Indoeuropäische Urheimat

Kulturentwicklung, Neandertaler, Altsteinzeit, Anfänge des Menschen, homo erectus

Moderator: Barbarossa

Paul
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Was meint ihr, wo lag die "Urheimat" der indogermanischen Sprachfamilie - wo wurde Urindogermanisch gesprochen? Wann wird diese "Urform" gesprochen worden sein?
- In Mitteleuropa
- In der Kurgan Region
- In Anatolien
- Im heutigen Westrussland
- Nördlich des Schwarzen Meeres

Ich selbst kann mich nicht ganz entscheiden, zwischen Mitteleuropa u. Westrussland. Ausschließen würde ich folgende Regionen.:

-Skandinavien - Im Gebiet der Erteböllekultur muß eine andere Sprache gesprochen worden sein, die sich erst später durch Verschmelzung mit dem Indogermanischen zum Germanischen entwickelt hat.
http://www.stefanjacob.de/Geschichte...geschichte.doc
Nördlich davon wurden Finno-ugrische Sprachen gesprochen z.B. Ursamisch.
- Nord u. Nordostrussland entfällt, weil dort wahrscheinlich schon Finno-ugrische Sprachen gesprochen wurden.
- Nördlich des Kaukasus am Schwarzen Meer wurden vermutlich zu dieser Zeit Kaukasische Sprachen gesprochen. Diese wurden später durch die Ausbreitung von Indogermanen in Richtung Süden verdrängt. Es gibt sogar Wissenschaftler, welche annehmen, das auch das Ursemitische u. das urdrawidische sehr weit im Norden entstanden sind.
- In Anatolien entstand möglicherweise das Ur-Semitische
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
Renegat
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Du machst ja viele Fässer in der Frühgeschichte auf, Paul, da kommt man ja mit dem Lesen gar nicht hinterher oder hast du die Themen vom anderen Forum mitgebracht?

Zur indoeuropäischen Sprache und der leidigen Suche nach der Urheimat gibt es die unterschiedlichsten Ansätze.
Zuerst muß man sich in Erinnerung rufen, dass sie von Sprachforschern im 19. Jht rekonstruiert wurde, es also keine schriftlichen Belege der indoeuropäischen Sprache gibt, man kann noch nicht mal mit Sicherheit sagen, dass sie je gesprochen wurde.
Paul
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Es sind meine Einstiegsbeiträge in von mir eröffneten Themen aus dem anderen Forum. Es ist ja mein geistiges Eigentum und ich möchte nicht, das alle Ideen verloren gehen. Das ist mir schon zu oft passiert.

Die meisten Wissenschaftler sind schon der Ansicht, das ein ursprüngliches Indogermanisch gesprochen worden sein muß. Über das relative Ausbreitungszentrum und die Formen der Ausbreitung wird heftig disskutiert.
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
Dietrich
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Paul hat geschrieben: Die meisten Wissenschaftler sind schon der Ansicht, das ein ursprüngliches Indogermanisch gesprochen worden sein muß. Über das relative Ausbreitungszentrum und die Formen der Ausbreitung wird heftig disskutiert.
Hypothetisch erschlossen wurde von der Indogermanistik die so genannte indoeuropäische Grundsprache, von der man vermutet, dass sie in ähnlicher Form von den Proto-Indoeuropäern gesprochen wurde, also vor der Ausdifferenzierung in die indoeuropäischen Einzelsprachen.

Wo die Träger dieser urindoeuropäischen Sprache saßen, ist bekanntlich bis heute umstritten. Ernsthaft diskutiert werden nur noch drei Hypothesen:

1. Urheimat in Südrussland (Gimbutas, Haarmann, Anthony u.a.)

2. Urheimat in Anatolien (Colin Renfrew)

3. Urheimat in Europa (Alexander Häusler)
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dieter
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Dietrich hat geschrieben:
Paul hat geschrieben: Die meisten Wissenschaftler sind schon der Ansicht, das ein ursprüngliches Indogermanisch gesprochen worden sein muß. Über das relative Ausbreitungszentrum und die Formen der Ausbreitung wird heftig disskutiert.
Hypothetisch erschlossen wurde von der Indogermanistik die so genannte indoeuropäische Grundsprache, von der man vermutet, dass sie in ähnlicher Form von den Proto-Indoeuropäern gesprochen wurde, also vor der Ausdifferenzierung in die indoeuropäischen Einzelsprachen.
Wo die Träger dieser urindoeuropäischen Sprache saßen, ist bekanntlich bis heute umstritten. Ernsthaft diskutiert werden nur noch drei Hypothesen:
1. Urheimat in Südrussland (Gimbutas, Haarmann, Anthony u.a.)
2. Urheimat in Anatolien (Colin Renfrew)
3. Urheimat in Europa (Alexander Häusler)
Ich hänge der Theorie von Gimbutas an. Nicht nur wegen der Kurgane, sondern weil schon immer Völker aus dem asiatischen und osteuropäischen Raum versucht haben in Europa sich festzusetzen. Siehe Skythen, Awaren,Hunnen, Tataren, Mongolen und zuletzt die Ungarn. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Peppone
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Paul hat geschrieben:Was meint ihr, wo lag die "Urheimat" der indogermanischen Sprachfamilie - wo wurde Urindogermanisch gesprochen? Wann wird diese "Urform" gesprochen worden sein?
- In Mitteleuropa
- In der Kurgan Region
- In Anatolien
- Im heutigen Westrussland
- Nördlich des Schwarzen Meeres

Ich selbst kann mich nicht ganz entscheiden, zwischen Mitteleuropa u. Westrussland.
Da bist du aktuell wohl nicht allein. Alle aufgestellten Theorien werden derzeit hinterfragt, und alle haben ihre Widersprüche.
Ich tendiere mehr Richtung Anatolien, wegen der wohl hier erfolgten Durchsetzung der Landwirtschaft als Hauptnahrungsquelle der Menschen, aber ich denke auch immer noch, dass Südrussland was für sich hat.

Beppe
Paul
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Peppone hat geschrieben:Da bist du aktuell wohl nicht allein. Alle aufgestellten Theorien werden derzeit hinterfragt, und alle haben ihre Widersprüche.
Ich tendiere mehr Richtung Anatolien, wegen der wohl hier erfolgten Durchsetzung der Landwirtschaft als Hauptnahrungsquelle der Menschen, aber ich denke auch immer noch, dass Südrussland was für sich hat.Beppe
Gegen Anatolien spricht folgendes. In nördlicheren Regionen Europas lebten "einfachere" Indogermanen, welche sich bei Südwanderungen durch Vermischung mit anderen Kulturen wandelten. Im Süden entstanden neue Ausbreitungszentren z.B. der Iraner und anatolischen Indogermanen. Die Indogermanen im Norden Baltoslawen und Germanen können aus mehreren Gründen nicht von solchen südlichen Indogermanen abstammen. Die nördlichen Indogermanen waren sprachlich ursprünglicher. Sie entwickelten erst später die Eisenverarbeitung. In der heutigen Türkei wurden früher Kaukasisch und semitisch gesprochen. Die Indogermanen wanderten erst später ein.
viele Grüße

Paul

aus dem mittelhessischen Tal der Loganaha
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dieter
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Lieber Paul,
meiner unmaßgeblichen Ansicht nach ist die Urheimat der Indogermanen an der Grenze zwischen Europa und Asien anzusiedeln. Beim Ural trennten sich die Indogermanen, im Norden siedelten sich Kelten, Germanen, Balten und Slawen an. im Süden Italiker, Griechen, Hethiter, Perser und Iraner. Im Osten Tocharer und Inder. Man kann sehen, dass sich die Indogermanen in alle Himmelsrichtungen ausbreiteten. :wink:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Harald
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In ein paar hundert Jahren werden Sprachwissenschaftler und Historiker auftreten, die behaupten, es habe nie ein Volk gegeben, daß die englische Sprache als Muttersprache gesprochen hat.

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Spartaner
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Die Indogermanen waren ein Steppenvolk und Steppenvölker sind meistens keine seßhaften Völker. Wie bei allen Steppenvölkern spielte das Pferd eine wichtige Rolle. Die Indogermanen waren wahrscheinlich ständig in Bewegung, quasi sie zogen herum, um neues Weideland zu suchen. Da viele Gebiete schon besiedelt waren, mussten sie folgerichtig auch Krieg führen. Ihre Sprache war somit ständig in Änderung begriffen, lehnwörter wurden aufgenommen und es gab wahrscheinlich schon sehr früh die Aufspaltung des Urvolkes, wenn es denn je eins gegeben haben sollte. Anatolien und Südrussland wurden mit Sicherheit auch durchstreift und zeitweilig beheimatet. Südlich von Anatolien befand sich bekanntlich das Volk der Hethiter, welches auch eine indogermanische Sprache gesprochen hat, die sehr urtümlich ist.
Renegat
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Woher weißt du, dass die Indogermanen ein Steppenvolk waren?
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Ich meinte Reitervolk statt Steppenvolk.
"Ein gewichtiges Problem der Urheimatfrage führte Hirt ins Felde, als er auf die lange Zeitspanne zwischen Entstehung des indogermanischen Urvolkes und der Entwicklung einer homogenen indogermanischen Sprache hinwies. Seiner Ansicht nach ist das Modell der Zuordnung angenommener ur- indogermanischer Wörter zum Ursprungsgebiet der Indogermanen insofern fehlerhaft, als daß dieses Volk bis zur linguistischen Erschließung der indogermanischen Urzeit weit gewandert sein kann. Es wäre daher exakter, primär auf die anthropologischen Aspekte zurückzugreifen aber auch archäologische Hinweise und Indizien nicht außer acht zu lassen.³
Renegat
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Ab wann ist Reiten auf dem Pferd denn sicher belegt?
Die Hethiter fuhren noch auf dem Streitwagen bei Kämpfen, wie alle anderen nicht IE-Sprecher zu ihrer Zeit.
Spartaner
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Renegat hat geschrieben:Ab wann ist Reiten auf dem Pferd denn sicher belegt?
Die Hethiter fuhren noch auf dem Streitwagen bei Kämpfen, wie alle anderen nicht IE-Sprecher zu ihrer Zeit.
Auch der Hund ist als Wegbegleiter des Menschen, schon länger bezeugt, als es indogermanische Völker gab und die Menschen haben sich den Hund bestimmt nicht als Fleischlieferant gehalten. Die Menschen damals erkannten schon rechtzeitig die Vorzüge der jeweiligen domestizierteten Tiere.
"Wildpferde kamen vor der Indogermanisierung in Europa nur regional vor, während sie in Steppengebieten große Herden bildeten. Dort hat der Archäologe David Anthony an Pferdezähnen aus Dereivka in der Ukraine Abnutzungsspuren entdeckt, die auf die Benutzung einer Trense zum Reiten schließen lassen. Das ist ein eindeutiger Beleg, dass dieses Pferd zum Reiten genutzt wurde." "Anthony hat jedoch zahlreiche weitere Belege zusammengetragen, die darauf schließen lassen, dass die Indoeuropäer ab c.a. 4700 v.u.Z. das Reiten entwickelten, ohne dass allerdings ein sicherer Beweis dafür gefunden wurde."
http://de.wikipedia.org/wiki/Indogermanen
Renegat
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Spartaner hat geschrieben:
Renegat hat geschrieben:Ab wann ist Reiten auf dem Pferd denn sicher belegt?
Die Hethiter fuhren noch auf dem Streitwagen bei Kämpfen, wie alle anderen nicht IE-Sprecher zu ihrer Zeit.
Auch der Hund ist als Wegbegleiter des Menschen, schon länger bezeugt, als es indogermanische Völker gab und die Menschen haben sich den Hund bestimmt nicht als Fleischlieferant gehalten. Die Menschen damals erkannten schon rechtzeitig die Vorzüge der jeweiligen domestizierteten Tiere.
"Wildpferde kamen vor der Indogermanisierung in Europa nur regional vor, während sie in Steppengebieten große Herden bildeten. Dort hat der Archäologe David Anthony an Pferdezähnen aus Dereivka in der Ukraine Abnutzungsspuren entdeckt, die auf die Benutzung einer Trense zum Reiten schließen lassen. Das ist ein eindeutiger Beleg, dass dieses Pferd zum Reiten genutzt wurde." "Anthony hat jedoch zahlreiche weitere Belege zusammengetragen, die darauf schließen lassen, dass die Indoeuropäer ab c.a. 4700 v.u.Z. das Reiten entwickelten, ohne dass allerdings ein sicherer Beweis dafür gefunden wurde."
http://de.wikipedia.org/wiki/Indogermanen
Der Pferdezahn von Anthony wurde im nächsten Satz des Wikiartikels schon wieder korrigiert und als jünger datiert. Die zahlreichen weiteren Belege sind doch eine sehr vage Formulierung.
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