Ein rätselhaftes Volk: die Kimmerier

Kulturentwicklung, Neandertaler, Altsteinzeit, Anfänge des Menschen, homo erectus

Moderator: Barbarossa

Dietrich
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Die Forschung vermutet, dass die Kimmerier aus südrussischen indigenen, thrakischen und iranischen Volkselementen bestanden, die bekanntlich ab 1600 v. Chr. ein in Südrussland und der Ukraine lebendes nomadisierendes Reitervolk bildeten. Verdrängt durch die Skythen im 7. Jh. zog ein westlicher Teil durch die untere Donauebene nach Makedonien, Norditalien und in das Gebiet des heutigen Bayern, während ein östlicher Zweig im späten 8. Jh. südlich des Kaukasus belegt ist. Vereinzelt herrscht die Auffassung vor, dass sich diese kimmerische Föderation nicht zu einem Volk mit ethnischem Eigenprofil entwickelte.

Hinsichtlich der Sprache lässt sich also vermuten, dass die Stämme der Kimmerier je nach Herkunft sowohl thrakische als auch iranische Idiome benutzten. Möglicherweise hat sich aber auch die iranische Sprache (der Oberschicht) oder aber die thrakische Sprache (des Volks) durchgesetzt, was heute nicht mehr zu entscheiden ist.

Im übrigen ist festzuhalten, dass die Kimmerier abgesehen von einigen Königs- oder Fürstennamen keine schriftlichen Zeugnisse hinterließen und die Geschichtswissenschaft über wenige archäologische Fundgegenstände verfügt, die mit voller Sicherheit den Kimmeriern zugewiesen werden können. In Anbetracht dieses Tatbestandes ist es unmöglich, eine Geschichte der Kimmerier zu schreiben; vielmehr begnügt man sich damit, Hypothesen und Spekulationen zum ungelösten und umstrittenen Kimmerierproblem aufzustellen.

Das Problem ist, dass man über die Träger der pontischen Bronzezeit in Südrussland, die den Zeitraum von 2000 v. Chr. bis zum 9./8Jh. v. Chr umfasst, wenig weiß. Aufgrund der Bodenfunde und deren Datierung sowie unter Berücksichtigung der antiken Nachrichten ist zwar eine zeitliche und räumliche Lokalisierung der Kimmerier möglich, nicht aber die exakte Bestimmung ihres Volkstums. Hierfür kann allein das überlieferte dürftige Namenmaterial herangezogen werden. Nur drei kimmerische Königs- oder Fürstennamen hat die Tradition bewahrt. Da alle drei Namen iranisch sind, könnte man vermuten, das ganze Volk oder zumindest die kimmerische Oberschicht sei iranisch gewesen. Dem stehen jedoch Funde aus dem westlichen Teil Südrusslands entgegen.

Man vermutet, dass seit der ersten Hälfte des 2. Jahrtausend v. Chr. im Westen Südrusslands Thraker siedelten, die vermutlich dieTräger der bulgarisch-rumänischen Tei-kultur waren. Diese vermutlich thrakische Kultur wird von der aus Osten kommenden iranischen Völkerwelle der Kimmerier überlagert, jedoch nicht vernichtet oder verdrängt. In den folgenden Jahrhunderten - so konnte die Archäologie ermitteln - erfolgte eine allmähliche Vermischung der indigenen mit den zuletzt auftretenden Bevölkerungsteilen, sodass ein nach außen einheitliches Kulturbild in Erscheinung tritt, das alte vorkimmerische und neue, auf die Kimmerier zurückgehende Formen erkennen lässt.

Der Name der ursprünglich iranischen Kimmerier geht als der der herrschenden Bevölkerungsschicht auf das während der mittleren pontischen Bronzezeit aus iranischen, südrussisch-indigenen und thrakischen Bestandteilen entstandene Mischvolk über, wobei das thrakische Element kulturell und ethnisch neben dem iranischen die wichtigste Komponente darstellt.

Auf diese Weise lässt sich die Überlieferung der iranischen Königsnamen mit dem archäologischen Befund der donauländischen Hinterlassenschaft in Einklang bringen.

Dennoch bleibt vieles im Hinblick auf die Kimmerier ungelöst und umstritten und Hypothesen müssen vielfach exakte archäologische Befunde ersetzen.
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dieter
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Lieber Dietrich,
vielen Dank für Deine aufschlussreiche Schilderung der Kimmerer, :D ist davon auszugehen, dass die Kimmerer, wo von drei Könige Iranische Königsnamen hatten, Indoeuropäer waren :?:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Dietrich
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dieter hat geschrieben:Lieber Dietrich,
vielen Dank für Deine aufschlussreiche Schilderung der Kimmerer, :D ist davon auszugehen, dass die Kimmerer, wo von drei Könige Iranische Königsnamen hatten, Indoeuropäer waren :?:
Die äußerst spärlichen Sprachreste deuten tatsächlich auf eine indoeuropäische Herkunft hin. Alledings bleibt die ethnische Identität nach wie vor zweifelhaft, wobei wohl die meisten Sprachwissenschaftler eine iranische Herkunft der Kimmer(i)er favorisieren.
Paul
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Diese Siedlingskarte zeigt, das die Kimmerer zur Entstehung der Armenier beitrugen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Kimmerer# ... 15-713.png
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
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