Zerbrochene Panzerketten, kaputtes Getriebe und eine Kanone, die ohne Zutun schiesst: Die Hauptwaffe der Schweizer Miliz-Armee, der Panzer 68, ist "kriegsuntauglich".
Panzer 68 auf dem Waffenplatz Thun 1992 (Bild ist in meinem Besitz)
Schaltete etwa die Besatzung die Heizung ein, feuerte der Panzer schon mal selbständig los. Liefen die Funkgeräte auf voller Leistung, begann sich dann und wann der Turm unkontrolliert zu drehen.
Im Brüsseler Hauptquartier der großen Nato gilt die kleine Schweiz bei Spöttern als Barometer für militärische Stabilität in Europa. "Solange die sich den Gnägi als Verteidigungsminister leisten", witzeln westliche Spitzenmilitärs über den höchsten eidgenössischen Verteidigungs-Politiker, "kann der Kreml nichts Böses im Schilde führen." Soll heissen: Kriegsminister Gnägi tauge ehen "nur für den Frieden".
Danach müsste der Kreml nunmehr was Böses im Schilde führen, denn vorletzte Woche kündigte Rudolf Gnägi, 62, seinen Rücktritt an: Er hatte der Schweizer Milizarmee einen Rüstungsskandal beschert, der in der Öffentlichkeit eine wahre "Panzerschlacht" ("Basler Zeitung") ausgelöst hat.
Hauptvorwurf: Die Mehrheit der in der Schweizer Armee eingesetzten Kampfpanzer vom Typ Panzer 68, in Betrieb derzeit 330 Stück, ist praktisch nicht einsatzbereit.
In einer für die Schweiz bisher unbekannten Schärfe werden dafür das Eidgenössische Militärdepartement (EMD) sowie die Gruppe für Rüstungsdienste (GRD) und die staatseigene Panzerfabrik in Thun verantwortlich gemacht; Organisationen, die sich besser mit der Beschaffung von "Leibchen" befasst hätten, wie ein aufgebrachter Milizionär anmerkte, statt Hunderte von Millionen in einen militärischen Misserfolg zu investieren.
Der Panzer 68, einst als grossartige Eigenleistung von der Schweizer Militärbürokratie hochgerühmt, ist nicht nur anderthalbmal so teuer wie etwa der deutsche Panzer "Leopard" 2, sondern auch derart mangelhaft, daß er in jedem Panzerduell, gleich ob mit Ost- oder Westpanzern, unterliegen würde. In der Tat scheint es sich nicht gerade um ein Meisterstück Schweizer Präzisionsarbeit zu handeln:
>Nur die Hälfte der Panzerketten übersteht die geforderte Lebensdauer von 1000 Kilometern ohne Schaden.
* Der Rückwärtsgang lässt sich nur im Stand einlegen, was unter Kampfbedingungen schwerste Nachteile bringen würde.
* Das Funkgerät kann nur in der "low"-Position benutzt werden, da sich sonst der Panzerturm, bedingt durch Kriechströme, wie von Geisterhand zu drehen beginnt.
* Die Schutzeinrichtung gegen chemische Kampfstoffe und radioaktive Strahlung ist untauglich, die Soldaten müssen im engen Panzer Schutzmasken tragen.
Drei Monate lang hatte das Militärdepartement versucht, diese niederschmetternden Erkenntnisse, enthalten in einem Geheim-Schreiben des Panzerdivisionärs Robert Haener an Generalstabschef Hans Senn vom 2. März, zu verheimlichen. Dann wurde, wahrscheinlich durch eine gezielte Indiskretion, der Inhalt des brisanten Briefs bekannt.
Der Panzer 68 sei "kriegsuntauglich", urteilte Haener knapp. Er empfahl der politischen Führung, den bereits verfügten Bau weiterer Panzer des gleichen Typs unverzüglich zu stoppen.
Zwischenzeitlich bekam die Zeitung Weltwoche Wind von der Sache, ihr wurde ein Couvert mit allen Mängeln des 68 zugespielt, das EMD fürchtete die Veröffentlichung der brisanten Papiere, dazu noch der Plan für ein Nachfolgemodell für den 68er.
Wohl in Anspielung auf die Leidensgeschichten der eidgenössichen Panzerbesatzungen beurteilte das Boulevardblatt "Blick" den Kampfwert des Panzers 68 denn auch eher ironisch: "Sie sind viel gefährlicher, als sie aussehen."
Die Militärs fürchten, dass der Schweiz ein noch viel grösserer Rüstungsskandal ins Haus steht. Bis spätestens Mitte der achtziger Jahre müssen nämlich die 320 "Centurion"-Panzer und die 150 Panzer Modell 61 ersetzt werden. Und noch scheint es so, als ob sich die Schweizer, trotz leidvoller Erfahrungen mit dem Panzer 68, wieder für einen Eigenbau entscheiden könnten.
Man entschied sich schliesslich 1980 für den Leopard 2, ein Panzer der nun in Kavernen still vor sich hin rostet, weil er nicht mehr gebraucht wurde. Erreichen konnte, man aber, dass ein Grossteil der Panzer in der Schweiz montiert wurden, so wurden keine Arbeitsplätze gestrichen, der Panzer 68 ist kein Ruhmesblatt für Schweizer Präzision. Die Fehler wurden später in den 90er Jahren entdeckt, und in einer Sommersendung des Schweizer TV SFDRS präsentiert.
Film über den PZ 68
http://www.youtube.com/watch?v=hQtoICK4ZEk
Quellen: Basler Zeitung, WW, NZZ und eigene Aufzeichnungen.
Zerbrochene Panzerketten, kaputtes Getriebe und eine Kanone, die ohne Zutun schiesst: Die Hauptwaffe der Schweizer Miliz-Armee, der Panzer 68, ist "kriegsuntauglich".
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Panzer 68 auf dem Waffenplatz Thun 1992 (Bild ist in meinem Besitz)
Schaltete etwa die Besatzung die Heizung ein, feuerte der Panzer schon mal selbständig los. Liefen die Funkgeräte auf voller Leistung, begann sich dann und wann der Turm unkontrolliert zu drehen.
Im Brüsseler Hauptquartier der großen Nato gilt die kleine Schweiz bei Spöttern als Barometer für militärische Stabilität in Europa. "Solange die sich den Gnägi als Verteidigungsminister leisten", witzeln westliche Spitzenmilitärs über den höchsten eidgenössischen Verteidigungs-Politiker, "kann der Kreml nichts Böses im Schilde führen." Soll heissen: Kriegsminister Gnägi tauge ehen "nur für den Frieden".
Danach müsste der Kreml nunmehr was Böses im Schilde führen, denn vorletzte Woche kündigte Rudolf Gnägi, 62, seinen Rücktritt an: Er hatte der Schweizer Milizarmee einen Rüstungsskandal beschert, der in der Öffentlichkeit eine wahre "Panzerschlacht" ("Basler Zeitung") ausgelöst hat.
Hauptvorwurf: Die Mehrheit der in der Schweizer Armee eingesetzten Kampfpanzer vom Typ Panzer 68, in Betrieb derzeit 330 Stück, ist praktisch nicht einsatzbereit.
In einer für die Schweiz bisher unbekannten Schärfe werden dafür das Eidgenössische Militärdepartement (EMD) sowie die Gruppe für Rüstungsdienste (GRD) und die staatseigene Panzerfabrik in Thun verantwortlich gemacht; Organisationen, die sich besser mit der Beschaffung von "Leibchen" befasst hätten, wie ein aufgebrachter Milizionär anmerkte, statt Hunderte von Millionen in einen militärischen Misserfolg zu investieren.
Der Panzer 68, einst als grossartige Eigenleistung von der Schweizer Militärbürokratie hochgerühmt, ist nicht nur anderthalbmal so teuer wie etwa der deutsche Panzer "Leopard" 2, sondern auch derart mangelhaft, daß er in jedem Panzerduell, gleich ob mit Ost- oder Westpanzern, unterliegen würde. In der Tat scheint es sich nicht gerade um ein Meisterstück Schweizer Präzisionsarbeit zu handeln:
>Nur die Hälfte der Panzerketten übersteht die geforderte Lebensdauer von 1000 Kilometern ohne Schaden.
* Der Rückwärtsgang lässt sich nur im Stand einlegen, was unter Kampfbedingungen schwerste Nachteile bringen würde.
* Das Funkgerät kann nur in der "low"-Position benutzt werden, da sich sonst der Panzerturm, bedingt durch Kriechströme, wie von Geisterhand zu drehen beginnt.
* Die Schutzeinrichtung gegen chemische Kampfstoffe und radioaktive Strahlung ist untauglich, die Soldaten müssen im engen Panzer Schutzmasken tragen.
Drei Monate lang hatte das Militärdepartement versucht, diese niederschmetternden Erkenntnisse, enthalten in einem Geheim-Schreiben des Panzerdivisionärs Robert Haener an Generalstabschef Hans Senn vom 2. März, zu verheimlichen. Dann wurde, wahrscheinlich durch eine gezielte Indiskretion, der Inhalt des brisanten Briefs bekannt.
Der Panzer 68 sei "kriegsuntauglich", urteilte Haener knapp. Er empfahl der politischen Führung, den bereits verfügten Bau weiterer Panzer des gleichen Typs unverzüglich zu stoppen.
Zwischenzeitlich bekam die Zeitung Weltwoche Wind von der Sache, ihr wurde ein Couvert mit allen Mängeln des 68 zugespielt, das EMD fürchtete die Veröffentlichung der brisanten Papiere, dazu noch der Plan für ein Nachfolgemodell für den 68er.
Wohl in Anspielung auf die Leidensgeschichten der eidgenössichen Panzerbesatzungen beurteilte das Boulevardblatt "Blick" den Kampfwert des Panzers 68 denn auch eher ironisch: "Sie sind viel gefährlicher, als sie aussehen."
Die Militärs fürchten, dass der Schweiz ein noch viel grösserer Rüstungsskandal ins Haus steht. Bis spätestens Mitte der achtziger Jahre müssen nämlich die 320 "Centurion"-Panzer und die 150 Panzer Modell 61 ersetzt werden. Und noch scheint es so, als ob sich die Schweizer, trotz leidvoller Erfahrungen mit dem Panzer 68, wieder für einen Eigenbau entscheiden könnten.
Man entschied sich schliesslich 1980 für den Leopard 2, ein Panzer der nun in Kavernen still vor sich hin rostet, weil er nicht mehr gebraucht wurde. Erreichen konnte, man aber, dass ein Grossteil der Panzer in der Schweiz montiert wurden, so wurden keine Arbeitsplätze gestrichen, der Panzer 68 ist kein Ruhmesblatt für Schweizer Präzision. Die Fehler wurden später in den 90er Jahren entdeckt, und in einer Sommersendung des Schweizer TV SFDRS präsentiert.
Film über den PZ 68
http://www.youtube.com/watch?v=hQtoICK4ZEk
Quellen: Basler Zeitung, WW, NZZ und eigene Aufzeichnungen.