Osmanisches Reich

Die Geschichte des Islam

Moderator: Barbarossa

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Peppone
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Aneri hat geschrieben:Auch das Phänomen der Dominanz eines Staates in Kulturraum lässt sich von westlichen Flügel unterscheiden. Da standen gegenüber immer mehrere etwa gleich starken Staatsmächte.
Ooch, das würd ich so nicht behaupten. Es gab auch in Chinas Geschichte genügend Epochen - gerade in der Frühzeit -, in denen mow verschiedene Staaten auf dem Boden des heutigen China existierten.
Gerade die südchinesischen Länder waren lange Kolonisationsgebiet der Chinesen, und auch im Norden bildeten sich immer wieder Staaten mit (zumindest anfangs) nichtchinesischer Kultur. Viele dieser nördlichen, von Nomadenvölkern gegründeten Staaten sinisierten sich aber nach und nach und wurden so Teil des chinesischen Kulturraums.
Eine Dominanz eines Staates im chinesischen Raum gab´s zugegebenermaßen in den letzten annähernd tausend Jahren, das stimmt. Aber zuvor? Da waren die Großreichsperioden eher die kürzeren, die Mehrstaats-Perioden in der Überzahl.
So weit ich das sehe, haben es erst die Mongolen geschafft, den chinesischen Regionalismus einigermaßen zu überwinden und durch einen Zentralismus zu ersetzen, der für die Zukunft prägend sein sollte.

Aber, um zurück zum Osmanen-Evolutions-Problem zu kommen, da versuch ich mich noch reinzudenken. Ich hab noch nicht alle Windungen deiner Theorie nachvollziehen können (nicht, dass sie nicht nachvollziehbar sind, aber ich komm da auf so manchen Gedanken, der mich zum Weiterdenken anregt. Is ja fast filosofisch... :wink: )

Beppe
ehemaliger Autor K.

zu: Aneri:

Dein Beitrag ist nur schwer verständlich, wahrscheinlich, weil dir viele Dinge selber noch nicht klar sind.
Aber zu deinem Ansatz lässt sich folgendes sagen: Es macht keinen Sinn, Abläufe in der Natur auf die menschliche Gesellschaft zu übertragen. Die Evolution stellarer Systeme etwa folgt völlig anderen Gesetzmäßigkeiten als die Evolution der Menschheit. Formale Ähnlichkeiten sagen nichts über das Wesen der Dinge aus. Der Untergang des Römischen Imperiums ist nicht durch physikalisch-chemische Prozesse zu erklären, weder mit der Quantentheorie, noch durch Gravitation oder elektromagnetische Abläufe in Atomen. Es gibt deshalb auch keinen ernsthaften Wissenschaftler, der einen solchen Ansatz verfolgt.
Auch die biologischen Gesetze der Evolution gelten allenfalls nur für die Frühgeschichte des Menschen, danach spielen sie keine entscheidende Rolle mehr. Alle anderen Überlegungen führen schnell in finstere Rassentheorien mit Schädelmessung und Theorien von Untermenschen und dergleichen.
Nach dem Frühstadium der Entwicklung ist es die Kultur, die den weiteren Fortgang der Zivilisation bestimmt. Es gibt keine genetische Programmierung für den Menschen, die besagt: Organisiere dich so und nicht anders. Dies unterscheidet uns von Bienen- oder Ameisen Staaten, bei denen die staatliche Struktur biologisch vorgegeben wird. Warum wir uns als Steinzeitgesellschaften, feudale Bauerngemeinschaften, faschistische oder kommunistische Diktaturen, oder als parlamentarische Demokratie organisieren, das können wir nicht durch Naturgesetze erklären, da hilft uns nur das Studium kultureller Entwicklungen.
Gesetze in der Kultur wirken aber nicht direkt unmittelbar und berechenbar wie Naturgesetze, sie wirken allenfalls als Tendenzen und sind deshalb auch nur schwer zu analysieren. Einige bestreiten daher, dass es sie gibt. Das Gravitationsgesetz können wir überall durch Experimente nachweisen, kulturelle Gesetze können aber nicht experimentell bewiesen werden. Das macht die Untersuchung auch so schwierig.
Es gibt aber sehr viele Wissenschaftler, die sich mit der Entwicklung der Menschheit und ihrer kulturellen Evolution beschäftigt haben. Hegel, Marx, Weber, Toynbee, Wittfogel, um nur einige wenige zu nennen. Bevor du selber etwas konzipierst, solltest du erst einmal nachprüfen, was auf diesem Gebiet schon geleistet wurde und ob du überhaupt etwas Neues bringen kannst. In der Regel wiederholt man nämlich nur Dinge, die andere schon längst vorher gedacht und meistens auch viel besser beschrieben haben.
Aneri

Hallo Karlheinz,

ich antworte dir in anderem Thread:http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... art=15%20.Irgendwie sprengt es das thema dieses Threads.

Gruß
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Peppone
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Aneri hat geschrieben:Nach meiner Vorstellung, die auch in das o. e. Muster sich einfügt, bereiten die Hochkulturen eine Referenz, die eine essentielle Rolle in der folgenden Periode spielt. Es ist ihre Kultur: Philosophie, das Wissen, aber allen voran die Religion. Das Römische Reich stand am Ende einer Sequenz der Hochkulturen. Es brach die Religion, die im Stande war einen neuzeitlichen Kulturraum zu bilden.(...)

Am anschaulichsten wäre hier die Analogie mit der klassischen Welt, wenn die ersten Sterne sich entzündeten. Die Sterne ersten Generation, die in jungfräulichem Universum entstanden sind, sind analog der Hochkulturen. Diese Sterne besaßen spezifische Merkmale. Sie waren außerordentlich groß und schwer. Ihr Entwicklungsstadium war relativ kurz und sie endeten in einer Supernova, einem explosionsartigen Geschehen. Der Überbleibsel dieser Sterne ist ein Schwarzes Loch, das die Referenz für die Bildung der Galaxien lieferte. Alle späteren Sterne entstehen in Wirkungsraum dieser Referenz – dem SL. Diese Sterne bilden ein immer veränderndes Gravitationsfeld (= zwischenstaatliches W-W-Netzt), der aber eine Senke zum Zentrum mit dem SL hat. Ähnlich verhält sich mit einem Kulturraum. Es erhält eine „Senke“, die das Ganze zusammenhält trotz inneren Spannungen.
Hm. Auf den ersten Blick bestechend. Geht eine Hochkultur unter, bleibt ein kulturelles Erbe zurück, das die nachfolgenden Zivilisationen nutzen. Dieses Erbe wäre dann das Schwarze Loch deiner Analogie, das die Nachfolgesterne in seinem Bann hält.
Schwarze Löcher bleiben auch bestehen, so wie wir heute noch kulturelles Erbe z.B. der Babylonier haben, obwohl aus den "Atomen" Babylons mittlerweile mehrere weitere Sterne entstanden sind, die ihrerseits wieder zu Schwarzen Löchern geworden sind.
Nur - ein Schwarzes Loch ist ein Schwarzes Loch. Seine Schwerkraft nimmt immer mehr zu und wird nicht schwächer. Genau da hakt aber deine Analogie: Die "Schwerkraftwirkung" z.B. Babylons wird mit dem zeitlichen Abstand immer schwächer oder sie wird überdeckt durch die Schwerkraft "näherer" Schwarzer Löcher wie z.B. des "römischen Schwarzen Lochs". Im Weltall ist ebenfalls der Abstand zu einem Schwarzen Loch entscheidend dafür, welchen Einfluss das Schwarze Loch auf einen Stern hat. Man kann nur nicht davon ausgehen, dass das jüngste Schwarze Loch aus das ist, das am nächsten zu einem jüngeren Stern liegt.

Nächster Haken: Fast alle Geschichtsphilosophen gehen davon aus, dass die Geschichte eine Weiterentwicklung bedeutet. Jede Nachfolgekultur sollte schon allein dadurch, dass sie aufgrund der "Vorarbeiten" der Vorgängerkulturen einen gewissen Startvorteil hat, einen Entwicklungsschritt weiter gehen können als die Vorgängerkultur, eine gewisse "Überlebenszeit" der Kultur vorausgesetzt. Bei Sternen ist das aber anders. Abgesehen von der Urgeneration, die sehr kurz existierte (was bei den allerersten Hochkulturen auch nicht so ist - die ägyptische Kultur überlebte ähnlich wie die chinesische sehr lang, auch die sumerische Kultur existierte im Grunde bis zum Ende des Neubabylonischen Reichs; sie ging also nicht in einer Supernova zugrunde, sondern maximal in einer Nova), hängt die Lebensdauer eines Sterns von seiner Größe ab - je größer, desto kürzer; auch hier eine Analogie zu Hochkulturen bzw. eher zu den Reichen, die auf Basis von Kulturen entstehen. Die Zusammensetzung eines Sterns jedoch (= Qualität einer Kultur, gemessen an ihren innovativen Leistungen) ändert sich jedoch von Sterngeneration zu Sterngeneration nicht so doll. Es gibt die Elemente, die es gibt. Die sind in Sternen "ausgebrütet", aber es werden nicht mehr. Kulturen jedoch erfinden ständig Neues, fügen also dem "Periodensystem" ständig neue "Elemente" hinzu.

Wenn du jetzt Philosophen zitierst, die von einem - charakterlichen - Niedergang des Menschen in seiner Entwicklungsgeschichte ausgehen (solche Gedanken waren Anfang des 19.Jhs. en vogue und führten zur Legende vom "edlen Wilden", der dem zivilisierten Menschen charakterlich überlegen sei), dann passt deine Analogie auch wieder nicht, denn, wie gesagt, "qualitativ" unterscheiden sich die Sterne gleicher Größe nicht unbedingt voneinander, auch wenn man verschiedene Sterngenerationen nimmt.

Von einem Stillstand in der Entwicklung geht m.W. kein Philosoph aus...

So weit meine (vorläufigen) Gedankengänge zu deiner Evolutions-Analogie.

Freu mich auf konstruktive Kritik.

Beppe
Aneri

Hallo Beppe,

ich habe mir erlaubt den Antwort in Thread: Globalisierung im Kontext der menschlichen Evolution http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... 4&start=15
Ich bin zwar nicht der Gründer dieses Threads, dennoch da schon viel geschrieben. Dei Globalisierung lääst auch die Kulturen übergreifend analysieren. In dem sinne, denke ich dass das Thread ist passender.

Ich freue mich schon auf dein Antwort

Gruß
Aneri
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dieter
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Lieber Beppe,
Du hast natürlich damit recht, dass man die Entstehung von Sternen und Planeten nicht mit der menschlichen Kultur auf unserer Erde vergleichen kann. Da wir alle dem Homo sapens sapiens angehören mit Ausnahme von 4% Anteile des Neandertalers bei allen Menschen außerhalb von Afrika, bei manchen mehr und bei manchen weniger, sind wir alle in der Lage uns kulturell zu enwickeln. Der Austausch der verschiedenen Kulturen hat eine Weiterentwicklung der Menschheit gebracht. Wo es das nicht gegeben hat durch abseitige Lage, wie bei den Aborigines, Bevölkeungen in Afrika oder am Amazonas, kam eine Weiterentwicklung nicht zustande. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Peppone
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Aneri hat geschrieben:Hallo Beppe,

ich habe mir erlaubt den Antwort in Thread: Globalisierung im Kontext der menschlichen Evolution http://geschichte-wissen.de/forum/viewt ... 4&start=15
Danke!

Beppe
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