Reiseberichte

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Moderator: Barbarossa

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dieter
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Besuch von Österreich
Wir hatten eine Ferienwohnung im Haus Attila in Kirchberg bei Kitzbühel gemietet und machten uns nun daran, diese aufzusuchen. An diesem Samstag machten sich auch österreichische Kernkraftgegner daran, Wackersdorf zu besuchen. Sie wurden aber von den bayer. Grenzbehörden nicht nach Bayern gelassen. Als wir beim Grenzübergang Kiefersfelden ankamen wurden wir von den österr. Grenzbehörden gefilzt. Ich weiß bis heute noch nicht, was sie gesucht haben :?: Wir wurden gefragt wohin, wir antworteten: "Nach Kirchberg in Tirol". Nach der Kontrolle mußten wir auf der Autobahn nach Innsbruck einen künstlichen Stop einlegen, da die Kernkraftgegner die Autobahn gesperrt hatten. Keine österr. Polizei war sichtbar. :evil: :twisted: Im Haus Attila in Kirchberg angekommen standen wir vor einem verrammelten Flur. Mit Besen und Schrubber war der Treppenaufgang verrammelt worden. Nach einer halben Stunde bequemte sich die Chefin des Hauses zu erscheinen. Sie meinte, dass sie so früh mit uns nicht gerechnet hatte, wir entschuldigten uns dafür, dass wir beim Münchener Kreisel so gut durchgekommen waren. :wink: :mrgreen: (Vorsicht, Ironie) Sie zeigte uns dann unsere Wohnung.
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Mittelamerika – Teil II
Guatemala – Tikal, die alte Stadt der Maya


Als ich von Belize kommend die Grenze nach Guatemala überquerte, hatte ich kein sehr gutes Gefühl. Seit 1960 gab es in diesem Land Gefechte zwischen der Armee und der Guerilla. Der Bürgerkrieg würde erst 1996 offiziell enden und ungefähr 200.000 Menschen das Leben kosten. Schuld an dem Konflikt waren die katastrophalen Lebensumstände der meisten Bewohner und die krassen Gegensätze zwischen einer reichen Oberschicht und der Mehrheit der Bevölkerung. Die Kämpfe flauten aber von Zeit zu Zeit ab und sie fanden hauptsächlich im Hochland statt. Dort wollte ich aber gar nicht hin, denn leider tobten in diesen Gegenden seit einigen Monaten erneut heftige Kämpfe und hatten alle Touristen aus dem Land vertrieben. Mein Ziel war der Urwald, aber auch da wäre es nicht mehr sicher, sagte man mir.

Was soll’s. Eigentlich machten die 12 Millionen Einwohner sonst einen sehr netten und freundlichen Eindruck. 40% von ihnen sind Nachkommen der Maya, die anderen sind Europäer und Mestizen, doch die Gewalt war überall latent zu spüren.

Ich wollte jedenfalls in den Dschungel, der im Nordosten des Landes an der Atlantikküste liegt und ein Drittel von Guatemala ausmachte, der sogenannte Petén. Hier befand sich das alte Siedlungsgebiet der Maya und dort liegen auch die eindrucksvollsten Ruinen ihrer Kultur. Bis zum 9. Jahrhundert nach Christi lebten in diesem Gebiet mehrere Millionen Menschen, dann brach ihre Kultur aus noch immer nicht genau geklärten Ursachen zusammen. Die Überlebenden zogen nach Yukatan in Mexiko und dort blühte ihre Zivilisation noch einmal auf. Doch ihre alte Heimat in Guatemala blieb verlassen und wurde vom Regenwald überwuchert, es entstand der Petén, in dem 1980 nur noch knapp 100.000 Menschen lebten. Schon die Spanier fanden im 16. Jahrhundert lediglich Ruinen und einen leeren Wald vor.

Meine erste Station war Flores, die Hauptstadt des Petén. Sie liegt auf einer Insel in dem See Petén-Itza und ist ein verschlafener Ort von knapp 20.000 Einwohnern. Aber er besitzt eine interessante Vergangenheit. Bis 1697 existierte hier das letzte Königreich der Maya und die Spanier beschrieben dieses Fossil einer längst verflossenen Vergangenheit. Es war die letzte funktionierende Metropole dieser Kultur. Dann wurde auch sie zerstört und die Bewohner flüchteten in den Wald, wo sich ihre Spur verliert. Heute leben in Flores Europäer und Mischlinge.

Ich blieb in dem Ort einige Tage und ließ mir Stiefel für den Urwald anfertigen. Dann ging es in die Ruinenstadt Tikal, der wahrscheinlich eindrucksvollste Überrest der Maya.

Tikal ist nicht leicht zu erreichen. Die Stadt liegt im Regenwald und der Bus brauchte fast fünf Stunden dorthin auf einer schlechten Piste voller Schlaglöcher. Tikal ist ein riesiges, abgesperrtes Areal inmitten im Urwald und man muss am Eingangstor eine nicht unbeträchtliche Gebühr zahlen. Auf dem Gelände gab es ein Hotel, wo ich mir ein Zimmer nahm, denn ich wollte einige Tage bleiben. Ich war der einzige Gast, wegen der schlechten Nachrichten bezüglich der Sicherheitslage trauten sich keine Touristen hierher, doch die Lage blieb ruhig.

Die nächsten Tage durchstreifte ich dieses Gelände. Viele Bauwerke sind noch überwuchert und müssen erst freigelegt werden, doch es gibt trotzdem viel zu sehen. Tikal hatte seinerzeit vermutlich an die 200.000 Bewohner zusammen mit dem Umland und gehörte zu den mächtigsten Maya Städten, beherrscht von Gottkönigen und ihren Priestern.

Beeindruckend sind zwei mächtige Stufenpyramiden, die an den jeweiligen Enden eines großen Platzes stehen, auf dem früher zeremonielle Ballspiele stattfanden. Ich erstieg die höchste Pyramide, die Pyramide des großen Jaguars, 47 m hoch. Genau 100 Stufen führen auf die Plattform auf der Spitze, von wo man eine sehr gute Übersicht hatte. Der Aufstieg ist gar nicht so einfach, die Pyramide ist sehr steil und es gibt kein Geländer, an dem man sich festhalten kann.

Früher hielt man die Maya für ein friedliches, nettes Völkchen, doch die Funde der Archäologen enthüllten bald eine grausige Vergangenheit. Die Maya bekriegten sich offensichtlich ununterbrochen. Im 9. Jahrhundert hat vielleicht eine lange Trockenheit die wirtschaftliche Lage erheblich verschlechtert, es kam zu blutigen Kämpfen um die Ressourcen, die Gottkönige und die Priester wurden gestürzt, das Land zerfiel in Anarchie, die Überlebenden verließen den heutigen Petén.

Hier oben, auf der Pyramide des großen Jaguar, so las ich in einer Beschreibung, haben die Priester den Gefangenen das Herz bei lebendigem Leibe herausgeschnitten und die Körper dann die Pyramide heruntergerollt. Unten wurden die Opfer gehäutet und diese anschließend den Priestern übergeben. Die haben sich in die Menschenhaut eingewickelt und auf der Pyramide damit einen zeremoniellen Tanz aufgeführt. In der Endzeit entwickelten die Götter anscheinend einen gewaltigen Blutdurst, denn man fand Massengräber von Menschen, die auf zeremonielle Weise getötet worden waren, Frauen und Männer. Der Untergang konnte trotzdem nicht verhindert werden.

Auf dem Platz, auf den ich heruntersehen konnte, fanden die zeremoniellen Ballspiele statt. Der Ball durfte anscheinend nur mit dem Körper berührt werden, nicht mit Händen oder Füßen. Wie das Spiel genau ablief, ist nicht mehr sicher zu ermitteln. Ob es zwei Mannschaften gab, von denen dann die Verlierer anschließend hingerichtet wurden, gilt als wahrscheinlich, aber nicht als sicher. Anders als die Gladiatorenspiele in Rom waren es aber keine Massenspektakel, denn nur eine kleine, elitäre Schicht, wohl die Priester, sahen dabei zu.

Der einzige Tourist zu sein, hatte Vorteile, denn man konnte sich alles in Ruhe ansehen. Leider fing es immer wieder heftig an zu regnen und dämpfte das Vergnügen. Eigentlich sollte die Regenzeit im Januar ein Ende finden, doch leider hielt sich das Wetter nicht an diese Regel. Im Petén regnete es allerdings immer wieder einmal von Zeit zu Zeit. Wir waren schließlich in den Subtropen.

Ich plante nun, von Tikal aus den gesamten Petén zu durchqueren bis hin einem Fluss namens Rio Dulce. Ziel war die gleichnamige Stadt an seinem Ufer. Dort wollte ich ein Boot mieten und den Rio Dulce hochfahren bis zum Atlantik, einem Ort namens Livingston. Diese kleine Stadt war völlig untypisch für Guatemala, denn hier wohnten größtenteils Schwarzafrikaner, die sich mit den Kariben vermischt hatten, ein Menschenschlag mit einem schwierigen Idiom, einer Mischung aus Spanisch, Englisch und einer Reihe weiterer Sprachen.

Doch wie zu diesem Fluss kommen? Eine reguläre Verbindung gab es nicht. Aber eine Art Urwaldtaxi sollte mich dorthin bringen. Der Fahrer hatte noch einige weitere Passagiere dabei, die vorher aussteigen würden. Die Fahrt könnte aber bei dem Regen und der schlechten Straße vielleicht zwei Tage dauern. Tatsächlich sollten wir aber mit dem Taxi niemals bis zum Rio Dulce kommen, es würde vorher zusammenbrechen. Die restliche Strecke musste ich ganz alleine auf einem Pfad durch den Urwald laufen. Dafür würde ich mehrere Tage brauchen.

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dieter
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Lieber Karlheinz,
ich bin beeindruckt, Du hast außerordentlichen Mut bewiesen. :) Hätte ich mir nie getraut, egal ob mit der Familie oder allein. :wink:
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Mittelamerika – Teil III
Guatemala – Marsch durch die grüne Hölle


In Tikal nahm ich frühmorgens das Urwaldtaxi Richtung Rio Dulce. Unterwege stiegen immer wieder Passagiere ein und aus, die in den wenigen Siedlungen am Rande der Piste lebte. Zweimal wurden wir von Soldaten gestoppt und kontrolliert. Die Jungs in ihren grünen Uniformen und Cowboyhüten sahen aus wie Statisten aus einem Hollywoodfilm.

Schon gleich nach der Abfahrt regnete es wie aus Kübeln, die tropischen Regenfälle sind in etwa vergleichbar, als wenn man unter einer Dusche steht und die Brause voll aufdreht. Die Straße wurde immer schlechter und kaum passierbar. Nach Einbruch der Dunkelheit mussten wir die Fahrt unterbrechen und übernachteten in einer kleinen Ansiedlung, wo man eine Hütte für uns freiräumte und wir auf dem harten Boden schlafen konnten. Am nächsten Morgen ging es weiter, doch die Lage wurde hoffnungslos. Immer wieder blieb das Auto im Schlamm stecken und schließlich gab es seinen Geist auf. Achsenbruch, nichts zu machen. Inzwischen war ich der letzte Fahrgast und der Taxifahrer erklärte mir, dass die Reise zu Ende ist. Die letzten 20 km bis zum Rio Dulce müsste ich zu Fuß gehen. Die Straße war aber eine einzige Schlammwüste, in die man bis zum Knie einsackte, hier ging es nicht weiter. Der Fahrer meinte, es gebe einen Urwaldpfad, der sei begehbar und außerdem auch eine Abkürzung. Er führte mich dorthin und meinte, ich würde vielleicht zwei Tage brauchen. Großartig. Immerhin besaß ich einen Rucksack mit den nötigen Utensilien und genug Tortillas, diese ekligen Maisfladen. Zwischen hier und dem Fluss gebe es nichts mehr, ich sei auf mich alleine gestellt.

„Außer“, er grinste verschmitzt, „ Banditen, Guerillas, Soldaten, Paramilitärs. Keine Leute, die man allein und unbewaffnet im Urwald treffen sollte.“ Blödes Arschloch, danke für den Tipp.

Auf geht’s. Ohne Machete, nur mit einem Holzknüppel bewaffnet, kam ich durch das dichte Gehölz so gut wie nicht voran. Ich presste mich gegen die grüne Mauer, doch die Pflanzen ließen mich nur widerwillig passieren und rückten unwillig zur Seite, es war so, als würde man durch eine Wand aus klebriger Kaugummimasse gehen wollen, einer Wand, die einen Umfang von vielen Kilometern hatte.

Ich suchte mir die Stellen aus, an denen ich mit dem geringsten Widerstand rechnen konnte und nahm auch längere Umwege in Kauf. Mit vorgestreckten Armen, wie ein Brustschwimmer, drückte ich das dichte Blattwerk auseinander, um doch nur einen halben Meter weiter zu gelangen. Ich kam auf diese Weise überhaupt nicht voran und war doch vollkommen erschöpft und ausgelaugt. In diesem Schneckentempo konnte es noch ewig dauern bis zum Fluss.

Ich merkte erst jetzt, auf was für einen Unsinn ich mich eingelassen hatte. Dieser Dschungel hatte nichts Romantisches an sich, auf seinem Boden war es heiß und schwül, der Schweiß verklebte mein Haar, die salzige Flüssigkeit lief mir in die Augen und brachte sie zum Brennen, mein gesamter Körper schwitzte wie bei einem Saunabesuch. Die Luft stand auf dem Grund des Urwaldes, kein Windhauch brachte Kühlung, das dichte Blätterdach ließ nur wenige Sonnenstrahlen hindurch, so dass es überhaupt nicht richtig hell wurde, sondern ein eigenartiges Zwielicht herrschte. Der Pfad war oft nur noch zu erahnen.

Wassermangel bereitete mir keine Sorgen. Mehrmals am Tage entluden sich über dem Urwald gewaltige Unwetter. Auf dem Waldboden wurde es dann stockfinster und nur die zahlreichen Blitze tauchten die Bäume und Sträucher in ein gespenstisches Licht. Bei diesem sintflutartigen Regen, der von den Gipfeln bis zu dem Boden des Dschungels herunterströmte, brauchte ich nur den Mund zu öffnen, um ausreichend mit Flüssigkeit versorgt zu werden.

Nicht nur die schwüle Hitze und das undurchdringliche Pflanzengewirr machte mir zu schaffen, auch die zahllosen Insekten entwickelten sich zu einer Qual. Im Urwald war ein ständiges Dröhnen zu hören, denn riesige Schwärme von allen möglichen Insektenvölkern flogen unterhalb der Baumwipfel durch die Luft, eine permanente Geräuschkulisse, an die ich mich schlecht gewöhnen konnte. An den Baumstämmen krochen Legionen von Käfern, Ameisen und anderen Viechern eilig auf und ab, und auch auf dem Boden lebten unzählige verschiedene Arten, die dort einem geschäftigen Treiben nachgingen. An manchen Orten schien der Erdboden lebendig zu sein, er bewegte sich wie eine wabernde Masse infolge der zahllosen Insekten, die sich durch das Laub und die abgestorbenen Zweige hindurchwühlten. Um solche Stellen pflegte ich vorsichtshalber einen Umweg zu machen.

Schon fing es an, dunkel zu werden. Ich verfing mich in einer Baumwurzel und fiel der Länge nach zu Boden. Mein Knie tat höllisch weh, ebenso der rechte Arm, auf den ich versucht hatte, mich abzustützen. Es hatte keinen Sinn weiterzumachen. In dieser Dunkelheit stocherte ich herum wie mit einer Stange im Nebel. Ich kauerte mich neben einen Baum und rührte mich nicht mehr. Langsam ließen die Schmerzen nach, offensichtlich war nichts gebrochen.

Irgendwann musste es ja auch mal wieder Tag werden, doch die Zeit zog sich quälend in die Länge. Zu allem Unglück floss vom Baum in unregelmäßigen Abstanden immer wieder Wasser in meinen Kragen. Irgendwelche Tiere waren in mein Hemd gekrochen und machten es sich auf meinem Oberkörper gemütlich. Es wurde keine angenehme Nacht. Höchstens die Insekten erfreuten sich an meiner Gegenwart. Diese Freude war allerdings ganz auf ihrer Seite.

Langsam kroch ein widerliches, fahles Licht von den Baumspitzen auf den Urwaldboden. Der Morgen war da! Leider ein verregneter, trüber Morgen. So richtig hell wurde es auf diesem Waldboden eigentlich nicht. Aber was soll’s, ich musste weiter, trotz der Schmerzen in meinem Bein. Frühstück musste leider ausfallen. Dafür gab es was zu trinken, schönes Regenwasser, weich und angenehm durstlöschend. Es goss nämlich in Strömen.

Die Quälerei ging weiter. An einigen Stellen schien der Boden lebendig zu sein. Er bewegte sich auf und ab wie von Geisterhand, bis ich die Ursachen hierfür bemerkte. Massen von Waldameisen transportierten Blätter und winzige Zweige auf von ihnen angelegten Urwaldpfaden. Diese lebendigen Böden zwangen mich zu größeren Umwegen, mit den Biestern wollte ich lieber keinen Stress haben. Eine Art Libelle flog direkt auf mich zu, landete auf meinen Hals und der Kopf biss sich in mein Fleisch hinein. Vor Schmerz und Überraschung schrie ich auf, packte das Vieh und riss es aus der Wunde heraus. Ein Fehler, der Körper brach ab, aber der Kopf blieb stecken. Dem schien es überhaupt nichts auszumachen, dass er nun alleine war. Die Zähne aus Chitin fraßen munter weiter, als ob nichts geschehen wäre. Ich bekam das Biest nicht zu fassen, es steckte so tief in der Wunde, dass ich es nicht herausbekam. Außerdem bohrte es sich ständig tiefer ins Fleisch hinein. Es war zum Heulen, das verfluchte Ding wollte nicht sterben. Ausräuchern, ausbrennen, vielleicht half das. Ich hatte noch ein Feuerzeug bei mir, zündete die Gasflamme an und hielt sie an die Wunde. Es tat unglaublich weh, aber der Insektenkopf konnte das Feuer wohl nicht ertragen. Er starb. In den nächsten Stunden kratzte ich so nach und nach die Überreste von dem Libellenkopf heraus.

Den ganzen Tag stolperte ich durch den Wald, immer auf dem Pfad entlang, dabei wurde ich langsam am ganzen Körper von Insekten zerstochen. Einige von ihnen bohrten sich mit ihren Stacheln ohne Probleme durch meine Kleidung hindurch, unentwegt krabbelte etwas in meinem Gesicht herum, drang in die Nase und in die Ohren ein. Das Gedröhn riesiger Insektenschwärme in den Baumwipfeln hörte sich an wie die Musik von gewaltigen Orgeln.

Schon begann wieder die Dämmerung und diesmal baute ich mir wie die Gorillas ein Schlafnest, bestehend aus Blättern und Zweigen. Es war nicht besonders bequem, aber ich war so müde, ich schlief sofort ein. Ich wachte während der Nacht immer wieder auf, im Dschungel herrscht in der Nacht ein unglaublicher Krach, überall schreien irgendwelche Tiere, der Lärm war einfach eine Zumutung, aber trotzdem, am nächsten Morgen fühlte ich mich frisch und ausgeruht.

Der tägliche Regenguss verlor auch langsam seine Schrecken. Hier wurde überhaupt nichts mehr trocken, ich hatte schon seit langem keinen trockenen Faden mehr am Körper. Das Schuhwerk fing an zu vergammeln, ebenso meine Kleidung. Wenn es einmal nicht regnete, begann das Wasser sofort zu verdunsten und Dampfschwaden zogen durch den Wald. Mein Haar war ständig verklebt, von der Stirn lief dauernd Salzwasser in die Augen und sie begannen fürchterlich zu brennen. Die grüne Hölle machte ihren Namen alle Ehre, aber der Mensch ist bekanntlich ein Gewohnheitstier und gewöhnt sich selbst an solch widrigen Umstände.

Gegen Mittag erreichte ich bewachsene Hügel, die sich als alte Bauwerke entpuppten. Endlich wieder Zivilisation! Dann tat sich vor mir eine Lichtung auf und ich sah ihn endlich: den Rio Dulce! Ein mächtiger Strom, der vor mir glänzte. ich hatte es geschafft!

Aber plötzlich erklang hinter mir eine Stimme:

„Hola, Señor! Adónde va?“ Ich drehte mich um. Was ich sah, war nicht gut.
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dieter
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Kirchberg, Kitzbühel und Umgebung
Am nächsten Tag besuchten wir zuerst Kirchberg machten in einer Cefeteria halt, um dort zum Mittag zu essen, wurden auf englisch angesprochen und erklärten der Angestellten, dass sie mit uns ruhig deutsch sprechen können. Unser Sohn ist ein guter Tischtennisspieler vor einem Sporthotel war eine Tischtennisplatte aufgebaut mit Netz. Da unserer Sohn zwei Schläger und einen Ball dabei hatte, spielten wir eine Partie Tischtennis. Das Hotelpersonal bewunderte uns dabei. Als wir am nächsten Tag wieder spielen wollten, war das Netz weg. :roll: Wir wollten bei einem Getränkehändler Pils-Bier. gab uns ein paar Flaschen Bier, behauptete, dass es Pils wäre, stimmte aber nicht.
Am Abend sahen wir in einer Wirtschaft das Endspiel bei der Fußball Weltmeisterschaft zwischen Argentinien und Deutschland. Bei Toren, die Argentinien erzielte klatschte das österr. Publikum Beifall, bei einem deutschen Ausgleistor war Ruhe im Saal. Deutschland verlor das Spiel. Wir wurden ständig genötigt schneller Bier zu drinken, damit sie Umsatz machen konnten. Das konnte ich allein schon wegen unserem Sohn weiter nicht zulassen, weil noch Wimbelden kam, so dass wir uns ein Fernsehgerät mieteten, weil ein solches nicht in unserer Wohnung war.
Wir bestiegen einige über 1600 Meter hohe Berge der Umgebung, besuchten eine Hauswirtschaftsausstellung in Kitzbühel, machten uns Gedanken darüber, wo im Winter die Skirennen (Streif) stattfinden, fuhren auf eine Sommer-Rodelbahn und besuchten einen Tierpark mit vielen Hirschen.
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Barbarossa
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An einem Tag ging unsere Lehrerin mit unserer gesamten Klasse ins Kaufhaus GUM - das war eine große, mehrstöckige, überdachte Markthalle, wo es allerlei Dinge zu kaufen gab. Meine Mutter hatte sich eine Matroschka gewünscht, aber ich konnte keine finden. Die Zeit bei so einem Klassenausflug war auch begrenzt - da war ich ein wenig enttäuscht.
An einem anderen Tag gingen wir wieder in einem Klassenausflug in ein klassisches Konzert. Das war nun nicht so jedermanns Sache, aber es war durchaus ein akustisches Erlebnis.
Bei unseren Ausflügen - egal, ob auf eigene Faust oder mit der ganzen Kasse - fiel uns auf, dass keine Kinder oder Jugendlichen in unserem Alter auf den Straßen zu sehen waren und wir sollten auch noch erfahren, warum. Denn bei einem weiteren Klassenausflug besuchten wir einen Komsomol. Das war vergleichbar mit unserer Pionier- und Jugendorganisation, nur dass im sowjetischen Komsomol auch nach dem Schulunterricht eine Ganztagsbetreuung sichergestellt war. Sämtliche Freizeitaktivitäten - egal ob Sport, Kunst, o.a. - fanden im Komsomol statt. Das war ein gravierender Unterschied zu uns in der DDR, wo es eine Ganztagsbetreuung nach dem Unterricht nur von der 1. - 4. Klasse im Hort (bei Bedarf) gab. Ab der 5. Klasse mussten die Kinder nach Hause gehen und wenn beide Eltern arbeiten waren, mussten sie sich eben allein beschäftigen. Zwar gab es auch bei uns gelegentliche Pionier- bzw. FDJ-Nachmittage, aber eher selten. Weitere außerschulische Aktivitäten im Sportverein o.a. hatten privaten Charakter.
Das bedeutete, dass man nach der Schule sich meistens mit Freunden traf und draußen spielte oder später als Jugendlicher sich unterhielt und noch irgendwo hinging oder sonst etwas machte, wozu man Lust hatte - das alles fand offenbar in der Sowjetunion so nicht statt.
Das war schon auch eine Erfahrung, die wir mitnahmen und die einiges erklärte.

Heimreise:
Wie Eingangs bereits erwähnt, flogen wir mit einer Interflug-Maschine von Moskau zurück nach Berlin-Schönefeld. Bei der Landung spürte ich einen starken Druck in den Ohren, die sogar zu einem leichten Ohrenschmerz ausarteten. Aber der ging auch wieder weg. Allerdings hatte ich solch eine Erscheinung beim Hinflug nicht. Am Flughafen angekommen, wurde ich von meinen Eltern abgeholt und ich war sehr müde von der Reise und fühlte mich schlapp. Darum freute ich mich schon darauf, mich ins Auto setzen zu können, mich während der Rückfahrt auf dem Rücksitz lang machen zu können und vielleicht auch ein wenig die Augen zu schließen...
Aber - Schreck lass nach - was erzählten mir meine Eltern da? Sie sind nicht mit dem Auto, sondern mit der S-Bahn gekommen und mit der S-Bahn ging es nun zurück nach Mühlenbeck zu meiner Oma, wo wir zu Besuch waren und auch eine Schlafmöglichkeit hatten. Also nichts mit bequem zurückfahren und die Augen schließen - das alles musste auf nach der 1 1/2 Stunden S-Bahn-Fahrt verschoben werden. Aber auch das habe ich überlebt, denn sonst hätte ich das hier nicht schreiben können.
:D
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Mittelamerika – Teil IV und Ende
Guatemala – Unheimliche Begegnung im Urwald


Aus dem Waldrand traten eine ganze Reihe bewaffneter Männer hervor, ungefähr ein Dutzend, die nicht unbedingt einen vertrauenswürdigen Eindruck machten. Sie trugen alle Sombreros auf dem Kopf, einige Gesichter waren voller Bartstoppel, die Hemden und Hosen machten einen zerschlissenen Eindruck, alle hatten Gummistiefel an. Die Gewehre schienen uralte Modelle zu sein, aber schießen konnte man damit auch. Außerdem besaßen sie auch noch alle Macheten.

Was waren das für Leute? Die Guerilla? Banditen? Paramilitärs? Es handelte sich nicht um Indios, sondern um Nachkommen von Europäern und Mestizen, also Vorsicht.

Ihr Anführer kam zu mir hin und fragte:

„Hola, Señor! Cómo está? De qué nacionalidad? Estados Unidos?”

“No, no, soy alemán!” beeilte ich mich zu sagen.

Um Gottes willen, ich bin doch kein Gringo.

„Adónde va?“ Wohin ich wollte? Nun, zum Fluss, aber den hatte ich ja nun erreicht. Hier in der Nähe sollte es aber einen gleichnamigen Ort geben. Ich antwortete ihm:

„A Rio Dulce, la ciudad. Es muy lejos de aqui?“

„No, no es muy lejos. Solamente dos kilómetros de aqui.”


Nur noch zwei Kilometer. Ein Glück. Ich verteilte erst einmal an alle Zigaretten. So etwas beruhigt und macht gute Stimmung.

Dann erzählten sie mir ihre Geschichte. Sie seien Waldarbeiter, doch der Unternehmer hätte sie um ihren letzten Lohn betrogen. Deshalb seien sie jetzt auf dem Weg nach Norden zu ihm, um die Sache zu klären. Das hörte sich nicht gut an. Ich wußte, das man in diesem Land solche Dinge mit der Waffe klärte. Aber ich wollte nichts damit zu tun haben, diese Auseinandersetzungen gingen mich nichts an.

Nach einer ganzen Weile verabschiedeten sie sich von mir. Diese Begegnung war ja noch einmal glimpflich verlaufen. Sie zeigten mir den Urwaldpfad nach Rio Dulce, der in der Nähe vom Fluss verlief und in den Nachmittagsstunden erreichte ich dieses damals verlauste Urwaldkaff (soll jetzt besser sein).

Ich fand nur ein abgewracktes Hotel, in dem ich unterkam, was aber lediglich 3 Quetzal kostete. Der Quetzal ist an den Dollar gekoppelt. Ein Quetzal ist ein Dollar. Man kann in Guatemala auch überall mit Dollar bezahlen.

Das Zimmer war völlig verschimmelt, die Dusche funktionierte nicht, aus den Hähnen kam kein Wasser, das Bett war nur eine harte Pritsche. Was soll’s. Verglichen mit dem Urwald war das immer noch gut, doch ich hätte mich eigentlich gerne gewaschen.

In dem Ort hielten sich zahlreiche Soldaten auf, die meisten waren ziemlich betrunken. Sie sollten die Guerilla bekämpfen, die hier angeblich irgendwo operieren sollte.

Als ich zu Bett gehen wollte, bekam ich noch unangenehmen Besuch von dem Kommandanten dieser Soldateska. Auch er hatte reichlich einen im Tee, vermutlich von diesem Fusel, der überall in Guatemala gesoffen wurde. Der Mann hielt sich für unglaublich wichtig und wollte zunächst meinen Pass sehen. Dabei nahm er sich viel Zeit und es dauerte lange, bis er endlich den Eingangsstempel von Guatemala gefunden hatte. Dann wollte er wissen, ob ich im Urwald Guerilla getroffen hätte. Blöde Frage, dann wäre ich vermutlich kaum hier. Ich berichtete ihm nur von den Waldarbeitern. Darüber wollte er mehr wissen, was sie für Waffen hätten usw. Ich konnte ihm nur wenig sagen, was ihn offensichtlich ärgerte. Er beschimpfte mich fortwährend als „Burro, burro“, was bedeutet soviel wie „Esel“. Schließlich verschwand er endlich wütend aus meinem Zimmer. Ich war erleichtert. Diese Militärs waren oft unangenehme Zeitgenossen.

Am nächsten Morgen wollte ich endlich weg aus diesem Kaff. Am Flussufer fand ich einen jungen Burschen mit einem Boot und fragte ihn, ob er mich nach Livingstone mitnehmen könnte. Für 12 Quetzal war er dafür bereit. Livingstone war laut Reiseführer eine „funky town“ wegen der englischsprachigen Afrikaner, die dort lebten. Die seien, anders als die lahmarschigen Gualmateken immer gut drauf, hören karibische Rhythmen, rauchen Ganja (Mariuahana), und seien höchst temperamentvoll, ein Stück Afrika in Mittelamerika. Also los, ab nach Livingstone. Es regnete wieder in Strömen, aber egal.


ehemaliger Autor K.

Reise nach China, Teil I
Die Zeit in Peking


Im Jahre 1986 kam ich zum ersten Mal aus geschäftlichen Gründen nach China, da ich in Peking auf einer Messe für unsere Firma den Stand betreuen musste. Anschließend hatte ich mir für mehrere Wochen Urlaub genommen. In dieser Zeit wollte ich durch China reisen, mir verschiedene Orte ansehen und schließlich von Hongkong zurück nach Deutschland fliegen.

Über Peking hatte Dieter bereits geschrieben. Ich fand die Stadt furchtbar hässlich, eigentlich handelte es sich um eine gigantische Plattenbausiedlung mit einigen, wenigen Kostbarkeiten aus alten Zeiten. Nach 1949 hatten die Kommunisten damit begonnen, die alte Stadt fast völlig abzureißen und durch eine öde Einheitsarchitektur zu ersetzen. Dieser Modernisierungswahn ist aber keine keine kommunistische Eigenart, auch im kapitalistischen Singapur hatte die Regierung fast die gesamte Altstadt plattgewalzt und die Menschen in riesige Wohnsilos an den Stadtrand verfrachtet. Was unter tropischer Sonne noch ganz gefällig aussah, hier in Peking war dies etwas anders und viele Neubauten zeigten schon wieder Verfallserscheinungen. Hier herrscht Kontinentalklima, im Sommer wird es brütend heiß, im Winter sibirisch kalt. Temperaturen von minus zehn bis minus zwanzig Grad sind keine Seltenheit, der Frost nagt an der Bausubstanz.

Es gab aber auch noch Reste der Altstadt mit den Hutongs zu sehen, einstöckige Wohnhäuser, die wie kleine Pagoden
aussehen, der klassische Baustil in China. Doch das Leben ist hier nicht einfach. Die Menschen kochen und heizen mit Kohle oder Holz und im Winter liegt die Stadt unter einer Wolke aus Qualm, verursacht durch den Hausbrand zahlreicher Feuerstellen. Umweltverschmutzung gibt es hier seit Jahrhunderten. Auch die sanitären Verhältnisse in der Altstadt lassen zu Wünschen übrig. Viele Chinesen empfinden deshalb den Umzug in die Plattenbauten als sozialen Aufstieg. Hutongs sind nur schön für die Touristen, deshalb hat man auch heute noch einige stehen lassen.

Auf meiner Ankunft lernte ich noch den alten Flughafen von Peking kennen, ein kleines, heruntergekommenes Bauwerk ohne jeglichen Komfort für die Passagiere. Ich wunderte mich darüber, dass ein so großes Land wie China einen so winzigen Altbau als Hauptflughafen benutzt, aber das hat sich inzwischen erheblich geändert. Am Flughafen gab es keine Busse, man musste ein Taxi nehmen und fuhr anschließend auf einer wunderschönen, verträumten Landstraße von ca. 50 km Länge, die zu beiden Seiten von Bäumen bestanden war, in die Stadt. Verkehr gab es so gut wie keinen, es erinnerte mich an eine Landparty. In Peking selbst dominierten noch die Radfahrer, riesige Scharen von Fahrradfahrern, die gelegentlich klingelten, aber es war in der Stadt ansonsten himmlisch ruhig.

Die Firma hatte für mich ein Luxushotel bezahlt, das ich dann allerdings nach Ablauf der Messe räumte und ich zog dann in ein kleineres, aber ziemlich schlechtes Hotel, das noch von den Sowjets erbaut worden war. Die Zimmer besaßen keinerlei Komfort, besaßen aber immerhin ein Bad mit Dusche, es gab aber nur kaltes Wasser. Auf jeder Etage saß eine Bedienstete und beobachtete ohne Unterlass den Flur. Einen Sinn darin konnte ich nicht erkennen.

Das Hotel kostete ungefähr 30,- Euro, wer heute in Peking wohnen will, muss mit mindestens 50,- Euro rechnen. Da es etwas außerhalb lag, fuhr ich morgens mit dem Bus in die Stadt, was ein Kapitel für sich ist. Die Stadtbusse waren alte, osteuropäische Modelle und die Chinesen benehmen sich höchst undiszipliniert. Sie wollen immer alle gleichzeitig einsteigen, mit dem Ergebnis, das zunächst überhaupt niemand hineinkommt, denn es bildet sich sofort an der Tür ein Menschenknäuel, alle schieben, stoßen, drücken, ich hatte anschließend immer blaue Flecken.Selten so viel Rücksichtslosigkeit erlebt. Im Bus verkauften Schaffnerrinnen die Fahrkarten zu einem Einheitspreis von umgerechnet ca. 5 Cent. Es ist völlig egal, wie weit man fährt, alles kostet gleich. Die Schaffnerinnen ermahnen die Fahrgäste, sich anständig zu benehmen, sie sollen beispielsweise nicht auf den Boden spucken, eine chinesische Unart.

Neben dem Hotel gab es eine staatliche Volksküche. Hier konnten die Bewohner des Viertels preiswert essen und erhielten eine Suppe, ein Hauptgericht und ein Nachtisch, es gab aber immer nur ein Gericht am Tag, keine Auswahlmöglichkeit. Inzwischen wurden die Volksküchen weitgehend von Privatbetrieben verdrängt. Das Essen machte auf mich keinen appetitlichen Eindruck. Die Gäste schnäuzten und spuckten zudem auf den Boden, das verleidete mir den Appetit.

Das Land befand sich damals im Umbruch. Der Staat duldete jetzt kleine Privatbetriebe und überall machten Imbissbuden auf. Die boten meistens 5-6 Gerichte an, Reis, Nudeln, Suppen, Hähnchen, Schweinefleisch. Sie waren teurer als die Volksküchen, hatten aber mehr Auswahl und besseren Service. Auf Schiefertafeln hatten sie die Gerichte und ihre Preise aufgeschrieben, aber ich konnte natürlich kein Wort chinesisch, weder lesen noch sprechen. Ich zeigte deshalb auf die Kochtöpfe und gab so die Bestellung auf. Betrieben wurden die Imbisstuben fast nur von Frauen und ihren Kindern, Männer konnte ich nicht erblicken. Laut rufend boten sie ihre Waren an.

Ich fand ihr Essen grauenhaft. Das Fleisch war fettig, der Reis klebrig und verkocht, die Suppen bestanden hauptsächlich aus Wasser mit wenig Gemüse. Überhaupt war das chinesische Essen im im Lande entsetzlich und hatte wenig mit dem zu tun, was wir hier in den chinesischen Lokalen bekommen. Nun gibt es in China viele verschiedene Küchen und wir kennen bei uns fast nur die südchinesische, bzw. die kantonesische Küche. In Kanton wurde das Essen dann auch wesentlich besser und vielseitiger, sonst fand ich es öde und kaum genießbar. Gut essen konnte man nur in den Luxushotels und dort ging ich dann auch nach Möglichkeit hin.

Der Tee hingegen schmeckte überall recht gut, es gab nur grünen Tee ohne Zucker oder andere Zutaten. Reiswein konnte man trinken, schmeckte gut und ist recht populär.

Die Deutschen haben zudem in das Reich der Mitte 1903 das Bier eingeführt und zwar in Tsingtao, der Hauptstadt der früheren Schutzprovinz Kiautschou, heute Schantung bzw. Shandong, etwa 600 km südlich von Peking. Die Germania-Brauerei eröffnete damals ihren Betrieb und man kann die Flaschen überall noch heute in China kaufen und bekommt sie bei uns in den Chinalokalen als angeblich chinesisches, in Wirklichkeit aber deutsches Bier serviert. Eine Flasche kostete 2,5 Yuan, für Chinesen ein recht staatlicher Preis, verdiente ein Facharbeiter doch gerade mal zwischen 50-60 Yuan im Monat. (Heute ist der Wechselkurs 1 Euro = 8,4 Yuan). Doch müssen sie auch nicht soviel saufen, denn der Hälfte der chinesischen Bevölkerung fehlen die Enzyme für den raschen Abbau von Alkohol und so sind sie schon nach einer Flasche betrunken.

(Fortsetzung folgt).
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Innsbruck, einige Kleinlichkeiten und Abfahrt nach Hause
Wir besuchten von Kirchberg aus Innsbruck, dort besuchten wir das Goldene Dachel, das Museum zu den Olympischen Spielen in Innsbruck und die Sportanlagen mit Sprungchance soweit sie im Bereich der Stadt lagen. Kehrten in einem Cafè ein und machten uns auf den Rückweg nach Kirchberg. Wir besuchten am Abend zusammen eine Tiroler Volkstanzgruppe, Einheimische, setzten sich einfach an unseren Tisch ohne Eintritt, die wir gezahlt hatten und nahmen uns die Sicht weg.
Ich wollte Briefmarken bei der Post für Sammlerzwecke kaufen, was mir in allen bisherigen Ländern gelungen war, nur dort nicht gelungen ist. Ich sollte in einem Briefmarkengeschäft diese Briefmarken kaufen. Ich teilte ihnen mit, dass das aber keine Neuerscheinungen sind. Darauf gingen sie aber nicht ein.
Meine liebe Frau wollte einige Wäschestücke von uns waschen, dass wurde ihr untersagt. Abends wollte unser Sohn duschen, das wurde ebenfalls untersagt, weil die Wasserleitung nicht mehr dicht war. :evil: :twisted:
Mein Fazit: Eine unfreundlichere Bevölkerung als hier in Tirol habe ich bisher noch nicht erlebt. Anscheinend verdienen sie soviel im Fremdenverkehr, dass es auf einen Fremden mehr oder weniger bei ihnen nicht ankommt. :evil: :twisted:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Barbarossa
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Conzaliss hat geschrieben:Lieber Barbarossa,

der Druck auf den Ohren, den du bei der Landung verspürt hast, geht auf das Angleichen zurück. In Reiseflughöhe hat die Kabine in etwa einen Druck wie er in 2000 m Höhe herrscht. Der Unterschied bei Hin- und Rückflug liegt wahrscheinlich an der Regulierung durch den Flugingenieur...
Aha, ok, danke für die Info.
Aber vielleicht ist der Landeanflug in Moskau ja auch länger als in Berlin-Schönefeld und damit auch die "Gewöhnzeiten" unterschiedlich.
:wink:
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Reise nach China, Teil II
Peking – Der Himmel heller als Azur

1986

Peking war trotz der niedrigen Preise kein Einkaufsparadies. Das Warenangebot war vergleichsweise bescheiden. In der Nähe meines Hotels besuchte ich eine Art Kaufhaus, eigentlich nur eine größere Halle, in der es mehrere Tische gab, die vollbepackt waren mit allem möglichen Kram. Kleidung, Haushaltsartikel, Konservendosen, alles lag durcheinander ohne Systematik. Die Käufer wühlten in diesen Haufen solange herum, bis sie etwas Brauchbares fanden. Eine Auswahl gab es nicht, man musste nehmen, was sich bot. Etwas Spezielles zu finden war nicht möglich, da die Waren nicht sortiert wurden. Was neu hereinkam, wurde unsortiert auf die Tische gepackt. Wer etwas Gutes benötigte, musste die sogenannten Freundschaftsläden aufsuchen, die recht ordentlich sortiert waren. Hier gab es aber Waren nur gegen Devisen, ähnlich wie in den Intershops der früheren DDR.

Eines Abends traf ich mich mit einem Geschäftsfreund, der schon längere Zeit in China lebte, in einer Hotelbar. Ich sprach mit ihm über meine schlechten Erfahrungen mit chinesischen Arbeitskräften. Auf der Messe hatte man uns eine größere Gruppe von ihnen zugeteilt, aber diese Leute kamen und gingen wie sie wollten, schwatzten unaufhörlich, tranken Tee und aßen ständig etwas. Ihr Output war gleich null, wichtige Arbeiten ließen sie einfach liegen.


„Ja“, meinte er zu mir. „Das ist typisch für dieses Land, die Arbeitsmoral ist gleich null. Die staatlichen Betriebe arbeiten im Leerlauf, die Leute machen fast nichts. Sie kriegen ihr Gehalt so oder so, auch wenn sie gar nicht kommen, was häufig passiert. Die Regierung weiß, dass das so nicht weitergehen kann, deshalb ja diese Reformen in Richtung Marktwirtschaft und Selbstverantwortung. In der Landwirtschaft klappt das schon ganz gut. Die Enteignungen in den fünfziger Jahren wurden rückgängig gemacht, die Bauern erhielten ihr Stück Land zurück, auch wenn der Staat offiziell weiterhin der Besitzer ist und die Bauern nur Pächter sind. Die Produktion ist seitdem drastisch gestiegen und 1984 konnte sich das Land erstmalig selbst ernähren und benötigte keine Importe. Doch in den anderen Bereichen ist es mit der Privatisierung nicht so einfach.“

Ich antwortete: „Man muss den Leuten Anreize geben, aber höherer Lohn allein wird nicht ausreichen ohne besseres Warenangebot. Was hier in den Kaufhäusern angeboten wird ist Ausschuss, dafür lohnt es sich nicht, mehr zu arbeiten.“ Inzwischen gibt es in China fast alles zu kaufen, Warenmangel war gestern.

Natürlich absolvierte ich das touristische Pflichtprogramm, den Himmels-Tempel, den Sommerpalast der Kaiser außerhalb der Stadt, die Marco-Polo-Brücke und natürlich das Highlight, den Tian’anmen-Platz, den Platz des himmlischen Friedens, und die angrenzende „Verbotene Stadt“. Auf dem größten Platz der Welt hatte einst Mao 1949 die Volksrepublik ausgerufen und hier fanden die riesigen Paraden am Ende der Großen Proletarischen Kulturrevolution statt.

Doch das revolutionäre Pathos war verflogen. Noch wenige Monate vor meiner Ankunft hatten an den Seitenrändern des Platzes riesige Plakate mit den Porträts von Marx, Engels, Lenin und Stalin gestanden, doch die hatte man inzwischen abmontiert. Auch die Dauerbeschallung mit revolutionärer Kampfmusik wurde eingestellt, selbst wenn die Lautsprecher noch überall zu sehen waren. Hier ertönte auch einst das schöne Lied, welches ich früher ganz hübsch und melodisch fand:

„Der Himmel des neuen China ist heller als Azur.
Das Volk des neuen China ist voller Freude und Glück.
Die Sonne des neuen China soll niemals untergehen,
das Lied des neuen China nie und nimmer verstummen!“


Jetzt war es doch verstummt, die Lautsprecher hatten sie abgestellt, die Sonne des neuen China, Mao, war tot und lag einbalsamiert und aufgebahrt an der Seite des Platzes in einem Mausoleum. Ich sah mir die Leiche an, ein alter Mann, ausgestopft wie ein Fossil aus der Frühzeit der Menschheit.

Auf dem Tian’anmen-Platz vollzogen sich früher die grotesken kommunistischen Rituale. Mit Spruchbändern und Trompetenschall brachten die Bürger ihre Steuern zu den Büros der Finanzämter, lieferten die Bauern symbolisch ihre Produkte dem Staat zu Niedrigstpreisen ab. Unter Gesang von Volksliedern baten die Arbeiter um Erlaubnis für vergütungsfreie Überstunden. Kapitalisten und Hauseigentümer erklärten öffentlich, dass es ihnen eine Ehre ist, ihren gesamten Besitz dem „Volk“ zu schenken. Kinder beschuldigten ihre reaktionären Eltern, Frauen spuckten ihrem konterrevolutionären Mann ins Gesicht, Lehrer wurden von ihren Schülern als Imperialisten und Anhänger des Feudalsystems attackiert.

Diese abstoßenden Szenen sind nur vor dem Hintergrund der Vergangenheit erklärbar. In den Familien herrschte einst eine patriarchalische Unterdrückung, Frauen waren meist gegen ihren Willen verheiratet worden und litten unter tyrannischen Ehemännern, Lehrer und Unternehmer spielten sich als Despoten in ihrem kleinen Bereich auf. Hier hatte sich ein ungeheurer Hass angesammelt, der sich nun entlud.

Öffentliche Demütigungen und Selbstbezichtigungen von Angeklagten sind keine kommunistische Erfindung, sie sind in China seit Jahrtausenden üblich und gängige Praxis.

Aber diese Zeiten waren vorbei, die Revolution ist nicht mehr zeitgemäß. Als 1989 die Studenten auf diesem Platz die amerikanische Freiheitsstatue nachbauten, wurde deutlich, dass die Intelligenz, die in China traditionell dem Marxismus anhing, inzwischen neue Ideale verfolgte, doch die Reaktion des Staates war die gleiche geblieben. Auch die Kommunisten kannten, wie früher die Kaiser und die Republikaner, nur ein Mittel: Die Gewalt der Soldaten. Hatte doch Mao einst gesagt: Die Macht kommt aus den Mündungen der Gewehrläufe. Die Studenten hatten keine Gewehre.

Man betritt die verbotene Stad, den Kaiserpalast, durch das Tian’anmen-Tor (Himmelstor), muss anschließend noch weitere Tore durchqueren und erreicht dann die Halle der höchsten Harmonie. Es folgt die Halle der vollkommenen Harmonie und dann die Halle der erhaltenen Harmonie. Woher dieses Streben nach Harmonie herrührt und wo der Zusammenhang mit dem politischen und philosophischen System in China zu sehen ist, werde ich später erläutern.
Daneben gibt es noch zahlreiche weitere Bauwerke in diesem gigantischen Komplex, der zwischen 1406 und 1420 unter der Ming Dynastie errichtet wurde. Die gewaltigen Dimensionen erschlagen den Besucher förmlich, so etwas hatte ich auch noch nicht gesehen. Wer nicht selber dort hinfahren kann, bekommt einen guten Eindruck dieser Anlage vermittelt durch den Film von Bertolucci „Der letzte Kaiser“, die Biographie des letzten Monarchen Pu Yi, der in seinen späten Lebensjahren in den Palastanlagen als Gärtner tätig war.

Die verbotene, auf einem quadratischen Grundriss angelegte Stadt, galt den Chinesen als Zentrum der Welt und sollte den Aufbau des Universums widerspiegeln. Sie ist an drei Seiten von einem Wassergraben umgeben und der Zuritt war dem Normalbürger einst streng untersagt.


(Fortsetzung folgt)
ehemaliger Autor K.

Barbarossa hat geschrieben:
Conzaliss hat geschrieben:Lieber Barbarossa,

der Druck auf den Ohren, den du bei der Landung verspürt hast, geht auf das Angleichen zurück. In Reiseflughöhe hat die Kabine in etwa einen Druck wie er in 2000 m Höhe herrscht. Der Unterschied bei Hin- und Rückflug liegt wahrscheinlich an der Regulierung durch den Flugingenieur...
Aha, ok, danke für die Info.
Aber vielleicht ist der Landeanflug in Moskau ja auch länger als in Berlin-Schönefeld und damit auch die "Gewöhnzeiten" unterschiedlich.
:wink:
Das ist ein Problem, das viele Fluggäste haben.
Schuld daran ist die sogenannte Eustachische Röhre, eine Verbindung zwischen dem Mittelohr und dem Nasenrachen, die für Druckausgleich sorgen soll.

Wenn die Eustachische Röhre die nun notwendige aktive Öffnung nicht schnell genug erzeugen kann, entsteht im Mittelohr so ein hoher, relativer Unterdruck. Dadurch wird das Trommelfell in Richtung des Mittelohres gedrückt. Das führt zu Ohrenschmerzen, im Extremfall zu Blutungen. Der Arzt bezeichnet dies als Barotrauma.

Die wichtigste Technik, um einen Druckausgleich zu ermöglichen, ist die sogenannte Valsalva-Methode: Man hält sich die Nase zu und presst die Luft kräftig bei geschlossenem Mund in den Rachenhinterraum. Dadurch wird die Eustachische Röhre geöffnet und ein Druckausgleich ermöglicht.

Was gut hilft: Ich kaue immer Kaugummi oder schlucke. Manche nehmen auch Nasenspray. Besonders schmerzhaft ist es bei Erkältungen, weil dann der Druckausgleich nicht richtig funktioniert.
Aneri

Karlheinz hat geschrieben:Das ist ein Problem, das viele Fluggäste haben.
Nicht nur Fluggäste. Ich spüre es auch beim schnellen Fahrstuhl oder Autofahren bergab. Beim Flug hatte ich früher solche Schmerzen, dass Tränen ausbrach. Für mich sichere Methode ist kräftig schlucken und gähnen. Erst gar nicht dazu bringen, dass Trommelfell gedruckt wird.
ehemaliger Autor K.

Reise nach China, Teil III
Große Mauer und ab in den Süden


Selbstverständlich folgte noch ein Ausflug zu der Großen Mauer, die 75 km von Peking entfernt liegt und zu den Ming-Gräbern, die sich gewissermaßen auf dem Weg befinden, ca. 40 km von Peking. Ich nahm an einer der vielen Tagestouren teil, die von staatlichen Unternehmen organisiert wurden.

Die Gräber von 13 der insgesamt 16 Ming-Kaiser liegen in einem Tal, welches nur einen Zugang hat. Man gelangt über die sogenannte „Heilige Straße“ zu den einzelnen Gräbern und betritt den Weg durch ein großes Tor aus Marmor. Es folgen weitere aus Holz und zum Schluss gelangt der Besucher zu dem Roten Tor. Jetzt betritt man den „Weg der Seelen“, an dessen Rand links und rechts 24 Statuen von mannshohen mystischen Tieren, Generälen und Beamten stehen, recht eindrucksvoll.

Besuchen konnte man die Gräber von Kaiser Yongle (1360-1424), dem Erbauer der verbotenen Stadt und wichtigsten Ming-Herrscher, sowie von Kaiser Wanli (1563-1620), der 48 Jahre regierte und unter dem China eine Blütezeit erlebte. Die Gräber sahen aus wie Festungen.

Nun weiter zur Mauer, dem längsten Bauwerk der Welt. Die Chinesen hatten in den vergangenen Jahrhunderten sich nicht weiter um sie gekümmert und verfallen lassen. Erst als man bemerkte, dass sich die Ausländer dafür interessierten, wurden Teilstrecken restauriert.

Der wieder hergestellte Abschnitt, den man von Peking aus besuchen kann, ist etwa 9 m hoch und über eine Treppe konnte man ihn besteigen. Die Krone ist ca. 7 – 8 m breit, jedenfalls ist es möglich, auf ihr gemütlich zu spazieren. Alle paar 100 m weit gibt es einen Wachturm. Leider war das Wetter nicht besonders gut, aber es war deutlich zu erkennen, wie sich die Mauer, die auf den Spitzen der Hügel verläuft, sich auf ihnen entlang schlängelte und dann in der Ferne im Dunst verschwand. Viele der Besucher waren Chinesen, die auch mich ständig mit der Mauer als Hintergrund fotografieren wollten. Ein wirklich riesiges, absolut sehenswürdiges Bauwerk.

Anders als früher behauptet wurde, ist das größte Werk der Menschheit nicht vom Weltall aus sichtbar. Weder Astronauten noch Satelliten konnten sie entdecken, auch der erste chinesische Raumfahrer Yang Liwei suchte sie 2003 vergeblich. Doch 2005 gelang es, sie auf einer Fotografie zu finden, die 2005 von der ISS gemacht worden war, wenn auch mit einem 180 mm Teleobjektiv. Es handelte sich um einen reinen Zufall, die Mauer war noch schneebedeckt, während dieser im Umland schon geschmolzen war. So konnte man das Bauwerk durch den Farbkontrast kurzfristig als dünnes, schmales Band ausmachen. Doch mit bloßem Auge ist sie auch von der ISS nicht zu sehen.

Die ersten Mauerabschnitte wurden bereits um 700 v. Chr. errichtet, dann ließ der erste Kaiser Shi Huang Di (221-210 v. Chr.) sie systematisch zu einem Festungswerk ausbauen. Spätere Dynastien, vor allem die Ming, setzten das Werk dann fort. Unter dem berüchtigten Kaiser Shi Huang Di sollen ungefähr 200.000 Menschen mit dem Bau beschäftigt gewesen sein, ein beträchtlicher Teil ist dabei vermutlich ums Leben gekommen. Der gefürchtete Kaiser hat auch bei anderen seiner Großprojekte Ströme von Menschenblut vergossen.

China hatte immer sehr viele Arbeitskräfte und brutale Herrscher gehabt, die das ausnutzten. Ein Sprichwort lautet: Land gibt es nur wenig, aber Menschen gibt es sehr viele. Kaiserliche Beamte erklärten früher den Europäern ihre sozialdarwinistischen Vorstellungen: In China gäbe es viel zu viele Menschen, deshalb sei es gut, das von Zeit zu Zeit ein Teil von ihnen verhungert, damit die anderen mehr Land und mehr zu essen haben. Weder Kaiser noch Nationalisten noch Kommunisten nahmen Rücksicht auf Menschenleben. Auch wenn es sonst nichts gab, Menschen hatte man immer genug und nach Auffassung der Regierenden auch viel zu viele. Die Überbevölkerung ist ein zentrales Problem in diesem Land.

Schließlich hatte ich von Peking genug gesehen und wollte ab in den Süden, Richtung Shanghai und zwar mit der Eisenbahn. Nun ist es gar nicht so einfach, in China eine Fahrkarte zu kaufen. Sinnvollerweise werden sie in vielen Städten nicht am Bahnhof, sondern in Büros verkauft, die weit in der ganzen Stadt verstreut liegen. Für die verschiedenen Landesteile sind zudem unterschiedliche Büros zuständig. Das man muss man wissen, um nicht lange Wege umsonst zurückzulegen.

In Peking konnte man die Karten glücklicherweise aber am Bahnhof bekommen. Vor jedem Schalter warteten riesige Menschenschlangen, die Beschriftung war nur auf Chinesisch, ich hatte keine Ahnung, wo ich mich anstellen sollte.
Doch die Kommunisten hatten vor kurzem Abhilfe geschaffen und einen Schalter speziell für Ausländer eröffnet, dem Reformkurs sei Dank.

Die chinesische Eisenbahn ist nicht etwa klassenlos, soweit treibt man es nun nicht mit dem Kommunismus, sondern sie kennt sogar vier unterschiedliche Klassen:

Hardseater (HS); nur harte Sitze
Softseater (SS); weiche Sitze
Hardsleeper (HSL); Hartbetten
Softsleeper (SSL); Weichbetten

An Ausländer verkauften sie nur Softsleeper (SSL), die Weichbetten, also die teuerste Klasse, die jedoch immer noch preiswert war, jedenfalls für Ausländer mit Devisen und günstigem Wechselkurs. Man erhielt eine Fahrkarte für einen Platz in einem recht großzügigen, um nicht zu sagen, luxuriös ausgestatteten Abteil für insgesamt 4 Personen. Die Strecke Peking – Shanghai ist 1.462 km lang und sollte über Wuhan, wo ich umsteigen musste, 1 ½ Tage dauern.
Also, auf geht’s. Doch auf dem Bahnhof war leider alles auf Chinesisch, ich hatte keine Ahnung, wohin. Welcher Bahnsteig? Welcher Zug? Welches Abteil? Ich war der komplette Analphabet.

Hilflos wedelte ich mit meiner Fahrkarte herum, fragte Bahnbeamte, die nur freundlich lächelten, aber sonst nichts taten. Endlich erbarmte sich jemand meiner und führte mich auf das richtige Gleis, hin zu dem reservierten Abteil. Zwar konnte der Beamte auch kein Englisch, doch er gab sich Mühe. Das Personal in den Zügen ist sehr gut ausgebildet, diese Jobs sind außerordentlich begehrt, aber Fremdsprachen lernen sie leider nicht (hat sich ein wenig gebessert).

Mittags fuhr der Zug endlich los. Auf nach Shanghai!
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dieter
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Berlin, Berlin wir fliegen und fahren nach Berlin
Zu unserer Silberhochzeit waren wir das erste Mal in Berlin. Wir flogen mit der Lufthansa von Frankfurt/M. nach dem Flugplatz Tegel in Berlin. Ein Taxi brachte uns zum Kurfürsten Damm in der Nähe der Gedächtniskirche dort hatten wir ein Hotelzimmer. Am ersten Abend machten wir den Kurfürsten Damm unsicher, tranken gegenüber der Gedächtniskirche Kaffee und Abends Abendbrot in einem Lokal. Die Dame am Empfang des Hotels war aus Polen.
Am nächsten Tag besuchten wir das Brandenburger Tor und wagten uns über die Grenze, die drei Jahre vorher noch Ost und West getrennt hatte. Wir besuchten das Pergamon Museum mit dem tollen Altar, bewunderten die Nofretete und standen an der Weltzeituhr beim Roten Rathaus. Im Pergamon Museum durfte nicht fotografiert werden.
Am nächsten Tag ging es nach Potsdam zum Schloß des großen, kleinen Fritz. :wink:
Darüber das nächste Mal mehr. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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