Die Jagd mit dem domestizierten Wolf

Kulturentwicklung, Neandertaler, Altsteinzeit, Anfänge des Menschen, homo erectus

Moderator: Barbarossa

Ruaidhri
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Mich würde eher der Stammbaum der Hunde mal interessieren, nur um mal zu wissen, wieviel Wolf in unserem Waldi so drin steckt.
Was für ein Stammbaum? Kann es gar nicht geben, außer, dass jeder domestizierte Canis lupus familiaris genetisch auf den Wolf zurückgeht.
( Ahnentafel ist der Begriff übrigens bei Hunden- rückwärts in der Ahnenreihe gehend.)
Welche grundsätzlich im Wolf genetisch verankerten Verhaltensmuster dominieren, variiert je nach Einsatzgebiet.
Mag(u.a.) der Schäferhund dem Wolf phänotypisch ähnlich sein- bessere Jäger sind ganz anders aussehende Hunderassen mit durch Zuchtauswahl angewölften spezifischen jagdlichen Anlagen.
Bis auf einige Terrier-Rassen haben alle für die Jagd gezüchteten Hunde Schlappohren.
Beutetrieb an sich sollte jeder Hund eigentlich haben, eigentlich...
Domestifikation sollte man vielleicht auch nicht mit heutigen Gewohnheiten gleichsetzen, Couch-Potatoes mit Swaroski-Halsungen waren die Ahnen der zunächst ausschließlich für den Gebrauch gedachten Caniden nicht, eher lebten sie halbwild und konnten auch für sich sorgen.
Falls Du die Urform des beutegreifenden Caniden meinst, die sich aus der Grundform aller Säuger entwickelten:
Vom Miacis zum Cynodictis und Cynodesmus werden als Ursprungstadien genannt. Letztere sahen schon aus wie Caniden.
Quelle:
http://www.britannica.com/animal/dog#ref359062
Zitat:
"
Paleontologists and archaeologists have determined that about 60 million years ago a small mammal, rather like a weasel, lived in the environs of what are now parts of Asia. It is called Miacis, the genus that became the ancestor of the animals known today as canids: dogs, jackals, wolves, and foxes. Miacis did not leave direct descendants, but doglike canids evolved from it. By about 30 to 40 million years ago Miacis had evolved into the first true dog—namely, Cynodictis. This was a medium-size animal, longer than it was tall, with a long tail and a fairly brushy coat. Over the millennia Cynodictis gave rise to two branches, one in Africa and the other in Eurasia. The Eurasian branch was called Tomarctus and is the progenitor of wolves, dogs, and foxes.
"
Quelle:
https://en.wikipedia.org/wiki/Cynodesmus
Cynodesmus is an extinct genus of omnivorous canine which inhabited North America during the Oligocene living from 33.3—-26.3 Ma and existed for approximately 7 million years. [1]

Cynodesmus was one of the first canids to truly look dog-like. At around 1 metre (3.3 ft) in length, it was about the same size as a modern coyote, but had a shorter skull, heavier tail, and longer rump. The shape of its limbs suggests that Cynodesmus was not a very good runner compared to most other canids; it probably attacked prey from an ambush. Unlike modern dogs, it had five toes on each foot, bearing partially retractable claws.[2]
Die haben sich schon so oft verschätzt mit dem Beginn der Domestifikation, also darauf würde ich nicht wetten.
Keine Sache des Schätzens, sondern der archäo-zoologischen Funde und deren Analysen im Zusammenhang mit dem sonstigen menschlich geprägtemUmfeld.
Solange man nichts Neues findet, was einen früheren Zusammenhang zwischen Wolf-Mensch- und Domestifikation zum Hund beweist, kann man getrost dem derzeitigen Kenntnisstand der Wissenschaft vertrauen.
Gibt viele spannende neue wissenschaftliche Arbeiten zur Lebensgemeinschaft von Wolf- Hund-Mensch und Jagd in unterschiedlichen Lebensräumen und Epochen.
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LG Ruaidhri
james
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Danke für die Links, ist ganz interessant.
Schlappohren gibts übrigens auch bei Hütehunden und jagen können diese Hunde nicht mehr.
Mich würde aber interessieren wer die ältesten Rassen sind und wo die Paria-Hunde im Stammbaum stehen. Das würde mich auch bei Pferden und Rindern mal interessieren, aber es gibt wenig Veröffentlichungen dazu.
Momentan läuft ein Projekt, den Urahn des Kasseler Hundes zu finden. Der Kasseler Hund steht dem heutigem Hund sehr viel näher, als z.B. der eventuell "domestizierte Hund" aus dem Altai, dessen Domestikation strittig ist. Auch in Israel hat man einen Welpen in einem Grab gefunden, der offenbar mit Menschen lebte. Allerdings ist bei einem Welpen nicht klar bestimmbar ob es ein Wolfswelpe oder ein Hundewelpe ist.
Insofern sind die Nördlichen Sammler und Jäger vielleicht die ersten Hundezüchter Europas. Dazu passen auch die vielen Hunde im Umfeld von Pfahlbausiedlungen bei den Seen der Alpen (Bodensee z.B.). Ich schätze Funde im Ural würden uns sagen können wer und wo die Hunde domestiziert wurden.
Ruaidhri
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Nicht die Hunde wurden domestiziert, sondern der Wolf, der so zum Hund wurde!
Oder der Wolf domestizierte sich den Menschen, schrieb einer der Wolfs/ Canidenforscher sinngemäß. :)
Mich würde aber interessieren wer die ältesten Rassen sind und wo die Paria-Hunde im Stammbaum stehen. Das würde mich auch bei Pferden und Rindern mal interessieren, aber es gibt wenig Veröffentlichungen dazu.
Es gibt durchaus Veröffentlichungen dazu, man aktiviere den Jagdtrieb und suche...
Paria-Hunde in der Ahnenreihe verorten zu wollen, ist wenig sinnvoll und zielführend, zumal die sich mit mehr domestizierten Caniden paarten oder eben Haushunde zu Paria-Hunden verwildern.
Insofern sind die Nördlichen Sammler und Jäger vielleicht die ersten Hundezüchter Europas. Dazu passen auch die vielen Hunde im Umfeld von Pfahlbausiedlungen bei den Seen der Alpen (Bodensee z.B.). Ich schätze Funde im Ural würden uns sagen können wer und wo die Hunde domestiziert wurden.
Sicher ist, dass im echten Norden, in der Ertebølle-Kultur der Hund bereits ein hoch geschätzter Jagdbegleiter war, wie aus etlichen Grabungs(be) funden erkennbar ist.
Pfahlbauten sind tiefer Süden... :mrgreen:

Von Rasse- Zucht im heutigen Sinne, nach Leistung und bestimmten, definiertem Phänotyp kann eher nicht die Rede sein, auch, wenn sich bestimmte Schläge für definierte Verwendungszwecke herausbildeten.
Tatsächlich selektive Rasse-Hundezucht nach Standard war das sicher nicht.

Welche Form der Jagd mit Hund in frühesten Zeiten der Gemeinschaft die überwiegende war- Hetzjagd, Einzeljagd, und wieweit die frühen Caniden tatsächlich Ausbildung und Erziehung durch menschliche Einwirkung kannten, wäre spannend zu wissen.
Meine Vermutung geht zu einem viel intuitiverem Verständnis und Verstehen der gemeinsamen Aufgaben und der Abgrenzungen als als es die heutige Quassel-Literatur darob neurotisch werdenden Hundehaltern verkaufen will.
Nicht zu verschweigen: Hunde dienten gelegentlich als Nahrungsquelle, wie Schnittspuren an Skelettresten zeigen.
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LG Ruaidhri
james
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Aber die Pfahlbausiedler hatten auch schon ihren speziellen Hundetyp. Ich glaube Hetzjagden sind eher was für die Savanne oder Steppe. In einer Waldlandschaft sucht man sich wohl eher einen Ansitz und attackiert das Wild aus dem Hinterhalt, bereitet eine Falle vor oder ähnliches. Als Nahrungsquelle dienten sie in Europa eher nicht, jedenfalls soweit ich mich erinnere.
Ruaidhri
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Als Nahrungsquelle dienten sie in Europa eher nicht, jedenfalls soweit ich mich erinnere.
Doch, dazu gibt inzwischen einiges an Untersuchungsergebnissen, sonst hätte ich das nicht geschrieben.
Hie in hohen Ehren gehalten, dort in den Topf. Nicht als Hauptnahrungsquelle, aber eben doch.
Aber die Pfahlbausiedler hatten auch schon ihren speziellen Hundetyp. Ich glaube Hetzjagden sind eher was für die Savanne oder Steppe. In einer Waldlandschaft sucht man sich wohl eher einen Ansitz und attackiert das Wild aus dem Hinterhalt, bereitet eine Falle vor oder ähnliches.
Der Typus Hund differierte einerseits schon in Größe und Aussehen nach Verwendungszweck, war aber längst nicht so optisch/ rassetypisch unterschiedlich wie heutzutage.
Im Prinzip müssen die Hunde der Frühzeit mehr oder weniger Allrounder gewesen sein, einzelne Exemplare gewiss mit besonderen Einzelfähigkeiten gab es sicherlich, wie schon in den Wolfsrudeln.
Der eine Sichtjäger, die vor allem in offenen Gelände arbeiten, der andere eher auf Nasenarbeit- ob mit hoher Nase Witterung suchend oder niediger Nase auf der Schweißfährte oder an Bodenverwundungen, die Packer- die Sichtlauten, die Spurlauten und die Leisejäger, so lange die Einzeljagd auf größere Tiere mehr Zufall war, dürfte in den Meuten alles an Fähigkeiten vertreten gewesen sein, nur das versprach Erfolg in Zeiten, in denen der Mensch noch auf Jagd zum Überleben angewiesen war. Auch später, im Wandel der Zeiten und mit schon spezialisierteren Hunden blieb es bei Jagdmeuten, bis die Feuerwaffen den Einzelansitz und die Jagd mit nur einem Hund möglich machten.
Hetzjagd:
Geht- etwas anders als auf offener Fläche- , auch im Wald.
Im Waldrevier war es schon das, was wir heute Drückjagd nennen, gewesen. Hunde (und Treiber) beunruhigen das Wild- daher "auf den Busch klopfen" und treiben es -heute vor die Büchse mit Zielfernrohr-, früher vor die Bögen und Lanzen/ Speere.
Oder die Hunde hetzen sichtig oder auf der Spur/ Fährte, ( wofür Sicht- und Spurlaut nützlich sind) stellen das Wild, binden es, die einen packen, die anderen verbellen, bis der, damals die Jäger heran sind, um es zu erlegen.
Fallenjagd mag es gegeben haben, für dann mitjagende Hunde nicht ungefährlich, denn wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.
Was wir nie erfahren werden, wie weit die frühen Hunde tatsächlich "Haushunde" waren, die mit auf dem Bärenfell lagen und zusätzlich wärmten, und ob und wieweit sie so im Gehorsam standen wie es eigentlich die Sofakissen der Neuzeit müssten.
Wieweit die frühen Hunde tatsächlich von der Ernährung durch den Menschen abhängig waren oder doch noch teilweise Selbstversorger, ist ein interessantes Kapitel, zu dem es neuere Untersuchungen gibt.
Im Prinzip speiste der Hund, was der Mensch auch verzehrte, mit mehr oder weniger vegetarischem Anteil. Roh und gegart, das ganze, schon bisweilen hysterische Getobe ums richtige Hundefutter ist mir, seitdem ich diese Forschungsergebnisse las, ziemlich egal.
Ganz klar: Meine Inselviecher und die Bio-deutsche Hündin meiner Freundin müssen von Hunden der Ertebölle-Kultur abstammen, die sich vorwiegend von Fisch und anderen Meerestieren ernährten. :mrgreen:
Frische Muscheln und frischer Fisch sind am Strand beliebte Leckerbissen. Jawohl, Hunde können Fisch fangen!
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LG Ruaidhri
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