Glaubensgemeinschaften zu recht immer mehr an Einfluß verlieren
Glaubensgemeinschaften schon, aber nicht der Glaube als solcher. Die Informations- und Wissensgesellschaft ist schon einige hundert Jahre alt und dennoch ist die Religiösität des Menschen ungebrochen. Sie wird auch weiterhin und bis in alle Ewigkeit ungebrochen sein.
Jeder Glaube an eine oder mehrere Gottheiten ist dem Geiste von Menschen in früherer Zeit entsprungen, die sich aus Unwissenheit über ihnen unerklärliche Naturgewalten, diese einer übernatürlichen Kraft zuschrieben. Auch benötigt scheinbar eine durchaus noch recht große Anzahl von Menschen dieses gedachte Wesen - "Gott" - um mit dessen Hilfe Mut und Kraft für den Alltag zu schöpfen, anstatt ihrer eigenen Kraft und ihren eigenen Fähigkeiten zu vertrauen.
Natürlich gibt es althergebrachte Gottheiten, aber es entstehen auch immer wieder neue Kulte. Dass Religion nur Althergebrachtes sei, ist darum falsch.
Insoweit es um polytheistische Systeme geht, spricht einiges für die Annahme, dass es sich hierbei um Erklärungsversuche für Phänomene handelt, hauptsächlich die Naturgewalten. Daneben gibt es aber die monotheistischen Systeme und andere religiöse Formen, die nicht durch diese Theorie erklärt werden können.
Dass Menschen aus ihrer Spiritualität Kraft schöpfen ist wahr. Andererseits muss man zugestehen, dass sie, auf ihre eigene Kraft und ihre eigenen Fähigkeiten zurückgeworfen, vor großen Taten allzu oft verzagten, sofern sie keine Allmachtsphantasien hegten.
Nebenbei wäre es auch eine Überlegung wert, inwieweit der Mensch, wenn er nur auf sich selbst vertraut, ohne dass er tatsächlich das Maß seiner Fähigkeiten kennen kann, sich nicht lediglich selbst an die Stelle Gottes setzt und letztlich glaubt.
Eine andere Funktion von Religion hast Du leider noch nicht genannt: Ethik/Moral. Religion ist nicht notwendige Voraussetzung hierfür, aber dass die atheistisch orientierten Systeme die (teilweise religiös gefärbte) Ethik historisch betrachtet regelmäßig missachteten darf man auch nicht schlicht übersehen. Selbst wenn es keinen Gott geben sollte, was wir alle nicht wissen, bewirkt über die Religion vermittelte Ethik und Moral doch regelmäßig auch eine gewisse Stabilität der Menschlichkeit und Mitmenschlichkeit.
Jetzt aber zu dem Zitat als solchem:
Der Beitrag setzt Nr. 29 der Enzyklika und Nr. 75 vermutlich versehentlich in einen Zusammenhang.
Deswegen kann hier missverständlich gelesen werden, dass sich Abtreibung und Geburtenplanung auch auf die Geißelung des Atheismus beziehen.
http://www.vatican.va/holy_father/bened ... te_ge.html
Der Wortlaut der Schrift hingegen stellt diese Beziehung nicht her.
Seine Ausführungen zum Atheismus halte ich nicht für überzeugend, allerdings wäre er wohl auch kein Theist, wenn er in diesem Punkte anderer Meinung wäre. Damit kann ich als Nichttheist und Nichtatheist aber gut leben.