historikerkommission hat die Obergrenze auf 30 000 (für die Tschechoslowakei festegesetzt).
Hier habe ich mehr dazu geschrieben: http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... 798#p43796
Die Zahlen aus den fünfziger Jahren vom statistischen Bundesamt dagegen waren klar politisch motiviert, sprachen aber auch nie von Toten, sondern von "ungeklärten Fällen", was dann gerne als "Vermisste" deklariert wird, was aber ebenso irreführend ist.
Trauern darf man auch bei einem Toten, nichts dagegen. Aber man soll sich auch mit der eigenen, spezifischen Rolle der Deutschen in Polen und der Tschechoslowakei beschäftigen - wenn man ernst genommen werden will. Das war meine Aussage.Stephan hat geschrieben:Meine Frage, wieviel Opfer es denn geben müßte, damit auch Deutsche um ihre Opfer trauern dürften, wurde aber nicht beantwortet.
Klappe? Ich habe eine im Abzug bei mir, aber ich weiss nicht wie ich die halten soll? Da müsste ich die Röhre demontieren. Ich nehme ja nicht an, dass Du so vulgär und unforianisch bist, und mir die Äusserung verbieten möchtest?Stephan hat geschrieben:Nun dort steht:Marek1964 hat geschrieben:Die Quelle ist das US Department of State - office of historian. Die Westverschiebung Polens war klar, auch dass man keine deutschen Minderheiten mehr haben wollte.
https://history.state.gov/milestones/19 ... ehran-confDas Wort >>expulsion<< oder auch das verharmlosende >>transfer<< finden sich in der angegebenen Quelle nicht, nicht einmal der Umfang der Westverschiebung wurde festgelegt. Teheran als Quelle der Vertreibung zu bezeichnen ist falsch. Entsprechende Gedanken finden sich allerdings schon früher u. a. bei der Tschechischen Exilregierung und wurden ab Mai 1945 ja auch in die Tat umgesetzt: http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelsp ... 37246.htmlAt Tehran, the three Allied leaders also discussed important issues concerning the fate of Eastern Europe and Germany in the postwar period. Stalin pressed for a revision of Poland’s eastern border with the Soviet Union to match the line set by British Foreign Secretary Lord Curzon in 1920. In order to compensate Poland for the resulting loss of territory, the three leaders agreed to move the German-Polish border to the Oder and Neisse rivers. This decision was not formally ratified, however, until the Potsdam Conference of 1945.
Dass die Oder Neisse Linie in Teherean beschlossen wurde, hast Du selbst zitiert, wurde zwar nicht ratifiziert, aber man konnte davon ausgehen, genauso, dass in diesen Gebieten keine Völkergemische mehr toleriert werden würden. Je länger der Krieg ging, desto klarer wurde, dass ein Zusammenleben zwischen Deutschen und den anderen Völkern nicht zumutbar war, gleichzeitig sollte diesen aber verteidigbare Grenzen sichern, weshalb schon früh im Laufe des Krieges Ideen zur Umsiedlung aufkamen, bei Polen und Tschechen.
Die Deutschen insgesamt wurden als Gefahr wahrgenommen und das nicht ohne Grund. Schon im November 1939 wurden die Hochschulen für Tschechen geschlossen (nach gewaltlosen Demonstrationen), Studenten erschossen oder nach Mauthausen verschleppt, tschechische Studentinnen von der SS vergewaltigt. Da war schon recht klar, wohin die Reise ging.
Stephan hat geschrieben:Marek, in aller Freundschaft, wenn Du exaktere Zahlen kennst, nenn Sie und die Herkunft bitte - ansonsten halt einfach die Klappe, dieses Forum nennt sich Geschichte-Wissen und nicht Geschichte-Spekulieren.Marek1964 hat geschrieben:Diese Zahlen dürften massiv übertrieben sein. Kennt man auch von den SL. Interessant wäre mal eine Quelle ausserhalb von BdV oder SL.
Genaue Zahlen hat der BdV übrigens selbst nicht, oder er will sie aus guten Gründen nicht veröffentlichen resp. begalubigen lassen. Was eigentlich jeder Wirtschaftsprüfer tun könnte (Mitgliederbeiträge) oder ein unabhängiges Institut.
Dass das ein Politikum ist und umstritten, müsste jedem, der sich ein bisschen mit der Thematik beschäftigt, klar sein. Es reicht in den google einzugeben "BdV Mitgliederzahlen", das siehst Du schon von den Titeln der Artikel. Vor vier Jahren hat der DDP veröffentlicht, dass der BdV höchstens 550 000 Mitglieder hat. Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Samuel Korn, schätzte zum gleichen Zeitpunkt, dass es weniger als 100 000 sind.
Der Historiker Gerhard Hopp schrieb, dass es 1962 nur mehr 1,25 Mio gewesen sind - und sich da schon ein Nachwuchsproblem abzeichnete.
Selbst im Bundestag gab es eine Anfrage zu den Mitgliederzahlen, ohne befriedigende Antwort.
Tja, genaue Zahlen kann oder will niemand liefern. So schauts aus. Wir können nicht anders als Spekulieren.
Die Quellen:
Machtfaktor Auch Ohne Machtbasis?: Die Sudetendeutsche Landsmannschaft und ...Quellen zur Diskussion zu den Zahlen des Bundes der Vertriebenen: Gerhard Hopp, S. 120 (auf googlebooks preview möglich)
http://www.bohemistik.de/nelhiebelbdv.html
http://www.konkret-verlage.de/kvv/txt.p ... 010&mon=03
http://www.christundwelt.de/themen/deta ... ohnt-sich/
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/007/1700710.pdf
Zum Abschluss das was Gontscharow gesagt hat: Entweder, der BdV und die SL nehmen die Auseinandersetzung mit der Geschichte ernst, oder sie wollen sie verdrehen. Im letzteren Fall interessiert es uns nicht und die Regierungen Polens und Tschechiens werden sie ignorieren wie jeder seriöse Historiker.
Wenn sie sich aber transformieren wollen und sinnvolle Aufgaben wahrnehmen wollen, wird niemand dagegen sein.