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Re: Die Akte Heß

Verfasst: 24.01.2013, 10:25
von Balduin
Entschuldige - war eine Nachlässigkeit von mir, die Zitate durcheinander zu mischen. Soll nicht wieder vorkommen.

Re: Die Akte Heß

Verfasst: 24.01.2013, 12:33
von ehemaliger Autor K.
Dieter:
Das Nürnberger Urteil für Heß war strittig. Die Sowjets forderten seine Todesstrafe, die Alliierten nicht, das Ergebnis war ein Kompromiss, die lebenslange Haft. Adenauer, Brandt, Weizsäcker, sie alle hatten sich gelegentlich für seine Freilassung eingesetzt, aber dies hätten nur die Alliierten machen können, jedoch die Sowjetunion weigerte sich und auch die anderen drei Mächte waren daran nicht wirklich interessiert. Für die Sowjets war Heß mitverantwortlich für ihre 20 Millionen Todesopfer. Außerdem lag das Gefängnis in West-Berlin und deshalb hatten die Sowjets auf diese Weise auch einen Zugang auf den Westteil der Stadt, den sie nicht einfach aufgeben wollten.

Ich persönlich hätte seine Entlassung auch nicht für gut befunden, zu schwerwiegend sind die Verbrechen und die Nazis hatten mit ihren Gegner auch kein Mitleid.

Re: Die Akte Heß

Verfasst: 24.01.2013, 14:22
von Triton
Heß kullerten schon ein paar Murmeln durch den Kopf und er war ein tatteriger Greis. So gesehen wäre es für die Welt egal gewesen, wo er vor sich hinlebt. Gegen seine Entlassung wäre ich gewesen, weil er nie auch nur den Anflug von Reue gezeigt hat.
Übrigens ist lustig, dass die Sowjets ihn nicht haben gehen lassen. Sein Flug war vor "Barbarossa" und er wurde von Hitler nicht mehr in dessen Pläne eingeweiht. Für die sowjetischen Kriegsopfer kann man ihn deshalb schlecht verantwortlich machen.

Beste Grüße
Joerg

Re: Die Akte Heß

Verfasst: 24.01.2013, 14:31
von dieter
Ralph hat geschrieben:Entschuldige - war eine Nachlässigkeit von mir, die Zitate durcheinander zu mischen. Soll nicht wieder vorkommen.
Lieber Ralph,
Entschuldigung angenommen. :wink:

Re: Die Akte Heß

Verfasst: 24.01.2013, 14:39
von dieter
Karlheinz hat geschrieben:
Dieter:
Das Nürnberger Urteil für Heß war strittig. Die Sowjets forderten seine Todesstrafe, die Alliierten nicht, das Ergebnis war ein Kompromiss, die lebenslange Haft. Adenauer, Brandt, Weizsäcker, sie alle hatten sich gelegentlich für seine Freilassung eingesetzt, aber dies hätten nur die Alliierten machen können, jedoch die Sowjetunion weigerte sich und auch die anderen drei Mächte waren daran nicht wirklich interessiert. Für die Sowjets war Heß mitverantwortlich für ihre 20 Millionen Todesopfer. Außerdem lag das Gefängnis in West-Berlin und deshalb hatten die Sowjets auf diese Weise auch einen Zugang auf den Westteil der Stadt, den sie nicht einfach aufgeben wollten.
Ich persönlich hätte seine Entlassung auch nicht für gut befunden, zu schwerwiegend sind die Verbrechen und die Nazis hatten mit ihren Gegner auch kein Mitleid.
Lieber Karlheinz,
ich bin aber nicht bereit mich auf die Stufe der Nazis zu stellen und als Christ vergelte ich noch lange nicht Gleiches mit Gleichem. :roll: Die 20 Millionen Tote dürfte es erst nach den Englandflug von Heß gegeben haben, sonst wären sich ja die vier Alliierten über die Todesstrafe einig gewesen. SU existiert nicht mehr, aber Mitmenschlichkeit hat auch nach 2000 Jahren noch Gültigkeit. Es ist ein Witz, wegen eines Gefangenen in Spandau so einen Aparat aufrechtzuerhalten. :roll:

Re: Die Akte Heß

Verfasst: 25.01.2013, 12:41
von ehemaliger Autor K.
Dieter:
ich bin aber nicht bereit mich auf die Stufe der Nazis zu stellen und als Christ vergelte ich noch lange nicht Gleiches mit Gleichem.
Nun, Auge um Auge gibt es seit Jesus nicht mehr. Allerdings bin ich nicht so genau informiert, aber setzt Gnade nicht auch Reue voraus? Jesus verzeiht Sündern, weil sie ihre Taten aufrichtig bereuen. Ein Gnadenakt setzt zweierlei voraus: Jemand, der Gnade gewährt und jemand, der seine Schuld bekennt. Auch der Schuldige muss seinen Beitrag leisten. Wenn der aber nicht bereut, seine Taten verteidigt und stolz darauf ist so wie Heß, was dann?
Dieter:
Bundesdeutsches Recht sieht bei lebenslangen Verurteilten eine Begnadigung nach 15 Jahren vor.
Ja, aber die Begnadigung kann gewährt werden oder auch nicht, das hängt von der Tat ab und vom Täter. Begnadigung gibt es nicht, wenn eine besondere Schwere der Tat vorliegt, etwa bei einem mehrfachen Kindesmörder. Wie ist dies bei Heß? Liegt hier nicht auch eine besondere Schwere der Tat vor?
(Dies ist eine rein hypothetische Frage, das bundesdeutsche Recht galt ja nicht für ihn)

Re: Die Akte Heß

Verfasst: 25.01.2013, 14:48
von dieter
Karlheinz hat geschrieben:
Dieter:
ich bin aber nicht bereit mich auf die Stufe der Nazis zu stellen und als Christ vergelte ich noch lange nicht Gleiches mit Gleichem.
1)Nun, Auge um Auge gibt es seit Jesus nicht mehr. Allerdings bin ich nicht so genau informiert, aber setzt Gnade nicht auch Reue voraus? Jesus verzeiht Sündern, weil sie ihre Taten aufrichtig bereuen. Ein Gnadenakt setzt zweierlei voraus: Jemand, der Gnade gewährt und jemand, der seine Schuld bekennt. Auch der Schuldige muss seinen Beitrag leisten. Wenn der aber nicht bereut, seine Taten verteidigt und stolz darauf ist so wie Heß, was dann?
Dieter:
Bundesdeutsches Recht sieht bei lebenslangen Verurteilten eine Begnadigung nach 15 Jahren vor.
2)Ja, aber die Begnadigung kann gewährt werden oder auch nicht, das hängt von der Tat ab und vom Täter. Begnadigung gibt es nicht, wenn eine besondere Schwere der Tat vorliegt, etwa bei einem mehrfachen Kindesmörder. Wie ist dies bei Heß? Liegt hier nicht auch eine besondere Schwere der Tat vor?
(Dies ist eine rein hypothetische Frage, das bundesdeutsche Recht galt ja nicht für ihn)
Lieber Karlheinz,
1)Jesus erwartete keinesegs, dass sein Gegner bereut, er hat noch am Kreuz seinen Peinigern vergeben. :wink:
2) Hess war kein Kindesmörder vor dem Einfall in die SU war er bereits in England. Er war ein Spinner, sogar die Wetmächte wollten nicht seinen Tod. :roll:

Re: Die Akte Heß

Verfasst: 25.01.2013, 18:35
von Peppone
Nur weil er ein Spinner war - und auch von den Obernazis so gesehen wurde - war Heß dennoch einer der wichtigsten Exponenten der NSDAP. Er war in etwa in der Rolle wie Erich Mielke in der DDR: Ihm unterstanden die "Beauftragten der NSDAP", die sicher stellen sollten, dass nur "geeignete" Leute Funktionen bekamen, also Bürgermeister usw. wurden.
Heß war es, der alles, was im NS-Staat geschah, ideologisch überprüfte - mit Führerbefehl im Hintergrund!
Heß hatte einen eigenen Geheimdienst zur Verfügung, der die Parteimitglieder "überprüfte", d.h. bespitzelte. Und Heß weitete seine Befugnisse auch darauf aus, dass er alle Deutschen auf ihre "Führertreue" hin überprüfen durfte.
Heß war einer derjenigen, der die Nürnberger Rassegesetze mitformulierte. Da vieles, was Heß vor 1935 über den Umgang mit Juden geschrieben hatte und auch durch (Partei-)Gesetze schon Wirklichkeit hat werden lassen, in den Nürnberger Gesetzen auftaucht, dürfte seine Rolle nicht zu klein gewesen sein. Heß ließ auch in der Folgezeit z.B. Paare, bei denen ein Partner jüdisch war, von der Gestapo bespitzeln.
Heß war beim "Röhm-Putsch" einer derjenigen, die dafür sorgten, dass Hitler frühzeitig Bescheid wusste. Heß wollte sogar unbedingt Röhm selbst erschießen, wurde aber von Amann ausgebootet.

Bei aller Naivität und Überspanntheit war Heß auch im Volk beliebt. Er lebte immerhin das, was er sagte, z.B. die Vermeidung von "Prunk und Protz", die er auch von den anderen NS-Größen forderte (was die aber beileibe nicht befolgten, ganz im Gegenteil).

Einen solchen Mann, der federführend bei der Diskriminierung und Vertreibung der deutschen Juden war, der eine derartige ideologische Härte und Überzeugtheit an den Tag gelegt hat, der auch eine derartige Macht im NS-Regime hatte (immerhin war er Minister, wenn auch ohne Geschäftsbereich, aber eben solche NS-Minister pflegten ja nicht die machtlosesten zu sein...) und der derart beliebt beim Volk war, konnten die Alliierten unmöglich laufen lassen, jedenfalls nicht in den 50ern und 60ern. Zu groß war die Gefahr - neben der Tatsache, dass man einen derart prominenten Nazi kaum begnadigen konnte, ohne unglaubwürdig zu werden - dass Heß zum Kristallisationspunkt neonazistischer Umtriebe wurde.
Letzteres - und natürlich das Veto der UdSSR - dürfte auch ein (!) Grund gewesen sein, selbst denj 90jährigen Heß noch inhaftiert zu lassen.

Beppe

Re: Die Akte Heß

Verfasst: 25.01.2013, 19:00
von demark
dieter hat geschrieben:
demark hat geschrieben:

@ dieter, ich bin deiner Ansicht, dass man mit 93 nicht mehr ins Gefängnis gehört. Zumal im antifaschistischen soz. Staat manch ein Wehrmachtsgeneral nicht im Gefängnis endete, sondern Karriere machte:
http://www.buechervielfrass.de/archiv.php4?was=494
Lieber demark,
dann stimmen wir mal überein. :wink:
Das haben wir uns aber auch redlich verdient! :lol:
Und ich gönne uns die Freude. Bis es wieder schrammt! :crazy:

Re: Die Akte Heß

Verfasst: 26.01.2013, 10:17
von dieter
Peppone hat geschrieben:Nur weil er ein Spinner war - und auch von den Obernazis so gesehen wurde - war Heß dennoch einer der wichtigsten Exponenten der NSDAP. Er war in etwa in der Rolle wie Erich Mielke in der DDR: Ihm unterstanden die "Beauftragten der NSDAP", die sicher stellen sollten, dass nur "geeignete" Leute Funktionen bekamen, also Bürgermeister usw. wurden.
Heß war es, der alles, was im NS-Staat geschah, ideologisch überprüfte - mit Führerbefehl im Hintergrund!
Heß hatte einen eigenen Geheimdienst zur Verfügung, der die Parteimitglieder "überprüfte", d.h. bespitzelte. Und Heß weitete seine Befugnisse auch darauf aus, dass er alle Deutschen auf ihre "Führertreue" hin überprüfen durfte.
Heß war einer derjenigen, der die Nürnberger Rassegesetze mitformulierte. Da vieles, was Heß vor 1935 über den Umgang mit Juden geschrieben hatte und auch durch (Partei-)Gesetze schon Wirklichkeit hat werden lassen, in den Nürnberger Gesetzen auftaucht, dürfte seine Rolle nicht zu klein gewesen sein. Heß ließ auch in der Folgezeit z.B. Paare, bei denen ein Partner jüdisch war, von der Gestapo bespitzeln.
Heß war beim "Röhm-Putsch" einer derjenigen, die dafür sorgten, dass Hitler frühzeitig Bescheid wusste. Heß wollte sogar unbedingt Röhm selbst erschießen, wurde aber von Amann ausgebootet.
Bei aller Naivität und Überspanntheit war Heß auch im Volk beliebt. Er lebte immerhin das, was er sagte, z.B. die Vermeidung von "Prunk und Protz", die er auch von den anderen NS-Größen forderte (was die aber beileibe nicht befolgten, ganz im Gegenteil).
Einen solchen Mann, der federführend bei der Diskriminierung und Vertreibung der deutschen Juden war, der eine derartige ideologische Härte und Überzeugtheit an den Tag gelegt hat, der auch eine derartige Macht im NS-Regime hatte (immerhin war er Minister, wenn auch ohne Geschäftsbereich, aber eben solche NS-Minister pflegten ja nicht die machtlosesten zu sein...) und der derart beliebt beim Volk war, konnten die Alliierten unmöglich laufen lassen, jedenfalls nicht in den 50ern und 60ern. Zu groß war die Gefahr - neben der Tatsache, dass man einen derart prominenten Nazi kaum begnadigen konnte, ohne unglaubwürdig zu werden - dass Heß zum Kristallisationspunkt neonazistischer Umtriebe wurde.
Letzteres - und natürlich das Veto der UdSSR - dürfte auch ein (!) Grund gewesen sein, selbst denj 90jährigen Heß noch inhaftiert zu lassen.
Beppe
Lieber Beppe,
das alles spricht nicht dafür einen 93jährigen Mann im Kitchen zu lassen und wegen einem Mann einen riesigen Bewachungsapparat aufrechtzuhalten und dann seinen Selbstmord nicht verhindern zu können. :roll:
Merke: Wer gegen seine Feinde nicht menschlich handelt, der kann nicht erwarten, dass gegen ihn dann menschlich gehandelt wird. :evil:

Re: Die Akte Heß

Verfasst: 26.01.2013, 10:22
von Peppone
dieter hat geschrieben:das alles spricht nicht dafür einen 93jährigen Mann im Kitchen zu lassen
Doch. Nicht, dass ich damals nicht auch der Meinung gewesen bin, nun sei es mal aber genug.
Aber Heß war dann halt doch noch mal ein anderes Kaliber als bspw. Speer, und wie gesagt, wenn man sich mal in die Sowjets hineinversetzt und Heß durchaus auch mal als Mittel sieht, zumindest einige sowjetische Soldaten in die Westsektoren zu bringen und in Spandau quasi eine "Außenstelle" behalten zu können, dann sind das Argumente, die man aus alliierter Sicht nachvollziehen kann. Man muss sie nicht verteidigen oder verstehen, aber nachvollziehen kann man sie schon.

Beppe

Re: Die Akte Heß

Verfasst: 26.01.2013, 14:42
von dieter
Peppone hat geschrieben:
dieter hat geschrieben:das alles spricht nicht dafür einen 93jährigen Mann im Kitchen zu lassen
Doch. Nicht, dass ich damals nicht auch der Meinung gewesen bin, nun sei es mal aber genug.
Aber Heß war dann halt doch noch mal ein anderes Kaliber als bspw. Speer, und wie gesagt, wenn man sich mal in die Sowjets hineinversetzt und Heß durchaus auch mal als Mittel sieht, zumindest einige sowjetische Soldaten in die Westsektoren zu bringen und in Spandau quasi eine "Außenstelle" behalten zu können, dann sind das Argumente, die man aus alliierter Sicht nachvollziehen kann. Man muss sie nicht verteidigen oder verstehen, aber nachvollziehen kann man sie schon
Beppe
Lieber Beppe,
Speer hätte ich zum Tode verurteilt, weil er als Rüstungsminster Hundertausende von Menschen als Häftlinge in den KZs sich hat tot arbeiten lassen. :twisted: Den unmenschlichen Sowjets hat im Endefekt die Haft von Heß nichts gebracht, die Sowjetunion gibt es nicht mehr. :wink: