Hannelore Kohl - Immer eine starke Frau gewesen

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Moderator: Barbarossa

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Orianne
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Die grossbürgerliche Kindheit der sprachbegabten und intelligenten Hannelore, Jahrgang 1933, endet jäh mit dem Krieg. Die Geburtsstadt Leipzig liegt in Trümmern, ebenso die Karriere des Vaters, Nazi aus tiefster Überzeugung, Direktor eines großen Rüstungskonzerns. Mit zwölf Jahren, so Heribert Schwan, wird Hannelore Kohl von einem russischen Soldaten vergewaltigt. Ihre Spielfreundin Rena Krebs wohnte im gleichen Haus. Sie ist mit Hannelore Kohl bis zu deren Tod eng befreundet. Der Selbstmord der alten Freundin kommt nicht wirklich überraschend. "Mir war nichts mehr eingefallen, womit ich sie trösten oder unterstützen konnte", sagt Rena Krebs. "Das, was mir eingefallen war, hatte ich alles gesagt oder versucht zu veranlassen. Die Telefongespräche waren relativ kurz. Sie erkundigte sich nach mir. Sie war eine fürsorgliche Freundin. Und wenn ich sagte, 'Wie geht es Dir?', sagte sie nur: "Frag nicht. Frag nicht'."

Die Familienidylle, gerne demonstriert, wenn Fernsehteams für eine Homestory im Wahlkampf anrücken, ist trügerisch. Kaum mehr als Fassade, Hannelore Kohl hält all das am Ende offenkundig nicht mehr aus. "Hannelores beste Freundinnen haben schon sehr früh gesagt: 'Mach dich nicht kaputt", so Heribert Schwan. "Dieses Leben an der Seite dieses Mannes, dieses Kanzlers der Einheit, hältst du nicht aus. Es gibt nur einen Weg, um befreit zu werden. Das ist die Scheidung.'" Aber nach außen demonstriert sie - diszpliniert, hart gegen sich - immer wieder die Einheit der Eheleute: unverbrüchliche Solidarität mit ihrem Mann.

"Hannelore ist nicht der Mensch, der auch einer nahen Freundin gegenüber über ihren Mann gejammert hat", erinnert sich Rena Krebs. "Wenn sie ein paar Stunden bei uns zu Besuch war, sagte sie: 'Jetzt muss ich wieder gehen. Es erinnert mich hier auch vieles an das, was ich nicht habe.'" Oggersheim wird zur Chiffre der Einsamkeit. Der Mann macht Karriere in Bonn und Berlin. Hannelore bleibt in der Pfalz mit den Söhnen zurück. Helmut Kohl ist bald nur noch Gast im eigenen Haus, zieht seine Frau nur noch selten ins Vertrauen. Die Konsequenzen seiner Handlungen aber - so das Buch - muss sie mittragen. "Es gibt verschiedene Gründe, warum sich Hannelore Kohl letztendlich im Juli 2001 umgebracht hat", sagt Heribert Schwan. "Der Hauptgrund zu diesem Zeitpunkt war die Spendenaffäre. Die Spendenaffäre hat Hannelore Kohl wirklich an den Rand des Wahnsinns gebracht."

Das hat sie absolut runtergerissen, mitgenommen", berichtet Rena Krebs. "Da kam sie eigens hierher: 'Was denkt Ihr?' Sie hat erzählt, dass man vor ihr ausspuckt." Und Heribert Schwan ergänzt: "Es gibt ein Todesopfer der Spendenaffäre und das ist Hannelore Kohl." Sie bittet ihren Mann inständig, die Namen der Parteispender zu nennen - dies hat sie Schwan anvertraut. Doch Kohl schweigt trotzig. Hannelore Kohl sieht für sich keinen Ausweg. Sie erträgt die Isolation, die Ausgrenzung, die Anfeindungen nicht mehr, die Wunden, die nicht vernarben wollen, die Verletzungen, die sie auch in ihrer Ehe erfährt.

"Sie war einsam", sagt Heribert Schwan. "Sie war allein, verlassen von ihrem Mann, verlassen von ihren Söhnen. Hannelore Kohl hat gewusst, dass Helmut Kohl eine Beziehung hatte damals in Berlin. Hannelore Kohl war zutiefst gekränkt und verletzt, nicht zuletzt, weil diese Frau viel jünger war als sie, die krank darniederlag." Helmut Kohl hat diese Frau später geheiratet. Maike Kohl-Richter kommt nicht gut weg in diesem Buch. Die neue Gattin setzt, wie wir bei der Lektüre erfahren, viel daran, das Andenken an ihre Vorgängerin und deren Engagement für Hirnverletzte auszulöschen. "Ich fand es einfach ungerecht, wie sehr das Bild der Hannelore Kohl verblasste, wie sehr versucht wurde, die Erinnerung an diese Frau zu zerstören", sagt Heribert Schwan. Gerade diese - mag sein - streitbare Parteinahme macht diese Biografie so überzeugend. Sie bringt uns ein beinahe schon vergessenes Leben nahe: die traurige, durchaus exemplarische Vita einer gerne unterschätzten Frau.

Zuletzt war es ein Leben im Dunkeln. Sie hat sich abgeschottet, hinter Jalousien verschanzt, kein Licht mehr ertragen, gegen Licht war Hannelore Kohl, wie es hiess, seit einer fatalen Penicillin-Einnahme allergisch. Mehr als 30 Jahre im Rampenlicht, und doch meist nur als Schatten an Helmut Kohls Seite waren genug. Am 5. Juli 2001 setzt sie ihrem Leid im Oggersheimer Bungalow ein Ende.

In Heribert Schwans Biografie gerät so manche Legende ins Wanken. "Objektiv gesehen, hatte sie keine Lichtallergie", sagt Schwan. "Sie hatte eine andere Krankheit. Sie war in hohem Maße depressiv. Sie war auch von Tabletten abhängig - zum großen Teil. Sie wollte aber keine Hilfe von Psychotherapeuten haben. Sie wollte kein Licht in ihre Seele hineinlassen."

Quelle: Aus der Biographie von Heribert Schwan, damals war noch kein Streit zwischen ihm und Helumt Kohl

http://www.youtube.com/watch?v=wmNzUc4b ... NzUc4bu3A)
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Gontscharow
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Im Nachhinein habe ich Mitleid mit Hannelore Kohl, nachdem ich das alles höre.
In der Zeit, als ihr Mann Bundeskanzler war, fand ich sie nicht gerade sympathisch.
In ihrem öffentlichen Auftreten hat sie nie auch nur einen Hauch dieser Problematik erkennen
lassen, sie hat den Schein bis zuletzt gewahrt.
Dies ist sicher eine konservative Einstellung und typisch für die allermeisten Frauen ihrer Generation.
Dafür hege ich eine gewisse Anerkennung und Bewunderung, nämlich für soviel eiserne Disziplin und
Durchhaltevermögen.Richtig finde ich diese Haltung aber nicht. Soll man sein eigenes Leben opfern, damit
seine Zufriedenheit und sein Glück, um den Schein zu wahren ?
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Orianne
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Gontscharow hat geschrieben:Im Nachhinein habe ich Mitleid mit Hannelore Kohl, nachdem ich das alles höre.
In der Zeit, als ihr Mann Bundeskanzler war, fand ich sie nicht gerade sympathisch.
In ihrem öffentlichen Auftreten hat sie nie auch nur einen Hauch dieser Problematik erkennen
lassen, sie hat den Schein bis zuletzt gewahrt.
Dies ist sicher eine konservative Einstellung und typisch für die allermeisten Frauen ihrer Generation.
Dafür hege ich eine gewisse Anerkennung und Bewunderung, nämlich für soviel eiserne Disziplin und
Durchhaltevermögen.Richtig finde ich diese Haltung aber nicht. Soll man sein eigenes Leben opfern, damit
seine Zufriedenheit und sein Glück, um den Schein zu wahren ?
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Ich sehe das ähnlich Gontscharow, ihr einschneidendstes Erlebnis war die Vergewaltigung durch die Russen 19, man warf sie dann aus dem Fenster wie eine leere Konservenbüchse, sie war ja noch ein Kind, ein Mädchen, das mit Puppen spielte, und dann das. Sie musste einfach wie ein Roboter über die Jahrzehnte "laufen", mir kam sie immer stoisch vor, sie wirkte wie mit Teflon beschlagen, aber ihre Seele hatte mit der Zeit so einen Schaden genommen, dass sie dann nicht mehr "funktionierte".
Ich bin mir sicher, mit einer heutigen Erziehung hätte sie ihren Helmut verlassen, und sie hätte sicher ein besseres Leben später gehabt.
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Triton
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Ich finde Ihre Haltung auch falsch und ich finde, sie hat ein verlogenes Leben geführt. Stärke hätte sie bewiesen, wenn sie die heile Fassade eingerissen und ihre längst tote Beziehung zu ihrem Mann beendet hätte. Und zwar schon in den 80ern, spätestens in den frühen 90ern.
Sie war zu schwach, sich von Menschen zu trennen, die es nicht gut mit ihr meinten und sie nur benutzten. Sie hätte ihren Helmut einfach sich selbst überlassen sollen, hätte er eben schauen müssen, wie eine Scheidung in der konservativen CDU der 70er und 80er ankommt.

Aber ich nehme an, dass ihr das Leben im Rampenlicht an der Seite des Einheitskanzlers gefallen hat, sie mochte das Blitzlicht, die Aufmerksamkeit, die vielen oberflächlichen Freundlichkeiten. Sie war wichtig und für ihren Mann war sie scheinbar unverzichtbar.
Nach dem Ende der Ära Kohl war es damit vorbei und ihr Mann brauchte keine Vorzeigeidylle mehr für Wahlkämpfe, ihre Lebenslügen traten offen ans Licht, damit wurde sie wohl auch nicht fertig.

Welche Krankheit sie wirklich hatte, wer weiss das schon.
"Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, in dem man sie ignoriert." (Aldous Huxley)
Stephan
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Wieviel kann man Heribert Schwan glauben?
Besser Nichts!

Interview der FAZ mit Schwan vom 20.06.2011:
Welche Rolle spielt die Lichtallergie, die immer als Ursache für den Tod genannt wird?

Diese Lichtallergie hat sie objektiv nicht gehabt. Lichtallergie bekommt man in jungen Jahren, kann man eindeutig diagnostizieren und gut behandeln. Die Dermatologen haben ihr das sogar gesagt. Allerdings muss Hannelore Kohl tatsächlich das Empfinden gehabt haben, dass sie sich vor Licht schützen müsse und von innen verbrenne. Hier hätte nur eine psychotherapeutische Beratung helfen können. Aber das hat sie abgelehnt.
Also alles nur Einbildung?

Prof. Dr. med. Silvia Schauder hat sich im Deutschen Ärzteblatt 2002; 99(33): A-2150 / B-1826 / C-1718 zu der Krankheit, an der wohl auch Hannelore Kohl litt, einer Lichturtikaria, geäußert.
...Nachfolgend wird die Lichturtikaria dargestellt, weil in einer Biografie über Hannelore Kohl von Symptomen berichtet wird, die teilweise zu einer Lichturtikaria passen....Frauen sind häufiger als Männer befallen. Die Erkrankung wird weltweit beobachtet und tritt gewöhnlich zwischen dem zweiten und vierten Lebensjahrzehnt auf.
... In Abhängigkeit von der Expositionsdauer, der Intensität der Sonnenstrahlen, der Lokalisation und der Ausdehnung der bestrahlten Haut kommt es zu Jucken, Brennen, Rötung und Quaddeln. Wird lichtgewöhnte Haut nur kurz der Sonne ausgesetzt, ist oft nur ein brennendes und juckendes Erythem zu beobachten.
...Nicht selten lösen künstliche Strahler wie Fluoreszenzröhren in therapeutischen UV-Kabinen oder UV-A-betonten Solarien eine Lichturikaria aus. Auch starkes Halogenlicht, kann eine Lichturtikaria hervorrufen. ... Quaddeln treten besonders ausgeprägt in den Regionen auf, die nicht regelmäßig dem Licht ausgesetzt sind ... Ausgedehnter Hautbefall geht oft mit Müdigkeit, Schwindel, Übelkeit, Kopf- und Muskelschmerzen, gelegentlich auch mit einem anaphylaktischen Schock einher....
Die Lichturtikaria verläuft rezidivierend [d. h. wiederkehrend] und kann sich spontan nach Monaten, häufiger nach Jahren zurückbilden. Entsprechend der publizierten Fälle beträgt die mittlere Dauer der Erkrankung sieben Jahre. ...Im Falle einer stark ausgeprägten Lichturtikaria hat sich die von Beissert und Schwarz beschriebene schnelle Abhärtung alle 60 Minuten mit ansteigenden UV-A-Dosen bewährt. ...Die Abhärtung der Patienten kommt einer Gratwanderung gleich. Einerseits soll durch künstliche oder natürliche Strahlen eine Toleranz induziert werden, andererseits darf die Toleranzgrenze nicht überschritten werden. Eine zu intensive Prophylaxe verschlechtert die Lichturtikaria. Wie gefährlich Überschreitungen der zur Abhärtung geeigneten Strahlendosen sein können, geht aus eigenen Beobachtungen hervor. In den letzten Monaten haben zwei Patienten, die ihre Hautveränderungen für eine „Sonnenallergie“ (polymorphe Lichtdermatose) hielten, im Solarium einen anaphylaktischen Schock erlitten, um ihre Haut „abzuhärten“.... Ein Leben in ständiger Angst vor Tageslicht und künstlichen Strahlen kann – wie bei Patienten mit chronisch aktinischer Dermatitis bekannt – Depressionen begünstigen, die bis hin zum Suizid gehen. Unabhängig davon wird gelegentlich auch bei hautgesunden Menschen in der lichtarmen Jahreszeit eine saisonale Depression beobachtet. Bei einem Drittel der Patienten mit chronischer Urtikaria wurden Depression oder Depressivität gefunden. Dabei traten seelische und körperliche Symptome parallel auf. Depression führt nicht selten zu verstärkter Wahrnehmung von unangenehmen Empfindungen wie Hautbrennen...
Das klingt deutlich anders als die Diagnose des selbsternannten Dermatologen Schwan, und es stellt sich die Frage, wieviel ist eigentlich an seinen anderen Behauptungen dran?

Die Welt spricht von mindestens acht Abschiedsbriefen, die Hannelore Kohl geschrieben haben soll - davon war weder im Fernsehbericht noch im FAZ-Interview die Rede. In der Welt wird auch Bernhard Vogel zitiert:
Ein paar Tage davor nämlich verbrachte sie mit ihrem Mann und Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel noch einmal einen unbeschwerten Abend im Lieblingslokal der Kohls, im "Deidesheimer Hof" in der gleichnamigen Ortschaft. "Wir haben gelacht, nicht schallend, aber es war eine fröhliche Runde", sagt Vogel in der "Bild am Sonntag" über dieses Treffen. Aufgefallen war ihm aber doch, wie schmal sie geworden war - Hannelore Kohl trug zum Schluss Größe 38, eine Mädchengröße - "noch schmaler als zu Jahresanfang", fügte er hinzu. Sie kam auch erst nach 22 Uhr, wegen ihrer Krankheit, der Lichtallergie. Ein unbeschwerter Abend: War auch das schon der Abschied einer durch den Entschluss befreiten Frau?
Über die moralische Integrität von Menschen, die andere anspucken wegen einer Verfehlung ihres Lebenspartners bracht man wohl nicht viel Worte zu verlieren: Einfach widerwärtig!

Genauso wie die durschsichtige Relativierung diese Verhaltens durch Schwan.

Frau und Herr Kohl können einem wirklich leidtun - wer so einen Biographen hat braucht keine Feinde mehr!
Freundliche Grüsse
Stephan
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Orianne
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Ich fand die TV-Dokumentation über Frau Kohl mangelhaft, vieles wurde verschwiegen oder schön geredet, Schwan sollte von Kohl's Söhnen eingeklagt werden, aber man weiss ja, dass von der Seite wohl nichts mehr zu erwarten ist. Ein starker Post Stephan!
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Triton
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Stephan hat geschrieben:Frau und Herr Kohl können einem wirklich leidtun - wer so einen Biographen hat braucht keine Feinde mehr!
Wer hat Herrn Schwan als "Ghostwriter" ausgesucht? Wer hat ihm das Material geliefert, mit dem er gerade Geld macht?

Und eines ist auch klar: Niemand wird ihn mehr zu vertraulichen Interviews einladen. Es ist das letzte Buch, das von ihm kommen wird.
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Stephan
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Orianne hat geschrieben:Ich fand die TV-Dokumentation über Frau Kohl mangelhaft, vieles wurde verschwiegen oder schön geredet, Schwan sollte von Kohl's Söhnen eingeklagt werden, aber man weiss ja, dass von der Seite wohl nichts mehr zu erwarten ist. Ein starker Post Stephan!
Danke für die Anerkennung Orianne,

vielen Kohl-Kritikerin scheint die seelische Armut, die aus ihrer >>Kritik<< spricht, nicht einmal in Ansätzen bewusst zu sein. Dass z. B. die Worte "In guten und in schlechten Tagen" ernst gemeint sein könnten und auch gelebt werden, scheint außerhalb ihrer Vorstellungskraft zu liegen. Das seit Jahrzehnten betriebene linke Mobbing gegen Helmut Kohl hat wohl bei den Söhnen Wirkung gezeigt. Hannelore Kohl war nicht bereit sich diesem Druck zu beugen.
Freundliche Grüsse
Stephan
Lia

Bekennende Kritikerin des Politikers Kohl, die sich nur nicht mal eben der linken Ecke zuordnen lässt, teile ich Stephans Ansicht so weit, als dass ich die nachträglichen Spekulationen um und den Umgang mit Hannelore Kohl und ihrer Krankheit erbärmlich und unwürdig finde. Das ist weit ab von notwendiger Geschichtsaufarbeitung, sondern von seiten des Herrn S. genauso viel Menschenverachtung, wie er und viele andere sie bei Helmut Kohl kritisieren.

Kohl ist inzwischen ein kranker, gebrochener und wohl auch wehrloser Mann, nicht mehr der, der er vor Jahrzehnten war. Erfüllt mich weder mit Genugtuung noch empfinde ich das irgendwie als "gerechte Strafe."
Auch Menschen, die einem, warum auch immer, in ihrem Handeln und Denken nicht passen, verdienen ein Mindestmaß an würdigem Umgang, Hannelore Kohl nach ihrem Tod ebenso wie der Altkanzler.
Auch der war ein Getriebener seiner selbst, ob mir das nun in den Auswirkungen gefällt oder nicht.
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Balduin
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Die Söhne haben ja eine ziemliche Kampagne gegen ihren Vater gefahren... Es taugt sicherlich nicht zum Vorbild, als Vater stets abwesend und abweisend gewesen zu sein. Dennoch war er Bundeskanzler und CDU-Vorsitzender: Was wohl die 4 Ehefrauen von Schröder alles zu sagen haben?

Ich finde es schon problematisch, wenn ein Politiker sehr auf sein (misslungenes?) Privatleben reduziert wird: Was ist denn persönliches Glück? Für Kohl war es wahrscheinlich sein Beruf - und ich glaube nicht, dass zwischen den Eheleuten-Kohl nur eine Zweckbeziehung bestand. Er hat immerhin eine sehr intelligente, starke Frau geheiratet; nicht gerade ein Frauenbild, das in den 60er Jahren vorherrschte. Dass sich eine Beziehung verschlechtern kann und neue Menschen in das Leben treten, ist ja nun auch nichts außergewöhnliches.

Die Söhne mögen viel erlitten haben in ihrem Leben - der abwesende Vater, die harten Wahlkämpfe, die kranke Mutter und deren Selbstmord. Trotzdem ist es sehr schlechter Stil, das alles in der Presse und der Öffentlichkeit auszutreten.
Dass die Söhne auch Vorteile aus der Kanzlerschaft ihres Vaters hatten, sollte auch nicht unerwähnt bleiben: Das Studium in Harvard oder die Geschäftsführerstelle beispielsweise...

Mich würde es unheimlich stören, wenn mein Privatleben so in die Öffentlichkeit gezerrt würde und sich jeder berufen fühlt, seine Hobby-Psychologie-Kenntnisse auszupacken. Aber das ist wahrscheinlich der Preis, den man für ein Leben als Kanzler zahlen muss.
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Triton
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Ralph hat geschrieben: Was wohl die 4 Ehefrauen von Schröder alles zu sagen haben?
Das weiß ich nicht, aber Schröder hat sich selbst um die "angeheirateten" Kinder seiner Frau vorbildlich gekümmert, wie der leibliche Vater in vielen Interviews verriet.
Soll jeder für sich selbst beschließen, was er als aufrechteren und ehrlicheren Lebensstil ansieht, eine Ehefrau zu Hause und für die Presse und die echte Partnerin nebenher (es gibt da noch andere Beispiele aus der Union) oder eben Scheidung. Da spielt sicher die konservativere Klientel der Union auch eine Rolle.
Ralph hat geschrieben:Mich würde es unheimlich stören, wenn mein Privatleben so in die Öffentlichkeit gezerrt würde und sich jeder berufen fühlt, seine Hobby-Psychologie-Kenntnisse auszupacken. Aber das ist wahrscheinlich der Preis, den man für ein Leben als Kanzler zahlen muss.
Politiker wie Helmut Kohl zerrten ihr Privatleben selbst in die Öffentlichkeit. Das ist der entscheidende Unterschied zu Otto Normal. Hotte Seehofer, der immer mit dem Bild seiner Familie in Wahlkämpfen warb, muss sich gefallen lassen, dass ihn BILD durch den Kakao zieht. Genauso die Wulffs.

Ich höre sehr wenig über das Privatleben Angela Merkels und das zu Recht, sie hausiert nicht damit und man merkt ihr bei Interviews an, dass ihr unwohl ist, sich darüber auszulassen. Schadet ihr das?

Viele Politiker unterliegen dem Denkfehler, dass die Wähler von Ihnen ein makelloses Prvatleben erwarten. Wir haben zwar keine italienischen Verhältnisse, wo Bunga-Bunga-Partys toleriert werden, aber die meisten Wähler interessiert es nicht die Bohne, was jemand zu Hause für Hobbies hat und ob die Ehe noch glücklich ist.
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Gontscharow
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Wahrscheinlich hat man als Kanzler nicht mehr viel Privatleben, Ralph.
Ich selbst würde mein Privatleben auch schützen wollen.
Den Hinweis von Triton, einmal Frau Merkel und Herrn Kohl in dieser Hinsicht
zu vergleichen, finde ich gut. Scheinbar hat man auch als Prominenter sehr wohl die
freie Entscheidung, ob solche Homestories über die Familie gemacht werden oder nicht.
Niemand wird Helmut und Hannelore Kohl "gezwungen" haben, sich ein Rehkitz fütternd in
der idyllischen Landschaft des Salzkammergutes ablichten zu lassen und dabei
freundlich lächelnd direkt in die Kameras zu schauen ....
Ist man diesen Pakt mit der Presse erst mal eingegangen, ist es fast zwangsläufig, daß
eines Tages auch die Kehrseite der Medaille zum Vorschein kommt, spätestens dann, wenn
man nicht mehr in Amt und Würden ist sowie alt und gebrechlich und sich deshalb nicht
mehr so gut wehren kann ( insofern, moralisch betrachtet, meine Zustimmung, dieser Biograf
handelt egoistisch und es geht ihm ums Geld).
Angela Merkel verhält sich da geschickter.
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Gontscharow
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Mir fällt gerade noch ein, daß Helmut Kohl seitens des Spiegels schon in en 80er Jahren unterstellt wurde,
er hätte ein Verhältnis mit seiner Bürochefin, Juliane Weber. Das gipfelte dann in so süffisanten
Titelüberschriften wie " Die Frau an seiner Seite" ( daneben ein Foto von Juliane Weber).
Da ich solche Boulevardthemen nie verfolgt habe, weiß ich nicht, ob´s stimmt, daß Frau Weber seine
Geliebte war oder nicht und was jener Herr Schwan darüber berichtet.
Seine jetzige Frau wird aus mannigfaltigen Gründen von großen Teilen der Öffentlichkeit nicht akzeptiert,
alle meinen zu wissen, welche WIRKLICHEN Motive diese 34 Jahre jüngere Frau hat.Oder sie "ahnen" es.
Jedenfalls zerreissen sie sich das Maul.
Finde ich auch unfair.
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dieter
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Gontscharow hat geschrieben:Im Nachhinein habe ich Mitleid mit Hannelore Kohl, nachdem ich das alles höre.
In der Zeit, als ihr Mann Bundeskanzler war, fand ich sie nicht gerade sympathisch.
In ihrem öffentlichen Auftreten hat sie nie auch nur einen Hauch dieser Problematik erkennen
lassen, sie hat den Schein bis zuletzt gewahrt.
Dies ist sicher eine konservative Einstellung und typisch für die allermeisten Frauen ihrer Generation.
Dafür hege ich eine gewisse Anerkennung und Bewunderung, nämlich für soviel eiserne Disziplin und
Durchhaltevermögen.Richtig finde ich diese Haltung aber nicht. Soll man sein eigenes Leben opfern, damit
seine Zufriedenheit und sein Glück, um den Schein zu wahren ?
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Lieber Gontscharow,
man braucht sein eigenes Leben nicht zu opfern, aber auch bei mir steht das Wohl der Familie an erster Stelle und ich bin froh wenn unser Sohn oder unsere Enkelkinder etwas geschafft haben. Für meine Leistung als Vater erwarte ich keine Dankbarkeit, obwohl ich manches Wochenende für seine Klassenarbeiten mit ihm gelernt habe. Sein Erfolg ist mir Dankbarkeit genug. Ähnlich wird sich Frau Kohl bei den Erfolgen Ihres Mannes verhalten haben. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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