Barbarossa hat geschrieben:Ich frage mich gerade, warum soll eigentlich nur der deutsche Nationalismus schlecht gewesen sein, der in allen anderen Ländern aber nicht? In allen anderen Ländern war er mindestens genauso stark ausgeprägt oder sogar noch stärker, als gerade in Deutschland, das über lange Strecken seiner Geschichte politisch zersplittert war.
Eine berechtigte Frage, deren Beantwortung eben nicht so einfach und undifferenziert sein kann.
Platt zu sagen, der deutsche Nationalismus sei
die Ursache für beide Weltkriege gewesen, ist zu simpel und blendet gleiche Strömungen in anderen Staaten als verzeihlich aus.
Ohne auch nur im Mindesten die Kriegsschuldfrage beim 2. WK anzutasten oder anderen als dem Nazi-Regime Schuld zuweisen zu wollen:
Genau die Töne wie in Nazi-Deutschland gab es auch in Polen, in der Tchechoslowakei, in Frankreich, In Dänemark, in Norwegen. So etwas wie den ersten staatlich gelenkten, nationalistischen Medienkrieg gab zwischen Polen und Deutschland vor dem Überfall auf Polen.
Beileibe keine Entschuldigung, sondern die sachliche Feststellung, dass Nationalismus nicht nur ein deutsches Phänomen war.
Im Nachhinein ist man immer klug, insofern ist es dann ein Leichtes, das deutsche Nationalbewusstsein per zu verdammen, den daraus entstehenden Nationalismus mit seinen bösen Folgen erst recht.
Der deutsche Nationalismus entstand sicherlich in der Selbstfindungsphase des neuen großen Deutschland, in dem alte Identitäten verloren gegangen waren und die neue "deutsche" gefunden werden musste.
Nationalismus ist oft auch- in der Masse gesehen, so etwas wie Angst, die Suche nach einer starken Gruppe,nach Abgrenzung.
Nach 1918 waren sicherlich viele dafür anfällig er denn je. Die Auswirkungen des Vertrags von Versailles waren überall spürbar, in ganz banalen Situationen. Insofern trafen die rechten Töne schon den richtigen Gehörnerv. Versailles war
eine unter vielen Ursachen für den aufflammenden Nationalismus, der in den Krieg führte.
Eine Häufung von (subjektiv wahrgenommenen) Ursachen führt unter bestimmten politischen Bedingungen zu Nationalismus und zu dem, was Marek beschreibt:
Doch die Untersuchung zeigt, dass Nationalismus fast immer janusköpfig ist, positive und negative Elemente sind stets gleichzeitig vorhanden und es hängt von der politischen Situation ab, welche die Oberhand gewinnen.
Das ist absolut korrekt- und trifft auf alle Staaten mit überbordendem Nationalismus zu, nicht nur auf Deutschland.
...Und führte dazu, dass sich das herrschende Bürgertum mit dem pöbelhaften Nationalismus verband und die Katastrophe von 1945 herbeiführte.
Wobei auch ursprünglich der eher links wählende "kleine Mann" zusehends dem Sog des Nationalismus- oder Nationalsozialismus erlag, der ihm beides versprach.
Da trafen viele, sehr viele Ursachen und Wirkungen aufeinander. Ob ohne Hitler und seine Partei, die von der Ungunst der Stunde profitierten, deutscher Nationalismus ebenso in einen Weltkrieg geführt hätte?