dieter hat geschrieben:Marek1964 hat geschrieben:Man musste halt in Europa eine klare Grenze ziehen, nachdem sich die Regelungen von Versailles nicht bewährt hatten.
Lieber Marek,
Du machst es Dir sehr einfach, die klare Grenze war gar nicht klar, weil die ehemaligen Ostgebiete bis 1990 und Deutschen Vereinigung nur unter polnischer und russischer Verwaltung standen und Deutschland geteilt war. Die Klare Grenze war eine Mauer mitten durch Berlin,
Gemeint habe ich die Ostgrenze, die innerdeutsche Grenze, vor allem die in Berlin war ja nicht dauerhauft beabsichigt, ist es aus einem Provisorium geworden.
dieter hat geschrieben:In der Tschechoslowakei wurden 80.000 Deutsche masakriert, die Leichen schwammen auf der Elbe bis nach Dresden.
Die Massaker sind natürlich durch nichts zu rechtfertigen oder zu entschuldigen. Sie wurden in erster Linie von den Roten Garden verübt, die Kommunisten schürten den ohnehin vorhandenen Hass. Es gab aber in dem wieder einiger Massen demokratischen Land Proteste dagegen, ein Onkel von mir, ein Pfarrer, versuchte wilde Erschiessungen zu verhindern. Der Politiker Zdeněk Fierlinger wollte, dass die Regierung eine Erklärung abgibt, dass die Lynchjustiz einzustellen sei. Er wurde aber überstimmt.
Die genaue Zahl der Opfer ist umstritten, die in Ende neunziger Jahre gebildete Deutsch-Tschechische Historikerkommission führt die Zahl 15-30 000.
dieter hat geschrieben:Du wirst nun das Naziregime anführen. Böhmen und Mähren ging es bis zur Ermordung Heidrichs im Verhältnis zu anderen besetzten Ländern gut, weil die deutsche Führung die Skoda-Werke für die Kriegswirtschaft brauchte. Das nach der Ermordung Heidrichs eine tschechische Ortschaft liquidiert wurde, ist ein Verbrechen auch KZ Theresienstadt ist ein Verbrechen, Das erlaubt aber nicht generell Deutsche zu massakrieren, die deutsche Bevölkerung, die dort seit Jahrhunderten saß zu vertreiben. Auch die Benesch-Dekrete, in dem die Tschechen von ihren Präsidenten straffrei gestellt wurden, machen die Sache nicht besser sondern schlimmer.
Das Argument, es ging den Tschechen im Verhältnis zu Polen oder der Sowjetunion relativ gut, halte ich für äusserst problematisch. Es ist richtig, in Polen oder der Sowjetunion war es viel schlimmer. Aber der Wille der Nazi Politik, die Tschechen als Nation langfristig zu vernichten, wurde je länger der Krieg dauerte, desto klarer. Schon im November 1939 wurden die tschechischen Hochschulen geschlossen und nicht mehr geöffnet. Ein deutscher Oberlehrer, an den sich meine Mutter erinnerte, sprach davon, die Tschechen seien nur für "Schaufel und Pickel" gut. Das widerspricht allerdings der Bedeutung der tschechischen Rüstungsindustrie, die Du richtigerweise erwähnst (das beinhaltete nicht nur Škoda), die in ihrer Qualität sehr geschätzt wurde.
Vor allem mit dem Antritt Heydrichs wurden systematisch ehemalige Eliten der ersten tschechoslowakischen Republik liquidiert. Unter diesen Leuten hätten sich zweifellos Humanisten gefunden, die die Exzesse nach dem Krieg zu verhindern oder zu mildern versucht hätten.
Was aber am Besatzungsregime besonders war, dass man die Terrorakte nach dem Attentat auf Heydrich öffentlich publik machte - die Erschiessung aller männlichen Einwohner von Lidice, obschon der Gestapo klar war, dass dort keine Verbindungen zu den Attentätern gab. Auch vorher wie nachher wurden Hinrichtungen öffentlich bekanntgegeben.
Jeden konnte es treffen, dass er wegen eines Verdachts oder einer Denunziation in die Fänge der Gestapo geriet und dann mitsamt seiner Famlie erschossen wurde. Die Tschechen sollten im Falle eines Endsiegs entweder germanisiert oder nach Russland deportiert, oder liquidiert werden. Das perverse Nazi System sorgte dafür, dass die Deutschen insgesamt als Gefahr gesehen wurden. Selbst Kinder betätigten sich gerne als Denunzianten.
Durch dies Alles wurde ein Hass geschürt, der sich durch den Wahnsinn des Kampfes bis zum Schluss, nochmals steigerte. Die SS zerschoss noch am 5. Mai das Prager Rathaus, noch am 13. Mai kämpften die letzten versprengten SS Männer in Prag.
Ein Zusammenleben von Deutschen und Tschechen ebenso wie mit Polen und Deutschen war in jenen Zeiten nicht zu denken. Wir können uns das wohl heute nicht mehr vorstellen.
Die Nazis setzten ohne Not eine Gewaltorgie in Gang, die nach dem Krieg Reaktionen hervorrief, die sicher zu verurteilen sind, aber als Folge dieses blutigen Va banque Spiels gesehen werden müssen.
Es mussten deshalb homogene Nationalstaaten geschaffen werden. Dass Stalin und die Kommunisten das noch für ihre Machtpolitik nutzten und die Grenzen nicht gerade zum Vorteil von Deutschland gezogen wurden, ist auch klar.
Es sorgte aber immerhin für bis heute anhaltende Stabilität in Europa. Schwer vorstellbar, wie es damals anders hätte gemacht werden können.