ich habe hier dein, Beppe, Beitrag kopiert, da ich denke, das Thema ein eigenes Thread wert ist.
Ich versuche es mit meinen Wörtern zu beschreiben:Zu diesen Privilegien gehörte meist auch eine Art von Freiheit, mit besonderen Rechten, die die Stadt vom Landesherren verliehen bekam. Damit so ein Markt nämlich florieren konnte, musste man ihm Rechte zugestehen, die der Landesherr nicht mehr wahrnehmen konnte, weil er sich nicht mehr um alle Streitigkeiten selber kümmern konnte und auch keine Beamten abstellen konnte, die bspw. jeden einzelnen Markt überwachten. Die sogenannte "Brügerfreiheit" innerhalb der Stadtmauern gewährleistete auch, dass die Bevölkerung der Städte stieg, zu Lasten der Landbevölkerung (die oft im Gegensatz zu den Städten NICHT dem Landesherrn der Städte direkt unterstanden; in vielen Dörfern gab es verschiedene Grundbesitzer, die dann auch die Hörigen/Leibeigenen "besaßen"). Das war für den Stadtherren von Vorteil, weil dadurch die Städte besser florierten (= mehr Einnahmen brachten) und die Konkurrenz (= die Herren der Landbevölkerung) geschädigt wurde.
Da insbesondere die Kaiser, und hier wiederum besonders die Staufer, sich zunehmend in landesherrliche Streitigkeiten verstrickten, gleichzeitig immer mehr Städte gründeten oder erhoben (das brachte massig Einnahmen, die sich die Städte aber auch wieder in Form weiterer Rechte entgelten ließen), wurden die Städte immer selbstständiger.
Die späteren Freien Reichsstädte z.B. waren in der Mehrzahl Städte, die ursprünglich den Staufern quasi persönlich gehört hatten. Als die STaufer als Dynastie aufgehört hatten zu existieren, und bevor sich andere Dynasten diese Städte "krallen" konnten, beriefen sie sich darauf, dem Kaiser direkt zu unterstehen (was im Fall der Staufer ja auch zugetroffen hatte) und lösten sich nach Möglichkeit aus der Obhut des dem Kaiser formell untergebenen Landesherrn.
Auch die anderen Städte, die weiterhin einem Landesherrn unterstanden, wurden immer freier, da die Bürger auch hier zu immer mehr Reichtum kamen und dementsprechend selbstbewusst auftraten.
Wer von den Landesherren sich mehr behaupten könnte, mehr Annahmen hatte, könnte es auch in Statussymbolen (aufwendigeres Lebensstil und hervorhebende Bauwerke) ausdrucken wüsste. Dafür brauchte man die Handwerke, die sich in der Umgebung auf dem Land des Herrn ansiedelten und sein Schutz genossen haben. Diese Leute brauchten denn wiederum landschaftliche Erzeugnisse, die sie auf einem Markt erwerben könnten. Dagegen die handwerklichen Erzeugnisse brauchte man auf dem Land. Das ist das ursprüngliches Schema.
Die Rechte, die einmal ein kluger Herr seinen Stadtbürgern (es war nur ein Teil von den Bewohnern) einrahmte, brachten zu dem Wachstum der Stadt und auch seinen Annahmen. Jetzt benötigte er keine landwirtschaftlichen Annahmen und könnte nur aus den Steuern, die ihm die Stadt brachte, leben. Andere Landherren hatten übernommen, um ihren Einfluss in Umgebung zu erhöhen. Hier beginnt zu spielen der strategische Ort des zu bildenden Stadt eine große Rolle, da die Handwerker benötigten Händler, der auch Verbindung zu anderen Märkten brauchte. Dadurch müsste auch Stadtherr profitieren, da er über die Händler schnell den neusten Nachrichten über das Geschehen in weiterem Umfeld erhielt und seine Politik rechtzeitig anpassen könnte.
Die Befreiung der Städte von ihren Landherren und Unterordnung unter Kaisertum passiert in 13 Jahrhundert (?). Mich interessiert besonders aber die Entstehung der Städte in dem Frühmittelalter bis Hochmittelalter. Wie ich weiß, später waren kaum neue Städte gebildet (irre ich mich?).
Beppe, du hast es schön beschrieben. Jedoch bleiben die Fragen. Du schreibst: „Die sogenannte "Bürgerfreiheit" innerhalb der Stadtmauern gewährleistete auch, dass die Bevölkerung der Städte stieg, zu Lasten der Landbevölkerung“. Was bedeutet hier „zu Lasten“? Es läufte die Landbevölkerung in die Stadt? Könnte sie es machen? Sie besaß doch keine Freiheit. Und wenn es passierte, dann führte es automatisch zur Kollision des Stadtherren mit der Landherren. Es müsste nicht im Sinne der Stadtherren sein. Oder gerade diese Tatsache den anderen Grundbesitzer an den Stadtherren gebunden hat? Z.B. in dem eine Riegel vorgeschoben wurde, durch den nicht jeder in dem Stadt sich niederlassen könnte?
Wenn aber es die Versorgung der wachsenden Zahl der Bewohner angeht, dann diese „Last“ müsste als von Landbevölkerung als Erleichterung empfunden werden. Da das wenige Überschuss der landwirtschaftliche Erzeugnisse könnte sie in das Geld und später in das benötigte Werkzeug für die Gewinnung der landwirtschaftliche Produkte überführen, oder sich ganz befreit haben. Eine Art der Unabhängigkeit von dem Grundherren, oder?
Zudem das Schema nicht erklärt, warum die Entwicklung der Städte in anderen Kulturen nicht nach dieses sehr logisches Muster gegangen ist. Hier möchte ich anknüpfen an Diskussion über den Niedergang des Roms, osmanisches Reich und China. Warum da ging es anders, obwohl auch feudales System galt? Liegt es an römischem Reich, das obwohl seine Städte verfallen wurden, irgendetwas hinterlassen hat, was spätere Entwicklung der Städte beeinflusst hat. Römische Städte haben auch besondere Rechte genossen. Wie es in arabischen und asiatischen Raum gewesen war? Weis jemand Bescheid?
Meine Gedanke ist, dass religiösen Institutionen – Kirchen, Klöster – hier einen besonderen Einfluss haben müssten. Wenn auch den ersten Herren die Kirche als Hilfsmittel zur Beherrschung des Bevölkerung sahen, selbst aber keine religiösen Leute waren, Ihre Nachkommen waren schon religiös geprägt. Die zentralisierende – monotheistische Weltsicht des Christentums war hier sehr hilfreich. Im Unterschied zu islamischen Institutionen (Islam bekanntlich auch eine monotheistische Religion), entwickelten kirchliche eine hierarchische Struktur, die anscheint auch zu dem besonderen Verlauf der europäischen Entwicklung beibrachte. Die hierarchische Struktur stärkte auch die entfernteste Kirchen, da sie nicht allein agierten, sie gehörten s. z. zu einem großen Ganzen. Die Kirche, die erst nur als Hilfsmittel zur Machtbestrebung zugelassen wurde, wurde zu einem Partner der Macht. Mehr noch, obwohl sie nicht direkt an Verwaltung beteiligt war, ohne ihren Segen ging nichts. Ich denke, die Entstehung der Stadt müsste parallel mit der Konsolidierung mit der Kirche verlaufen. Daher ist vielleicht ein Fehler in dem oberen Schema der Entstehung der Stadt die Kirche aus dem Acht zu lassen.
Kennen Sie vielleicht die Literatur, die verschiedene Kulturen in ihren Entwicklungen vergleicht? Meine Empfehlung: Sammelbuch „Die Ursprünge der modernen Welt – die Geschichte in wissenschaftlichen Vergleich“ Hsgb. James A. Robinson und Klaus Wiegand 2008. Wobei hier es besonders auf die wirtschaftliche, technologische Entwicklungen eingegangen ist. Ich glaube, dass die Religionen und weltanschauliche Systeme (Hinduismus, Buddhismus, Konfuzianismus, Christentum, Islam), die Hochkulturen hinterlassen haben, entscheidenden Einfluss auf den weiteren Entwicklungen haben.