Das Tohuwabohu um die Stasi-Kommission geht weiter:
Streit in der Enquete-Kommission
SPD wusste lange vom Experten-Rückzug
Ob Zufall oder Kalkül – wie es zur Krise der Enquete-Kommission zum Umgang mit dem Erbe der DDR in Brandenburg kam
Potsdam - Grünen-Fraktionschef Axel Vogel will nicht an einen Zufall glauben. Tatsächlich ist die Abfolge der Geschehnisse vor der nächsten Sitzung der Enquete-Kommission des Landtags am Freitag nächster Woche eigentümlich. Es geht um ein Gutachten, das erhebliche Mängel bei der Stasi-Überprüfung im Landtag und den Landesbehörden feststellt. Und es geht um den Rückzug des von der SPD-Fraktion berufenen Politikwissenschaftlers Wolfgang Merkel.
Die Kommission befasst sich am nächsten Freitag mit dem Gutachten, dass zu dem Ergebnis kommt, in Brandenburg habe es keine systematische Stasi-Überprüfung gegeben. Und nach den vom Landtag aufgestellten Kriterien hätten Ex-Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) und andere Abgeordnete ihr Mandat niederlegen müssen. Das Gutachten war mit einer Sperrfrist versehen. Dennoch gelangte es vor genau einer Woche in die Medien. SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher nannte das Gutachten eine „politisch motivierte Abrechnung“, das „mit wissenschaftlicher Arbeit“ wenig zu tun habe. Die Opposition warf ihm vor, das Gutachten und die Arbeit der Kommission ohne Not zu diskreditieren. Schließlich folgte am Mittwoch ein Interview mit Wolfgang Merkel, in dem er seinen Rückzug aus der Kommission mit dem geringen Niveau, rückwärtsgewandten Debatten und der zunehmenden Politisierung des Gremiums begründete. Dass der renommierte Demokratieforscher vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) nicht mehr in dem Gremium mitarbeiten will, steht aber schon länger fest.
„Ich habe vor zweieinhalb, drei Wochen in einem Anruf bei Frau Melior meinen Rückzug angekündigt. Wir haben dann auch über möglichen Ersatz geredet“, sagte Merkel. „Dann gab es am Mittwoch einen Anruf von einem Journalisten, der offenbar über mein Gespräch mit Frau Melior informiert war und meine Gründe wissen wollte.“ Das umstrittene Gutachten kannte er da noch gar nicht, als er Melior informierte. Es habe ihn später aber in seinem Entschluss bestätigt, sagte er...
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http://geschichte-wissen.de/go/tohuwabo ... kommission
INTERVIEW
„Brandenburg kommt bei Stolpe um Neubewertung nicht herum“
Ex-Stasiunterlagen-Chefin Birthler: Land hat Chance zur Aufklärung nicht nutzen können, weil das Thema immer mit dem Ministerpräsidenten verbunden war
(...)
Die Untersuchungskommission hat sogar neue Kriterien erfunden wie die sogenannten Grenzfälle.
Grenzfälle gibt es tatsächlich immer. Ich habe von Anfang an dafür geworben, dass man eine sorgfältige Einzelfallbewertung vornimmt und dazu gehört auch, dass es Fälle gibt, die man nicht ganz klar einordnen kann. So war es auch bei den Lehrern in Brandenburg. Deswegen habe ich nichts gegen den Begriff Grenzfälle. Wenn er aber benutzt wird, um Sachverhalte zu vernebeln oder gar zu schweigen, dann ist das problematisch. Die Öffentlichkeit hat dadurch weniger Möglichkeiten, sich ein eigenes Bild zu machen. Wir haben damals in der Bündnis-90-Fraktion einen sehr klaren Schnitt gemacht, als die Überprüfung auch zwei unserer Abgeordneten traf. Wir haben uns dann gewundert, dass sich die anderen Fraktionen sehr zurückhaltend verhielten. Das ging weiter. Für den Bildungsbereich etwa hatten wir sehr sorgfältig ein rechtsstaatliches Überprüfungsverfahren entwickelt. Als ich das stolz im Kabinett vorstellte, hatte ich viel Interesse an einer Übernahme erwartet von anderen Kabinettsmitgliedern; stattdessen ging man kommentarlos zur Tagesordnung über.
Wir erfahren jetzt von vielen Fällen aus der Polizei und der Justiz, wo es früh Hinweise auf eine Belastung gab, und trotzdem nie was passierte. Auch der Landtag hat sich nie wieder selbst überprüft und erst seit kurzem gibt es eine Stasi-Beauftragte. Warum hat sich Brandenburg so schwer damit getan, die SED-Diktatur aufzuarbeiten?
Wie gesagt: Nach meiner Einschätzung gab es einen Zusammenhang zwischen der Art und Weise, wie in Brandenburg mit der SED-Diktatur umgegangen wurde und dem Fall Stolpe. Bei jeder offenen und offensiven Diskussion über die Vergangenheit hätte man doch keinen Bogen um das Thema Stolpe machen können. Die große Mehrheit in Brandenburg wollte aber genau dies. Dazu kommt, dass Stolpe jeden Angriff auf sich selbst als einen Angriff auf alle Ostdeutschen interpretierte. Dass ist ungefähr so, als wenn heute Guttenberg oder Koch-Mehrin jede Kritik an ihnen als einen Angriff auf alle Wissenschaftler bezeichnen würden. Damit wurde die Auseinandersetzung mit der Diktatur zu einem Ost-West-Thema gemacht - eine fatale Fehlentwicklung. Die Revolution hat doch nicht gegen die Westdeutschen stattgefunden, sondern gegen die SED, und deshalb werden Konflikte zum Thema DDR heute - das zeigt ja auch die aktuelle Debatte in Brandenburg - vor allem zwischen Ostlern und Ostlern ausgetragen. Das Thema dem Westen in die Schuhe zu schieben, ist ein Versuch, sich um das Thema zu drücken. Das geht bis dahin, dass manche Leute meinen, die Öffnung der Stasi-Akten sei eine perfide Schikane des Westens gewesen, um den Osten zu demütigen. Das ist völliger Quatsch. Die Öffnung der Stasi-Akten musste vom Osten gegen den Westen durchgesetzt werden. Die Regierungen Kohl und De Maizière hielten wenig von einer offensiven Aufarbeitung. Sie wollten die Stasi-Akten nicht öffnen und betrieben eine Politik der Integration von alten Eliten. Personal aus der Administration der DDR wurde in Größenordnungen in den öffentlichen Dienst der Bundesrepublik und der Länder übernommen.
Nachdem Sie im Oktober 1992 als Ministerin zurückgetreten sind, weil sie die „Ausflüchte“ von Stolpe nicht mehr ertragen und mittragen wollten, haben Sie sich zurückhaltend zu Stolpe geäußert.
Mein Kommentar zu Stolpe war mein Rücktritt - deutlicher kann man sich wohl nicht äußern. Ich hatte mich schon früh sehr klar zu Stolpe geäußert, woraufhin er mir in einem Vier-Augen-Gespräch sagte, dass er erwarte, dass ich mich öffentlich nicht mehr äußere. Er berief sich auf die Loyalitätspflicht in seinem Kabinett. Ich habe ihm zunächst die Zusage gegeben, künftig zurückhaltend zu sein, aber wenige Tage später gemerkt, dass ich zu diesem Thema nicht schweigen kann. Deswegen der Rücktritt...
das ganze Interview lesen:
http://geschichte-wissen.de/go/intervie ... kommission
Ist mir schlecht...
Der Stolpe
muß Dreck am Stecken haben, sonst kann man nicht so wehement jede Stasi-Diskussion zu unterdrücken versuchen!