Hallertau in Bayern

Geschichte von Bundesländern, interessantes und kurioses aus der Geschichte, Gegenwart, Geographie, Topograhie und Kultur eines Ortes, einer Stadt oder eines Landkreises: Weitere Informationen

Moderator: Barbarossa

Benutzeravatar
Peppone
Mitglied
Beiträge: 2414
Registriert: 30.04.2012, 18:41

Barbarossa hat geschrieben:Ok, ihr seid dran!
Dann will ich mal:

Ich möchte euch die Hallertau – mundartlich „Holledau“ – vorstellen. Diese Region im Zentrum Bayerns liegt zwischen Freising im Süden, Ingolstadt und Kelheim im Norden, Schrobenhausen im Westen und einer gedachten Linie zwischen Regensburg und Landshut im Osten. Der Name stammt von einem kleineren Waldgebiet im Süden der heutigen Hallertau. Er lässt sich zerlegen in die Bestandteile „Hall“ = Salz, „Hardt“ = durch Viehweide aufgelockerter Wald und „Au“ = Wiese, Feuchtgebiet. Nördlich dieses Waldes entspringt der Fluss Abens, daher das Feuchtgebiet. Der Wald ist umgeben von – ausweislich ihrer Namen – alten Dörfern, die ihr Vieh wohl hierhin schickten, daher die Viehweide, und überall, wo „Hall“ in Ortsnamen auftaucht, ist die nächste Salzstraße nicht weit – in diesem Fall eine Abzweigung der Salzstrasse, die an der Isar entlang führte.
Der Hopfenanbau, für den die Hallertau heute berühmt ist („weltgrößtes Hopfenanbaugebiet“; heute gehören auch Bereiche des ehemaligen Hopfenanbaugebiets Jura nördlich der Donau dazu), kam im 8.Jh. in die Hallertau. Slawische Siedler brachten „Fechser“ (= Sprossen) von Hopfenpflanzen aus der Gegend um Saaz in Böhmen nach Geisenfeld ans dortige Kloster. Lange Zeit allerdings ist der Begriff „Hopfengarten“ für eine Pflanzanlage von Hopfen wörtlich zu nehmen: Im Gartenbau wurde der Hopfen an langen Stangen emporwachsen gelassen. Diese Stangen standen entweder frei oder waren an ihrem oberen Ende mit Querstangen stabilisiert. Die heutigen Drahtgestelle mit 7m Höhe sind eine Entwicklung des 20.Jhs.
Bis ins 19.Jh. allerdings war die Hallertau eines der Armenhäuser Bayerns. Die Geographie mit versumpften Talungen, lehmigen bis sandigen Böden und Hängen von relativ geringer Neigung, dazu häufigem Nebel und Regen, bot nur geringen Platz für Getreideanbau, und auch der Weinbau, der vor dem 19.Jh. eine der wenigen Einnahmequellen der Hallertauer Bauern war, florierte nicht so richtig. Häufigste Einnahmequelle der Bauern waren daher Dienstleistungen für durchreisende Händler, oder sie waren Wanderarbeiter, die außerhalb das Geld verdienten, das in der Hallertau nicht zu verdienen war. Mit dem Aufschwung der Münchner Bierbrauer und der aufkommenden Industrialisierung bot sich allerdings eine Chance, die die Bauern nutzten: Der Hopfen gedieh seit jeher prächtig. Jetzt wurde er zur Haupteinnahmequelle, und die Hallertauer Bauern wurden reich. Die Region wurde nun ihrerseits Zielort zehntausender Wanderarbeiter, die in der Erntezeit zum „Hopfenzupfen“ in Scharen in die Hallertau einfielen und dort für drei bis sechs Wochen härteste Arbeit leisteten: Vor der Erfindung der Hopfenzupfmaschine, die in den 1950er Jahren ihren Siegeszug antrat, musste jede einzelne Dolde an den bis zu 10m langen Pflanzen per Hand gezupft werden!
Trotz der Armut der Bauern war die Hallertau allerdings politisch gesehen seit jeher interessant, lag sie doch zentral und daher strategisch günstig in Bayern.
Schon die frühen Adelsgeschlechter wie Wittelsbacher, Ebersberger oder Andechser konkurrierten um das Gebiet. Die Ebersberger hatten Streubesitz, allerdings in nicht unerheblichem Maße, den sie durch Klostergründungen zu stabilisieren trachteten. Die Klöster Geisenfeld und Hohenwart markierten lange die West- bzw. Ostgrenze der Hallertau, bevor sich das Hopfenanbaugebiet und damit auch der Name bis über Kelheim hinaus nach Osten ausdehnten. Im Kerngebiet der Hallertau liegen auch ausgedehnte Forste, die bis zur Stauferzeit in königlichem Besitz waren und deren Vogte auch die durchgehenden überregionalen Handelsstraßen bewachten. Als Erben der Ebersberger machten sich bald auch die Wittelsbacher hier breit (besonders im Raum Schrobenhausen im Osten der Hallertau). In Wolnzach hielt sich lange ein örtliches Adelsgeschlecht. In der Zeit der Teilung Bayerns war die Hallertau Frontgebiet zwischen Bayern-Ingolstadt, Bayern-München und Bayern-Landshut. Als Bayern dann endlich wiedervereinigt war, wurde es ruhiger, aber im 30jährigen Krieg zogen wiederholt Heere hier durch (sie nutzten die alte Landstrasse von München nach Nürnberg, die im Wesentlichen links oder rechts der heutigen A9 verlief und in den jeweiligen Dörfern heute noch meist „Münchner Strasse“ heißt), mit den entsprechenden Verheerungen für Bauern und Dörfer.
Heute liegt die Hallertau zentral in Bayern, allerdings damit auch genau zwischen den Großräumen Ingolstadt und München. Viele Pendler haben dazu geführt, dass die Dörfer und Städte ins Umland gewuchert sind und die Grundstückspreise mit zu den höchsten in Bayern zählen – auch ein Ausweis von Prosperität…

Beppe
Benutzeravatar
Barbarossa
Mitglied
Beiträge: 15507
Registriert: 09.07.2008, 16:46
Wohnort: Mark Brandenburg

Oh, ja, danke Beppe!
Das ist schon mal ein interessanter Beitrag.
Das wäre dann also hier: http://hopfenland-hallertau.de/region.html
:wink:

--------------------------------------------------------------------------------------------------
:arrow: Wir haben nun die neue rubrik "Heimatkunde" eröffnet und dieses Thema auch sogleich hierher verschoben.
:wink:
--------------------------------------------------------------------------------------------------

So und nun der Nächste bitte!
:mrgreen:

Für eine neue Region dann aber bitte ein neues Thema eröffnen.
Fragen und weitere Anmerkungen zum Hallertau bitte hier!
Die Diskussion ist eröffnet!

Jedes Forum lebt erst, wenn Viele mitdiskutieren.
Schreib auch du deine Meinung! Nur kurz registrieren und los gehts! ;-)
Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag

Zurück zu „Heimatkunde“