von Wallenstein » 27.08.2015, 13:00
Die „Volksgemeinschaft“ war eine Propagandalüge wie vieles andere auch. Wahre Freunde erkennt man in der Not, aber davon war damals wenig zu spüren. Ich bin 1944 geboren und in Westdeutschland aufgewachsen. Ich kann mich noch an viele Dinge erinnern.
In Hamburg und Schleswig-Holstein bezeichnete man die Flüchtlinge pauschal als „Polacken“ und machte sich über ihren Dialekt lustig. Flüchtlinge konkurrierten mit Einheimischen um Wohnraum und Lebensmittelkarten. In einer Zeit wo kaum jemand etwas hatte, waren die Menschen nicht bereit zu teilen. Nur, die Flüchtlinge hatten überhaupt nichts, deshalb traute man ihnen allerhand zu. Die Polacken klauen und sind asozial, so hieß es, kam etwas abhanden war klar: Die Flüchtlinge haben es geklaut.
Es waren auch zu viele. In Schleswig-Holstein bestand in vielen Orten die Bevölkerung plötzlich zu 40% aus Vertriebenen. Die Einheimischen fühlten sich überrannt und in der Minderheit und rückten enger zusammen. Noch bis in die 70er Jahre sprach man von den „Neuen“ und den „Alten“. Zwischen ihnen gab es nach wie vor Animositäten. Die Großstädte wie Hamburg wurden zeitweilig für Flüchtlinge komplett gesperrt. Wer ohne Aufenthaltserlaubnis erwischt wurde, den siedelten die Briten zwangsweise nach Schleswig-Holstein um. (Aktion Doppeleiche).
Die Behörden durchsuchten systematisch alle Wohnungen nach freien Plätzen. Wer etwas frei hatte, musste Flüchtlinge zwangsweise aufnehmen. Auch bei uns lebte längere Zeit ein Ehepaar aus Schlesien. Das Verhältnis war nicht gut. Auf so engem Raum und wenn es allem nötigen fehlt, sei es Heizmaterial, Kleidung oder was auch immer, das geht nicht gut. Die Flüchtlinge mussten sich auch alles von uns leihen, Teller, Tassen usw. Da kommt keine Freude auf.
Dann bekamen die Kinder der „Polacken“ Kleidung aus Kleiderkammern zugeteilt. Die war oft gar nicht so schlecht. Das empfand man als ungerecht. Wieso kriegen die so schöne Sachen, alles kostenlos und wir nicht? In den frühen fünfziger Jahren kehrte sich das Verhältnis dann langsam um. Die Einheimischen hatten jetzt etwas Geld und konnten sich besser einkleiden, die Flüchtlinge liefen immer noch in gebrauchen Sachen herum. Der asoziale Charakter der Flüchtlingskinder sei nun daran erkennbar, dass sie so schlecht gekleidet sind, so meinte man. Wir sollten nach Möglichkeit nicht mit ihnen spielen.
In den fünfziger Jahren begannen die großen Wohnbauprojekte. Es entstanden neue Siedlungen. Die Wohnungen waren für damalige Verhältnisse richtig luxuriös, Heizungen, Bad, Toilette nicht mehr auf dem Hof oder im Treppenhaus, warmes Wasser, große, geräumige Zimmer. Die Flüchtlinge konnten aus den Baracken ausziehen. Das empfand man erneut als ungerecht. Wieso kriegen die Flüchtlinge diese schönen Wohnungen und die Einheimischen müssen weiter in den verrotteten Altbauwohnungen leben?
Ebenfalls in den fünfziger Jahren begann der Lastenausgleich. Die Vertriebenen sollten für den Verlust ihrer Vermögen im Osten finanziell entschädigt werden. Die Auszahlungen erfolgten in Raten vierteljährlich. Vielfach war es natürlich gar nicht möglich, genau festzustellen, was sie eigentlich verloren hatten. Das erregte damals ungeheuer viel Ärger. Die Flüchtlinge schwindeln doch alle, so sagte man. Jeder kleine Stallknecht aus Ostpreußen behauptet, er hätte dort ein Rittergut gehabt. Die Flüchtlinge lügen, dass sich die Balken biegen und wollen sich auf unsere Kosten bereichern.
Wie man sieht, es war alles nicht so einfach.
Die „Volksgemeinschaft“ war eine Propagandalüge wie vieles andere auch. Wahre Freunde erkennt man in der Not, aber davon war damals wenig zu spüren. Ich bin 1944 geboren und in Westdeutschland aufgewachsen. Ich kann mich noch an viele Dinge erinnern.
In Hamburg und Schleswig-Holstein bezeichnete man die Flüchtlinge pauschal als „Polacken“ und machte sich über ihren Dialekt lustig. Flüchtlinge konkurrierten mit Einheimischen um Wohnraum und Lebensmittelkarten. In einer Zeit wo kaum jemand etwas hatte, waren die Menschen nicht bereit zu teilen. Nur, die Flüchtlinge hatten überhaupt nichts, deshalb traute man ihnen allerhand zu. Die Polacken klauen und sind asozial, so hieß es, kam etwas abhanden war klar: Die Flüchtlinge haben es geklaut.
Es waren auch zu viele. In Schleswig-Holstein bestand in vielen Orten die Bevölkerung plötzlich zu 40% aus Vertriebenen. Die Einheimischen fühlten sich überrannt und in der Minderheit und rückten enger zusammen. Noch bis in die 70er Jahre sprach man von den „Neuen“ und den „Alten“. Zwischen ihnen gab es nach wie vor Animositäten. Die Großstädte wie Hamburg wurden zeitweilig für Flüchtlinge komplett gesperrt. Wer ohne Aufenthaltserlaubnis erwischt wurde, den siedelten die Briten zwangsweise nach Schleswig-Holstein um. (Aktion Doppeleiche).
Die Behörden durchsuchten systematisch alle Wohnungen nach freien Plätzen. Wer etwas frei hatte, musste Flüchtlinge zwangsweise aufnehmen. Auch bei uns lebte längere Zeit ein Ehepaar aus Schlesien. Das Verhältnis war nicht gut. Auf so engem Raum und wenn es allem nötigen fehlt, sei es Heizmaterial, Kleidung oder was auch immer, das geht nicht gut. Die Flüchtlinge mussten sich auch alles von uns leihen, Teller, Tassen usw. Da kommt keine Freude auf.
Dann bekamen die Kinder der „Polacken“ Kleidung aus Kleiderkammern zugeteilt. Die war oft gar nicht so schlecht. Das empfand man als ungerecht. Wieso kriegen die so schöne Sachen, alles kostenlos und wir nicht? In den frühen fünfziger Jahren kehrte sich das Verhältnis dann langsam um. Die Einheimischen hatten jetzt etwas Geld und konnten sich besser einkleiden, die Flüchtlinge liefen immer noch in gebrauchen Sachen herum. Der asoziale Charakter der Flüchtlingskinder sei nun daran erkennbar, dass sie so schlecht gekleidet sind, so meinte man. Wir sollten nach Möglichkeit nicht mit ihnen spielen.
In den fünfziger Jahren begannen die großen Wohnbauprojekte. Es entstanden neue Siedlungen. Die Wohnungen waren für damalige Verhältnisse richtig luxuriös, Heizungen, Bad, Toilette nicht mehr auf dem Hof oder im Treppenhaus, warmes Wasser, große, geräumige Zimmer. Die Flüchtlinge konnten aus den Baracken ausziehen. Das empfand man erneut als ungerecht. Wieso kriegen die Flüchtlinge diese schönen Wohnungen und die Einheimischen müssen weiter in den verrotteten Altbauwohnungen leben?
Ebenfalls in den fünfziger Jahren begann der Lastenausgleich. Die Vertriebenen sollten für den Verlust ihrer Vermögen im Osten finanziell entschädigt werden. Die Auszahlungen erfolgten in Raten vierteljährlich. Vielfach war es natürlich gar nicht möglich, genau festzustellen, was sie eigentlich verloren hatten. Das erregte damals ungeheuer viel Ärger. Die Flüchtlinge schwindeln doch alle, so sagte man. Jeder kleine Stallknecht aus Ostpreußen behauptet, er hätte dort ein Rittergut gehabt. Die Flüchtlinge lügen, dass sich die Balken biegen und wollen sich auf unsere Kosten bereichern.
Wie man sieht, es war alles nicht so einfach.