Gefährlichste Feinde des Römischen Reichs:

Antwort erstellen


Diese Frage dient dazu, das automatisierte Versenden von Formularen durch Spam-Bots zu verhindern.
Smileys
:shifty: :shh: :problem: :lolno: :eh: :crazy: :clap: :angel: :wtf: :D :) :( :o :shock: :? 8) :lol: :x :P :oops: :cry: :evil: :twisted: :roll: :wink: :!: :?: :idea: :arrow: :| :mrgreen:
Mehr Smileys anzeigen

BBCode ist eingeschaltet
[img] ist eingeschaltet
[url] ist eingeschaltet
Smileys sind eingeschaltet

Die letzten Beiträge des Themas
   

Ansicht erweitern Die letzten Beiträge des Themas: Gefährlichste Feinde des Römischen Reichs:

Re: Gefährlichste Feinde des Römischen Reichs:

von Paul » 06.08.2012, 21:34

Hallo Bepone,
da gab es mal wieder ein paar Mißverständnisse zu meinem Beitrag.
Die von den Römern linksrheinisch angesiedelten Ubier gründeten einen neuen Hauptort für die Region, die Stadt welche von den Römern zuerst Oppidium Ubiorum genannt wurde. 50 nach Chr. erhoben die Römer diese Stadt zu einer römischen Stadt und griffen in ihre Entwicklung massiver ein. Sie hatten kein Interesse an einer regionalen Selbstverwaltung der Ubier. Von einem Ältestenrat und überregionalen Thing war nicht mehr die Rede.
Die Stadt bekam einen neuen Namen.
In dieser römischen Herrschaftszeit "erblühten" die linksrheinischen Städte. Daran hatte der massive Zuzug der Stadtgewohnten Ubier einen wichtigen Anteil. Die keltische Sprache wurde auch im Siedlungsraum der Treverer zwischen Lateinisch und Germanisch aufgerieben. Nach Schweitzer sprachen die Ubier hochgermanisch. Natürlich gab es dann vielfältigen weiteren Zuzug. Die Region blieb zweisprachig. Wobei vor allem die Städtischen Germanen meist auch lateinisch sprechen konnten. Ich würde keinen Gegensatz zwischen Ubiern und dem später entstandenen Großstamm der Franken ziehen.
Die Ubier nahmen an dieser "Stammesgenese" teil. Sicherlich kam es in der Völkerwanderung zu starken Einwanderungen z.B. von ehemaligen Sugambrern, Brukterern, Bataver u.a. rechtsrheinischen Franken in die linksrheinischen Gebiete. Auch die in den alten rechtsrheinischen Siedlungsgebieten gebliebenen Ubier, sowie die Chatten/Mathhiaker, Usipeter...nahmen an der Bildung der Franken teil.
Daraus ergab sich eigentlich eine Überbevölkerung. Doch viele Franken wanderten ja in andere Teile Galliens weiter. Nördlich der Seine machten sie dann einen relativ hohen Bevölkerungsanteil aus.
Wenn es also in der Völkerwanderungszeit zu einem Bevölkerungsrückgang in diesen linksrheinischen Städten kam, müssen auch die einheimischen städtischen Germanen in größerer Zahl weggezogen sein. Das lag aber nicht daran, das sie mit dem Stadtleben nicht zurecht kamen. Wahrscheinlich wollte man sich durch ein Leben auf dem Land die Ernährung sichern.

Re: Gefährlichste Feinde des Römischen Reichs:

von Peppone » 06.08.2012, 10:16

Paul hat geschrieben:Das Beispiel Köln passt hier nicht ganz. Köln war ja als neuer Hauptort der Ubier eine germanische Stadtgründung,
Du immer mit deinen Ubiern...
Die Ubier mögen Köln zu ihrem neuen Hauptort erkoren haben, aber die Stadt war und blieb eine römische Gründung, eventuell auf alten Wurzeln, aber die waren mittlerweile doch ziemlich "überwuchert". Getragen wurde die Stadt als solche natürlich von ihrer römischen bzw. romanisierten Bevölkerung. D.h., auch wenn fürderhin Ubier hier den Ton angaben, überwog doch immer noch das römische Kulturelement, weswegen sich die neuen Siedler - wenn schon Ubier, dann noch-germanische Ubier im Gegensatz zu den romanisierten Ubiern - erst mal nicht auf dem alten Stadtgebiet, sondern außerhalb ansiedelten, wo sie ihren gewohnten Alltag besser leben konnten. Wie z.B. in Regensburg nachgewiesen, bildeten sich in der Folgezeit auf dem Gebiet der alten Stadt Bodenhorizonte, die eindeutig belegen, dass hier Landwirtschaft getrieben wurde! Diese ehemals städtischen Gegenden wurden erst langsam wieder urbanisiert, d.h. aus Stadtvierteln wurden Äcker und dies dann langsam erst wieder zu neuen Stadtvierteln - und das alles INNERHALB der römischen Stadtmauern!
Die "germanischen" Ubier Kölns und die romanisierten Ubier Kölns lebten - vorausgesetzt, es waren tatsächlich hauptsächlich Ubier, die in der Spätantike in und um Köln den Ton angaben, ich sehe da auch einen gehörigen Anteil Franken mit am Werk - wahrscheinlich einige Zeit genauso nebeneinander her - im Sinne des Stadtz-Land-Gegensatzes - wie dies zuvor schon die "Römer" und die "Germanen" in derselbten Gegend getan hatten.
Paul hat geschrieben:Auch Trier hatte wahrscheinlich einen starken Zuzug von Ubiern erfahren, so das es einen so schnellen Aufstieg erreichte. Der Abzug einiger Römer während der Völkerwanderung kann dieses Wirtschaftssystem nicht völlig zum zusammenbrechen gebracht haben, da hätten auch die germanischen Stadtbewohner in großer Zahl die Städte verlassen haben müssen.
Schneller Aufstieg?!? Es bleiben einige Romanen zurück, das stimmt, verschanzt in den römischen Mauern. Nach Verlegung der Kaiserresidenz nach Arles Anfang des 5.Jhs. und verschiedenen Zerstörungen durch Franken und Hunnen während des 5.Jh.s muss Trier einen dramatischen Bevölkerungsrückgang erlebt haben (auch die germanischen Bewohner des Umlandes sind verschwunden!), der im Laufe des Mittelalters und bis weit in die Neuzeit hinein nur ganz langsam wieder wett gemacht werden konnte. Das Stadtgebiet wurde zum Großteil landwirtschaftlich genutzt (in antiken Ruinen wurden Dörfer gegründet!), die römischen Großbauten im Zentrum nahmen die Rolle der Stadtbefestigung ein. Auch politisch kam Trier nie wieder über die Rolle eines Unterzentrums hinaus. Ich sehe keinen Aufstieg im Vergleich zur Römerzeit...
Paul hat geschrieben:Sicherlich waren Kriegswirren schon immer eine schlechte Vorraussetzung zum prosperieren der Wirtschaft. Solche Kriegswirren hatten die Ubier schon auf der rechten Rheinseite erlebt, wodurch ihre größeren Städte verfielen.
Auch Köln konnte nur wieder prosperieren, nachdem es von den Franken zur Hauptstadt eines Teilreichs erkoren worden war und nachdem es sich mit den Heiligen Drei Königen eine lukrative Geldquelle erschlossen hatte. Das war aber erst, nachdem die Stadt eine lange Phase des Niedergangs durchgemacht hatte. Im Unterschied zu Trier hatte Köln aber den Vorteil, an der "Wasser-Autobahn" Rhein zu liegen und daher auch immer Zugang zum überregionalen Handel zu haben. Ob da nun Ubier wohnten oder nicht, das spielte hierfür keine Rolle. Wichtig waren die Franken und der Handel.

Die Kriegswirren an der Wende zum Mittelalter brachten tatsächlich das ganze römische System zum Zusammenbruch. Es musste im Frühmittelalter erst wieder mühsam (teil-)erweckt werden.

Beppe

Re: Gefährlichste Feinde des Römischen Reichs:

von Paul » 05.08.2012, 21:31

Dietrich hat geschrieben:
Marvin hat geschrieben: Das kleine Volk, wie du es nennst, hat die Anlagen, Höfe etc. übernommen, weiter genutzt oder umgestaltet. Dazu gehören das Wegenetz oder auch die technischen und wirtschaftlichen Einrichtungen.
Oder denkst du nach dem Zerfall des Römischen Reiches, zerfielen auch gleich alle Gebäude, Wegenetze, Städte und natürlich auch alle Werkzeuge.
Der Menschen hat weiter gelebt und das was da war weiter benutzt. Sie vielen nicht in ein dunkles Loch.
Gerade anhand der Siedlungsgeschichte (Entstehung der Städte im Mittelalter) kann man sehr gute Rückschlüsse auf Funktionen, herrschaftliche Gestaltung und Sozialstruktur ziehen.
Nach dem Untergang Westroms zeigten sich vor allem in den Gebieten nördlich der Alpen - im römischen Germanien, Britannien und Gallien - unübersehbare Verfallsserscheinungen. Im 5. Jh. verließen die meisten Römer - so z.B. Beamte, Kaufleute, Gutsbesitzer, Soldaten - die Provinzen. Die Römerstädte an Rhein und Donau verödeten, römische Gutshöfe verschwanden, Straßen und Brücken zerfielen. Der Untergang der römischen Zivilisation führte bei den nur dünn romanisierten germanischen Völkern aber auch in Britannien und Gallien zu einem Niedergang des Wissens und der Kultur und bewirkte einen Rückfall in barbarische Verhältnisse.

Bezeichnenderweise siedelten sich die Germanen in Städten wie Köln oder Mainz nicht im verlassenen Stadtgebiet selbst an, da ihnen das nicht geheuer war. Sie errichteten ihre Fachwerkbauten am Rand solcher Römerstädte und benutzten die römischen Steinbauten lediglich als Steinbruch. Erst im Verlauf von 200-300 Jahren wurde allmählich das alte Stadtgebiet wieder besiedelt, das allerdings ein gänzlich anderes Aussehen und eine neue Straßenführung erhielt, die lediglich in einigen Magistralen den Verlauf des alten römischen Quadratnetzes erahnen lässt.

Man kann das u.a. schön nachlesen in: Heinz Günther Horn u.a., Die Römer in Nordrhein-Westfalen, Stuttgart 1987, Theiß-Verlag Unter der Vielzahl zeitgenössischer Quellen ist die Vita des heiligen Severin eindrucksvoll, die unter anderem beschreibt, wie die romanisierte Bevölkerung an der Donau ihre Gutshöfe und Städte verlässt, die von den im 5. Jh. vordringenden Germanen geplündert und zerstört werden.

Etwas anders war die Situation in Italien oder in Südfrankreich, wo eine alte gallo-römische Senatsaristokratie saß, die nicht oder wenig von plündernden Germanen behelligt wurde und später mit der fränkischen Aristokratie zusammenarbeitete und verschmolz. Auf dem Balkan allerdings hatte die romanisierte Bevölkerung einen schweren Stand und wurde von den im 6./7. Jh. vordringenden Slawen ihrer Identität beraubt.

Dieser Niedergang des Wissens und der Kultur veranlasste Karl den Großen zu seiner berühmten Karolingischen Renaissance, die alle Bereiche des Wissens und der Kunst erneuern und die verfallene Bildung heben wollte.
Das Beispiel Köln passt hier nicht ganz. Köln war ja als neuer Hauptort der Ubier eine germanische Stadtgründung, durch Germanen die es gewohnt waren in Städten zu leben, viele Handwerksberufe auszuüben und ihre Produkte international abzusetzen. Auch Trier hatte wahrscheinlich einen starken Zuzug von Ubiern erfahren, so das es einen so schnellen Aufstieg erreichte. Der Abzug einiger Römer während der Völkerwanderung kann dieses Wirtschaftssystem nicht völlig zum zusammenbrechen gebracht haben, da hätten auch die germanischen Stadtbewohner in großer Zahl die Städte verlassen haben müssen.
Sicherlich waren Kriegswirren schon immer eine schlechte Vorraussetzung zum prosperieren der Wirtschaft. Solche Kriegswirren hatten die Ubier schon auf der rechten Rheinseite erlebt, wodurch ihre größeren Städte verfielen.

Re: Gefährlichste Feinde des Römischen Reichs:

von Grote » 05.08.2012, 20:05

Hallo Dieter und der Rest der ehemaligen geschichtsforumssippe :D

Was versteht ihr unter dem Begriff: Gefährlichste Feinde Roms? Für mich sind die ´´gefährlichsten Feinde Roms`` die Senatoren und auch einige selbstherrliche Diktaoren. Die Schwächung des römischen Reiches begann mit der Teilung in Ost - bzw, Westrom und auch in der Reform der römischen Armee. Die Auflösung der streng disziplinierten Armee und die Einführung ``barbarischer ´´ Streitkräfte, sowie das fehlen einer Berufsarmee gegen Ende des römischen Reiches, führte zum Untergang Roms. Bezahlte Söldnerheere hatten einfach keine Motivation eine Kultur zu verteidigen, die nicht ihre eigene war! Wurden die Soldzahlungen eingestellt, drehten die Söldnerheere um und kämpften gegen Rom. Das beste Beispiel ist Odoaker!

Re: Gefährlichste Feinde des Römischen Reichs:

von Dietrich » 01.06.2012, 17:12

Peppone hat geschrieben:Vielleicht lässt sich der Unterschied in unserer Pirenne-Rezeption so erklären, dass meine Aussagen hauptsächlich auf das Mittelmeergebiet und hier wieder hauptsächlich auf das westgotische Spanien zutreffen? I
Der Zusammenbruch der (west)römischen Zivilisation war in Italien weniger spürabr als in den Ländern nördlich der Alpen. Spanien war gewiss auch betroffen, denn die durchziehenden Vandalen, Alanen, Sueben und Goten erschütterten den Handel und die Landwirtschaft. Seit dem Einbruch der Araber nach der Schlacht von Jerez 711 nahm Spanien ohnehin einen ganz anderen Weg, als die übrigen Staaten Europas.

Re: Gefährlichste Feinde des Römischen Reichs:

von Peppone » 01.06.2012, 16:48

Dietrich hat geschrieben:Henri Pirenne - Gott hab ihn selig - sagt genau das Gegenteil. Nach dem Untergang Westroms und verstärkt nach der Expansion des Islam verödeten die Städte in Gallien und im einst römischen Germanien. Der Handel reduzierte sich, der Fernhandel brach weitgehend zusammen und es entstanden autarke große Domänen.
Hm.
Ich hab jetzt die Literatur nicht zur Hand. Vielleicht lässt sich der Unterschied in unserer Pirenne-Rezeption so erklären, dass meine Aussagen hauptsächlich auf das Mittelmeergebiet und hier wieder hauptsächlich auf das westgotische Spanien zutreffen? Ich hab hier - offenbar unzulässigerweise - von Spanien auf Gallien zurückgeschlossen.
Und das dann auch gleich mit Germanien in Verbindung gebracht.

War wohl ein Schnellschuss, mein obiges Mail.
Sorry.

Beppe

Re: Gefährlichste Feinde des Römischen Reichs:

von Dietrich » 01.06.2012, 15:12

Aneri hat geschrieben:
Wie sieht ihr die Bedeutung der Religion und ihre Institutionen in diesem Stadium des Zerfalls?
Es waren in der tat die Klöster, die altes Wissen und antike Handschriften bewahrten und ohne sie wären große Teile der antiken Literatur verloren. Im übrigen war allein die Geistlichkeit der Schrift mächtig, denn anders als die alten römischen Eliten legten die germanischen Eliten (Franken, Langobarden usw.) keinen Wert darauf, dass ihr Nachwuchs lesen und schreiben konnte. Auch die groß angelegte Bildungsreform Karls des Großen - bekannt unter dem Begriff Karolingische Renaissance - wurde von Geistlichen bzw. der "Hofkapelle" getragen, u.a. von Alkuin und Einhard.

Re: Gefährlichste Feinde des Römischen Reichs:

von Aneri » 01.06.2012, 14:02

Marvin hat geschrieben: Der Menschen hat weiter gelebt und das was da war weiter benutzt. Sie vielen nicht in ein dunkles Loch.
Die Infrastruktur war zerstört. Daher halten die Städte und Höfe nicht lange.

Nach meinen Verständnis waren es die Kloster, die stabilen Anhaltspunkte in der allgemeine Unruhe bieteten. Diese Kloster dienten auch als Bewahrer der intellektuellen Errungenschaften des vor- und Römischen Reiches. Die Religion müsste den Menschen etwas bieten, das ihnen geholfen hat in den unruhigen Zeiten. Auch die Expansion der Religion in diesem zeitraum weltliches Machtvakuums wird verständlich.

Wie sieht ihr die Bedeutung der Religion und ihre Institutionen in diesem Stadium des Zerfalls?

Re: Gefährlichste Feinde des Römischen Reichs:

von Dietrich » 01.06.2012, 13:16

Peppone hat geschrieben: Die Straßen der Römer blieben noch lange - auch ohne Pflege - besser als die Trampelpfade, die die Germanen selber anlegten. Nicht umsonst entstanden die ältesten germanischen Siedlungen entlang alter römischer Handelsstraßen. Die Salzstraße quer durch Bayern, die z.B. Salzburg und Augsburg verband, verlief über Traunstein, nördlich am Chiemsee entlang
Nach dem Untergang Westroms zeigten sich vor allem in den Gebieten nördlich der Alpen - im römischen Germanien, Britannien und Gallien - unübersehbare Verfallsserscheinungen. Im 5. Jh. verließen die meisten Römer - so z.B. Beamte, Kaufleute, Gutsbesitzer, Soldaten - die Provinzen. Die Römerstädte an Rhein und Donau verödeten, römische Gutshöfe verschwanden, Straßen und Brücken zerfielen. Der Untergang der römischen Zivilisation führte bei den nur dünn romanisierten germanischen Völkern aber auch in Britannien und Gallien zu einem Niedergang des Wissens und der Kultur und bewirkte einen Rückfall in barbarische Verhältnisse.

Bezeichnenderweise siedelten sich die Germanen in Städten wie Köln oder Mainz nicht im verlassenen Stadtgebiet selbst an, da ihnen das nicht geheuer war. Sie errichteten ihre Fachwerkbauten am Rand solcher Römerstädte und benutzten die römischen Steinbauten lediglich als Steinbruch. Erst im Verlauf von 200-300 Jahren wurde allmählich das alte Stadtgebiet wieder besiedelt, das allerdings ein gänzlich anderes Aussehen und eine neue Straßenführung erhielt, die lediglich in einigen Magistralen den Verlauf des alten römischen Quadratnetzes erahnen lässt.

Man kann das u.a. schön nachlesen in: Heinz Günther Horn u.a., Die Römer in Nordrhein-Westfalen, Stuttgart 1987, Theiß-Verlag Unter der Vielzahl zeitgenössischer Quellen ist die Vita des heiligen Severin eindrucksvoll, die unter anderem beschreibt, wie die romanisierte Bevölkerung an der Donau ihre Gutshöfe und Städte verlässt, die von den im 5. Jh. vordringenden Germanen geplündert und zerstört werden.

Etwas anders war die Situation in Italien oder in Südfrankreich, wo eine alte gallo-römische Senatsaristokratie saß, die nicht oder wenig von plündernden Germanen behelligt wurde und später mit der fränkischen Aristokratie zusammenarbeitete und verschmolz. Auf dem Balkan allerdings hatte die romanisierte Bevölkerung einen schweren Stand und wurde von den im 6./7. Jh. vordringenden Slawen ihrer Identität beraubt.

Dieser Niedergang des Wissens und der Kultur veranlasste Karl den Großen zu seiner berühmten Karolingischen Renaissance, die alle Bereiche des Wissens und der Kunst erneuern und die verfallene Bildung heben wollte.
Peppone hat geschrieben: Schon Henri Pirenne hat erkannt, dass mit dem Zusammenbruch des (West-)Römischen Reichs die Antike noch nicht endete, weil das Wirtschaftssystem der Römer noch weiter bestand. Erst der Einbruch der Araber in die Mittelmeerwelt habe ein vollständig neues Wirtschaftssystem geschaffen (auch in Europa), wodurch dann erst die Antike wirklich geendet hätte.
Henri Pirenne - Gott hab ihn selig - sagt genau das Gegenteil. Nach dem Untergang Westroms und verstärkt nach der Expansion des Islam verödeten die Städte in Gallien und im einst römischen Germanien. Der Handel reduzierte sich, der Fernhandel brach weitgehend zusammen und es entstanden autarke große Domänen.
Vom sozialen Gesichtspunkt aus ist das bedeutendste Phänomen ... die schnelle Verminderung und nachher das fast völlige Verschwinden der städtischen Bevölkerung ... Das Ende des städtischen Typus ergab sich daraus, dass die Eroberer des Römischen Reiches außerstande waren, dessen Institutionen in alter Form weiterfunktionieren zu lassen ... Daraus aber musste sich ein fast vollkommener Stillstand des Handels ergeben; auch das Gewerbe verschwand fast ganz ... Der Umlauf des Geldes hörte beinahe auf ...

Das Verschwinden der Städte änderte die ganze Struktur der Wirtschaft ... Jetzt gab es nur noch eine Art des Reichtums: den Reichtum an Grundbesitz. Nur eine Art von Arbeitern bestand noch: die Bebauer des Landes ... Die Größe der Domänen wuchs, denn der kleine Bauer war seiner städtischen Absatzmärkte und also seiner Einkünfte beraubt; er war also gezwungen, sich der nächsten Domäne anzuschließen und ihrem Herrn sein Land abzutreten.

(Henri Pirenne, Geschichte Europas, Frankfurt/M. 1961, S. 81, 83, 84 f.)
Henri Pirenne beschreibt also das Bild eines Westeuropas (Gallien und römisches Germanien), das nach dem Untergang Westroms die Stadtkultur weitgehend, verliert, den Fernhandel einbüßt, zu einer autarken Landwirtschaft der Domänen und in weiten Teilen sogar zum Tauschhandel zurückkehrt, da der Münzumlauf stockt oder versiegt.

Re: Gefährlichste Feinde des Römischen Reichs:

von Marvin » 01.06.2012, 11:45

Lieber Dieter
Ich empfehle dir die neuste Forschung von Peter Heather zu lesen.

The Fall of the Roman Empire:
A New History of Rome and the Barbarians
2005

und

Empires and Barbarians:
Migration, Development and the Birth of Europe
2009

Selbstverständlich kann man über seine Forschung diskutieren, er zeigt die Migration nach dem Fall Roms ganz schön nach und darüber sollte man schon nachdenken. Ob man dann mit ihm einig wird oder nicht, das ist eine andere Frage.

Re: Gefährlichste Feinde des Römischen Reichs:

von dieter » 01.06.2012, 11:26

Marvin hat geschrieben:
dieter hat geschrieben:
dieter hat geschrieben:Lieber Beppe,
ins gemachte Nest setzen ist doch stark übertrieben. Als Karl der Große 800 Kaiser wurde, war schon seit Jahrhundertn von der römischen Herrlichkeit nichts mehr vorhanden. :roll:
Hast du eine Ahnung! Das Rechtssystem bspw. war noch weitgehend römisch, das Straßen- und Städtenetz ebenfalls, die Wirtschaft beruhte ganz überwiegend noch auf römischen Grundlagen.

Beppe
Lieber Beppe,
davon hat aber das kleine Volk nichts gemerktl
Das kleine Volk, wie du es nennst, hat die Anlagen, Höfe etc. übernommen, weiter genutzt oder umgestaltet. Dazu gehören das Wegenetz oder auch die technischen und wirtschaftlichen Einrichtungen.
Oder denkst du nach dem Zerfall des Römischen Reiches, zerfielen auch gleich alle Gebäude, Wegenetze, Städte und natürlich auch alle Werkzeuge.
Der Menschen hat weiter gelebt und das was da war weiter benutzt. Sie vielen nicht in ein dunkles Loch.
Gerade anhand der Siedlungsgeschichte (Entstehung der Städte im Mittelalter) kann man sehr gute Rückschlüsse auf Funktionen, herrschaftliche Gestaltung und Sozialstruktur ziehen.[/quote]
Lieber Marvin,
das war aber 400 Jahre später, solange hält keine Straße. Außerdem die Gebiete östlich des Rheins waren keine römische Provinz. :wink:

Re: Gefährlichste Feinde des Römischen Reichs:

von Peppone » 31.05.2012, 19:30

Schon seit dem 3.Jh. tendierten die villae rusticae dazu, alles Benötigte selber herzustellen. Also in Subsistenzwirtschaft zu leben.
Überregionaler Handel mit landwirtschaftlichen Produkten war zwar noch vorhanden, aber längst nicht mehr in dem Ausmaß wie im 1. und 2.Jh.
Schon Henri Pirenne hat erkannt, dass mit dem Zusammenbruch des (West-)Römischen Reichs die Antike noch nicht endete, weil das Wirtschaftssystem der Römer noch weiter bestand. Erst der Einbruch der Araber in die Mittelmeerwelt habe ein vollständig neues Wirtschaftssystem geschaffen (auch in Europa), wodurch dann erst die Antike wirklich geendet hätte.
Die Handelsrouten über das Mittelmeer bestanden weiter. Die Westgoten in Spanien z.B. konnten ihr Reich deshalb so lange erhalten, weil sie sich nicht in die bestehenden HAndelsstrukturen einmischten, die auch nahezu bruchlos weiter existierten. Dieselben Leute handelten mit den selben Gütern auf den selben Handelsrouten wie vor der Eroberung Spaniens durch die Goten.
Auch wurde weiter mit römischem Geld gezahlt und gewirtschaftet.

Die Straßen der Römer blieben noch lange - auch ohne Pflege - besser als die Trampelpfade, die die Germanen selber anlegten. Nicht umsonst entstanden die ältesten germanischen Siedlungen entlang alter römischer Handelsstraßen. Die Salzstraße quer durch Bayern, die z.B. Salzburg und Augsburg verband, verlief über Traunstein, nördlich am Chiemsee entlang (dort hatte das mächtige frühmittelalterliche Geschlecht der Aribonen einen Herrschaftsschwerpunkt!), Rosenheim und (Unter-)Haching, weiter über Gilching und Gauting (den Namen nach alte Bajuwarenorte), Fürstenfeldbruck (!) nach Augsburg. Rein zufällig war das auch eine der Entwicklungsachsen des frühen Bayern. Auch die Straße vom Brenner nach Regensburg führte über Rosenheim und dann weiter über Haag i.Obb., Dorfen und Sandsbach nach Regensburg. Haag war Zentralort der einzigen Grafschaft in Altbayern, die erst 1567 in die Hände der Wittelsbacher kam, und schon vor dem Jahr 1000 Sitz eines mächtigen Adlesgeschlechtes.

Warum diese Straßen so wichtig waren? Weil sie auch in erbärmlichem Zustand einen stabilen Unterbau hatten und deshalb zumindest besser befahrbar waren als andere Straßen.
Allers im Übrigen auch archäologisch belegt. Noch heute zeichnen wichtige Bundesstraßen oft den Verlauf alter Römerstraßen nach. (z.B. die B17 bei Landsberg a.Lech verläuft auf der alten Via Claudia Augusta)

Auch das römische Rechtssystem hat bis KdG überlebt: Die Romanen in einem Germanenreich wurden nämlich üblicherweise NICHT nach germanischem Recht, sondern nach römischem Recht behandelt. Erst NACH Karl setzte sich im allgemeinen Rechtsgebrauch das germanische Recht durch, bis um etwa 1100 von Bologna aus ein erneuter Siegeszug des römischen Rechts stattfand.
Nicht zuletzt die Kirche hielt am römischen Recht fest und sorgte für die Weitervermittlung.

Beppe

Re: Gefährlichste Feinde des Römischen Reichs:

von Nafets » 31.05.2012, 18:40

Peppone hat geschrieben:
dieter hat geschrieben:Lieber Beppe,
ins gemachte Nest setzen ist doch stark übertrieben. Als Karl der Große 800 Kaiser wurde, war schon seit Jahrhundertn von der römischen Herrlichkeit nichts mehr vorhanden. :roll:
Hast du eine Ahnung! Das Rechtssystem bspw. war noch weitgehend römisch, das Straßen- und Städtenetz ebenfalls, die Wirtschaft beruhte ganz überwiegend noch auf römischen Grundlagen.

Beppe
Ganz sicher? Karl hat doch alles neu gemacht, oder wie war das?
Zwischen Karls Krönung und dem letzten Zucken der Römer liegen über 300 Jahre.
Möglicherweise weißt du, dass Strassen gepflegt und gewartet werden müssen...
Nur ist in den Zeiten vor Karl, auch in denen zu Karls Zeiten diesbezüglich wenig gemacht worden, um nicht zu sagen, gar nichts.
Woher hast du denn diese Weißheiten? Von Alkuin, vielleicht von Einhard? Vielmehr gibts an der Stelle nicht.

Rechtssystem - hallo, genau das Gleiche.
Von woher stammen deine Informationen, dass es tatsächlich so war?

Beste Grüße

Re: Gefährlichste Feinde des Römischen Reichs:

von RedScorpion » 31.05.2012, 18:32

Peppone hat geschrieben: ...
Als die Germanen zu Erben Roms geworden waren, war übrigens nur noch ganz wenig römische Bevölkerung übrig, die sie zu versorgen gehabt haben (u.a. weil die römischen Truppen abgezogen worden sind - ja, daran waren die Germanen schuld), ...
...
In Germanien vielleicht.

Peppone hat geschrieben: ...
... und auch diese Resrömer bzw. Romanen hatten schon auf Subsistenzwirtschaft umgestellt.
Was katastrophale Auswirkungen hatte.



LG

Re: Gefährlichste Feinde des Römischen Reichs:

von Peppone » 31.05.2012, 16:34

RedScorpion hat geschrieben: Weil sie die faktischen Erben des Reiches waren? Dessen (und die eigene) Bev. zu versorgen hatten?

... und dass das Reich nicht mehr "einheitlich" war, lag aber an den Germanen; bzw. dass die Germanen selbst alles andere als einig waren, war ihr allergrösstes Problem.
Aber nicht ihre alleinige Schuld, weshalb ich "die" Germanen auch nicht zu den gefährlichsten Feinden Roms zählen will.
Tatsache ist, dass "die" Germanen als foederati das Römische Reich sogar noch eine Zeitlang stützten, als alles schon am Ächzen war...

Als die Germanen zu Erben Roms geworden waren, war übrigens nur noch ganz wenig römische Bevölkerung übrig, die sie zu versorgen gehabt haben (u.a. weil die römischen Truppen abgezogen worden sind - ja, daran waren die Germanen schuld), und auch diese Resrömer bzw. Romanen hatten schon auf Subsistenzwirtschaft umgestellt.

Beppe

Nach oben