Orianne hat geschrieben:
Es sind zu viele ohne Strafe davon gekommen, das ist nicht nur meine Meinung.
Leider ist das so.
Wenn du dir die Lebensläufe der Nazi-Verbrecher z.B. im oben zitierten
Lexikon des Dritten Reichs anschaust, wirst du feststellen, dass viele mit geringen Strafen davonkamen, andere zwar verurteilt wurden, aber weit vor Ende der verhängten Haftzeit freikamen. Der Grund dafür war zum einen der ausgebrochene Kalte Krieg. Die Alliierten, besonders die USA, brauchten die Deutschen als künftigen Bündnispartner und wollten keine negative Stimmung in der Bevölkerung durch weitere Strafgerichte aufkommen lassen.
Ein weiterer Grund war die Souveränität der Bundesrepublik ab 1949. Die deutschen Justizbehörden waren nicht mehr sonderlich eifrig bei der Verfolgung von Naziverbrechern - man wollte einfach einen inneren Schlussstrich ziehen und im aufkommenden Wirtschaftswunder nicht mehr an Schuld und die vergangenen Greuel erinnert werden. So kam es, dass viele Naziverbrechen nicht mehr verfolgt wurden oder ihre Urheber nur geringe Strafen - wenn überhaupt - erhielten. Oft wurden auch Verfahren eingestellt, da es keine Zeugen mehr gab und die Gerichte bei der Aufhellung nicht sonderlich aktiv waren.
Ferner gab es eine große Grauzone. Viele prominente und weniger prominente Nazis hatten zwar die Ideen der Nationalsozialisten - Rassenlehre, Ausrottung "minderwertigen" Lebens, Überlegenheit des "arischen Menschen", Lebensraum im Osten u.a. - in Wort und Schrift lautstark vertreten, aber nicht aktiv an Todesurteilen oder Menschenrechtsverletzungen mitgewirkt. Und die Gesinnung ist nach allgemeinem Rechtsverstöändnis nicht strafbar. So kehrten zahlreiche Professoren, Ärzte, Wissenschaftler, Juristen und Beamte auf ihre alten Posten in Universitäten oder im Staatsdienst zurück, auch wenn sie durchaus stark belastet waren. Das störte in den Aufbruchsjahren niemand und keiner wollte mehr an die unglückselige Hitlerzeit erinnert werden. Einige sprachen später von einem "Labyrinth des Schweigens" in der jungen Bundesrepublik.
Erst in den 60er Jahren kam es erneut zu NS-Prozessen, wobei besonders die Ausschwitzprozesse in Frankfurt zu nennen sind.
http://de.wikipedia.org/wiki/Auschwitzp ... e_von_1966 Dennoch wurden viele Verfahren verschleppt, andere so spät aufgedeckt, dass die Verjährung der Straftaten eintrat. So kamen viele Täter davon und ihre Greueltaten blieben ungesühnt.
Bis 1969 verjährte auch Mord nach 20 Jahren, sodass viele Täter nicht mehr belangt werden konnten. Um zu verhindern, dass von den Nationalsozialisten begangene Verbrechen verjährten, wurde 1965 in der Bundesrepublik zunächst der Zeitraum von Kriegsende bis 1949 bei der Berechnung der Verjährung ausgenommen. 1969 beschloss die Große Koalition im Bundestag nach breiter öffentlicher Diskussion, dass Völkermord gar nicht und Mord erst nach 30 Jahren verjährt. 1979 wurde die Verjährung für Mord von der sozialliberalen Bundesregierung unter Helmut Schmidt schließlich ganz abgeschafft.