dieter hat geschrieben:Du hast recht. Mit unserer Tante aus Leipzig waren wir einkaufen, sie überschlug sich wegen des Angebotes (Esbella, so hieß der Markt in Mainz). Ihr begrüßungsgeld hatte sie schon in Nürnberg, wo ihr Bruder wohnte bekommen, in Frankfurt hat sie es nochmal versucht, die merkten es aber und mein Stiefvater, der sie begleitet hatte, ist fast in den Boden versunken.
Hast du schon mal erzählt.
Mir ging´s aber nicht darum, einfach mal böse Geschichten über Ostdeutsche zu erzählen - mir ging´s darum, dass die Lebensumstände die Mentalität einer ganzen Bevölkerung beeinflussen können.
Denn rein klischeemäßig stimmt´s: Die Deutsche sind Raffer. Ob im Schlussverkauf oder unter der DDR-Planwirtschaft, sie hamstern offenbar gerne.
Im Westen war das die Geiz-ist-Geil-Strategie, lange bevor Media Markt auf den Werbeslogan gekommen ist. Im Osten war´s die punktuelle Versorgung mit Nicht-Basiswaren.
Dieses Raff-Verhalten ist, glaub ich, nicht spezifisch deutsch. Es ist menschlich.
Um jetz mal wieder den Bogen zurück zu den arabischen Staaten hinzukriegen:
Die arabischen Völker des Nahen Ostens lebten seit Jahrhunderten unter osmanischer Herrschaft, mindestens mittelbar (Tunesien, Ägypten). Danach lebten sie in kolonialen Verhältnissen, die von Staaten abgelöst wurden, welche überwiegend despotisch regiert waren. Gleichzeitig hat der Isalm aber eine Tradition, in der die Gläubigen in ihrem Staat schon was mitzureden haben. Ein schlechter Herrscher kann abgesetzt werden, z.B. Faktisch war das fast nie der Fall, schon das Islamische Reich der ersten Kailfen war einfach zu riesig, um dieses Prinzip durchzuhalten.
Außerdem führen sich die nordafrikanischen und vorderasiatischen Völker auf die alten beduinischen Araber zurück. Stolz, persönlicher Art, auf die Familie bezogen und auch auf den Stamm oder die Bevölkerungsgruppe bezogen, gehört da dazu.
Dieser Stolz hat enorm gelitten in den Jahrhunderten der Fremdherrschaft, erst durch die Türken, dann durch die Europäer. Auch die Despoten wurden als von amerikanischen oder sowjetischen Gnaden gesehen, was sie ja auch waren.
So gesehen bricht sich im arabischen Frühling Altes die Bahn: Der alte Wunsch nach Freiheit (die auch unter den despotischn, "unabhängigen" Staaten nicht gegeben war), der Wunsch, dass der Glaube die Rolle erhält, die ihm im Volksempfinden zukommt (nach Glaubensgruppen gepsalten), der Wunsch, selbstbestimmend über sein Schicksal entscheiden zu können (was irgendeine Form von Demokratie zur Folge hat).
Dieses Aufbegehren gab´s immer wieder mal, unter den Türken, unter den Europäern, jetzt als Schlussakt zur Epoche der Despoten. Es ist m.E. durchaus vergleichbar mit der "Raff-Mentalität" vieler Menschen.
Deswegen kämpfen die Aufständischen in Syrien genauso wie ihre "Kollegen" in Libyen auch in aussichtsloser Situation, deswegen haben sie keine westliche Demokratie zum Ziel, sondern eine islamische Demokratie, deswegen zerstreiten sie sich in Libyen wie in Syrien, noch während sie den jeweiligen Despoten bekämpfen.
Beppe