Renegat hat geschrieben:
Da bin ich anderer Meinung, das Zeitfenster für einen geordneten Beitritt schließt sich schnell, nicht nur wegen der sich anders orientierenden Wirtschaft, der Nato und der geographischen Schlüssellage, sondern hauptsächlich wegen des demographischen Faktors.
Inwiefern?
Optimal wäre es gewesen, wenn die Türkei noch vor der Osterweiterung beigetreten wäre aber da haben wir ja noch alte Klischees vom richtigen, christlichen Europa gepflegt. Dabei standen sich schon damals Deutschland und die Türkei sehr nahe, vielleicht vergleichbar mit USA und Mexiko.
Die Zeit ist über solche Klischees hinweggegangen, inzwischen gibt es schon eine Rückwanderung von gut ausgebildeten Deutschen mit türkischen Vorfahren.
Es ist ein gigantische Potenzial was da zur Zeit in die Türkei abfließt. Diese Leute bräuchten wir hier, leider wird das Bild vom "dummen Türken" gepflegt. Medial und durchaus auch gesellschaftlich. Dabei übersieht man, dass viele Türken oder auch Deutsche mit türkischen Vorfahren in die wirtschaftlich boomende Türkei zurückkehren, weil Deutschland nichts tut um sie hier zu halten. Aber wäre das mit der EU-Mitgliedschaft anders? Es liegt in erster Linie daran, dass Deutschland keine Gründe schafft zu bleiben.
Die doppelte Staatsangehörigkeit, die nun vor der Wahl mal wieder auf´s Tablett kommt, ist ein weiteres Beispiel für unglückliche Verzögerung. Warum sollen Deutsche mit 23 ihren türkischen Paß abgeben, wenn Pässe aller anderen EU-Länder und einiger anderer Staaten behalten werden dürfen. Wem schadet der Doppelpaß?
Eins der massivsten Versäumnisse der Regierung Merkel. Jetzt geben tausendfach die Jugendlichen ihren Pass ab, viele behalten ihren türkischen. Wieder verlorenes Potenzial und auch ganz trivial künftiges Steuergeld. Eine durch und durch dumme Sache, diese Entscheidung. Sie trennt, statt dabei zu helfen zusammen zu wachsen. Es sind diese Jugendlichen, die das Bindeglied für beide Länder sind. Im 21. Jahrhundert, da hast Du recht, interessiert es keine Menschen von Bedeutung mehr ob jemand einen oder zwei Pässe hat.
Dafür kann aber die Türkei nichts. Du hast völlig recht, die EU hätte schon längst weiterentwickelt werden müssen. Diese Ansammlung von ungleich großen Nationalstaaten kann auf Dauer nicht funktionieren.
Dafür kann die Türkei freilich nichts, aber es ist dennoch so. Mit der Türkei holte man sich den größten Flächenstaat und auch - das ist richtig - einen der bevölkerungsstärksten. In meinen Augen verkompliziert das die Weiterentwicklung der Strukturen. Zu viele würden dann mitreden wollen. Das hat nicht mit den Türken zu tun, selbes würde gelten wenn andere Länder dieser Größe an die EU-Tür klopfen würden.
Jaja und die ungelöste Zypernfrage und und, eigentlich alles Nationalstaatskonflkte. Mit ganz viel Optimismus und Mut könnte man hoffen, dass sich diese Konflikte durch den Beitritt von selber lösen. Gerade wenn ich an Zypern denke, eine kleine Insel, die dann vollständig zur EU gehören würde, ich weiß gar nicht, worüber die sich dann noch streiten wollen.
Naja, so einfach ist's dann eben doch nicht. Natürlich sind das Konflikte von gestern, aber ohne gestern kein heute. Einfach verschwinden tun die nicht. Manches muss vorher geklärt werden, u. a. auch deshalb weil der türkische Umgang mit den Kurden keineswegs zu den Werten der EU passt. Man kann jetzt argumentieren, dass die EU eh keine Werte hat (vgl. z. B. Fischerei vor Westafrika), aber das wäre übertrieben. Gewisse Standarts sollten gefordert werden, auch von der Türkei. Übrigens ein Grund warum ich die Aufnahme von Kroatien nicht gerade förderlich finde. Zu früh.
Der Witz daran: Warum geht Merkel gerade so in die Offensive wegen der Türkei und der EU? Ist immerhin eine Kehrtwende ihrer Politik.
Weil die Türkei gar nicht mehr unbedingt will... damit haben sie nicht gerechnet, die vertröster der CDU. Jetzt müssen sie eigentlich offensiv werden, können aber nicht, weil sie mit der Krise andere Sorgen haben...