Widerstandsbegriff - Definition, Abgrenzung
Verfasst: 28.03.2014, 08:54
Die Fragen „wie definiert man Widerstand“ und „was ist Widerstand“ beschäftigen die Forschung seit dem Ende des zweiten Weltkrieges. Dabei wird versucht, die unterschiedlichen Handlungen in Modelle einzuordnen. Eberhard Bethges Modell aus dem Jahr 1963 war noch stark vom Attentat des 20. Juli 1944 geprägt. Er stellte ein Fünfstufenmodell auf, worin er die unterste Stufe mit „einfachem passiven Widerstand“, die oberste mit „aktiver politischer Konspiration“ bezeichnete. Dabei geht es vor allem um die Beseitigung der NS-Regierung. Detlev Peukert erstellte 1981 ein Vierstufenmodell. Er bezeichnete die unterste Stufe seines Modelles als „Nonkonformität“, womit das passive Verhalten gegenüber dem NS-Regime gemeint ist. Widerstand als solches bedeutet für ihn ein Staatsstreich, in welchem das Regime beseitigt wird. 1987 führte Martin Broszat den Begriff „Resistenz“ in die Widerstandsforschung ein. Damit ist die „wirksame Abwehr, Begrenzung, Eindämmung der NS-Herrschaft gleichgültig von welchen Motiven“ gemeint. Dieser Begriff führte zu kritischen Stimmen, da er mit dem französischen Begriff „résistance“, dem italienischen „resistenza“ und dem englischen „resistance“ übereinstimme und damit zu einer Auflösung des Widerstandsbegriffes führe.
Ian Kershaws führte 1985 den Begriff „Dissens“ ein. Er unterscheidet zwischen dem Verhalten, welches sich fundamental gegen das Regime richtet, indem ein Staatsstreich vorbereitet wird, und allen anderen Formen von Widerstand. Den „Dissens“-Begriff verfeinert er noch in drei Unterbereiche: „sozio-ökonomischer Dissens“, „Dissens im konfessionellen Bereich“ und „Dissens gegenüber der Rassenpolitik“. Bei allen Widerstandsmodellen fehlt ein expliziter Widerstand von Juden. Die vorgestellten Stufenmodelle schliessen einzelne Widerstandsbereiche aus. Peter Steinbach erklärte dies damit, dass „intentional, von vornherein politisch vielleicht als anstössig empfundene Widerstandsbereiche“ nicht in diesen Modellen erfasst wurden, und dass Widerstand nicht einfach ein „Wortfeld“ darstellt. Der Widerstand von Juden beinhaltet eine Mehrdimensionalität, die man nicht auf eine politische Grundeinstellung, die Religion oder auf die rassistischen NS-Kriterien reduzieren kann. Wie bei den andern Widerstandsgruppen gab es auch beim Widerstand von Juden unterschiedliche Formen und Einstellungen des Widerstandes. Wie der Widerstand der deutschen Gruppen war auch der Widerstand der Juden keine homogene Erscheinung. Auffällig ist, dass die aktivsten jüdischen Gruppen politisch eher den Kommunisten oder Sozialdemokraten nahestanden als den Bürgerlich-Liberalen oder den Konservativen. Die jüdische Religion spielte in diesen Gruppen keine oder nur eine geringe Rolle. Einzig die zionistische Gruppe „Chug Chaluzi“ definierte ihren Widerstand über die jüdische Religion.
Beim Widerstand von Juden muss man eines beachten: da die Juden durch die NS-Herrschaft verfolgt wurden, waren sie, anders als die anderen deutschen Widerstandsgruppen, besonders gefährdet. Ein kommunistischer Jude war einem doppelten Risiko ausgesetzt, erstens durch seine politische Gesinnung und zweites weil er Jude oder Jüdin war.
Literatur:
Filser, Karl: Dissens, Resistenz, politischer Protest. Zum Widerstandsbegriff in der deutschen Historiographie der Nachkriegszeit. Vortrag bei der Jahrestagung der Internationalen Gesellschaft für Geschichtsdidaktik in Kreisau. 1999.
Tuchel, Johannes: Widerstand von Juden im nationalsozialistischen Deutschland. Rahmenbedingungen und weiterführende Fragen. In: Kosmala, Beate und Schoppmann Claudia (Hrsg.): Solidarität und Hilfe für Juden während der NS-Zeit. Überleben im Untergrund. Hilfe für Juden in Deutschland 1941 – 1945. Band 5. Metropol Verlag Berlin. 2002. S. 257 – 272.
Ian Kershaws führte 1985 den Begriff „Dissens“ ein. Er unterscheidet zwischen dem Verhalten, welches sich fundamental gegen das Regime richtet, indem ein Staatsstreich vorbereitet wird, und allen anderen Formen von Widerstand. Den „Dissens“-Begriff verfeinert er noch in drei Unterbereiche: „sozio-ökonomischer Dissens“, „Dissens im konfessionellen Bereich“ und „Dissens gegenüber der Rassenpolitik“. Bei allen Widerstandsmodellen fehlt ein expliziter Widerstand von Juden. Die vorgestellten Stufenmodelle schliessen einzelne Widerstandsbereiche aus. Peter Steinbach erklärte dies damit, dass „intentional, von vornherein politisch vielleicht als anstössig empfundene Widerstandsbereiche“ nicht in diesen Modellen erfasst wurden, und dass Widerstand nicht einfach ein „Wortfeld“ darstellt. Der Widerstand von Juden beinhaltet eine Mehrdimensionalität, die man nicht auf eine politische Grundeinstellung, die Religion oder auf die rassistischen NS-Kriterien reduzieren kann. Wie bei den andern Widerstandsgruppen gab es auch beim Widerstand von Juden unterschiedliche Formen und Einstellungen des Widerstandes. Wie der Widerstand der deutschen Gruppen war auch der Widerstand der Juden keine homogene Erscheinung. Auffällig ist, dass die aktivsten jüdischen Gruppen politisch eher den Kommunisten oder Sozialdemokraten nahestanden als den Bürgerlich-Liberalen oder den Konservativen. Die jüdische Religion spielte in diesen Gruppen keine oder nur eine geringe Rolle. Einzig die zionistische Gruppe „Chug Chaluzi“ definierte ihren Widerstand über die jüdische Religion.
Beim Widerstand von Juden muss man eines beachten: da die Juden durch die NS-Herrschaft verfolgt wurden, waren sie, anders als die anderen deutschen Widerstandsgruppen, besonders gefährdet. Ein kommunistischer Jude war einem doppelten Risiko ausgesetzt, erstens durch seine politische Gesinnung und zweites weil er Jude oder Jüdin war.
Literatur:
Filser, Karl: Dissens, Resistenz, politischer Protest. Zum Widerstandsbegriff in der deutschen Historiographie der Nachkriegszeit. Vortrag bei der Jahrestagung der Internationalen Gesellschaft für Geschichtsdidaktik in Kreisau. 1999.
Tuchel, Johannes: Widerstand von Juden im nationalsozialistischen Deutschland. Rahmenbedingungen und weiterführende Fragen. In: Kosmala, Beate und Schoppmann Claudia (Hrsg.): Solidarität und Hilfe für Juden während der NS-Zeit. Überleben im Untergrund. Hilfe für Juden in Deutschland 1941 – 1945. Band 5. Metropol Verlag Berlin. 2002. S. 257 – 272.