von ehemaliger Autor K. » 12.04.2013, 15:58
Bald ist es wieder soweit: Der ANZAC Day ist in Australien und in Neuseeland der vielleicht wichtigste nationale Feiertag. ANZAC ist die Abkürzung für Australian and New Zealand Army Corps. Kurioserweise wird hier aber nicht ein militärischer Sieg, sondern eine militärische Niederlage gefeiert. Am 25. April 1915 landeten britische, französische, australische, neuseeländische und Soldaten aus Tonga in Gallipoli, der türkischen Halbinsel von den Dardanellen, nicht allzu weit entfernt von Istanbul. Sie wollten die Halbinsel erobern und dann zu der Hauptstadt des osmanischen Reiches vordringen. Geplant hatte diese Militäraktion unter anderem Winston Churchill.
Doch die Aktion endete in einem Desaster. Die Verbündeten starteten von ihren Schiffen aus eine Invasion, mussten dann einen schmalen Strand überwinden, um anschließend eine steile Böschung zu erklimmen. Weit kamen sie nicht. Sie konnten zwar landen, den Strand und einige Anhöhen erobern, doch dann blieb die Offensive im Feuer der türkischen Abwehr stecken. Monatelang konnten die Alliierten ihre Stellungen halten, unternahmen immer wieder neue Angriffe, die aber stets zurückgewiesen wurden. Ende 1915 wurde die sinnlose Aktion abgebrochen. Der strahlende Sieger auf türkischer Seite war der General Kemal Pascha, später bekannt als Atatürk. Durch diesen Kampf avancierte er zum Nationalhelden.
Auf beiden Seiten forderte die Schlacht etwa 100.000 Todesopfer, Australien beklagte 8.709 Gefallene. Keine bedeutenden Zahlen für den ersten Weltkrieg, die Schlacht von Gallipoli insgesamt hatte keinerlei Bedeutung für den Verlauf des Krieges.
Doch für Australien bildete der 25.April 1915 die Geburtsstunde ihrer Nation. Der Kontinent bestand ursprünglich aus einem halben Dutzend unabhängiger Kolonien mit verschiedenen Generalgouverneuren und erst 1901 formierten sie sich zum Commonwealth of Australia. 1907 bekamen sie den Dominionstatus und waren damit nahezu unabhängig. Die Verbindung mit der alten Kolonialmacht blieb bestehen, noch heute ist die englische Königin das Staatsoberhaupt von Australien. Erst der Weltkrieg schuf aber aus den 4 Millionen Australiern, die schon aufgrund der großen Entfernungen im Land nur wenig miteinander verband, eine neue Nation, die im Krieg ihre Feuertaufe erhielt und anschließend weltweit auf Anerkennung stieß. Ansonsten war der militärische Einsatz am anderen Ende der Welt völlig sinnlos, Australien hatte in der Türkei nichts verloren. Doch der Blutzoll war unverhältnismäßig hoch, über 60.000 Australier verloren im Ersten Weltkrieg an allen Fronten ihr Leben.
Im Zweiten Weltkrieg war dann aber das Land tatsächlich bedroht, denn die Japaner bombardierten Darwin im Norden und planten eine Offensive, die aber nicht zur Ausführung kam, da die Aggressoren von den Amerikanern auf den Philippinen gestoppt wurden. Der Schock saß bei den „Aussies“ ziemlich tief, sie wurden sich ihrer Verwundbarkeit bewusst. Die Lösung sahen sie in einer Auffüllung des Landes mit Einwanderern, doch im Rahmen der „White Australian“ Politik wollte man nur Zuwanderer aus Europa dulden. Panische Angst vor asiatischen Billigarbeitskräften veranlasste vor allem die Gewerkschaften zu dieser Politik, sollte doch die Arbeitskraft knapp und teuer gehalten werden. Erst in den siebziger Jahren wurden die diskriminierenden Einwanderungsgesetze aufgehoben und sieben Prozent der jetzt über zwanzig Millionen Bewohner stammen aus den asiatischen Nachbarstaaten. Gegenwärtig dürfen rund 100.000 Menschen zuwandern. In den vergangenen Jahren siedelten viele weiße Südafrikaner vor allem in den Westen nach Perth über. Im Zuge der Eurokrise wanderten zahlreiche Griechen zu. In Australien lebten schon vorher 700.000 Griechen, ihre Zahl wird erheblich zunehmen. Das Land ist unverändert sehr beliebt als Einwandererland weltweit.
Anders als viele glauben, bietet der Kontinent in vielen Gebieten durchaus angenehme Lebensverhältnisse, sieht man von dem unfruchtbaren Outback einmal ab. Die östlichen Regionen, Südaustralien um Adelaide und vor allem das Gebiet um Perth in Westaustralien sind fruchtbar und haben ausreichend Niederschläge. Jeder, der in den quirligen Metropolen anreist, wie z.B. in der 4 Millionenstadt Sydney mit ihren wundervollen Stränden, gelegen am Fuße der Blue Mountains, fühlt sich hier sofort sehr wohl. Die Bewohner genießen einen sehr hohen Lebensstandard, Armut ist kaum sichtbar und auch tatsächlich nur wenig vorhanden. Viele Australier glauben, sie leben in einer nivellierten Mittelstandsgesellschaft, in der jeder in etwa gleich viel besitzt, was natürlich eine Illusion ist, aber die Vermögensunterschiede sind anders als den USA nicht sichtbar. Während der amerikanische Traum darin besteht, möglichst viel Geld zu verdienen, ist es der australische Traum, möglichst viel Freizeit zu genießen, ein durchaus sympathischer Zug. Also wünschen wir dem Land alles Gute zu seinem Nationalfeiertag!
[i]Bald ist es wieder soweit: Der ANZAC Day ist in Australien und in Neuseeland der vielleicht wichtigste nationale Feiertag. ANZAC ist die Abkürzung für Australian and New Zealand Army Corps. Kurioserweise wird hier aber nicht ein militärischer Sieg, sondern eine militärische Niederlage gefeiert. Am 25. April 1915 landeten britische, französische, australische, neuseeländische und Soldaten aus Tonga in Gallipoli, der türkischen Halbinsel von den Dardanellen, nicht allzu weit entfernt von Istanbul. Sie wollten die Halbinsel erobern und dann zu der Hauptstadt des osmanischen Reiches vordringen. Geplant hatte diese Militäraktion unter anderem Winston Churchill.
Doch die Aktion endete in einem Desaster. Die Verbündeten starteten von ihren Schiffen aus eine Invasion, mussten dann einen schmalen Strand überwinden, um anschließend eine steile Böschung zu erklimmen. Weit kamen sie nicht. Sie konnten zwar landen, den Strand und einige Anhöhen erobern, doch dann blieb die Offensive im Feuer der türkischen Abwehr stecken. Monatelang konnten die Alliierten ihre Stellungen halten, unternahmen immer wieder neue Angriffe, die aber stets zurückgewiesen wurden. Ende 1915 wurde die sinnlose Aktion abgebrochen. Der strahlende Sieger auf türkischer Seite war der General Kemal Pascha, später bekannt als Atatürk. Durch diesen Kampf avancierte er zum Nationalhelden.[/i]
[i]Auf beiden Seiten forderte die Schlacht etwa 100.000 Todesopfer, Australien beklagte 8.709 Gefallene. Keine bedeutenden Zahlen für den ersten Weltkrieg, die Schlacht von Gallipoli insgesamt hatte keinerlei Bedeutung für den Verlauf des Krieges.
Doch für Australien bildete der 25.April 1915 die Geburtsstunde ihrer Nation. Der Kontinent bestand ursprünglich aus einem halben Dutzend unabhängiger Kolonien mit verschiedenen Generalgouverneuren und erst 1901 formierten sie sich zum Commonwealth of Australia. 1907 bekamen sie den Dominionstatus und waren damit nahezu unabhängig. Die Verbindung mit der alten Kolonialmacht blieb bestehen, noch heute ist die englische Königin das Staatsoberhaupt von Australien. Erst der Weltkrieg schuf aber aus den 4 Millionen Australiern, die schon aufgrund der großen Entfernungen im Land nur wenig miteinander verband, eine neue Nation, die im Krieg ihre Feuertaufe erhielt und anschließend weltweit auf Anerkennung stieß. Ansonsten war der militärische Einsatz am anderen Ende der Welt völlig sinnlos, Australien hatte in der Türkei nichts verloren. Doch der Blutzoll war unverhältnismäßig hoch, über 60.000 Australier verloren im Ersten Weltkrieg an allen Fronten ihr Leben.[/i]
[i]Im Zweiten Weltkrieg war dann aber das Land tatsächlich bedroht, denn die Japaner bombardierten Darwin im Norden und planten eine Offensive, die aber nicht zur Ausführung kam, da die Aggressoren von den Amerikanern auf den Philippinen gestoppt wurden. Der Schock saß bei den „Aussies“ ziemlich tief, sie wurden sich ihrer Verwundbarkeit bewusst. Die Lösung sahen sie in einer Auffüllung des Landes mit Einwanderern, doch im Rahmen der „White Australian“ Politik wollte man nur Zuwanderer aus Europa dulden. Panische Angst vor asiatischen Billigarbeitskräften veranlasste vor allem die Gewerkschaften zu dieser Politik, sollte doch die Arbeitskraft knapp und teuer gehalten werden. Erst in den siebziger Jahren wurden die diskriminierenden Einwanderungsgesetze aufgehoben und sieben Prozent der jetzt über zwanzig Millionen Bewohner stammen aus den asiatischen Nachbarstaaten. Gegenwärtig dürfen rund 100.000 Menschen zuwandern. In den vergangenen Jahren siedelten viele weiße Südafrikaner vor allem in den Westen nach Perth über. Im Zuge der Eurokrise wanderten zahlreiche Griechen zu. In Australien lebten schon vorher 700.000 Griechen, ihre Zahl wird erheblich zunehmen. Das Land ist unverändert sehr beliebt als Einwandererland weltweit.[/i]
[i]Anders als viele glauben, bietet der Kontinent in vielen Gebieten durchaus angenehme Lebensverhältnisse, sieht man von dem unfruchtbaren Outback einmal ab. Die östlichen Regionen, Südaustralien um Adelaide und vor allem das Gebiet um Perth in Westaustralien sind fruchtbar und haben ausreichend Niederschläge. Jeder, der in den quirligen Metropolen anreist, wie z.B. in der 4 Millionenstadt Sydney mit ihren wundervollen Stränden, gelegen am Fuße der Blue Mountains, fühlt sich hier sofort sehr wohl. Die Bewohner genießen einen sehr hohen Lebensstandard, Armut ist kaum sichtbar und auch tatsächlich nur wenig vorhanden. Viele Australier glauben, sie leben in einer nivellierten Mittelstandsgesellschaft, in der jeder in etwa gleich viel besitzt, was natürlich eine Illusion ist, aber die Vermögensunterschiede sind anders als den USA nicht sichtbar. Während der amerikanische Traum darin besteht, möglichst viel Geld zu verdienen, ist es der australische Traum, möglichst viel Freizeit zu genießen, ein durchaus sympathischer Zug. Also wünschen wir dem Land alles Gute zu seinem Nationalfeiertag!
[/i]