Entstehung von Oligarchien in Parteien
Verfasst: 21.09.2015, 12:38
Der deutsch-italienische Soziologe Robert Michels, ein Schüler von Max Weber, untersuchte 1911 die SPD, um eine Studie über die interne Struktur von Mitgliederparteien zu erstellen. Sein Hauptwerk: „Zur Soziologie des Parteiwesens in der modernen Demokratie. Untersuchungen über die oligarchischen Tendenzen des Gruppenlebens“ ist noch heute das Standardwerk über die Parteisoziologie, auch wenn der Autor durch seine Nähe zum italienischen Faschismus suspekt ist. Er kam zu der Erkenntnis, dass auch in demokratischen Parteien, in denen die Mitglieder die Führung wählen und es parteiinterne Diskussionen gibt, sich Oligarchien herausbilden, die eine beherrschende Stellung einnehmen. Er glaubt, hier eine Gesetzmäßigkeit zu erkennen und spricht vom „ehernen Gesetz der Oligarchie“. Dass sich solche Gruppen herausbilden, hat seiner Ansicht nach vor allem drei Gründe:
Die Notwendigkeit der Organisation
Wenn eine Partei nicht eine bedeutungslose Sekte bleiben will, braucht sie eine Organisation, aber Organisation bedeutet Bürokratie und somit einen ersten Ansatzpunkt in Richtung Oligarchie. Aber eine Verwaltung ist notwendig, mit dem Wachstum der Aufgaben auch unentbehrlich und sie erhöht die Schlagkraft. Die SPD hatte seinerzeit 2 Millionen Wähler über das Land verbreitet, ein halbes Hundert Abgeordnete allein im Reichstag, besaß Dutzende von Zeitungen, hielt tausende von Versammlungen im Jahr ab. Die komplizierten organisatorischen Maßnahmen konnte man nicht mit Freiwilligen bewältigten, die dafür ihre Freizeit opferten, sondern man brauchte einen Apparat. Damals sprach man schon von proletarischen Beamten. So eine Organisation muss geleitet und strukturiert werden von Führungskräften, der neuen Oligarchie. Solange eine Partei sehr klein ist, werden nur Idealisten Mitglied sein. Bekommt sie aber eine gewisse Größe und ist auch in den staatlichen Organen vertreten in Form von Abgeordneten, zieht sie viele Personen an, denen es auch vor allem um persönliche Karrieren geht, die Beziehungen knüpfen möchten, die Macht und Einfluss haben wollen. Durch solche Leute kann die Partei korrumpiert werden, und nach Meinung von Michels entwickelt die Oligarchie Eigeninteressen, um die Macht zu behaupten und vertritt nicht mehr notwendig die Interessen der Mitglieder. Wenn sie vielleicht ursprünglich eine Oppositionspartei gewesen ist, kann sie als Regierungspartei dann schnell mit den staatlichen Organen verschmelzen und korrigiert alte Forderungen von ihr, schwächt sie ab oder verwirft sie ganz.
Individualpsychologischer Gründe
Nicht jeder kann Mitglied der Oligarchie werden. Wichtig ist nach Michels, dass die Führungspersonen ein Charisma haben. Dies ist vielleicht schon da oder wird erworben. Führungspersonen müssen rhetorisch anderen überlegen sein, gut argumentieren können, Durchsetzungsvermögen besitzen, heute auch telegen sein, sie sollten Kompetenz und Zuversicht ausstrahlen, sie benötigen eine soziale Intelligenz, das heißt, sie können die Bedürfnisse und Wünsche von Mitgliedern und Wählern erkennen und formulieren. Da längst nicht alle ein Charisma besitzen oder solche Fähigkeiten haben, schränkt dies die Auswahl der Führungskräfte ein. Diese suchen sich ihre Mitarbeiter und Mitstreiter aus und bauen so Kerngruppen auf, die zukünftigen Oligarchien. Es kann sich ein Klientelsystem entwickeln.
(Anmerkung von mir: Der hohe Anteil von Juristen in der Politik erklärt sich wohl nicht nur daraus, dass es hier vielfach um Gesetze geht, sondern das Juristen die erforderlichen Fertigkeiten schon aufgrund ihres Berufes benötigen.)
Massenpsychologie
Die meisten Mitglieder haben ein Führungsbedürfnis. Es ist bequemer und einfacher, geführt zu werden, als selber zu führen. Dies können ohnehin nur wenige. Wie bei einer Herde von Säugetieren folgen sie laut Michels dem Leithammel und vertrauen ihm. Diese menschliche Eigenschaft kommt der Oligarchie entgegen. Da die meisten Mitglieder sich nicht hauptberuflich der Politik widmen können, ist ihre Kompetenz in vielen Fragen der Kompetenz der Politprofis unterlegen. Der Oligarchie gelingt es deshalb, auf den Parteitagen ihre Mitglieder zu beeinflussen und deren Meinung in gewünschte Bahnen zu lenken. Auch in demokratischen Parteien stehen auf Parteitagen meistens nur wenige Bewerber als Vorsitzende zur Auswahl, wenn überhaupt, und die erhalten häufig Mehrheiten von 90% und darüber hinaus. Das erinnert manchmal an kommunistische Parteitage. Die Macht der Parteitage ist wesentlich geringer als angenommen wird, In der Regel geht es nur darum, Entscheidungen durchzuwinken, die von der Oligarchie schon getroffen wurden.
Auch in demokratischen Organisationen kommen es laut Michels zur Entstehung von Oligarchien und dies nicht nur in Parteien, sondern fast überall in Verbänden und Vereinen.
Die Notwendigkeit der Organisation
Wenn eine Partei nicht eine bedeutungslose Sekte bleiben will, braucht sie eine Organisation, aber Organisation bedeutet Bürokratie und somit einen ersten Ansatzpunkt in Richtung Oligarchie. Aber eine Verwaltung ist notwendig, mit dem Wachstum der Aufgaben auch unentbehrlich und sie erhöht die Schlagkraft. Die SPD hatte seinerzeit 2 Millionen Wähler über das Land verbreitet, ein halbes Hundert Abgeordnete allein im Reichstag, besaß Dutzende von Zeitungen, hielt tausende von Versammlungen im Jahr ab. Die komplizierten organisatorischen Maßnahmen konnte man nicht mit Freiwilligen bewältigten, die dafür ihre Freizeit opferten, sondern man brauchte einen Apparat. Damals sprach man schon von proletarischen Beamten. So eine Organisation muss geleitet und strukturiert werden von Führungskräften, der neuen Oligarchie. Solange eine Partei sehr klein ist, werden nur Idealisten Mitglied sein. Bekommt sie aber eine gewisse Größe und ist auch in den staatlichen Organen vertreten in Form von Abgeordneten, zieht sie viele Personen an, denen es auch vor allem um persönliche Karrieren geht, die Beziehungen knüpfen möchten, die Macht und Einfluss haben wollen. Durch solche Leute kann die Partei korrumpiert werden, und nach Meinung von Michels entwickelt die Oligarchie Eigeninteressen, um die Macht zu behaupten und vertritt nicht mehr notwendig die Interessen der Mitglieder. Wenn sie vielleicht ursprünglich eine Oppositionspartei gewesen ist, kann sie als Regierungspartei dann schnell mit den staatlichen Organen verschmelzen und korrigiert alte Forderungen von ihr, schwächt sie ab oder verwirft sie ganz.
Individualpsychologischer Gründe
Nicht jeder kann Mitglied der Oligarchie werden. Wichtig ist nach Michels, dass die Führungspersonen ein Charisma haben. Dies ist vielleicht schon da oder wird erworben. Führungspersonen müssen rhetorisch anderen überlegen sein, gut argumentieren können, Durchsetzungsvermögen besitzen, heute auch telegen sein, sie sollten Kompetenz und Zuversicht ausstrahlen, sie benötigen eine soziale Intelligenz, das heißt, sie können die Bedürfnisse und Wünsche von Mitgliedern und Wählern erkennen und formulieren. Da längst nicht alle ein Charisma besitzen oder solche Fähigkeiten haben, schränkt dies die Auswahl der Führungskräfte ein. Diese suchen sich ihre Mitarbeiter und Mitstreiter aus und bauen so Kerngruppen auf, die zukünftigen Oligarchien. Es kann sich ein Klientelsystem entwickeln.
(Anmerkung von mir: Der hohe Anteil von Juristen in der Politik erklärt sich wohl nicht nur daraus, dass es hier vielfach um Gesetze geht, sondern das Juristen die erforderlichen Fertigkeiten schon aufgrund ihres Berufes benötigen.)
Massenpsychologie
Die meisten Mitglieder haben ein Führungsbedürfnis. Es ist bequemer und einfacher, geführt zu werden, als selber zu führen. Dies können ohnehin nur wenige. Wie bei einer Herde von Säugetieren folgen sie laut Michels dem Leithammel und vertrauen ihm. Diese menschliche Eigenschaft kommt der Oligarchie entgegen. Da die meisten Mitglieder sich nicht hauptberuflich der Politik widmen können, ist ihre Kompetenz in vielen Fragen der Kompetenz der Politprofis unterlegen. Der Oligarchie gelingt es deshalb, auf den Parteitagen ihre Mitglieder zu beeinflussen und deren Meinung in gewünschte Bahnen zu lenken. Auch in demokratischen Parteien stehen auf Parteitagen meistens nur wenige Bewerber als Vorsitzende zur Auswahl, wenn überhaupt, und die erhalten häufig Mehrheiten von 90% und darüber hinaus. Das erinnert manchmal an kommunistische Parteitage. Die Macht der Parteitage ist wesentlich geringer als angenommen wird, In der Regel geht es nur darum, Entscheidungen durchzuwinken, die von der Oligarchie schon getroffen wurden.
Auch in demokratischen Organisationen kommen es laut Michels zur Entstehung von Oligarchien und dies nicht nur in Parteien, sondern fast überall in Verbänden und Vereinen.