Thessaloniki, Insel der Hoffnung?

Diskussionen über die Mitgliedsstaaten der EU

Moderator: Barbarossa

ehemaliger Autor K.

Seit dem November 2010 regiert in Thessaloniki Bürgermeister Boutaris, ein ehemaliger Unternehmer und nun wird die Stadt von den internationalen Geldgebern als „Insel der Hoffnung“ bezeichnet. Angesichts der katastrophalen Zustände in seiner Stadt hatte er die „Initiative für Thessaloniki“ gegründet, um von den traditionellen Parteien unabhängig zu werden. Die Bürger erkannten dies als sinnvollen Schritt und wählten ihn.

Sein Hauptverdienst liegt in der Verschlankung der Verwaltung. Zu Beginn seiner Regierung wusste niemand genau, wie viele Beamte und Angestellte die Stadt überhaupt hat, es gab nur Schätzungen. Eine Reihe Arbeitsstellen waren in Wirklichkeit gar nicht besetzt, es wurden aber Gehälter bezahlt. Günstlinge von Politikern hatten Posten bekommen, aber nie ausgefüllt. Viele Ressorts waren mehrfach besetzt, es fehlte eine Aufteilung von Kompetenzen und Zuständigkeiten. Angestellte gaben hunderte von Überstunden an, die niemals geleistet wurden. Die Stadt besaß keinen Haushaltsplan, man kannte nicht die Einnahmen und die Ausgaben.

Trotz der vielen Bediensteten, man schätzte die Zahl nachher auf 5.000, blieb der Output gleich null. Für Anträge von Bürgern waren oft bis zu 7 Angestellte tätig, aber niemand fühlte sich für eine Entscheidung zuständig. So blieb letztendlich alles liegen.

Die ersten Maßnahmen waren daher: Übersicht über die Einnahmen und Ausgaben, Schaffung einer neuen Struktur, um die Kompetenzen klar zu definieren, Erstellung von Arbeitsplatzbeschreibungen, um festzustellen, wer überhaupt was macht. Boutaris Eifer stößt aber an Grenzen:

3.000 Mitarbeiter würden eigentlich reichen, aber die Stadt kann Beamte nicht entlassen, dies kann nur das Innenministerium. Aber auch in Griechenland kann man sie nicht auf die Straße setzen, sondern nur versetzen. Aber wohin? Der Apparat ist riesig. Ein großer Teil der Griechen arbeitet für eine gigantische, aber unproduktive Verwaltung.
Sehr wichtig ist für die Stadt der Hafen. Der bräuchte ein besseres Management. Doch auch hier kann die Stadt nichts machen. Athen ist zuständig. Der Zentralismus verhindert Entwicklung.

Aber im Rahmen seiner Möglichkeiten ist der Bürgermeister aktiv. Er fördert Tourismus und Kultur, setzt sich für bessere Bildungsmöglichkeiten vor Ort ein, wirbt für die Ansiedlung von Betrieben. Und dennoch liegt die Arbeitslosigkeit bei 25%, wandern die jungen Leute ab.
Trotzdem: Thessaloniki, ein Beispiel für ein anderes Griechenland?
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Barbarossa
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Karlheinz hat geschrieben:...Trotzdem: Thessaloniki, ein Beispiel für ein anderes Griechenland?[/b]
Das denke ich schon ja. Es ist ein Beispiel dafür, daß auch die Probleme in Griechenland bewältigt werden können, wenn sie nur jemand anpackt.
Auch für das Problem des völlig überdehnten Beamten apparates hätte ich eine Lösung anzubieten: Den Beamtenapparat völlig zerschlagen, bzw. so reformieren, daß z. B. nur noch Polizisten und Feuerwehrleute verbeamtet sind. In einem Rathaus braucht man keinen Beamten - da können Angestellte die Arbeit genauso gut verrichten.
Ich schätze, es gibt noch viel zu tun. Aber was z. Z. getan wird, ist wahrscheinlich eher das Falsche.
Beispiel: Wozu müssen Löhne in der Privatwirtschaft gesenkt werden? So spart man ein Land kaputt, ohne daß es irgendeinem etwas nützt.
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Barbarossa:
Das denke ich schon ja. Es ist ein Beispiel dafür, daß auch die Probleme in Griechenland bewältigt werden können, wenn sie nur jemand anpackt.
Auch für das Problem des völlig überdehnten Beamten apparates hätte ich eine Lösung anzubieten: Den Beamtenapparat völlig zerschlagen, bzw. so reformieren, daß z. B. nur noch Polizisten und Feuerwehrleute verbeamtet sind. In einem Rathaus braucht man keinen Beamten - da können Angestellte die Arbeit genauso gut verrichten.
Das Konzept von Thessaloniki ist ja: Ein Unternehmer regiert die Stadt nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten und mit einer neuen Partei, die keine Verbindung mehr hat zu den alten politischen Strukturen, deshalb auch viel unabhängiger agieren kann. Ist das auf ganz Griechenland übertragbar?

Was den Beamtenapparat betrifft: Auch in Griechenland sind Beamte unkündbar. Man muss nur keine neuen mehr einstellen. Sinnvoll ist die Verbeamtung eigentlich auch nur bei Polizisten, Richtern, Staatsanwälten, einigen wichtigen Verwaltungsspezialisten, dort, wo ein besonderes Vertrauensverhältnis erforderlich ist.
Dies ist bei Lehrern, Feuerwehrleuten, Erziehern, Müllabfuhr etc. nicht unbedingt notwendig.
Der Abbau des Apparates ist aber langwierig. Man wird kaum noch Beamte einstellen müssen, kann die alten aber nicht entlassen. Es wird deshalb lange dauern, bis sich der Apparat verschlankt.
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dieter
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Karlheinz hat geschrieben:
Barbarossa:
Das denke ich schon ja. Es ist ein Beispiel dafür, daß auch die Probleme in Griechenland bewältigt werden können, wenn sie nur jemand anpackt.
Auch für das Problem des völlig überdehnten Beamten apparates hätte ich eine Lösung anzubieten: Den Beamtenapparat völlig zerschlagen, bzw. so reformieren, daß z. B. nur noch Polizisten und Feuerwehrleute verbeamtet sind. In einem Rathaus braucht man keinen Beamten - da können Angestellte die Arbeit genauso gut verrichten.
Das Konzept von Thessaloniki ist ja: Ein Unternehmer regiert die Stadt nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten und mit einer neuen Partei, die keine Verbindung mehr hat zu den alten politischen Strukturen, deshalb auch viel unabhängiger agieren kann. Ist das auf ganz Griechenland übertragbar?
Lieber Karlheinz,
das geht solange gut, bis dann auch Koruption in der neuen Partei oder in diesen Apperat anfängt. :roll:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Dieter:
das geht solange gut, bis dann auch Koruption in der neuen Partei oder in diesen Apperat anfängt.
So eine fatalistische Betrachtungsweise bringt uns nicht weiter. Hier ist jemand, der tatsächlich etwas verändert und wir sollten uns lieber überlegen, wie dieses Konzept wirklich zum Erfolg führt, statt zu sagen: “Geht sowieso nicht.“
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Triton
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Beides stimmt: Es ist gut, dass es jemand versucht. Es wird so kommen, dass er am Kampf gegen die Windmühlen scheitert.

Beste Grüße
Joerg
"Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, in dem man sie ignoriert." (Aldous Huxley)
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dieter
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Karlheinz hat geschrieben:
Dieter:
das geht solange gut, bis dann auch Koruption in der neuen Partei oder in diesen Apperat anfängt.
So eine fatalistische Betrachtungsweise bringt uns nicht weiter. Hier ist jemand, der tatsächlich etwas verändert und wir sollten uns lieber überlegen, wie dieses Konzept wirklich zum Erfolg führt, statt zu sagen: “Geht sowieso nicht.“
Lieber Karlheinz,
das geh alles, solange es noch neu ist, wenn erst die Tricks bekannt sind, wie man das System unterlaufen kann, dann wird das angewendet. :wink:
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