Balkanländer: Geschichte

Diskussionen über die Nicht-Mitgliedstaaten der EU

Moderator: Barbarossa

Aneri

Ich denke, dass nur die Kosovo-Geschichte, um die ich jetzt berichte, wäre zu kurz geschnitten. Balkan hat eine gemeinsame Geschichte, auch gemeinsame Probleme, deshalb finde ich, dass es alles unter einem Thema behandelt werden kann, ohne es zu zerstückeln.

Ich habe sehr interessantes Artikel gefunden, den ich für ein Geschichte-Forum nicht vorenthalten will. Es geht um die Geschichte des Kosovo-Krieges vom Reinhard Lange in NachDenkseiten:
http://www.nachdenkseiten.de/?p=26525#more-26525
Autor hat sich Mühe gemacht, die zeitliche Entwicklung der diplomatischen Bemühungen festzuhalten. Wobei fehlt mir etwa die Zeitpunkt der Massaker, wie dazu kam etc. (in Artikel wird betont, dass anfangs ging es nicht über ethnische Säuberungen, nur hier, glaube ich, widerspricht der Autor sich selbst, da er die Säuberungen in staatlichen Bürokratie sind nichts anders als ethnische Säuberungen zu verstehen). Dennoch alles andere, denke ich ist sehr hilfreich um diesen Krieg, die wir ganz anders auf Teller präsentiert bekamen, in einem etwas größeren Rahmen (Interesse der Beteiligten, ihre - manchmal sehr zweifelhaften Handlungen, um ihren Interessen durchzuboxen, die Nachwirkung auf spätere Entwicklungen etc.):
Mitte Februar war die serbische Verhandlungsdelegation in Rambouillet enthusiastisch. Zwar hatte die US-Außenministerin Madelaine Albright gleich zu Beginn der Verhandlungen eine Pressekonferenz gegeben, in der sie die US-Position darstellte, im Falle eines Abschlusses des Friedensvertrages 28.000 NATO-Soldaten im Kosovo stationieren zu wollen und für den Fall der Nichtunterzeichnung des Vertrages durch die Serben die Bombardierung Serbiens ankündigte, doch schien nun, zwei Wochen nach dieser Pressekonferenz, ein den NATO-Militäreinsatz vermeidender Abschluss des Friedensvertrages zum Greifen nahe. Man hatte bereits Einigung über etwa 70 % des Vertragswerkes erlangt. Pedrag Simic, der Berater des serbischen Verhandlungsführers verließ deshalb in guter Stimmung Rambouillet, weil er annahm, dass alles Wesentliche schon geregelt sei. Er berichtete später ausführlich in der Zeit über die dramatischen Ereignisse, die sich in Rambouillet kurz darauf und unmittelbar nach Ankunft der US-Außenministerin am Verhandlungsort abspielten. In der Erinnerung von Simic traf Albright am 19. Februar in Rambouillet ein. Am nächsten Tag präsentierte der US-Vertreter Christopher Hill den Serben einen fast völlig neuen Vertragsentwurf, von 82 Seiten waren 60 neu geschrieben. (Nach anderen Quellen war der Tag der Präsentation erst der 23. Februar. Für diesen Termin spricht, dass die Konferenz an eben diesem Tage für drei Wochen unterbrochen wurde.) Der Entwurf war nur von Hill und Petritsch abgezeichnet, also offenbar mit den Russen nicht abgestimmt. Und er wurde bis zum Ende der Verhandlungen nicht mehr geändert.

...Ein derartiger Text war unter keinen Umständen von den Serben akzeptierbar, die sich ja nicht im Krieg mit den USA oder der NATO befanden. Der vollständige Vertragstext wurde bis nach Kriegsbeginn geheim gehalten und erst nach einer Veröffentlichung der brisanten Vertragsteile am 6. April 1999 durch die taz der Öffentlichkeit bekannt. Aber da war es schon zu spät. Die Delegation der Kosovo-Albaner unterzeichnete den Entwurf am 23. März 1999. Die Serben unterschrieben nicht. Am 24. März 1999 begann die NATO mit der Bombardierung Serbiens, wie Madelaine Albright das angekündigt hatte.

Ein Kunststück an Desinformation und gleichzeitig einen Beitrag zur Legendenbildung um den Kosovokrieg lieferte gleich am ersten Tage des Krieges Bundeskanzler Gerhard Schröder in seiner Fernsehansprache an die Deutschen, indem er entgegen den Tatsachen behauptete, dass die jugoslawische Delegation in den Friedensverhandlungen “selbst minimale Zugeständnisse abgelehnt” hätte. Diese Falschbehauptung Schröders erreichte über die diversen Medien fast jeden Deutschen. Die Wahrheit dagegen, die nur wenige Wochen später Henry Kissinger aussprach, wurde von den Medien kaum mehr beachtet. Kissinger nannte den Vertrag von Rambouillet eine “Provokation”, einen “Vorwand, um mit den Bombardierungen zu beginnen”. “Rambouillet ist kein Dokument, das ein Serbe mit Verstand hätte akzeptieren können. Es war ein ungeheuerliches diplomatisches Dokument, das niemals in dieser Form hätte präsentiert werden dürfen.”
Es hauet bisschen auf dem Kopf, wenn man die Geschichte anders kennt. Ja, die manipulativer Geschrei bildet die Meinung, die ihrerseits beeinflusst die Wahrnehmungen des weiteren Geschehens. Passt gut zum Thema Medien, Manipulation und Propaganda...
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