Re: Die Akte Heß
Verfasst: 24.01.2013, 10:25
Entschuldige - war eine Nachlässigkeit von mir, die Zitate durcheinander zu mischen. Soll nicht wieder vorkommen.
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Das Nürnberger Urteil für Heß war strittig. Die Sowjets forderten seine Todesstrafe, die Alliierten nicht, das Ergebnis war ein Kompromiss, die lebenslange Haft. Adenauer, Brandt, Weizsäcker, sie alle hatten sich gelegentlich für seine Freilassung eingesetzt, aber dies hätten nur die Alliierten machen können, jedoch die Sowjetunion weigerte sich und auch die anderen drei Mächte waren daran nicht wirklich interessiert. Für die Sowjets war Heß mitverantwortlich für ihre 20 Millionen Todesopfer. Außerdem lag das Gefängnis in West-Berlin und deshalb hatten die Sowjets auf diese Weise auch einen Zugang auf den Westteil der Stadt, den sie nicht einfach aufgeben wollten.Dieter:
Lieber Ralph,Ralph hat geschrieben:Entschuldige - war eine Nachlässigkeit von mir, die Zitate durcheinander zu mischen. Soll nicht wieder vorkommen.
Lieber Karlheinz,Karlheinz hat geschrieben:Das Nürnberger Urteil für Heß war strittig. Die Sowjets forderten seine Todesstrafe, die Alliierten nicht, das Ergebnis war ein Kompromiss, die lebenslange Haft. Adenauer, Brandt, Weizsäcker, sie alle hatten sich gelegentlich für seine Freilassung eingesetzt, aber dies hätten nur die Alliierten machen können, jedoch die Sowjetunion weigerte sich und auch die anderen drei Mächte waren daran nicht wirklich interessiert. Für die Sowjets war Heß mitverantwortlich für ihre 20 Millionen Todesopfer. Außerdem lag das Gefängnis in West-Berlin und deshalb hatten die Sowjets auf diese Weise auch einen Zugang auf den Westteil der Stadt, den sie nicht einfach aufgeben wollten.Dieter:
Ich persönlich hätte seine Entlassung auch nicht für gut befunden, zu schwerwiegend sind die Verbrechen und die Nazis hatten mit ihren Gegner auch kein Mitleid.
Nun, Auge um Auge gibt es seit Jesus nicht mehr. Allerdings bin ich nicht so genau informiert, aber setzt Gnade nicht auch Reue voraus? Jesus verzeiht Sündern, weil sie ihre Taten aufrichtig bereuen. Ein Gnadenakt setzt zweierlei voraus: Jemand, der Gnade gewährt und jemand, der seine Schuld bekennt. Auch der Schuldige muss seinen Beitrag leisten. Wenn der aber nicht bereut, seine Taten verteidigt und stolz darauf ist so wie Heß, was dann?Dieter:
ich bin aber nicht bereit mich auf die Stufe der Nazis zu stellen und als Christ vergelte ich noch lange nicht Gleiches mit Gleichem.
Ja, aber die Begnadigung kann gewährt werden oder auch nicht, das hängt von der Tat ab und vom Täter. Begnadigung gibt es nicht, wenn eine besondere Schwere der Tat vorliegt, etwa bei einem mehrfachen Kindesmörder. Wie ist dies bei Heß? Liegt hier nicht auch eine besondere Schwere der Tat vor?Dieter:
Bundesdeutsches Recht sieht bei lebenslangen Verurteilten eine Begnadigung nach 15 Jahren vor.
Lieber Karlheinz,Karlheinz hat geschrieben:1)Nun, Auge um Auge gibt es seit Jesus nicht mehr. Allerdings bin ich nicht so genau informiert, aber setzt Gnade nicht auch Reue voraus? Jesus verzeiht Sündern, weil sie ihre Taten aufrichtig bereuen. Ein Gnadenakt setzt zweierlei voraus: Jemand, der Gnade gewährt und jemand, der seine Schuld bekennt. Auch der Schuldige muss seinen Beitrag leisten. Wenn der aber nicht bereut, seine Taten verteidigt und stolz darauf ist so wie Heß, was dann?Dieter:
ich bin aber nicht bereit mich auf die Stufe der Nazis zu stellen und als Christ vergelte ich noch lange nicht Gleiches mit Gleichem.
2)Ja, aber die Begnadigung kann gewährt werden oder auch nicht, das hängt von der Tat ab und vom Täter. Begnadigung gibt es nicht, wenn eine besondere Schwere der Tat vorliegt, etwa bei einem mehrfachen Kindesmörder. Wie ist dies bei Heß? Liegt hier nicht auch eine besondere Schwere der Tat vor?Dieter:
Bundesdeutsches Recht sieht bei lebenslangen Verurteilten eine Begnadigung nach 15 Jahren vor.
(Dies ist eine rein hypothetische Frage, das bundesdeutsche Recht galt ja nicht für ihn)
Das haben wir uns aber auch redlich verdient!dieter hat geschrieben:Lieber demark,demark hat geschrieben:
@ dieter, ich bin deiner Ansicht, dass man mit 93 nicht mehr ins Gefängnis gehört. Zumal im antifaschistischen soz. Staat manch ein Wehrmachtsgeneral nicht im Gefängnis endete, sondern Karriere machte:
http://www.buechervielfrass.de/archiv.php4?was=494
dann stimmen wir mal überein.
Lieber Beppe,Peppone hat geschrieben:Nur weil er ein Spinner war - und auch von den Obernazis so gesehen wurde - war Heß dennoch einer der wichtigsten Exponenten der NSDAP. Er war in etwa in der Rolle wie Erich Mielke in der DDR: Ihm unterstanden die "Beauftragten der NSDAP", die sicher stellen sollten, dass nur "geeignete" Leute Funktionen bekamen, also Bürgermeister usw. wurden.
Heß war es, der alles, was im NS-Staat geschah, ideologisch überprüfte - mit Führerbefehl im Hintergrund!
Heß hatte einen eigenen Geheimdienst zur Verfügung, der die Parteimitglieder "überprüfte", d.h. bespitzelte. Und Heß weitete seine Befugnisse auch darauf aus, dass er alle Deutschen auf ihre "Führertreue" hin überprüfen durfte.
Heß war einer derjenigen, der die Nürnberger Rassegesetze mitformulierte. Da vieles, was Heß vor 1935 über den Umgang mit Juden geschrieben hatte und auch durch (Partei-)Gesetze schon Wirklichkeit hat werden lassen, in den Nürnberger Gesetzen auftaucht, dürfte seine Rolle nicht zu klein gewesen sein. Heß ließ auch in der Folgezeit z.B. Paare, bei denen ein Partner jüdisch war, von der Gestapo bespitzeln.
Heß war beim "Röhm-Putsch" einer derjenigen, die dafür sorgten, dass Hitler frühzeitig Bescheid wusste. Heß wollte sogar unbedingt Röhm selbst erschießen, wurde aber von Amann ausgebootet.
Bei aller Naivität und Überspanntheit war Heß auch im Volk beliebt. Er lebte immerhin das, was er sagte, z.B. die Vermeidung von "Prunk und Protz", die er auch von den anderen NS-Größen forderte (was die aber beileibe nicht befolgten, ganz im Gegenteil).
Einen solchen Mann, der federführend bei der Diskriminierung und Vertreibung der deutschen Juden war, der eine derartige ideologische Härte und Überzeugtheit an den Tag gelegt hat, der auch eine derartige Macht im NS-Regime hatte (immerhin war er Minister, wenn auch ohne Geschäftsbereich, aber eben solche NS-Minister pflegten ja nicht die machtlosesten zu sein...) und der derart beliebt beim Volk war, konnten die Alliierten unmöglich laufen lassen, jedenfalls nicht in den 50ern und 60ern. Zu groß war die Gefahr - neben der Tatsache, dass man einen derart prominenten Nazi kaum begnadigen konnte, ohne unglaubwürdig zu werden - dass Heß zum Kristallisationspunkt neonazistischer Umtriebe wurde.
Letzteres - und natürlich das Veto der UdSSR - dürfte auch ein (!) Grund gewesen sein, selbst denj 90jährigen Heß noch inhaftiert zu lassen.
Beppe
Doch. Nicht, dass ich damals nicht auch der Meinung gewesen bin, nun sei es mal aber genug.dieter hat geschrieben:das alles spricht nicht dafür einen 93jährigen Mann im Kitchen zu lassen
Lieber Beppe,Peppone hat geschrieben:Doch. Nicht, dass ich damals nicht auch der Meinung gewesen bin, nun sei es mal aber genug.dieter hat geschrieben:das alles spricht nicht dafür einen 93jährigen Mann im Kitchen zu lassen
Aber Heß war dann halt doch noch mal ein anderes Kaliber als bspw. Speer, und wie gesagt, wenn man sich mal in die Sowjets hineinversetzt und Heß durchaus auch mal als Mittel sieht, zumindest einige sowjetische Soldaten in die Westsektoren zu bringen und in Spandau quasi eine "Außenstelle" behalten zu können, dann sind das Argumente, die man aus alliierter Sicht nachvollziehen kann. Man muss sie nicht verteidigen oder verstehen, aber nachvollziehen kann man sie schon
Beppe