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Der Politikwissenschaftler Dolf Sternberger entwickelte in den siebziger Jahren den Begriff des Verfassungspatriotismus, der sich seiner Meinung nach in der Bundesrepublik entwickelte. Die Westdeutschen identifizierten sich nicht mehr über den alten Nationalismus und seinen klassischen Kriterien, sondern vor allem über die Staatszugehörigkeit zur Bundesrepublik.Barbarossa hat geschrieben:Ja, 1813, als das Gedicht geschrieben wurde, war das auch noch nicht so abwegig - mit Ausnahme der Deutschschweiz vielleicht.
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Schweizer und Österreicher wurden nach dem Krieg nicht mehr als Deutsche angesehen. Die DDR, in Sonntagsreden der Politiker noch immer als Teil Deutschlands betrachtet, wurde im Bewusstsein vieler Westdeutscher auch zunehmend als fremdes Gebilde empfunden, welches nicht mehr dazugehörte.
In den achtziger Jahre wurde durch den Zustrom von Aussiedlern aus Osteuropa die Sprache zu einem weiteren Kriterium, da die Zuwanderer zwar sofort die deutsche Staatsangehörigkeit erhielten, aber oft die Sprache nicht richtig beherrschten oder einen unverkennbaren Akzent besaßen. Sie wurden von der Bevölkerung mehrheitlich nicht als Deutsche akzeptiert.
Mit der Wiedervereinigung bekam auch der Herkunftsort einen wichtigen Stellenwert, denn die einstigen DDR-Bürger galten und gelten manchmal noch heute als Deutsche zweiter Klasse.
In den neunziger Jahren und vor allem dann nach den Veränderungen im Gesetz über die Staatsangehörigkeit unter Schröder bekamen viele Migranten die deutsche Staatsangehörigkeit. Sofern ihr ursprünglich ausländischer Ursprung sofort sichtbar ist, werden sie in der Regel nicht als Deutsche angesehen, auch wenn sie inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen.
Seitdem der deutsche Personalausweis weit verbreitet ist, sind Sprache, Herkunftsort und Aussehen wichtig geworden, um die „echten“ Deutschen von den „neuen“ Deutschen zu unterscheiden.
Die seltsame Aussprache der Spätaussiedler wird wahrscheinlich spätestens in der neuen Generation verschwunden sein, auch der Herkunftsort wird vermutlich an Bedeutung verlieren. Was bleibt, ist das Aussehen. In den USA, in Australien und Kanada habe ich immer wieder erlebt, das auch in diesen Einwandererländern Asiaten, Lateinamerikaner und Afrikaner nicht als gleichwertig akzeptiert werden, auch wenn sie schon seit Generationen in diesen Ländern leben. Auch innerhalb der weißen Bevölkerung gibt es noch Staffelungen zwischen Briten, Irländern, Italienern, Polen, Juden usw. Die Migranten werden wahrscheinlich auch in absehbarer Zukunft bei uns weiterhin als Fremde wahrgenommen werden. Der einstige Verfassungspatriotismus ist jetzt nicht mehr das alleinige Bindeglied. Die Kinder der Migranten mögen sich als Deutsche fühlen, aber man wird es ihnen nicht so richtig abnehmen.
In den letzten Monaten habe ich 170 Prüfungen durchgeführt. Viele Studenten haben Namen, die ich gar nicht aussprechen kann. Fast alle haben die deutsche Staatsangehörigkeit, wurden hier geboren, sprechen perfekt unsere Sprache, manchmal mit Hamburger Dialekt. Doch wenn vor mir ein Student steht, der eindeutig ostasiatischer Herkunft ist und sich als begeisterter Deutscher ausgibt, kann ich ihm das nicht so richtig glauben. Diese Trennungen werden bleiben.