von RedScorpion » 02.09.2014, 13:12
Barbarossa hat geschrieben:RedScorpion hat geschrieben:
Ja, aber unter welchen Bedingungen denn? Und wer war "man" bzw. waren "die Polen, Tschechen, Russen"?
Das waren nicht mehr die Staaten und Institutionen von vor 1939/38...
Im Falle Polens magst du sogar Recht haben, doch im Falle der CSR liegt der Fall etwas anders. Benes kam gleich bei Kriegsende nach Prag zurück und verkündete schon am 16. Mai 1945, er wolle die Deutschen in seinem Land "liquidieren" (ja, er benutzte wirklich dieses Wort, siehe:
http://de.m.wikipedia.org/wiki/Edvard_B ... is_1948.29 )
Bereits 1938 hätte er am liebsten die Sudetendeutschen aus dem Land ausgewiesen. 1945 bekam er seine Chance. Insofern sehe ich eine echte Kontinuität in der Politik von Benes, die in meinen Augen faschistoide Züge trug.
...
Und wenn es so wäre;
1938 hatte er keine Chance, weil die Tschechoslowakei bis dahin ein funxender Rechtsstaat war.
Und - N.B. - nicht Benes hat ihn kaputtgemacht.
Ohne München und ohne die Wehrmacht wäre dieser Rechtsstaat 1945 und auch danach, ohne Sowjets, immer noch dagewesen, und es hätte keine Vertreibungen, Morde usw. gegeben.
P.S. Benes ist nicht die Tschechoslowakei, auch nicht "die Tschechen".
Denn eines sticht hier wirklich ins Auge, und es kann ja wohl nicht wahr sein, dass das im Jahre des Herrn 2014 immer noch so gesehen wird wie von deutschen Verbrechern oder deren Tolerierern 1945 einhalb: Die Nazis sind Ausserirdische, die die armen Deutschen ja so belogen haben (wahlweise nur a bisserl übertrieben haben) und die Ostvölker Verbrecher, die es auf die wirklichen Opfer des Krieges, die Deutschen, abgesehen haben.
Wie woanders geschrieben, tue ich mich auch ein bisschen schwer damit, Sudeten = Deutsche bzw. Verantwortlichkeit der Sudetendeutschen = Verantwortlichkeit der Reichsdeutschen nachzuvollziehen, jenseits aller Gewissheit, dass Vertreibungen auch im Fall einer individuellen Schuldigkeit alles andere als recht ist.
Sudetendeutsche konnten nix für den NS, Henlein ist nicht gleich Hitler, und es hat Gründe, warum die Sudetendeutsche Partei nicht in der NSDAP aufging.
Marek1964 hat geschrieben:Nazipropaganda? Die Kollektivschuldannahme ergab sich aus dem kollektiven Handeln der Deutschen. Aussiedlung ist nicht Genozid. Genozid hätte Völkermord geheissen.
Die Grenzen verwischen bzw. die Modelle überlappen z.T. und sind ausgefranst.
Churchill sagte 'mal, als über die moralischen Aspekte des Area Bombing debattiert wurde, sinngemäss, dass es den Deutschen ja noch einigermassen gutginge (wohl im Ggsatz zu Soldaten, der Bev. in besetzten Ländern, Verfolgten usw.), weil sie ja nix anderes zu machen brauchten als bis zum Ende des Bombenkriegs in den Wald zu gehen, zelten.
Das ist nicht total daneben in direktem Vergleich, aber nach ein paar Tagen wird Zelten unbequem, nach ein paar Wochen gesundheitsgefährdend und über die Winter, noch dazu über Jahre, noch dazu zu Millionen, mit Sicherheit tödlich, selbst wenn man von irgendwoher Nahrung zugeführt bekäme.
Barbarossa hat geschrieben:
...
Hier noch ein Zitat, das man auch als Aufruf von Benes zur gewaltsamen Vertreibung der Sudetendeutschen nach dem Krieg verstehen kann (1943):
In unserem Land wird das Ende dieses Krieges mit Blut geschrieben werden. Den Deutschen wird mitleidlos und vervielfacht all das heimgezahlt werden, was sie in unseren Ländern seit 1938 begangen haben. Die ganze Nation wird sich an diesem Kampf beteiligen, es wird keinen Tschechoslowaken geben, der sich dieser Aufgabe entzieht, und kein Patriot wird es versäumen, gerechte Rache für die Leiden der Nation zu nehmen.
Das mag zwar Kriegsrhetorik sein, aber bezeichnend finde ich auch immer wieder die Annahne der Kollektivschuld. Anscheinend fielen sogar Ausländer auf die Nazipropaganda herein.
Keyword ist aber "1943".
Und dass das Zitat Kappes enthält, sieht man schon am zweiten Satz. Wie sollte den Deutschen denn vervielfacht heimgezahlt werden? Es gibt keine Nation, welche mehr Unheil in Europa verursacht hat als Deutschland, wie sollte die Tschechoswlowakei, ob nu staatlich oder jeder Einzelne privat, da jemals heranreichen an die Opferzahlen, die in Deutschlands Verantwortlichkeit liegen?
LG
[quote="Barbarossa"][quote="RedScorpion"]
Ja, aber unter welchen Bedingungen denn? Und wer war "man" bzw. waren "die Polen, Tschechen, Russen"?
Das waren nicht mehr die Staaten und Institutionen von vor 1939/38...[/quote]
Im Falle Polens magst du sogar Recht haben, doch im Falle der CSR liegt der Fall etwas anders. Benes kam gleich bei Kriegsende nach Prag zurück und verkündete schon am 16. Mai 1945, er wolle die Deutschen in seinem Land "liquidieren" (ja, er benutzte wirklich dieses Wort, siehe: http://de.m.wikipedia.org/wiki/Edvard_Bene%C5%A1#Zweite_Pr.C3.A4sidentschaft_.281945_bis_1948.29 )
Bereits 1938 hätte er am liebsten die Sudetendeutschen aus dem Land ausgewiesen. 1945 bekam er seine Chance. Insofern sehe ich eine echte Kontinuität in der Politik von Benes, die in meinen Augen faschistoide Züge trug.
...[/quote]
Und wenn es so wäre;
1938 hatte er keine Chance, weil die Tschechoslowakei bis dahin ein funxender Rechtsstaat war.
Und - N.B. - nicht Benes hat ihn kaputtgemacht.
Ohne München und ohne die Wehrmacht wäre dieser Rechtsstaat 1945 und auch danach, ohne Sowjets, immer noch dagewesen, und es hätte keine Vertreibungen, Morde usw. gegeben.
P.S. Benes ist nicht die Tschechoslowakei, auch nicht "die Tschechen".
Denn eines sticht hier wirklich ins Auge, und es kann ja wohl nicht wahr sein, dass das im Jahre des Herrn 2014 immer noch so gesehen wird wie von deutschen Verbrechern oder deren Tolerierern 1945 einhalb: Die Nazis sind Ausserirdische, die die armen Deutschen ja so belogen haben (wahlweise nur a bisserl übertrieben haben) und die Ostvölker Verbrecher, die es auf die wirklichen Opfer des Krieges, die Deutschen, abgesehen haben.
Wie woanders geschrieben, tue ich mich auch ein bisschen schwer damit, Sudeten = Deutsche bzw. Verantwortlichkeit der Sudetendeutschen = Verantwortlichkeit der Reichsdeutschen nachzuvollziehen, jenseits aller Gewissheit, dass Vertreibungen auch im Fall einer individuellen Schuldigkeit alles andere als recht ist.
Sudetendeutsche konnten nix für den NS, Henlein ist nicht gleich Hitler, und es hat Gründe, warum die Sudetendeutsche Partei nicht in der NSDAP aufging.
[quote="Marek1964"]Nazipropaganda? Die Kollektivschuldannahme ergab sich aus dem kollektiven Handeln der Deutschen. Aussiedlung ist nicht Genozid. Genozid hätte Völkermord geheissen.[/quote]
Die Grenzen verwischen bzw. die Modelle überlappen z.T. und sind ausgefranst.
Churchill sagte 'mal, als über die moralischen Aspekte des Area Bombing debattiert wurde, sinngemäss, dass es den Deutschen ja noch einigermassen gutginge (wohl im Ggsatz zu Soldaten, der Bev. in besetzten Ländern, Verfolgten usw.), weil sie ja nix anderes zu machen brauchten als bis zum Ende des Bombenkriegs in den Wald zu gehen, zelten.
Das ist nicht total daneben in direktem Vergleich, aber nach ein paar Tagen wird Zelten unbequem, nach ein paar Wochen gesundheitsgefährdend und über die Winter, noch dazu über Jahre, noch dazu zu Millionen, mit Sicherheit tödlich, selbst wenn man von irgendwoher Nahrung zugeführt bekäme.
[quote="Barbarossa"]
...
Hier noch ein Zitat, das man auch als Aufruf von Benes zur gewaltsamen Vertreibung der Sudetendeutschen nach dem Krieg verstehen kann (1943):
[quote]In unserem Land wird das Ende dieses Krieges mit Blut geschrieben werden. Den Deutschen wird mitleidlos und vervielfacht all das heimgezahlt werden, was sie in unseren Ländern seit 1938 begangen haben. Die ganze Nation wird sich an diesem Kampf beteiligen, es wird keinen Tschechoslowaken geben, der sich dieser Aufgabe entzieht, und kein Patriot wird es versäumen, gerechte Rache für die Leiden der Nation zu nehmen.[/quote]
Das mag zwar Kriegsrhetorik sein, aber bezeichnend finde ich auch immer wieder die Annahne der Kollektivschuld. Anscheinend fielen sogar Ausländer auf die Nazipropaganda herein.[/quote]
Keyword ist aber "1943".
Und dass das Zitat Kappes enthält, sieht man schon am zweiten Satz. Wie sollte den Deutschen denn vervielfacht heimgezahlt werden? Es gibt keine Nation, welche mehr Unheil in Europa verursacht hat als Deutschland, wie sollte die Tschechoswlowakei, ob nu staatlich oder jeder Einzelne privat, da jemals heranreichen an die Opferzahlen, die in Deutschlands Verantwortlichkeit liegen?
LG