Gesellschaftlicher Umgang mit dem Radikalismus

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Moderator: Barbarossa

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Barbarossa
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Der nachfolgende Artikel, der heute im "Tagesspiegel" stand, brachte mich auf dieses Thema:
BGH-Urteil
Hotels
Von Frank Jansen

Der Bundesgerichtshof hatentschieden: Hotels dürfen Rechtsextremisten wegen deren politischer Überzeugung generelldie Unterkunft verweigern.Wie begründen die Richter das Urteil?

Es ist ein kleiner Erfolg für Udo Voigt, den Exchef der NPD, aber eine Niederlage für die rechtsextreme Szene an sich. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat am Freitag entschieden, das vom Hotel Esplanade im brandenburgischen Bad Saarow Ende 2009 ausgesprochene Hausverbot gegen Voigt sei prinzipiell rechtens – nur im konkreten Fall nicht, weil der NPD-Mann und seine Frau bereits eine bestätigte Buchung vorweisen konnten. Das Ehepaar Voigt habe beim Hotel „den Anspruch erworben, den gebuchten Aufenthalt zu gestatten“, sagte der Vorsitzende Richter des 5. Zivilsenats, Wolfgang Krüger, in der Begründung des Urteils. Generell aber dürfe das Hotel sein Hausrecht geltend machen und solchen Gästen den Zutritt verweigern, deren politische Ansichten „dem Konzept eines Wellnesshotels abträglich“ sein könnten...
weiter lesen: http://geschichte-wissen.de/go/ausgrenzung-radikalismus

Natürlich kann jede Einrichtung von seinem Gastrecht Gebrauch machen. Auch z. B. Discotheken tun das, die z. T. sehr sorgfältig ihre Gäste aussuchen.
Im Falle des Rechtsradikalismus scheint das auf den ersten Blick auch legitim zu sein, denn hier handelt es sich um Menschen, die selbst intolerant sind andere diskriminieren bis hin zur Gewaltanwendung gegen sie.
Aus diesem Grunde rufen selbst prominente Politiker, wie Wolfgang Thierse (SPD), dazu auf, auch behördlich genehmigte Demonstrationszüge der NPD oder anderen rechtsradikalen Gruppen zu stören oder gar zu verhindern und nennen es "Zivilcourage".
Mit welchem Recht geschieht das eigentlich?
Sicher nicht mit den verfassungmäßig festgeschriebenen Grundrechten.

Andererseits scheint der Erfolg von Sarazins Buch - "Deutschland schafft sich ab" - zu zeigen, daß rassistische Ansichten auch heute noch viel tiefer in Gesellschaft verankert zu sein scheinen, als man es allgemein für möglich hält.

Aber auch der Linksradikalismus oder auch der radikale Islamismus kann für die Gesellschaft gefährlich sein. Auch von diesen Szenen geht nicht selten Gewalt aus. Also müßte man auch Personen aus diesen Szenen in ähnlicher Weise ausgrenzen - mit der gleichen Begründung.
Und wenn wir schon dabei sind: Was ist mit den Politikern der "Linken"?
Wenn man sich näher mit dem Marxismus auseinandersetzt, dann stellt man fest, daß zur Durchsetzung dieser Ideologie grundsätzliche persönliche Freiheiten in jedem Fall beschnitten werden müssen. Anders ist ein "Sozialismus", in welcher Gestalt er auch immer errichtet werden soll, nicht zu erreichen. Grundsätzlich wird auch hier Gewaltanwendung zur Errichtung einer "Diktatur des Proletariats" von Marxisten, Kommunisten oder als was sie sich auch immer bezeichnen mögen, als durchaus "legitim" angesehen. Dennoch dürfen Vertreter dieser Bewegung selbst in deutschen Landesregierungen mitregieren.

Und nicht zuletzt soll es aber auch schon Fälle gegeben haben, wo Menschen mit Behinderung gebeten wurden, das Restaurant zu verlassen, weil sich andere Gäste "gestört fühlen" könnten.
Und was ist mit muslimischen Frauen, die gern ein Kopftuch tragen möchten? Oder mit Menschen mit dunkler Hautfarbe?

Also wo hört Kundenfreundlichkeit im besten Sinne des Wortes auf und wo fängt Intoleranz und Diskriminierung an?
Oder würde es der Gesellschaft nicht generell guttun, der Toleranz und vor allem dem Indvidualismus mehr Platz einzuräumen?
Gewalttaten und andere Straftaten müssen selbstverständlich bestraft werden. Aber Menschen nur aufgrund ihrer politischen Gesinnung gesellschaftlich auszugrenzen - ist das zielführend? Oder zementiert man damit nicht eher eine Spaltung der Gesellschaft, die umso schwerer wieder zu überwinden sein wird, je tiefer die Spaltung ist? Und selbst diejenigen, die aus der radikalen Szene aussteigen möchten und eigentlich die Hilfe der Gesellschaft benötigen, blieben dann ausgegrenzt. Kann das das Ziel sein?
Ich glaube, gerade in dieser Frage ist ernsthaftes und tiefgreifendes Nachdenken über die grunsätzliche Strategie unserer Gesellschaft mit Personen aus der radikalen Szene vonnöten.
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Peppone
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Barbarossa hat geschrieben:Was ist mit den Politikern der "Linken"?
Da sind derart unterschiedliche Leute dabei, dass man die nicht alle über den gleichen Kamm scheren kann. Ich kann doch einen Kommunalpolitiker nicht von der Tür weisen - das wäre im Übrigen v.a. in Ostdeutschland im Zweifelsfall ebenfalls geschäftsschädigend, denn dort sind andere Linke unterwegs als im Westen. Hier sind´s oft linke Sektierer, die bei der Linken die Gelegenheit gefunden haben, aus ihrem "3-Stimmen-pro-Wahl"-Dasein zu entfliehen. Dort sind die Linken etablierte Kommunaler, die Mehrheiten einfahren. Das wäre ja, als würde man in Bayern dem Landrat den Aufenthalt im Hotel verweigern, weil er als CSU´ler zu rechts ist... :lol:
Barbarossa hat geschrieben:Wenn man sich näher mit dem Marxismus auseinandersetzt, dann stellt man fest, daß zur Durchsetzung dieser Ideologie grundsätzliche persönliche Freiheiten in jedem Fall beschnitten werden müssen.
Falsch. Marx geht davon aus, dass sich der MArxismus irgendwann in ferner Zukunft von selber durchsetzen wird, weil die Verhältnisse im Kapitalismus dann für die absolut überwiegende Mehrheit der Bevölkerung so unerträglich geworden sind, dass man sich dafür entscheidet, persönliches Eigentum aufzugeben und sich statt als Gruppe von Individuen so verhält, als sei man eine individuelle Gruppe. Diese Gruppen schließen sich dann zu einer einzigen weltweiten Gruppe zusammen, die das gleiche Ziel verfolgt: Totale Freiheit für alle. Alle haben dann die Wahl, ob sie dies oder jenes tun wollen, keiner muss mehr für sein Auskommen sorgen, denn ihm wird das, was er braucht, zugeteilt (Marx geht davon aus, dass auch keiner mehr verlangt, als er braucht), so ist dann für alle gesorgt.
DAS ist Marxismus.
Barbarossa hat geschrieben:Und nicht zuletzt soll es aber auch schon Fälle gegeben haben, wo Menschen mit Behinderung gebeten wurden, das Restaurant zu verlassen, weil sich andere Gäste "gestört fühlen" könnten.
Und was ist mit muslimischen Frauen, die gern ein Kopftuch tragen möchten? Oder mit Menschen mit dunkler Hautfarbe?
Was ist vor allem dann, wenn der Restaurantsbesitzer selber Vorurteile hat? Rassist ist? Darf man dann als Gast hergehen und verlangen, der Besitzer solle das Restaurant verlassen, weil seine Anwesenheit verhindert, dass man das immerhin teuer bezahlte Essen genießen kann?!? 8)
Barbarossa hat geschrieben:Also wo hört Kundenfreundlichkeit im besten Sinne des Wortes auf und wo fängt Intoleranz und Diskriminierung an?
Das genau ist das Problem, weswegen man die Entscheidung, wer rein darf oder nicht, keinesfalls nur den einzelnen Gastronomen überlassen darf.
Außerdem geht´s ja noch weiter: Was ist denn, wenn jemand eingestellt werden soll? Darf der Arbeitgeber dann auch erst mal nach der persönlichen politischen Überzeugung fragen? Und so weiter?

Beppe
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Barbarossa
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Barbarossa hat geschrieben:Was ist mit den Politikern der "Linken"?
Barbarossa hat geschrieben:Wenn man sich näher mit dem Marxismus auseinandersetzt, dann stellt man fest, daß zur Durchsetzung dieser Ideologie grundsätzliche persönliche Freiheiten in jedem Fall beschnitten werden müssen.
Peppone hat geschrieben:Da sind derart unterschiedliche Leute dabei, dass man die nicht alle über den gleichen Kamm scheren kann. Ich kann doch einen Kommunalpolitiker nicht von der Tür weisen - das wäre im Übrigen v.a. in Ostdeutschland im Zweifelsfall ebenfalls geschäftsschädigend, denn dort sind andere Linke unterwegs als im Westen. Hier sind´s oft linke Sektierer, die bei der Linken die Gelegenheit gefunden haben, aus ihrem "3-Stimmen-pro-Wahl"-Dasein zu entfliehen. Dort sind die Linken etablierte Kommunaler, die Mehrheiten einfahren. Das wäre ja, als würde man in Bayern dem Landrat den Aufenthalt im Hotel verweigern, weil er als CSU´ler zu rechts ist... :lol:
(...)
Marx geht davon aus, dass sich der MArxismus irgendwann in ferner Zukunft von selber durchsetzen wird, weil die Verhältnisse im Kapitalismus dann für die absolut überwiegende Mehrheit der Bevölkerung so unerträglich geworden sind, dass man sich dafür entscheidet, persönliches Eigentum aufzugeben und sich statt als Gruppe von Individuen so verhält, als sei man eine individuelle Gruppe. Diese Gruppen schließen sich dann zu einer einzigen weltweiten Gruppe zusammen, die das gleiche Ziel verfolgt: Totale Freiheit für alle. Alle haben dann die Wahl, ob sie dies oder jenes tun wollen, keiner muss mehr für sein Auskommen sorgen, denn ihm wird das, was er braucht, zugeteilt (Marx geht davon aus, dass auch keiner mehr verlangt, als er braucht), so ist dann für alle gesorgt.
DAS ist Marxismus.
Marxismus hat nichts mit Freiheit und freier Wahl zu tun. Die sogenannte Endphase, "der Kommunismus" ist nichts weiter, als eine Utopie. Ich vergleiche das immer mit dem Paradies der Christen. Als Atheist glaube ich auch daran nicht.
Den laut der Ideologie dazu angeblich notwendige Zwischenschritt - die "Diktatur des Proletariats" - das gab es bereits. Doch mit einer Diktatur erreicht man nichts Positives. Mit Diktaturen kann man nur eines tun: sie schnellstmöglich stürzen.
Ich schrieb es bereits woanders, deswegen möchte ich mich auch nicht wiederholen. Das Zitat im folgenden Beitrag zeigt sehr deutlich, wie Marx und Engels dachten: http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... 913#p11913

Es mag verschiedene Schattierungen innerhalb der Partei "Die Linke" geben, aber wer Mitglied dieser Partei ist, weiß genau, wofür er steht und braucht sich deswegen auch nicht wundern wenn er von mir mit tiefster Verachtung gestraft wird.
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Barbarossa
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Freitag, 03. August 2012
Beziehung zu führendem Neonazi
Warum reiste Drygalla ab?
Von Roland Peters

Die deutsche Ruderin Nadja Drygalla steht in der Kritik - die Ex-Polizistin verlässt das Olympische Dorf, weil sie offenbar mit einem Neonazi verbandelt ist. Von einer "Belastung der Mannschaft" ist die Rede. Michael Vesper, Chef de Mission, begüßt den Schritt. Die Vorwürfe waren wohl länger bekannt. Eine entscheidende Frage bleibt unbeantwortet...
hier: weiterlesen
Freitag, 03. August 2012
Ruderin Nadja Drygalla im Zwielicht
Vorwürfe gegen Ruderverband

Befreundet mit einem mutmaßlichen Neonazi, Polizistin und im Olympia-Team: Das muss Ärger geben. Inzwischen wird das Lebensumfeld der aus London abgereisten Ruderin Nadja Drygalla beleuchtet. Klar ist: Ihr Verhältnis zu dem Rechtsextremen war bekannt - Drygalle schied offenbar deswegen aus dem Polizeidienst aus. Und wie kam sie ins Olympia-Team?
hier: weiterlesen

Wie seht ihr das?
Sollte es für eine Olympiasportlerin tatsächlich solche Auswirkungen haben, weil sie einen Freund mit rechtsradikalen Ansichten hat?
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Peppone
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Barbarossa hat geschrieben:Wie seht ihr das?
Sollte es für eine Olympiasportlerin tatsächlich solche Auswirkungen haben, weil sie einen Freund mit rechtsradikalen Ansichten hat?
Wenn es nur so gewesen wäre, hätte sie sicherlich nicht aus dem Polizeidienst ausscheiden müssen, oder?

Beppe
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Peppone
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Barbarossa hat geschrieben:Den laut der Ideologie dazu angeblich notwendige Zwischenschritt - die "Diktatur des Proletariats" - das gab es bereits. Doch mit einer Diktatur erreicht man nichts Positives. Mit Diktaturen kann man nur eines tun: sie schnellstmöglich stürzen.
Stimmt. Diese "Zutat" zum Marxismus stammt aber m.W. nicht von Marx selber, sondern von Lenin (?), dem die Sache nicht schnell genug ging. Als er merkte, dass die Deutschen nicht mitziehen bei seiner an sich weltweit geplanten Revolution, hat er den Kommunismus auch erst nur in einem Land umzusetzen versucht. Je mehr er gemerkt hat, dass die Sache nicht so einfach wird, desto mehr hat er Kompromisse geschlossen, die schließlich im ganz und gar unsozialistischen System der Sowjetunion gemündet sind.

Beppe
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Barbarossa
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Peppone hat geschrieben:Wenn es nur so gewesen wäre, hätte sie sicherlich nicht aus dem Polizeidienst ausscheiden müssen, oder?

Beppe
Also nachdem, was ich im Fernsehen gesehen habe (Interviews und so) dann genügte die bloße Freundschaft zu dem rechtsradikalen Freund aus, daß sie aus dem Polizeidienst entlassen wurde. Angeblich distanzierte sie sich selbst von der Gesinnung ihres Freundes. Hier ein paar Zitate:
Drygallas Lebensgefährte war im vergangenen Jahr Landtags-Direktkandidat der rechtsextremen NPD in Rostock. Er schreibt regelmäßig für ein NPD-nahes Internetportal und ist führendes Mitglied der regionalen Kameradschaft "Nationale Sozialisten Rostock". Die Vorwürfe gegen die Ruderin Drygalla sind allerdings nicht neu. Schon im März 2011 kursierten Meldungen über die Vorzeige-Sportlerin, sie sei mit einem Neonazi aus Rostock liiert. Kurz danach schied Drygalla aus dem Polizeidienst des Landes Mecklenburg-Vorpommern aus - möglicherweise auch auf Druck ihres Dienstherrn. Sie war bis dahin Mitglied der Sportfördergruppe der Polizei...
Quelle
Anfang des Jahres wird Drygalla Mitglied des Olympia-Teams. Auf einer Pressekonferenz erläuterte der deutsche Chef de Mission Michael Vesper nun, man habe "intensiv über ihre Geisteshaltung gesprochen". Ob sich die Rostockerin klar vom Nationalsozialismus distanziert habe? "Ja", so die Antwort, "das war auch völlig zweifelsfrei." Trotzdem habe es die Entscheidung gegeben: Abreise, die Ex-Polizistin verlässt die deutsche Mannschaft.
Quelle
Fazit: Es genügt also inzwischen, wenn man eine persönliche Freundschaft zu einem Rechtsradikalen pflegt, ohne seine Gesinnung zu teilen, damit einem jegliche Karrierechancen verbaut werden.
Deswegen noch einmal meine Frage: Richtig oder Falsch?
Peppone hat geschrieben:...Diese "Zutat" zum Marxismus stammt aber m.W. nicht von Marx selber, sondern von Lenin (?), dem die Sache nicht schnell genug ging. Als er merkte, dass die Deutschen nicht mitziehen bei seiner an sich weltweit geplanten Revolution, hat er den Kommunismus auch erst nur in einem Land umzusetzen versucht. Je mehr er gemerkt hat, dass die Sache nicht so einfach wird, desto mehr hat er Kompromisse geschlossen, die schließlich im ganz und gar unsozialistischen System der Sowjetunion gemündet sind.

Beppe
Das ist so nicht ganz richtig.
Diese "Zutat"- die "Diktatur des Proletariats" - stand schon in den Werken von Marx, der viele seiner Ansichten wiederum von Hegel entlehnte.
Der Kampf des Proletariats gegen die Bourgeoisie vollzieht sich nach Marx als „Diktatur des Proletariats“, als Herrschaft der unterdrückten Mehrheit über die ehemaligen Unterdrücker, als „Expropriation der Expropriateure“, d. h. als „Enteignung der Enteigner“. Die Übergangsphase der Diktatur des Proletariats setzt Marx auch mit dem Sozialismus gleich; der Begriff des Kommunismus ist dabei vor allem die Bezeichnung für das fortgeschrittenere Stadium der klassenlosen Gesellschaft, in welcher der Staat und mit ihm alle Unterdrückungsgewalt unnötig geworden und abgestorben sein würden und die sich „auf ihre Fahne“ geschrieben hat...
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Marx# ... Revolution

Teilweise hast du aber tatsächlich recht. Lenin wich mit "seiner" Revolution, die vom Deutschen Kaiserreich massiv unterstützt wurde, von den Lehren von Marx und Engels ab, indem er sie danach viel zu früh initiierte.
Marx und Engels gingen davon aus, daß die Revolution der Proletarier in einer entwickelten kapitalistischen Gesellschaft stattfinden müsse. In einer solchen Gesellschaft stellt das Proletariat die zahlenmäßig stärkste Klasse dar und zugleich die gesellschaftlich fortschrittlichste. Das Proletariat hätte somit die Bauern als die zahlenmäßigstärkste Klasse abgelöst, da die Wirtschaft nach der Revolution des Bürgertums (das wiederum die Feudalgesellschaft als herrschende Klasse ablöste) sich weitgehend industialisierte.
Russlands Wirtschaft war aber noch lange nicht soweit, da das Land immer noch eine Agrargesellschaft war - die Bauern waren zahlenmäßig am stärksten.
Wir wissen heute, daß Lenins Revolution zwar nach einem langen Bürgerkrieg dennoch siegte, aber die Wirtschaft unter den auferlegten wirtschftspolitischen Zwängen nicht auf Dauer überlebensfähig war. Es mag mehrere Gründe dafür geben, als Hauptgründe würde ich vor allem die Staatswirtschaft ansehen, die bisher noch nirgends kostendeckend gearbeitet hat und zum anderen auch das militärische Wettrüsten, durch das sich der Ostblock letztlich totrüstete, weil er nicht mit dem Westen mithalten konnte. Als die Zeit reif war, konnte das Volk der jeweiligen Ostblockländer die herrschenden Regime relativ leicht und meist unblutig stürzen.

Mein Fazit: Wenn man sich also das idelogische Grundgerüst anschaut, auf dem jeder "Sozialistische Staat" aufgebaut war, wird klar, daß eine totalitäre Diktatur von den Kommunisten selbst durchaus gewollt war und damit auch eine zwangsläufige Entwicklung war. Somit ist es für mich völlig logisch, daß jegliche Revolution, die sich an den Marxismus anlehnt, ganz zwangsläufig immer wieder in eine totalitäre Diktatur führen würde.
Jeder, der sich auch heute noch als "Marxist" bezeichnet, ist damit als ein Feind unserer Demokratie anzusehen und genauso politisch zu ächten, wie man es mit den Rechtsradikalen tut.
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Peppone
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Barbarossa hat geschrieben:genügte die bloße Freundschaft zu dem rechtsradikalen Freund aus,
Moment - Drygalla ist mit dem Typ "liiert", er ist also ihr Lebensgefährte. Das ist schon a bissl mehr als "bloße Freundschaft"!
Barbarossa hat geschrieben:Richtig oder Falsch?
Entfernung aus dem Polizeidienst: Richtig. Wer sich so einen Lebenspartner sucht, ist nicht gefeit vor dem entsprechenden Gedankengut und eine potenzielle Gefahr für die Demokratie, die er ja verteidigen soll.
Entfernung aus dem Olympiateam: Fachtig. Wenn schon, dann hätte sie erst gar nicht reinkommen dürfen. Wenn sie mal drin ist, sollte eigentlich alles seine Richtigkeit haben und nicht irgendwelchen hyperventilierenden Sommerlochs-Redakteuren nachgegeben werden.
Barbarossa hat geschrieben: Diese "Zutat"- die "Diktatur des Proletariats" - stand schon in den Werken von Marx, der viele seiner Ansichten wiederum von Hegel entlehnte.

Der Kampf des Proletariats gegen die Bourgeoisie vollzieht sich nach Marx als „Diktatur des Proletariats“, als Herrschaft der unterdrückten Mehrheit über die ehemaligen Unterdrücker, als „Expropriation der Expropriateure“, d. h. als „Enteignung der Enteigner“. Die Übergangsphase der Diktatur des Proletariats setzt Marx auch mit dem Sozialismus gleich;
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Marx# ... Revolution
Jau siehste, Marx hat das also ganz anders gemeint wie dann von Lenin umgesetzt. Marx war schon klar, dass sich die Arbeitgeber und die Reichen ihren Besitz nicht kampflos werden nehmen lassen, er sah also einen Klassenkampf voraus, nach dem dann die Arbeiter alles an alle verteilen und die ehemaligen Besitzenden mitmachen müssen, ob sie wollen oder nicht (und dann später erkennen, dass es gut war, alles zu verteilen...). Das ist aber etwas anderes als die klassische Diktatur, die dann in den "sozialistischen" Staaten umgesetzt wurde. Marx war immerhin Philosoph...Lenin war Politiker.

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Barbarossa
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Peppone hat geschrieben:Fachtig...
"Fachtig" ist eine super Wortschöpfung!
:lol:
Peppone hat geschrieben:Jau siehste, Marx hat das also ganz anders gemeint wie dann von Lenin umgesetzt. Marx war schon klar, dass sich die Arbeitgeber und die Reichen ihren Besitz nicht kampflos werden nehmen lassen, er sah also einen Klassenkampf voraus, nach dem dann die Arbeiter alles an alle verteilen und die ehemaligen Besitzenden mitmachen müssen, ob sie wollen oder nicht (und dann später erkennen, dass es gut war, alles zu verteilen...). Das ist aber etwas anderes als die klassische Diktatur, die dann in den "sozialistischen" Staaten umgesetzt wurde. Marx war immerhin Philosoph...Lenin war Politiker.

Beppe
In einem Sozialismus (egal, wie er auch aussehen mag) kann es keine Wirtschaftsform auf einer privatwirtschaftlichen Grundlage geben, da Sozialismus u.a. auch eine Null-Arbeitslosigkeit beinhaltet und diese kann nur in einer Volkswirtschaft mit staatseigenen Betrieben realisiert werden. In der Theorie von Marx/Engels wird immer von einer "Vergesellschaftung" ausgegangen, jedoch setze ich Verstaatlichung mit Vergesellschaftung gleich, weil ich auch nicht wüsste, wo es da einen Unterschied geben soll. Um eine solche Wirtschaftsform landesweit durchzusetzen, sind restriktive politische Maßnahmen erforderlich, die dauerhaft nur von einem nicht abwählbaren autoritären Regime umgesetzt werden können. Hat ein solches autoritäres Regime erst einmal die politische Macht ergriffen, gibt sie sie naturgemäß auch nicht mehr freiwillig ab. Nur eine Revolution des Volkes zu dessen Sturz und zur Errichtung einer Demokratie kann eine solche Diktatur wieder entmachten.
Ich glaube sogar, mich daran zu erinnern, daß uns das in der Schule auch so erklärt wurde: Der Übergang vom Sozialismus zum Kommunismus setzt wiederum eine Revolution voraus.
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Sonntag, 05. August 2012
"Unfair und ungerechtfertigt"
Drygalla will Karriere fortsetzen

Ruderin Nadja Drygalla distanziert sich wie von ihrem Verband gefordert von rechtsextremem Gedankengut. "Ich lehne das absolut ab", sagt die 23-Jährige, die mit einem früheren NPD-Direktkandidaten liiert ist. Ihre sportliche Laufbahn will die Ruderin fortsetzen. Ihre Aufnahme als Sportsoldatin in die Bundeswehr liegt aber vorerst auf Eis.
(...)
Nach Drygallas Darstellung ist ihr Freund seit Mai 2012 kein NPD-Mitglied mehr und habe "persönlich mit dieser ganzen Sache gebrochen und sich verabschiedet", sagte die Athletin. Sie selbst spreche sich gegen rechte Ideologie aus. "Ich habe keine Verbindung in seinen Freundeskreis und diese Szene gehabt und lehne das absolut ab." Berichte, wonach sie auf Bildern bei einer Demonstration 2009 in Malchow zu sehen sein soll, wies Drygalla zurück: "Das bin ich nicht, das kann ich ganz klar sagen. Ich empfinde das als unfair und ungerechtfertigt."

Wegen der politischen Orientierung ihres Freundes habe sie zeitweise auch an eine Trennung gedacht...
hier: alles lesen

Tja - was soll man dazu noch sagen?
Die Sportlerin ist Opfer eines Schnellschusses geworden. Eigentlich passt das auch irgendwie in das Thema: Schuldig, bis die Unschuld bewiesen ist?
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Barbarossa hat geschrieben:
Peppone hat geschrieben:Fachtig...
"Fachtig" ist eine super Wortschöpfung!
:lol:

THX
Barbarossa hat geschrieben:In einem Sozialismus (egal, wie er auch aussehen mag) kann es keine Wirtschaftsform auf einer privatwirtschaftlichen Grundlage geben, da Sozialismus u.a. auch eine Null-Arbeitslosigkeit beinhaltet und diese kann nur in einer Volkswirtschaft mit staatseigenen Betrieben realisiert werden. In der Theorie von Marx/Engels wird immer von einer "Vergesellschaftung" ausgegangen, jedoch setze ich Verstaatlichung mit Vergesellschaftung gleich, weil ich auch nicht wüsste, wo es da einen Unterschied geben soll.
Der Unterschied besteht darin, dass Verstaatlichung einen Staat voraussetzt - genau der hat sich nach Marx aber im Kommunismus und auch schon im Sozialismus überflüssig gemacht. Es gibt nur noch eine weltweite Gemeinschaft an Menschen, denen alles zugeteilt wird, was sie brauchen, die auch nur das fordern, was sie brauchen und nicht mehr, die sich ihre Arbeit nach Lust und Laune aussuchen (durch das Verteilungssystem ist trotzdem für alle gesorgt), die sich auch nur das als Job aussuchen, wofür sie geeignet sind und was sie als notwendig erachten, dass getan werden muss (so finden auch ungeliebte Arbeitsplätze ihre Arbeiter - diejenigen "opfern" sich für die Gemeinschaft, bekommen entsprechend viel Hochachtung und Güter dafür)...

Gemeinschaftliche ausgewählte Kommitees verteilen die Güter, überall herrscht Freude, Friede, Eierkuchen - wozu braucht man da noch einen Staat? Die innere Reife der Menschen, die für so eine weltweite Gemeinschaft nötig wären, sah allerdings auch Marx erst in einer fernen Zukunft erreicht...

Beppe
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Peppone hat geschrieben:Der Unterschied besteht darin, dass Verstaatlichung einen Staat voraussetzt - genau der hat sich nach Marx aber im Kommunismus und auch schon im Sozialismus überflüssig gemacht...
Nur im Kommunismus gilt jeglicher Staat als überflüssig, während er im Sozialismus noch als Quasi "notwendiges Übel" angesehen wird. In diesem Sozialismus wird die politische Unterdrückung und die wirtschaftliche Ausbeutung im Grunde nur umgekehrt: Das Bürgertum steigt von der herrschenden und ausbeutenden Klasse zur politisch beherrschten und wirtschaftlich unterdrückten Klasse ab, während das Proletariat (und die mit ihr verbündeten Klassen, wie die Bauern z. B. ) den genau umgekehrten Weg nimmt. Das Proletariat erringt die politische und wirtschaftliche Macht. Um diese Macht aufrecht zu erhalten (gegen die immer noch vorhandene und möglicherweise wieder an die Macht strebende, böse, böse Bourgeosie - Vorsicht: Ironie bzw. Sarkasmus :twisted: ), muß das Proletariat folgerichtig eine "Diktatur des Proletariats" errichten, in der eben diese Bourgeosie auch durch Wahlen oder gar durch eine Konterrevolution nicht wieder die Macht erlangen kann. Dies alles setzt natürlich einen restriktiven Staat voraus. Die Kommunisten sehen das auch selbst als ein Unterdrückungssystem, nur mit umgekehrten Vorzeichen, wobei nun die Bevölkerungsmehrheit die Macht ausübt (und Minderheiten unterdrückt) und nicht mehr wie vorher eine Minderheit die Mehrheit unterdrückt und ausbeutet.
Ich hoffe, die Denkweise der Kommunisten einigermaßen verständlich erklärt zu haben.
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Barbarossa hat geschrieben:Ich hoffe, die Denkweise der Kommunisten einigermaßen verständlich erklärt zu haben.
Danke für die Auffrischung meines Kenntnisstandes (keine Ironie! Ehrlich!)

Also geht Marx erst in der Stufe des Kommunismus davon aus, dass die Besitzenden davon überzeugt sind, dass es besser sei, ihren Besitz aufzugeben.

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Peppone hat geschrieben:...Also geht Marx erst in der Stufe des Kommunismus davon aus, dass die Besitzenden davon überzeugt sind, dass es besser sei, ihren Besitz aufzugeben.

Beppe
In der Stufe des Kommunismus, da gibt es keine "Besitzenden" mehr und auch keinen "Besitz" - alles gehört allen und jeder nimmt sich nur das von den Erzeugnissen der Gesellschaft, was ihm zusteht und was er braucht - nicht mehr. Das setzt natürlich moralisches Denken aller - und wirklich aller - Menschen in der dann kommunistischen Gesellschaft voraus.

Übrigens: Eine "Bourgeosie" gibt es dann natürlich längst nicht mehr. Genau daran legen die Kommunisten den Maßstab an, wann man von einer entwickelten sozialistischen Gesellschaft spricht: Die Beseitigung der "Bourgeosie" als Klasse. Diese gilt als beseitigt, wenn die Wirtschaft zu 100% in sog. "Volkseigentum" übergegangen ist. (Daher: "VEB" - Ich nenne es trotzdem Staatseigentum, denn nichts anderes war es.) Das geschieht natürlich nicht freiwillig, sondern durch Enteignung - notfalls auch mit Zwang.
Dies wurde so z. B. in der DDR tatsächlich umzusetzen versucht. 1972 gab es eine große Enteignungswelle unter den noch Selbständigen.
Dennoch ist dies in der DDR nicht restlos gelungen, denn es gab bis zum Schluss noch private Einzelhändler und so, weswegen man auch bis zum Schluß davon sprach, daß man "den Sozialismus" noch immer "aufbaute". (Honnecker lockerte sogar die Zügel wieder, weil sich die Enteignungswelle verheerend für die Wirtschaft und das Warenangebot auswirkte.)
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Barbarossa hat geschrieben:In der Stufe des Kommunismus, da gibt es keine "Besitzenden" mehr und auch keinen "Besitz" - (...)
Übrigens: Eine "Bourgeosie" gibt es dann natürlich längst nicht mehr.
Eh klar. Aber danke für die Klarstellung.

Beppe
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