von ehemaliger Autor K. » 29.10.2012, 12:57
zu Peppone:
Mein Vorschlag:
Jede Hochkultur beginnt mit einem demokratischen Stadium, das aber noch nicht unbedingt zum Stadium der Hochkultur gezählt werden kann.
Damit könnte ich mich notfalls anfreunden. Die Frage ist natürlich, ob uns dies viel weiterbringt, denn wir brauchen nur bei jedem Volk weit genug in die Vergangenheit zu gehen, um überall irgendwann auch demokratische Strukturen zu finden, spätestens bei den Jägern und Sammlern. Deshalb gab es in jeder Kultur anfänglich Demokratie, nicht nur bei den Hochkulturen, sondern überall. Das ist aber nun viel zu allgemein. Die meisten Hochkulturen zeichnen sich gerade dadurch aus, dass bei ihnen diese demokratischen Elemente verschwunden sind.
Unter Demokratie verstehe ich übrigens: Mitwirkung eines größeren Teiles der Bevölkerung an den wichtigsten politischen Entscheidungen, z.B. die Wahl der Führer etc. Demokratie ist es auch noch, wenn Frauen nicht wahlberechtigt sind, wenn von den Männern auch nicht alle das Wahlrecht haben weil es etwa ein Zensuswahlrecht gibt, Sklaven und Fremde nicht wählen können und damals in Athen vielleicht nur 20-25% der Bürger überhaupt sich demokratisch artikulieren konnten.
Eine Hochkultur hat folgende Kennzeichen:
Eine hinreichend produktive Landwirtschaft, die auch einen größeren Teil von Personen unterhalten kann, die nicht in der Primärproduktion tätig sein. Nur dann ist eine Arbeitsteilung möglich, die die Entstehung von Handwerkern, Kaufleuten, Kriegern, Verwaltungspersonal, Priestern etc. überhaupt erst ermöglicht
Die Existenz von stadtähnlichen Siedlungen
Eine Regierung, die das Machtmonopol weitgehend errungen hat, damit ihre Anordnungen auch durchgesetzt werden können
Die Gesetzgebung durch Monarchen und Priestern. Diese ersetzen die frühere Gesetzbildung durch Dorfgemeinschaften oder Clanchefs
Eine institutionalisierte hierarchische Ordnung der Verwaltung und der Versuch, die Gesellschaft von oben her zu planen und zu organisieren (Bewässerungsbauten, Kultbauten, auch Pyramidenbau, chinesische Mauer etc.)
Aufgrund der archäologischen Befunde zeigen sich die weitaus meisten Hochkulturen bereits im ganzen frühen Stadium als hierarchische, undemokratische Ordnungssysteme. Dies kennen wir natürlich von den Stromuferkulturen her, aber auch in kleineren Gemeinschaften, wie bei den Etruskern oder den frühen Griechen haben wir Könige und einen Erbadel. Die Frage ist natürlich, wann wir eine Kultur als Hochkultur gelten lassen. Wenn wir aber die obigen Kriterien nehmen, gehören auch sie dazu.
Hatten sie vielleicht vorher eine demokratische Phase? Vielleicht. Ich glaube ja. Solange wir das aber nicht beweisen können, muss diese Frage zunächst offen bleiben.
Vieles spricht dafür, dass die demokratischen Elemente oftmals schon lange vor der Erreichung der Hochkultur verloren gehen. Das zeigt zumindest die Entwicklungsdynamik tribaler Strukturen, die ja der Hochkultur zeitlich vorgelagert sind. Bei ausreichender Produktivität der Landwirtschaft und einer entsprechender Bevölkerungsanzahl wird das Häuptlingsamt bald erblich, er umgibt sich mit einer loyalen Gefolgschaft, der Rat der Sippenältesten tritt an Stelle der Volksversammlung, diese Clanchefs werden eine privilegierte Schicht. In einem zweiten Stadium unterwirft der Stamm andere Stämme, deren Führungsschichten werden in das System integriert. Jetzt ist das Gebiet auch hinreichend groß, um sich zu einer Hochkultur zu entwickeln. Die demokratischen Elemente wurden schon lange vorher zurückgedrängt. Manchmal gelingt es später wieder, die Macht der Herrscher zu brechen oder zu beschneiden, wie in Rom oder Athen. Historisch gesehen sind diese Ausnahmefälle.
zu Peppone
Ich habe aber ein weiteres Merkmal gefunden, das allen Hochkulturen zu eigen sein müsste: Am Anfang steht immer ein Stadium, in dem Priester die Oberherrschaft ausüben.
In Ägypten die ersten Könige und Pharaonen, bei den Shang waren es ebenfalls Priesterkönige, bei den Sumerern ebenfalls. Auch die Mayakönige waren Priesterkönige, dito die ersten etruskischen Stadtherrscher und höchstwahrscheinlich auch die minoischen Herrscher. Harappa-Kultur, Mykener? Zumindest haben da die Priester ein gehöriges Wort bei der Herrschaftsausübung mitgeredet.
Sind am Anfang die Könige gleichzeitig Priester? Möglich, dass weltliche und geistliche Macht zunächst vereint war. Bei vielen Stämmen sind das Häuptlingsamt und das Priesteramt getrennt. Ob es sich zwangsläufig später vereinen muss? Wissenschaftler verneinen dies meistens. Der Pharao galt oftmals als Gott, war aber weltlicher Herrscher, kein Priester. Er vollzog nur wenige Rituale, dafür gab es eine gesonderte Priesterschaft. Man kann sich darüber streiten. Die frühen etruskischen oder griechischen Herrscher waren zumindest keine Priester. Wohl behaupteten aber einige, dass sie von Göttern abstammten.
[quote]zu Peppone:
Mein Vorschlag:
Jede Hochkultur beginnt mit einem demokratischen Stadium, das aber noch nicht unbedingt zum Stadium der Hochkultur gezählt werden kann. [/quote]
Damit könnte ich mich notfalls anfreunden. Die Frage ist natürlich, ob uns dies viel weiterbringt, denn wir brauchen nur bei jedem Volk weit genug in die Vergangenheit zu gehen, um überall irgendwann auch demokratische Strukturen zu finden, spätestens bei den Jägern und Sammlern. Deshalb gab es in jeder Kultur anfänglich Demokratie, nicht nur bei den Hochkulturen, sondern überall. Das ist aber nun viel zu allgemein. Die meisten Hochkulturen zeichnen sich gerade dadurch aus, dass bei ihnen diese demokratischen Elemente verschwunden sind.
Unter Demokratie verstehe ich übrigens: Mitwirkung eines größeren Teiles der Bevölkerung an den wichtigsten politischen Entscheidungen, z.B. die Wahl der Führer etc. Demokratie ist es auch noch, wenn Frauen nicht wahlberechtigt sind, wenn von den Männern auch nicht alle das Wahlrecht haben weil es etwa ein Zensuswahlrecht gibt, Sklaven und Fremde nicht wählen können und damals in Athen vielleicht nur 20-25% der Bürger überhaupt sich demokratisch artikulieren konnten.
Eine Hochkultur hat folgende Kennzeichen:
Eine hinreichend produktive Landwirtschaft, die auch einen größeren Teil von Personen unterhalten kann, die nicht in der Primärproduktion tätig sein. Nur dann ist eine Arbeitsteilung möglich, die die Entstehung von Handwerkern, Kaufleuten, Kriegern, Verwaltungspersonal, Priestern etc. überhaupt erst ermöglicht
Die Existenz von stadtähnlichen Siedlungen
Eine Regierung, die das Machtmonopol weitgehend errungen hat, damit ihre Anordnungen auch durchgesetzt werden können
Die Gesetzgebung durch Monarchen und Priestern. Diese ersetzen die frühere Gesetzbildung durch Dorfgemeinschaften oder Clanchefs
Eine institutionalisierte hierarchische Ordnung der Verwaltung und der Versuch, die Gesellschaft von oben her zu planen und zu organisieren (Bewässerungsbauten, Kultbauten, auch Pyramidenbau, chinesische Mauer etc.)
Aufgrund der archäologischen Befunde zeigen sich die weitaus meisten Hochkulturen bereits im ganzen frühen Stadium als hierarchische, undemokratische Ordnungssysteme. Dies kennen wir natürlich von den Stromuferkulturen her, aber auch in kleineren Gemeinschaften, wie bei den Etruskern oder den frühen Griechen haben wir Könige und einen Erbadel. Die Frage ist natürlich, wann wir eine Kultur als Hochkultur gelten lassen. Wenn wir aber die obigen Kriterien nehmen, gehören auch sie dazu.
Hatten sie vielleicht vorher eine demokratische Phase? Vielleicht. Ich glaube ja. Solange wir das aber nicht beweisen können, muss diese Frage zunächst offen bleiben.
Vieles spricht dafür, dass die demokratischen Elemente oftmals schon lange vor der Erreichung der Hochkultur verloren gehen. Das zeigt zumindest die Entwicklungsdynamik tribaler Strukturen, die ja der Hochkultur zeitlich vorgelagert sind. Bei ausreichender Produktivität der Landwirtschaft und einer entsprechender Bevölkerungsanzahl wird das Häuptlingsamt bald erblich, er umgibt sich mit einer loyalen Gefolgschaft, der Rat der Sippenältesten tritt an Stelle der Volksversammlung, diese Clanchefs werden eine privilegierte Schicht. In einem zweiten Stadium unterwirft der Stamm andere Stämme, deren Führungsschichten werden in das System integriert. Jetzt ist das Gebiet auch hinreichend groß, um sich zu einer Hochkultur zu entwickeln. Die demokratischen Elemente wurden schon lange vorher zurückgedrängt. Manchmal gelingt es später wieder, die Macht der Herrscher zu brechen oder zu beschneiden, wie in Rom oder Athen. Historisch gesehen sind diese Ausnahmefälle.
[quote]zu Peppone
Ich habe aber ein weiteres Merkmal gefunden, das allen Hochkulturen zu eigen sein müsste: Am Anfang steht immer ein Stadium, in dem Priester die Oberherrschaft ausüben.
In Ägypten die ersten Könige und Pharaonen, bei den Shang waren es ebenfalls Priesterkönige, bei den Sumerern ebenfalls. Auch die Mayakönige waren Priesterkönige, dito die ersten etruskischen Stadtherrscher und höchstwahrscheinlich auch die minoischen Herrscher. Harappa-Kultur, Mykener? Zumindest haben da die Priester ein gehöriges Wort bei der Herrschaftsausübung mitgeredet.[/quote]
Sind am Anfang die Könige gleichzeitig Priester? Möglich, dass weltliche und geistliche Macht zunächst vereint war. Bei vielen Stämmen sind das Häuptlingsamt und das Priesteramt getrennt. Ob es sich zwangsläufig später vereinen muss? Wissenschaftler verneinen dies meistens. Der Pharao galt oftmals als Gott, war aber weltlicher Herrscher, kein Priester. Er vollzog nur wenige Rituale, dafür gab es eine gesonderte Priesterschaft. Man kann sich darüber streiten. Die frühen etruskischen oder griechischen Herrscher waren zumindest keine Priester. Wohl behaupteten aber einige, dass sie von Göttern abstammten.