von Triton » 30.05.2013, 22:39
Peppone hat geschrieben:Das mag auf die untere Ebene zutreffen, aber schon die Führungsoffiziere müssen bessere Qualifikationen gehabt haben.
Das war sicher auch so. Erfolgreich war die Auslandsabteilung der Stasi. Aber die Überwachung der eigenen Landsleute war eine Riesendummheit und als die Leute sich trauten, den Mund aufzumachen, wurde der Hass auf die Stasi mehr als deutlich.
Die Stasi hatte die DDR in einen Flüsterstaat verwandelt und die führenden Mitarbeiter wussten wohl wirklich nicht, dass ihr eigenes Volk, dessen Schild und Schwert und Elite sie sein wollten, sie einfach nur loswerden wollte. Mielkes "Aber...ich liebe Euch doch alle!" ging ja in die Geschichte ein und war sicher eine Reaktion darauf, dass sich selbst führende Genossen von der Stasi abwandten.
Noch ein paar Fakten: Auf einen Geheimdienstmitarbeiter kamen in der DDR 180, in der UDSSR 595 und in Polen 1574 Bürger. Die Stasi verschlang 4 Mrd Ostmark an Etat und das zu einer Zeit, als die DDR faktisch schon Pleite war und der Gesamthaushalt rund 60 Mrd. Ostmark betrug.
Die geringe formelle Bildung lag sicher daran, dass die Mitarbeiter schon früh ausgewählt und intern weitergebildet wurden, aber eben rein technokratisch, zweckgerichtet. So wurde die Strafprozessordnung detailliert gelehrt, damit das Vorgehen der Mitarbeiter gerichtsverwertbare Beweise lieferte. Aber sicher wurden keine rechtsphilosophischen Betrachtungen angestellt, die den Sinn und Zweck von Gesetzen hinterfragten. Stasiintern gab es keine Gewaltenteilung, oberster Gerichtsherr war Mielke, der für die gleichen Vergehen einmal einen Verweis und ein anderes Mal die Todesstrafe aussprach. Psychologie wurde gelehrt, aber wieder nur zu dienstlichen Zwecken. Sonst wären die Stasi-Mitarbeiter viel früher draufgekommen, dass sie selbst Opfer waren und ein Leben voller Zwänge und Einschränkungen leben mussten. Warum in einem Arbeiter- und Bauernstaat ausgerechnet unproduktive Schnüffler eine Elite darstellen sollen, diese Frage stellten sich die Stasi-Kader wohl erst gar nicht. Selbstreflektion war also nicht existent oder wurde verdrängt.
Ein besonders niederträchtiges Instrument der "Kampfweise" der Stasi war die sogenannte Zersetzung. Wenn gegen Oppositionelle oder etwa Kirchenmitglieder nicht offen vorgegangen werden konnte oder sollte, wurden diese im Alltag zermürbt. Dazu gehörten zum Beispiel das Streuen von Gerüchten, ständige (scheinbar zufällige) Ärgernisse im Alltag, Einschleußen von IMs in den Freundeskreis, deren Aufgabe es ist, für ständigen internen Zwist der Oppositionellen zu sorgen, beruflicher Misserfolg, Dauerüberwachung usw. Viele Oppositionelle zerbrachen an der Zersetzung und gingen ins innere oder tatsächliche Exil.
Die "Zersetzung" hatte die groteske Folge, dass an der Spitze vieler oppositioneller Gruppen zur Wendezeit ausgerechnet IMs standen, Wolfgang Schnur und Ibrahim Böhme sind Beispiele. Beide setzten bekanntlich auf eine Beibehaltung der DDR und einen Glasnost-Kurs, in dem die Stasi wohl einen letzten, gangbaren Weg zur Selbsterhaltung sah.
Beste Grüße
Joerg
[quote="Peppone"]Das mag auf die untere Ebene zutreffen, aber schon die Führungsoffiziere müssen bessere Qualifikationen gehabt haben.[/quote]
Das war sicher auch so. Erfolgreich war die Auslandsabteilung der Stasi. Aber die Überwachung der eigenen Landsleute war eine Riesendummheit und als die Leute sich trauten, den Mund aufzumachen, wurde der Hass auf die Stasi mehr als deutlich.
Die Stasi hatte die DDR in einen Flüsterstaat verwandelt und die führenden Mitarbeiter wussten wohl wirklich nicht, dass ihr eigenes Volk, dessen Schild und Schwert und Elite sie sein wollten, sie einfach nur loswerden wollte. Mielkes "Aber...ich liebe Euch doch alle!" ging ja in die Geschichte ein und war sicher eine Reaktion darauf, dass sich selbst führende Genossen von der Stasi abwandten.
Noch ein paar Fakten: Auf einen Geheimdienstmitarbeiter kamen in der DDR 180, in der UDSSR 595 und in Polen 1574 Bürger. Die Stasi verschlang 4 Mrd Ostmark an Etat und das zu einer Zeit, als die DDR faktisch schon Pleite war und der Gesamthaushalt rund 60 Mrd. Ostmark betrug.
Die geringe formelle Bildung lag sicher daran, dass die Mitarbeiter schon früh ausgewählt und intern weitergebildet wurden, aber eben rein technokratisch, zweckgerichtet. So wurde die Strafprozessordnung detailliert gelehrt, damit das Vorgehen der Mitarbeiter gerichtsverwertbare Beweise lieferte. Aber sicher wurden keine rechtsphilosophischen Betrachtungen angestellt, die den Sinn und Zweck von Gesetzen hinterfragten. Stasiintern gab es keine Gewaltenteilung, oberster Gerichtsherr war Mielke, der für die gleichen Vergehen einmal einen Verweis und ein anderes Mal die Todesstrafe aussprach. Psychologie wurde gelehrt, aber wieder nur zu dienstlichen Zwecken. Sonst wären die Stasi-Mitarbeiter viel früher draufgekommen, dass sie selbst Opfer waren und ein Leben voller Zwänge und Einschränkungen leben mussten. Warum in einem Arbeiter- und Bauernstaat ausgerechnet unproduktive Schnüffler eine Elite darstellen sollen, diese Frage stellten sich die Stasi-Kader wohl erst gar nicht. Selbstreflektion war also nicht existent oder wurde verdrängt.
Ein besonders niederträchtiges Instrument der "Kampfweise" der Stasi war die sogenannte Zersetzung. Wenn gegen Oppositionelle oder etwa Kirchenmitglieder nicht offen vorgegangen werden konnte oder sollte, wurden diese im Alltag zermürbt. Dazu gehörten zum Beispiel das Streuen von Gerüchten, ständige (scheinbar zufällige) Ärgernisse im Alltag, Einschleußen von IMs in den Freundeskreis, deren Aufgabe es ist, für ständigen internen Zwist der Oppositionellen zu sorgen, beruflicher Misserfolg, Dauerüberwachung usw. Viele Oppositionelle zerbrachen an der Zersetzung und gingen ins innere oder tatsächliche Exil.
Die "Zersetzung" hatte die groteske Folge, dass an der Spitze vieler oppositioneller Gruppen zur Wendezeit ausgerechnet IMs standen, Wolfgang Schnur und Ibrahim Böhme sind Beispiele. Beide setzten bekanntlich auf eine Beibehaltung der DDR und einen Glasnost-Kurs, in dem die Stasi wohl einen letzten, gangbaren Weg zur Selbsterhaltung sah.
Beste Grüße
Joerg