Verschwinden die gedruckten Bücher?

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Moderator: Barbarossa

ehemaliger Autor K.

Seit einigen Jahren gewinnen die E-Books einen immer größer werdenden Marktanteil. Nun wird gegenwärtig auf der Frankfurter Buchmesse heftig über ein neues Projekt von Amazon diskutiert:
Seine Flatrate Kindle-Unlimited. Es wird nun für den Leser in Kürze möglich sein, für einen monatlichen Abonnementpreis von 9,99 Euro sich maximal 10 Bücher auf seinen Kindle eReader herunterzuladen. Es stehen 650.000 (bald 720.000) Titel zur Auswahl, davon 40.000 (demnächst 47.000) in deutscher Sprache. Die Bücher stehen zur Verfügung, solange die monatliche Abogebühr bezahlt wird. Kündigt der Kunde den Vertrag, lassen sich die Bücher nicht mehr aufrufen. Es handelt sich also eigentlich um eine Art Bibliothek mit Verleihservice. Man kann die Bücher natürlich auch nach Gefallen kaufen.

Die gigantische Auswahl täuscht. Zumindest bei den deutschsprachigen Werken ist sie in Wirklichkeit nicht groß, da die eigentlichen Bestseller fehlen, von Ausnahmen, wie einigen Harry Potter Büchern, einmal abgesehen. Die großen Verlage stellen ihre Bücher der Flatrate noch nicht zur Verfügung, also wird der Kunde sie weiter als gebundenes Werk oder, falls vorhanden, als E-Book kaufen müssen.

Trotzdem, vor allem der stationäre Buchhandel wird nervös. Schon seit Jahren schrumpfen hier die Umsätze. Auch die großen Ketten, wie Thalia oder Weltbild, klagen über Verluste. In den USA, wo die Flatrate von Amazon schon länger existiert, sind die vielen kleinen Buchhandlungen und Verlage weitgehend verschwunden. Ähnliches könnte auch bei uns passieren.

Wie auch immer, in den nächsten Jahren ist mit gewaltigen Veränderungen in dieser Branche zu rechnen. Es wird weiter, immer neue Umwälzungen geben. Die Flatrate ist wohl nur der Anfang, ein Ende nicht prognostizierbar. Werden gedruckte Bücher in der Zukunft vielleicht immer seltener sein, vielleicht die Ausnahme? Gibt es sie in einer nahen oder fernen Zukunft nur noch im Museum, verschwinden die Bücherregale in den Wohnungen? Was wird dies für Folgen haben?
Renegat
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Beiträge: 2045
Registriert: 29.04.2012, 19:42

Nicht nur in den USA verschwinden die kleinen Buchläden, dieser Prozeß läuft auch bei uns schon länger.
Der Grund war noch nicht das E-Book, sondern der Netz-Buchhandel. Bücher kann man problemlos für ein paar Cent günstiger bei Amazon u. Co bestellen und bekommt sie geliefert. Ein Trend, der nicht nur für den Buchhandel zu großen Veränderungen führt, denn inzwischen gibt es im Netz alles und die Lagerhaltung findet ohnehin schon länger auf der Straße statt.

Deshalb bin ich nicht so sicher, ob E-Books und Flatrates nochmal eine weitere Schrumpfung im Buchhandel auslösen werden. Noch gibt es ja viele Papierbuchliebhaber, außerdem immer noch Menschen, die nicht jeden neuen Netztrend mitmachen können. Soweit ich es übersehe, hat sich der lokale Buchhandel mit Ladengeschäft schon auf diese Zielgruppe eingestellt oder wird sich zukünftig darauf einstellen. Die Amazonbesteller waren ja weitestgehend mit den aktuellen E-book-flattern identisch.
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Gontscharow
Mitglied
Beiträge: 363
Registriert: 14.09.2014, 01:14

Was mich betrifft, ich starre schon mehr als genug auf Bildschirme ....
Deshalb genieße ich es manchmal, mich mit einem gedruckten Buch oder einer Zeitung
zurückziehen zu können.Was allerdings heutzutage bei mir nicht mehr oft vorkommt,
weil mein Alltag wenig Gelegenheit dazu lässt.
So schnell werden die gedruckten Bücher nicht verschwinden, solange es ihre Liebhaber noch gibt -
und die soll es ja auch in der jüngeren Generation geben .
ehemaliger Autor K.

Der Marktanteil der E-Books ist von 7,2 % im Jahre 2011 auf 9,5 % im Jahre 2012 gestiegen und wird voraussichtlich bis 2017 auf 16% steigen.

Das wichtigste Argument für den Wechsel zur Digitallektüre ist hierzulande, dass E-Books keinen Platz im Regal benötigen. Auch die Mobilität, der schnelle und unkomplizierte Einkauf der E-Books und der Zugang zu einer großen digitalen Bibliothek werden von den Lesern geschätzt.

Der wichtigste Schutz für den Buchhändler ist bisher die Preisbindung für Bücher. Außer bei Importwaren ist der Preis einer Printversion überall gleich, im Laden oder im Online-Vertrieb. Deshalb konnten die vielen Händler, anders als in den USA, wo es keine Preisbindung gibt, auch überleben. Da die Verlage aber dazu übergehen, E-Books billiger anzubieten als die Printausgabe, kann sich dies bald ändern.

Wer die Flatrate jetzt nutzen wird, wissen wir noch nicht, da dies System ja erst anläuft. Allerdings, wenn nun die Möglichkeit besteht, sich ein Buch erst einmal herunterzuladen, es gewissermaßen zunächst zu testen, um es dann zu einem späteren Zeitpunkt zu kaufen, wird dies an dem Buchhandel vorbeigehen. Ein Buch, welches man sich in der Bibliothek leiht, muss man sich dann doch in einem Buchladen kaufen. Das ist jetzt nicht mehr erforderlich. Amazon fungiert als Bibliothek, die diese Bücher auch gleichzeitig verkauft.

Nicht nur die Läden, auch viele Bibliotheken werden davon wahrscheinlich betroffen sein. Vor allem junge Leute werden es vielleicht vorziehen, Bücher über die Flatrate auszuleihen, um den Weg in die Bibliothek zu sparen.
Lia

Moin nach Hamburg,
ähnliche Gedanken gingen mir auch kürzlich durch den Kopf, einerseits mit leichter Selbst-Ironie, weil ich vor einem Jahr um die Zeit eigentlich keinen E-Reader wollte, mir nicht vorstellen konnte, dass ich mit dem Ding das gewohnte Lese-Vergnügen haben könnte, andererseits dann ernster, weil ich ich hie viel Licht, dort viel bedenkliches in e-book-Geschäft und amazons Plänen sehe.
Ich bekam 2013 zu Weihnachten einen geschenkt- und möchte ihn nicht mehr missen, :mrgreen: weder zum Vergnügen, noch als "Arbeitsgerät."
Der zweite von der Konkurrenz wird mein Weihnachtsgeschenk, weil ich damit auch Zugriff auf die Stadtbüchereien habe.
Wer so alles hinter Tolino steckt- und damit auch Einfluss auf den Bestand öffentlicher Bibliotheken nehmen kann, lässt sich schnell recherchieren.
Gibt es sie in einer nahen oder fernen Zukunft nur noch im Museum, verschwinden die Bücherregale in den Wohnungen? Was wird dies für Folgen haben?
Hm, könnte für mich bedeuten, mit sehr viel weniger Platz auszukommen. :mrgreen: Die (Quadrat-)meter Ikea- Billy haben sich seit Studentenzeiten derart vervielfacht, dass nun, trotz Aussortierens, Ende ist. Erst recht, wenn ich mich kleiner setze.
Doch missen möchte ich weder die gedruckte Fachliteratur noch die ererbten Klassiker oder die seit Schulzeiten gesammelten, oft mühsam ersparten TB-Ausgaben, ( angefangen bei Siegfried Lenz und Th. und Heinrich Mann 1970) an denen die Zeit und das mehrfache Lesen nicht spurlos vorüber gingen.
Gehört für mich zu meiner Wohnkultur und Lebens- und Lese-Art. Gedrucktes gehört dazu- nicht nur zur Deko.
Gibt gedruckte *haben-müssen*-Bücher, (noch) nicht digitalisierte Bücher, die ich gebraucht bei amazon kaufe, hie aus Esparnis, dort aber auch mit dem Recycling-Gedanken, zumeist Wissenschaftliches oder Sachbücher.
Ich schade dem Buchhandel? Gut, und das dann schon immer, weil Antiquariate oder Bücher-Flohmärkte seit Urzeiten Anlaufpunkte waren.
Beides, Buch und e-book- wird zumindest bei mir und vielen meiner Altersgruppe weiterhin nebeneinander genutzt, den offenen Buchmarkt (noch ist der market-place offen, und noch ist auch der e-book Markt offen) nutzt man in meinem Umfeld reichlich.
So weit zum persönlichen Umgang mit Buch und e-book im Alltag.
Die Macht von amazon ist mir bewusst- andererseits auch die der Verlage bekannt, insbesondere im Bereich Belletristik. Da werden lesenswerte Manuskripte gar nicht erst gelesen, und wenn sie überhaupt gelesen wurden, wird der Autor mit mehr oder weniger Bausatz- Briefen abgespeist.
Andere Autoren, deren Arbeit weniger gut ist, werden gehypt, wenn sie gerade so richtig in den Main-Stream passt,der seinerseits wieder nicht zuletzt von den Verlagen bestimmt wird.
Nicht viel anders als in Musik-Branche, wo inzwischen youtube die Chance ist, sich dem Publikum bekannt zu machen, sind die e-Veröffentlichen, die ja nicht nur in amazonien üblich sind, eine Chance, sich selbst zu vermarkten. Mitunter erfolgreich, wie ich im Freundeskreis erlebte.
Ja, die Buchläden... Immer noch für mich magisch anziehend, obwohl es doch ziemlich bequem ist, daheim am PC oder mit Smartphone oder Kindle in Büchern und e-books zu stöbern statt reichlich Kilometer fahren zu müssen, den hanseatischen Raubrittern Parkgebühren satt zu gönnen - und am Ende doch bestellen zu müssen, weil abseits des Gängigen das Sortiment enger ist als in vor amazon-Zeiten. :mrgreen:
Doch auch die Buchläden sind inzwischen größtenteils fremdgesteuert, gehören zu großen Buchhandels-Ketten, die im Einklang mit den Verlagen das Lese-Bedürfnis der " Durchschnittsleser" sowohl bei Buch als bei e-book recht erfolgreich steuern.
Und vielleicht irgendwann dann auch das mit der "erwünschten" und unerwünschten" Fach-Literatur?
Horror.
Die Gefahr, dass in Zukunft der Riese amazon das gesamte Lese-Geschäft steuert, sehe ich durchaus. Ob die Gruppe um den Tolino gegensteuern kann und wird, darf und muss man leider auch fragen.
Es gibt durchaus Anlass, rechtzeitig und kritisch- besorgt nach der Zukunft zu fragen und inwieweit der Gigant amazon die Buchstabenwelt regieren könnte/ kann- und darf.
Blick auf die jüngere Generation und die, die noch lesen: "richtiges" Buch zum Schmökern ist bevorzugt, erstaunlicherweise.
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Orianne
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Ich bleibe beim gedruckten Buch, es ist für mich Kultur, und ich werde nicht auf so ein kindle wechseln, aber das soll jede(r) für sich selber entscheiden. Ich gehe immer noch gerne auf Flohmärkte, und schaue mir alte Bücher an, eigentlich werde ich jedes Mal fündig. Gedruckte Bücher werden nicht verschwinden, aber eventuell teurer werden.
Grant stood by me when I was crazy, and I stood by him when he was drunk, and now we stand by each other.

General William Tecumseh Sherman
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Lia

Orianne hat geschrieben:Ich bleibe beim gedruckten Buch, es ist für mich Kultur, und ich werde nicht auf so ein kindle wechseln,
Ich glaube, fast wortwörtlich steht in einem anderen Forum genauso dieser Satz- unter meinem dortigen Nick. :mrgreen:
Kindle st ja nicht die einzige Möglichkeit, gibt auch amazon- unabhängge Geräte.
Inzwischen bin ich bei sowohl-als auch. Zumal manches nur als e-book zu haben ist.
Habe gerade fröhlich eingekauft- gedruckte Bücher und e-books. :mrgreen:
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