von Barbarossa » 21.03.2013, 23:16
Vergobret hat geschrieben:Moin,
im letztmonatigen Heft der G/Geschichte zu den Wikingern, wird in einem Artikel die These aufgeworfen, dass die Hinwendung zu Christentum der Wikinger schließlich darauf beruhte, dass die Entwicklung zu größeren Königreichen in Skandinavien eine Ideologie brauchte, die dem König eine neue Legitimität brauchte. Nämlich jene die Macht von Gott erhalten zu haben.
Davor haben Christentum und nordischer Götterglaube lange nebeneinander existiert - friedlich. Ab der Königreichbildung über ganz Norwegen - also weg von den Kleinkönigen der Jahrhunderte zuvor - musste das Verhalten und der hohe Status jedes Einzelnen dann vermieden werden. Es musste sich widerspruchslos einer Macht unterworfen werden. Mit dem alten Glauben wäre das nicht möglich gewesen, nur mit dem Christentum. Darum die Einflussnahme der Könige in Richtung Christentum.
Soweit die These, sehr interessant finde ich.
Meine Frage an die Gemeinsschaft hier:
Gibt es für eine ähnliche Entwicklung weitere Beispiele bzgl. des Christentums bzw. dessen Verbreitung?
und
Warum ist die Möglichkeit den Herrschenden zum Gottgleichen zu machen (vgl. römische Kaiser, Ägypten) nicht bei den Wikingern zum tragen gekommen?
Interessante Frage zu einem interessanten Thema.
Ich würde bei der Beantwortung der Frage auf die Franken ausweichen, weil ich über deren Geschichte mehr weiß, der Götterglaube bei den Germanen sich aber sehr ähnelte.
Also die Merowinger führten ihre Herkunft tatsächlich auf Götter wie Wotan zurück. Insofern würde ich der These nicht folgen, germanische Könige hätten nicht versucht, sich als gottgleich darzustellen. Dennoch war das Stammesgebiet bis in Chlodwigs Regierungszeit hinein auf verschiedene Königsherrschaften aufgeteilt. Nach dem Tod Chlodwigs wurde das Frankenreich wiederum auf dessen 4 Söhne gleichmäßig aufgeteil. Dies passierte, obwohl Chlodwig zum Christentum übergetreten war. Wenn man dann die Geschichte weiterverfolgt, sieht man, daß eine weitere Zersplitterung auch eines christlichen Reiches unter zahleiche Fürsten nicht selten war. Dies widerspricht der These, daß christliche Reiche wesentlich stabiler waren, als vorchristliche. Ich denke, es hat vor allem mit der Macht des jeweiligen Königs zu tun, der gerade an der Regierung ist und auch die Machtgrundlage (Besitz an Grund und Boden) spielt eine große Rolle. Solange es bei den Germanen vor allem feie Bauern gab, von denen jeder sein eigenes Land besaß, solange hatte es jeder König schwer. Erst als die Merowinger alleinige Besitzer allen Landes im Reich wurden, welches sie nach belieben zu Lehen geben und auch wieder einziehen konnten, war ihre Macht gefestigt.
Auf Norwegen übertragen dürfte die Situation noch schwieriger gewesen sein, da jeder Fjord relativ abgeschieden war und eine Zusammenfassung zu einem Königreich dementspechend schwieriger gewesen sein dürfte. Ähnlich stelle ich mir das für Dänemark vor mit den zahlreichen Inseln.
Dennoch muß es Gründe gegeben haben, warum gerade der Adel der germanischen Stämme den Übertritt zum Christentum vorantrieb. So wird in einem Buch über die Wikinger erwähnt, daß der Übergang zum Christentum die Vielzahl an Brauchtümern der einzelnen Stämme überwinden half und die Könige darin eine Möglichkeit sahen und daß durch den Zusammenschluß der Bevölkerung unter die Kirche ihre eigenen Versuche unterstützt wurde, einen einheitlichen politischen Staat zu schaffen.
Im Grunde geht es also darum, die Institution Kirche als zusätzliches Machtinstrument des Königs einzusetzen. Das war mit dem alten Glauben so nicht möglich. Und damit sehe ich druchaus auch Parallelen zu den Franken, wo Chlodwig ebenfalls aus politischem Kalkül zum Katholizismus übertrat.
[quote="Vergobret"]Moin,
im letztmonatigen Heft der G/Geschichte zu den Wikingern, wird in einem Artikel die These aufgeworfen, dass die Hinwendung zu Christentum der Wikinger schließlich darauf beruhte, dass die Entwicklung zu größeren Königreichen in Skandinavien eine Ideologie brauchte, die dem König eine neue Legitimität brauchte. Nämlich jene die Macht von Gott erhalten zu haben.
Davor haben Christentum und nordischer Götterglaube lange nebeneinander existiert - friedlich. Ab der Königreichbildung über ganz Norwegen - also weg von den Kleinkönigen der Jahrhunderte zuvor - musste das Verhalten und der hohe Status jedes Einzelnen dann vermieden werden. Es musste sich widerspruchslos einer Macht unterworfen werden. Mit dem alten Glauben wäre das nicht möglich gewesen, nur mit dem Christentum. Darum die Einflussnahme der Könige in Richtung Christentum.
Soweit die These, sehr interessant finde ich.
Meine Frage an die Gemeinsschaft hier:
Gibt es für eine ähnliche Entwicklung weitere Beispiele bzgl. des Christentums bzw. dessen Verbreitung?
und
Warum ist die Möglichkeit den Herrschenden zum Gottgleichen zu machen (vgl. römische Kaiser, Ägypten) nicht bei den Wikingern zum tragen gekommen?[/quote]
Interessante Frage zu einem interessanten Thema.
Ich würde bei der Beantwortung der Frage auf die Franken ausweichen, weil ich über deren Geschichte mehr weiß, der Götterglaube bei den Germanen sich aber sehr ähnelte.
Also die Merowinger führten ihre Herkunft tatsächlich auf Götter wie Wotan zurück. Insofern würde ich der These nicht folgen, germanische Könige hätten nicht versucht, sich als gottgleich darzustellen. Dennoch war das Stammesgebiet bis in Chlodwigs Regierungszeit hinein auf verschiedene Königsherrschaften aufgeteilt. Nach dem Tod Chlodwigs wurde das Frankenreich wiederum auf dessen 4 Söhne gleichmäßig aufgeteil. Dies passierte, obwohl Chlodwig zum Christentum übergetreten war. Wenn man dann die Geschichte weiterverfolgt, sieht man, daß eine weitere Zersplitterung auch eines christlichen Reiches unter zahleiche Fürsten nicht selten war. Dies widerspricht der These, daß christliche Reiche wesentlich stabiler waren, als vorchristliche. Ich denke, es hat vor allem mit der Macht des jeweiligen Königs zu tun, der gerade an der Regierung ist und auch die Machtgrundlage (Besitz an Grund und Boden) spielt eine große Rolle. Solange es bei den Germanen vor allem feie Bauern gab, von denen jeder sein eigenes Land besaß, solange hatte es jeder König schwer. Erst als die Merowinger alleinige Besitzer allen Landes im Reich wurden, welches sie nach belieben zu Lehen geben und auch wieder einziehen konnten, war ihre Macht gefestigt.
Auf Norwegen übertragen dürfte die Situation noch schwieriger gewesen sein, da jeder Fjord relativ abgeschieden war und eine Zusammenfassung zu einem Königreich dementspechend schwieriger gewesen sein dürfte. Ähnlich stelle ich mir das für Dänemark vor mit den zahlreichen Inseln.
Dennoch muß es Gründe gegeben haben, warum gerade der Adel der germanischen Stämme den Übertritt zum Christentum vorantrieb. So wird in einem Buch über die Wikinger erwähnt, daß der Übergang zum Christentum die Vielzahl an Brauchtümern der einzelnen Stämme überwinden half und die Könige darin eine Möglichkeit sahen und daß durch den Zusammenschluß der Bevölkerung unter die Kirche ihre eigenen Versuche unterstützt wurde, einen einheitlichen politischen Staat zu schaffen.
Im Grunde geht es also darum, die Institution Kirche als zusätzliches Machtinstrument des Königs einzusetzen. Das war mit dem alten Glauben so nicht möglich. Und damit sehe ich druchaus auch Parallelen zu den Franken, wo Chlodwig ebenfalls aus politischem Kalkül zum Katholizismus übertrat.