Entwickelte sich der Neandertaler zum modernen Menschen?

Kulturentwicklung, Neandertaler, Altsteinzeit, Anfänge des Menschen, homo erectus

Moderator: Barbarossa

Dietrich
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Ruaidhri hat geschrieben: Die im Folgende zitierte Annahme halte ich für plausibler:
Quelle:
https://de.wikipedia.org/wiki/Hautfarbe
Zitat:
"... Jablonski und Chaplin folgerten, möglicherweise seien im Zuge der Evolution nicht helle aus dunklen Hautfarben hervorgegangen, sondern helle und dunkle Hautfarben als Extremstufen der Anpassung aus einem eher bräunlichen Ausgangston."
Andere Faktoren und Theorien, die dem nicht widersprechen, miteinbezogen, sollte man den genetischen Anteil des Neandertalers an der helleren Pigmentierung weder überbewerten noch komplett negieren.
Mit dieser Aussage bei Wiki sind wir natürlich genauso schlau wie vorher. Angesichts des minimalen Genflusses ist der Anteil des Neandertalers an der Depigmentierung sicher eher gering einzuschätzen.
Dietrich
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dieter hat geschrieben:Lieber Dietrich,
es sind nach Pääbo 4-7%, das nur am Rande gesagt.
"Ein kleiner Anteil, geschätzt 1 % bis 4 %, der DNA von Eurasiern und Nordafrikanern[3] ist nicht „modern“ und stimmt mit der des Neandertalers überein,"

https://de.wikipedia.org/wiki/Genfluss_ ... mo_sapiens
Ruaidhri
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Mit dieser Aussage bei Wiki sind wir natürlich genauso schlau wie vorher. Angesichts des minimalen Genflusses ist der Anteil des Neandertalers an der Depigmentierung sicher eher gering einzuschätzen.
Gibt allerdings dann doch ein anders Ausgangsbild als eine zu einseitige Fixierung.
Entspricht auch eher den Verhältnissen in der Natur, wo die Spektren breiter angelegt sind.
"Ein kleiner Anteil, geschätzt 1 % bis 4 %, der DNA von Eurasiern und Nordafrikanern[3] ist nicht „modern“ und stimmt mit der des Neandertalers überein,"
Die Zahlen finden sich zumindest in aktuellen wissenschaftlichen Publikationen.
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dieter
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Dietrich hat geschrieben:
dieter hat geschrieben:Lieber Dietrich,
es sind nach Pääbo 4-7%, das nur am Rande gesagt.
"Ein kleiner Anteil, geschätzt 1 % bis 4 %, der DNA von Eurasiern und Nordafrikanern[3] ist nicht „modern“ und stimmt mit der des Neandertalers überein,"

https://de.wikipedia.org/wiki/Genfluss_ ... mo_sapiens
Lieber Dietrich,
Wikipedia sagt aber dazu, dass durch die Gene des Neandertalers Haut und Haare des HSS sich besser den Klimatischen Bedingungen in Europa und Asien anpassen konnte. :wink:
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Dietrich
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dieter hat geschrieben: Lieber Dietrich,
Wikipedia sagt aber dazu, dass durch die Gene des Neandertalers Haut und Haare des HSS sich besser den Klimatischen Bedingungen in Europa und Asien anpassen konnte. :wink:
Dazu sagt die alte Tante Wiki im oben verlinkten Artikel folgendes:

"Von Genen, die Keratine betreffen, wurde indessen festgestellt, dass sie vom Neandertaler zu modernen Ostasiaten und Europäern geflossen sind, und mutmaßlich zu einer besseren morphologischen Anpassung von Haut und Haar unter außerafrikanischen Umgebungsbedingungen geführt haben."

Man muss deutlich sagen, dass wir uns bei dieser Thematik überall im Bereich der Mutmaßungen und Hypothesen bewegen. Sicher ist auf jeden Fall, dass der moderne Mensch mehrere zehntausend Jahre Asien und Europa bewohnte. In diesem gewaltigen Zeitraum ist es aufgrund der klimatischen Verhältnisse nachweislich zu Depigmentierungen gekommen, wie das vermutlich (!) auch dem Neandertaler widerfahren ist. Genau wissen wir bis heute nicht, welche Hautfarbe man sich beim ihm vorstellen muss.
Paul
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Der Mensch in Europa war schon depigmentiert. Es gab keinen Selektionsdruck zur Pigmentierung. Es flossen andere Gene aus Asien und Afrika nach Europa, die Vorteile mit sich brachten. Diese Gene breiteten sich in der Neandertalerbevölkerung Europas aus.
viele Grüße

Paul

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Dietrich
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Paul hat geschrieben:Der Mensch in Europa war schon depigmentiert. Es gab keinen Selektionsdruck zur Pigmentierung. Es flossen andere Gene aus Asien und Afrika nach Europa, die Vorteile mit sich brachten. Diese Gene breiteten sich in der Neandertalerbevölkerung Europas aus.
Woher willst du das alles so genau wissen?
Ruaidhri
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Man muss deutlich sagen, dass wir uns bei dieser Thematik überall im Bereich der Mutmaßungen und Hypothesen bewegen. Sicher ist auf jeden Fall, dass der moderne Mensch mehrere zehntausend Jahre Asien und Europa bewohnte. In diesem gewaltigen Zeitraum ist es aufgrund der klimatischen Verhältnisse nachweislich zu Depigmentierungen gekommen, wie das vermutlich (!) auch dem Neandertaler widerfahren ist. Genau wissen wir bis heute nicht, welche Hautfarbe man sich beim ihm vorstellen muss.
Insofern ist die oben zitierte Annahme, dass es schon in Afrika die genetische Veranlagung zu unterschiedlicher Pigmentierung gab, wie sie bis heute zu sehen ist, durchaus genauso berechtigt wie die, dass Neandertal-Gene die Bleiche zum Europäer unterstützt haben können.
Mal abgesehen davon, dass die Natur einerseits Gesetzgmäßigkeiten unterliegt, aber genauso Mutationen hervorruft, deren Verpaarung sich als überlebensfähig erweist.
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dieter
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Dietrich hat geschrieben:
dieter hat geschrieben: Lieber Dietrich,
Wikipedia sagt aber dazu, dass durch die Gene des Neandertalers Haut und Haare des HSS sich besser den Klimatischen Bedingungen in Europa und Asien anpassen konnte. :wink:
Dazu sagt die alte Tante Wiki im oben verlinkten Artikel folgendes:

"Von Genen, die Keratine betreffen, wurde indessen festgestellt, dass sie vom Neandertaler zu modernen Ostasiaten und Europäern geflossen sind, und mutmaßlich zu einer besseren morphologischen Anpassung von Haut und Haar unter außerafrikanischen Umgebungsbedingungen geführt haben."

Man muss deutlich sagen, dass wir uns bei dieser Thematik überall im Bereich der Mutmaßungen und Hypothesen bewegen. Sicher ist auf jeden Fall, dass der moderne Mensch mehrere zehntausend Jahre Asien und Europa bewohnte. In diesem gewaltigen Zeitraum ist es aufgrund der klimatischen Verhältnisse nachweislich zu Depigmentierungen gekommen, wie das vermutlich (!) auch dem Neandertaler widerfahren ist. Genau wissen wir bis heute nicht, welche Hautfarbe man sich beim ihm vorstellen muss.
Lieber Dietrich,
siehst Du für die alte Tante Wiki ist das eine Möglichkeit, Es muß doch einen Grund dafür geben, dass der HSS sich erst nach Asien, sicherlich im südlichen Teil an den Küsten entlang und sogar nach Australien ausbreitete, bevor er nach Europa kam :?:
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Ruaidhri
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Lieber Dietrich,
siehst Du für die alte Tante Wiki ist das eine Möglichkeit,
Eine Möglichkeit oder ein möglicher, aber noch nicht endgültig bewiesener Zusammenhang in einer noch nicht geklärten Kausalkette von Ursache und Wirkung, Zufällen etc.
Das ist alles andere als eindimensional und monokausal einzuordnen.
Wir sind noch lange nicht am Ende in der Erforschung der frühen Menschheitsgeschichte, insofern mag man zwar dieser oder jener Erklärung den Vorrang geben, aber den offenem Blick für alle anderen Faktoren, die hinzu kommen, behalten.
Die Wissenschaften haben uns nun wahrlich oft genug überrascht in den vergangenen Jahrzehnten.
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Barbarossa
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Nach neuen Erkenntnissen scheint ein besonders heftiger Ausbruch vulkanischer Aktivität in den Phlegräischen Feldern in Italien am Vesuv vor 39.000 Jahren wesentlich verantwortlich für das Aussterben der Neandertaler zu sein. Der Ausbruch war so stark, dass man noch in Zentralasien eine dicke Schicht Vulkanasche von diesem Vulkan nachgewiesen hat. Dies führte zur radikalen Verschlechterung der Lebensbedingungen, was zu einer so starken Reduzierung der Neantertalerpopulation fühte, dass sie sich davon nie wieder erholte. Etwa 15.000 Jahre später starben die letzten Neandetaler, die nach der Katastrophe wohl nur noch auf Gebiete in Frankreich und der Pyrenäenhalbinsel beschränkt lebten und wohl nur noch höchstens 20.000 Individuen zählten.
Auch der Homo Sapiens litt unter der Katastrophe, aber durch die viel weitere territoriale Verbreitung der Art, kam es nicht zum Aussterben dieser Art.
Interessante Erkenntnisse, wie ich finde.
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Paul
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Nach Paebos Rechenmethoden, welche auch im Tausend Genom Projekt angewendet werden, hat gerade die Region in Mittelitalien mit 7 % den höchsten Anteil an Neandertalergenen weltweit. Diese These kann man also verwerfen. Tatsächlich haben sich die weltweiten Veränderungen in Richtung moderner Mensch immer mehr beschleunigt. Der Neandertaler/die menschlichen Bevölkerungen in Europa und Sibirien hatten einen Anteil an dieser Modernisierungsevolution.
Die These, das alle Gene, die allen Menschen gemeinsam sind und auch vor 40000 Jahren schon verbreitet waren, wären alle aus anderen Teilen der Welt nochmal nach Europa gekommen ist falsch. Der Neandertaler hatte schon ganz überwiegend das Genom des Modernen Menschen. Die Modernisierungsevolution betraf einen kleinen Teil unseres Genoms. Die ganzen Aussterbeszenarien werden dauernd übertrieben. Wir haben viele geschichtliche Beispiele, das dies so nicht vorkommt, wie es behauptet wird. Meist leben die Ursprungsbevölkerungen in den Nachfolgebevölkerungen vermischt weiter. Das Erscheinungsbild ändert sich durch die Vermischung erheblich. Vor 40000 Jahren wanderte man aber aus den Nachbarregionen ein.
viele Grüße

Paul

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Barbarossa
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Diese Theorie wurde gestern auf ZDF Info ausgestrahlt. 
Den Ausbruch gab es und er war der größte in den letzten 100.000 Jahren. Aber natürlich ist es bei jeder Katastrophe tatsächlich so, dass es immer irgendwo Überlebende gibt. Es sterben niemals restlos alle. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass sich Überlebende der Neandertaler und des Homo Sapiens angesichts drr Katastrophe zusammengetan haben, um so besser überleben zu können. So könnte es dann zu weiteren Vermischungen gekommen sein. Gerade in solchen Notzeiten hat der Mensch oft bewiesen, dass er zur Kooperation fähig ist - selbst bei Gruppen, die zuvor verfeindet waren. 
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Barbarossa
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Gestern Abend lief im Fernsehen wieder eine interessante Doku über dieses Thema. Darin wurde auch dargestellt, was man über die Neandertaler weiß.

- So ist z. B. bekannt, dass diese Art im Laufe ihrer Existenz mehrere Klimaveränderungen und Eiszeiten überlebt hat. Darum werden solche klimatischen Veränderungen für das Verschwinden des Neandertalers eher ausgeschlossen. Der Zeitpunkt für das Verschwinden der Neandertaler wurde zudem zurückdatiert, aufgrund neuerer Untersuchungen an den gefundenen Überresten. Man setzt diesen Zeitpunkt jetzt bei vor 39.000 Jahren an. Zuvor galt die Art vor etwa 30.000 Jahren als verschwunden.
Die erste Welle der Einwanderung des Homo Sapiens wird jetzt bei vor 45.000 Jahren angesetzt. Es gab dann vor etwa 42.000 Jahren noch eine zweite Einwanderungswelle des Homo Sapiens nach Europa.

- Weiterhin ist bekannt, dass die Anzahl der Neandertaler am Ende ihrer Existenz ständig abnahm. Dafür werden verschiedene Ursachen vermutet.
a) Zum einen ist bekannt, dass zumindest einzelne Neandertalergruppen Kannibalen waren. Dies kann fatale Folgen haben, wenn etwa auch das Gehirn mitgegessen wird und das Gehirn des verspeisten Exemplares bestimmte Eiweißablagerungen (Prionen) aufwies. Diese Prionen kennt man auch von der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, die sich in diesem Fall übertragen könnten.
b) Zum anderen ist auch bekannt, dass es aufgrund der immer geringeren Auswahl zu Inzest kam - mit den bekannten Folgen, wie Erbkrankheiten.

- Und nicht zuletzt ist bekannt, dass sich Neandertaler und Homo Sapiens auch vermischt haben - es also gemeinsame Nachkommen beider Arten gab. Jeder moderne Mensch außerhalb von Schwarzafrika trägt mindestens 2% Neandertalergene in sich.

Letztlich wird es wohl diese ganze Kette von Ursachen gewesen sein, die zum Verschwinden bzw. zur Assimilierung der Reste der Neandertaler durch den Homo Sapiens geführt hat.

Übrigens sind beide ohnehin sehr enge Verwandte.
Denn: Vorläufer des Neandertalers in Europa und Asien war der Heidelbergmensch. Ihn gab es aber auch in Afrika. Nur in Afrika entwickelte sich diese Art zum Homo Sapiens, der dann z. T. nach Asien und weiter nach Europa wanderte und dort auf den Neandertaler traf.
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