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Moderator: Barbarossa

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Wittgenstein
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Phosphor auf rote Kreuze....Dresden 1945

“In riesigen Dimensionen leuchteten von den Dächern die roten Kreuze in weißem Felde. Die Genfer Konvention hatte diese Kennzeichnung so vorgeschrieben. Alle Nationen der Welt verpflichteten sich, diese Zeichen zu respektieren. Das Leben der nicht mehr Kampffähigen sollte  geschützt werden. An diesen vielen Lazaretten lag es wohl, daß der Volksmund behauptete, Dresden werde nicht angegriffen.  Dresden sei zur Stadt der Verwundeten erklärt worden. Die Bomben und Phosphorkanister fragten nicht, ob Fabriken, Wohnstätten oder Krankenhäuser. Sie explodierten dort, wo sie niederfielen. Nicht ein Krankenhaus oder Lazarett blieb verschont.

Als der Vollalarm einsetzte, richteten sich die armen, vom Kriege Gezeichneten in ihren Betten auf. Unruhig tasteten die Hände der Blinden über die Bettdecken. Wie ängstliche, flatternde Vögel sahen die Bewegungen der feinnervig gewordenen Finger aus. Die Beinamputierten dagegen stützten sich auf ihre stark gewordenen Arme. Auf den geballten Fäusten balancierten sie zu zu den Fußenden ihrer Betten. Nervös eilte das Pflegepersonal umher. Bevor jedoch jeder recht begriffen hatte, welche Gefahr drohte, zischten schon die Stabbrandbomben in die Baracken. Einige Phosphorkanister zerplatzten auf den Dächern. Glühender Phosphor schoß an den Fenstern vorbei. Es sah aus, als wenn ein Platzregen leuchtende Wassermassern herabschütten würde. Aber diese Ströme bestanden aus Feuer. In die Baracke sauste eine der neuartigen Benzinbrandbomben hinein. Beim Aufschlag schoß eine Benzinflamme von vier Metern Länge heraus und setzte die Betten in Brand. Wilde Schmerzensschreie gellten auf. Einige verbrannten, ohne noch einen Laut von sich geben zu können. Eine unbeschreibliche Panik brach aus. Blinde liefen mit nackten Füßen in  Phosphor hinein. Beinamputierte hüpften auf ihren Fäusten den Ausgängen zu. Hilferufe von allen Seiten! Aber der Höhepunkt war noch nicht erreicht. Weiter prasselten die Bomben erbarmungslos auf die Ärmsten der Armen hernieder, denen der Dank des Vaterlandes versprochen worden war. Und dieses Vaterland konnte sie nicht einmal in ihrem Elend vor weiteren Verwundungen, Verbrennungen und vor dem Tode schützen.

Und Gott schwieg. Gab es noch einen Gott?  Er ließ es zu, daß die Kreaturen, die er nach seinem Ebenbild erschuf, jämmerlich gequält wurden, jämmerlicher umkamen als jemals Menschen zuvor. Und mit diesen Blinden und Beinlosen die Einwohner einer Großstadt und 500000 Flüchtlinge, die dem entsetzlichen Rasen einer entfesselten Kriegsfurie wehrlos ausgeliefert waren..

Ein grotesker Anblick. Die hüpfenden, tastenden Kriegsopfer in ihren gestreiften Anzügen. Die Blinden sprangen hoch, wenn sie in glühende Asche traten. Mit eckigen, ruckartigen Bewegungen hasteten die Beinamputierten auf ihren blutenden, verbrannten Fäusten dahin. Auch hier dieser ekelhafte, scharfe Geruch verbrannten Fleisches. Beizender Qualm, der die Lungen verpestete. Der Phosphorregen, dieser Teufelssaft, floß in nicht enden wollenden Strömen von oben herab. Tonnen hingen am nachtdunklen Himmel. Oder waren es Fallschirme, an denen der Tod zur Erde langsam herabsank? Aus windmühlenartigen Flügeln spritzte brennender Phosphor. Wo er auftraf, erstarben Mensch, Tier und Pflanze. Ein tolles Feuerwerk der Vernichtung.

Aus den Gluten der Baracken flohen die Kriegsversehrten. Blinde trugen Beinamputierte, die ihnen den Weg wiesen. Ein Zug dieser Elendsgestalten, grausiger, als eine erhitzte Phantasie ihn sich vorstellen konnte, flüchtete zu den Gittern. Dann standen sie vor den hohen, verschlossenen Eisengittern, vor den Eisentoren. Niemand besaß einen Schlüssel! Aber sie mußten herauskommen. Die Bäume, das Gras brannten, dazu die Hitze der brennenden Baracken.

Menschenpyramiden wurden errichtet. Die Blinden standen übereinander und hoben die Beinamputierten hinauf, ließen sie jenseits der Eisengitter zu Boden fallen. Niemand hemmte ihren Fall. Keine hilfreiche Hand streckte sich ihnen entgegen. Dumpf schlugen die Körper auf. Manche blieben liegen, manche hasteten, auf ihre Fäuste sich stemmend, davon. Spaten, was nur irgendwie ihren Lauf unterstützen konnte, klemmten sie sich in die Achselhöhlen.  Schreiend humpelten sie auf blutenden Beinstümpfen davon. Später fand man sie. Lebende und Tote. Zwischen verkohlten Bäumen und Büschen und schwarzem Gras. Die blau – weiß  gestreiften Kittel zerfetzt, blutgetränkt, verbrannt.”
( Rodenberger, Axel, Der Tod von Dresden – Ein Bericht über das Sterben der Stadt – , Landverlag GmbH, Dortmund 1951, S. 86 ff. )
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Barbarossa
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In einer Fernsehdokumentation wurde einmal untersucht, welchen Kampfstoff die Alliierten auf Dresden abwarfen. Dabei kam heraus, dass es nicht Phosphor war, wie der Volksmund immer behauptete, sondern ein ganz neu entwickeler Kampfstoff: Napalm - später auch in Vietnam verwendet.
Da es ganz neu war und es somit noch niemand kannte, ist es klar, dass der Volksmund auf damals Bekanntes zurückgriff. 
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Wittgenstein
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Barbarossa hat geschrieben:In einer Fernsehdokumentation wurde einmal untersucht, welchen Kampfstoff die Alliierten auf Dresden abwarfen. Dabei kam heraus, dass es nicht Phosphor war, wie der Volksmund immer behauptete, sondern ein ganz neu entwickeler Kampfstoff: Napalm - später auch in Vietnam verwendet.
Da es ganz neu war und es somit noch niemand kannte, ist es klar, dass der Volksmund auf damals Bekanntes zurückgriff. 

Das mag sein, Barbarossa, als das Buch geschrieben wurde - 1951 - sagte man sicher noch weitgehend "Phosphor". Mein Vater hat als junger freiwiliiger Fallschirmjäger schon 1944 Angriffe mit Napalm auf den Flughafen Le Bourges bei Paris erlebt.
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Ruaidhri
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"Wer Wind sät, wird Sturm ernten!"
Gelernt hat man nur wenig oder gar nichts daraus.
Weder aus aus dem Holocaust und dem deutschen Vernichtungskrieg noch aus dem sehr fragwürdigen Angriff auf Dresden.
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Barbarossa
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Glaubst du, es könnte in Deutschland noch einmal so etwas wie ein Nazi-Regime an die Macht komnen? Oder wie meinst du das? 
Ich glaube das eher nicht.
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Ruaidhri
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Barbarossa hat geschrieben:Glaubst du, es könnte in Deutschland noch einmal so etwas wie ein Nazi-Regime an die Macht komnen? Oder wie meinst du das?
Ich glaube das eher nicht.
Doch, das fürchte ich- ob in Deutschland oder anderswo in der (westlichen) Welt. Mit nichts gelernt meine ich allerdings auch den Krieg gegen Zivilisten. Sicherlich war Dresden nicht so militärisch belanglos wie oft dargestellt, aber dass es zuerst und vor allem die Zivilbevölkerung treffen würde, war klar und klare Absicht. Der Zweck heiligt nicht immer die Mittel. Nicht 1945, als es darum ging, ein mörderisches Regime zu beseitigen und dessen Anhängern zu zeigen, dass es keinerlei Aussicht auf den "Endsieg" gab. Nicht im Februar 1945, nicht in Vietnam, nicht heute sind Angriffe auf die Zivilbevölkerung in solchem Ausmaß gerechtfertigt. Kollateralschäden ür den angeblich guten Zweck...
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Paul
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Ruaidhri hat geschrieben:"Wer Wind sät, wird Sturm ernten!"
Gelernt hat man nur wenig oder gar nichts daraus.
Weder aus aus dem Holocaust und dem deutschen Vernichtungskrieg noch aus dem sehr fragwürdigen Angriff auf Dresden.
Ein großer Teil der Bevölkerung in Deutschland und Dresden hat keinen Wind gesät. Sie konnten den Krieg und Massenmord nur nicht verhindern und hatten Angst es zu versuchen. Ganz unschuldig waren die Anexionsmächte des 1. Weltkriegs , am 2. Weltkrieg nicht.

Es gibt schon Unterschiede in der Kriegsführung. Die Armee Rojavas nimmt eigne Todesopfer in Kauf, um Zivilisten zu schonen. Sie kämpfen zum großen Teil mit Scharfschützen. Manbij wurde wenig zerstört und es gab wenige zivile Opfer. Es zahlt sich sogar aus, da die internationale Unterstützung für Rojava wächst, weil sie Zivilisten schonen und immer wieder risikoreiche Hilfsaktionen machen, um Menschen zu retten z.B. die Eziden, Christen, Schiiten in Shingal und die Christen vom Khabur und Hasakah. In Hasakah haben sie auch die Araber aus den südlichen Stadtteilen vom IS gerettet. Viele Araber unterstützen jetzt Rojava und treten in die YPG ein. Andere setzen Drohnen ein, um eigne Soldaten zu schonen und treffen Zivilisten o. sie machen Städte zu Trümmerfeldern in denen die Zivilisten getötet werden, wie in Aleppo und Al Bab.
viele Grüße

Paul

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Barbarossa
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Ruaidhri hat geschrieben:
Barbarossa hat geschrieben:Glaubst du, es könnte in Deutschland noch einmal so etwas wie ein Nazi-Regime an die Macht komnen? Oder wie meinst du das?
Ich glaube das eher nicht.
Doch, das fürchte ich- ob in Deutschland oder anderswo in der (westlichen) Welt. Mit nichts gelernt meine ich allerdings auch den Krieg gegen Zivilisten...
Die Zivilisten leiden immer am meisten - das ist in jedem Krieg so. Und dann haben meist die Zivilisten auch noch die Folgen des Krieges zu tragen, wie etwa die Vertriebenen im Zweiten Weltkrieg. Und da meine ich nicht nur die Vertriebenen der deutschen Ostprovinzen und in anderen Ländern, sondern eben auch Polen und Ukrainer.
Zur Frage, ob solche Regime noch einmal an die Macht kommen könnten - also zumindest für Deutschland würde ich es ausschließen. In anderen Ländern, wie etwa Ungarn, Polen oder die Türkei gibt es bereits national-konservative Regierungen. Und ich würde auch nicht meine Hand ins Feuer legen, dass in Frankreich nicht einmal eine Le Pen das Sagen haben wird.
Aber wie gesagt, für Deutschland würde ich es ausschließen.
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Ruaidhri
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Paul hat geschrieben:Ein großer Teil der Bevölkerung in Deutschland und Dresden hat keinen Wind gesät. Sie konnten den Krieg und Massenmord nur nicht verhindern und hatten Angst es zu versuchen. Ganz unschuldig waren die Anexionsmächte des 1. Weltkriegs , am 2. Weltkrieg nicht.
Fest steht: Der Krieg und der Holocaust wurde von Deutschen im Namen des deutschen Volkes begonnen bzw. durchgeführt. Ist ja nun nicht so, als niemand Hitler gewählt und als habe nicht viele gegeben, die, bis der Krieg zurück kam und darüber hinaus, fanatische Anhänger der Nazis gewesen wären.

Haben die Menschen beim Angriff auf Coventry oder anderswo etwa weniger gelitten, als die deutsche Luftwaffe bombardierte? Oder waren die selber schuld, weil sie ja nun mal Engländer waren? Oder Polen oder Franzosen oder oder? Willst Du die Horrorherrschaft der Nazis den Siegermächten des 1. Weltkrieges zuschieben? Versailles war gewiss kein Ruhmesblatt, aber den Krieg haben die Deutschen bzw. deren gewählter, bejubelter Führer begonnen und damit unsägliches Leid über die Völker gebracht.
Trotzdem war dieser Luftangriff auf Dresden jenseits aller militärischen Notwendigkeit. Einerseits darf man tatsächlich Gestalten wie Bomber-Harris schon pure Rache- und Machtgedanken unterstellen, denen ein Chruchill nichts entgegensetzte, weil er darauf hoffte, die Menschen zu demoralisierenund den Krieg schneller zu beenden. Ihm und den Amis war schon daran gelegen, der SU/ Stalin  zu versichern, dass man seinen Teil zum Sieg beitrug. Der Gedanke, dass die West-Alliierten gleichzeitig der SU ihre militärische Stärke demonstrieren wollte, ist auch nicht so von der Hand zu weisen. Der kalte Krieg begann schon, bevor Deutschland militärisch besiegt war.
Dass in einem solchen Krieg irgendwann keine Werte mehr zählen, es gleich wird, wen man trifft- nun ja, Reaktion auf  die deutsche Kriegsführung, die nun wahrlich nie Rücksicht auf Zivilisten genommen hatte, und auf all das, was man inzwischen wusste, was geschehen war.
Draraus gelernt hat man wenig- oder wieder vergessen in Europa, Russland inbegriffen und in den USA.
Dresden ist eines von vielen Symbolen, wohin Krieg führt- auch zum Verlust der Moral auf der Seiten derjenigen, die eigentlich dafür stehen, ein totalitäres, mörderisches Regime zu beseitigen.
Barbarossa hat geschrieben:Aber wie gesagt, für Deutschland würde ich es ausschließen.
Drei Monate Bus und Bahnfahren, dazu im Internet lesen- ich halte nichts in der Hinsicht für ausgeschlossen, wenn ich die Leute reden höre oder lese, was brave Bürger an dunkelbrauner Soße zusammenkochen.
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Barbarossa
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Ruaidhri hat geschrieben:... Der Krieg und der Holocaust wurde von Deutschen im Namen des deutschen Volkes begonnen bzw. durchgeführt. Ist ja nun nicht so, als niemand Hitler gewählt und als habe nicht viele gegeben, die, bis der Krieg zurück kam und darüber hinaus, fanatische Anhänger der Nazis gewesen wären...
Krieg und Holocaust wurden von Nazis im Namen des Deutschen Volkes begonnen. Das ist ein Unterschied, weil der Name des Deutschen Volkes damit nachhaltig besudelt wurde. Und nein, die NSDAP hat deutschlandweit nie eine absolute Mehrheit erhalten, solange es auch nur halbwegs freie und demokratische Wahlen gab - selbst bei den nur noch halfreien Wahlen im März '33 nicht, als Hitler bereits Reichskanzler war. Wahrscheinlich muss man vor allem den damaligen politischen Eliten ein Versagen vorwerfen, weil sie einfach nicht genug Wiederstand geleistet haben gegen NSDAP und SA und Ermächtigungsgesetz.
Ruaidhri hat geschrieben:Drei Monate Bus und Bahnfahren, dazu im Internet lesen- ich halte nichts in der Hinsicht für ausgeschlossen, wenn ich die Leute reden höre oder lese, was brave Bürger an dunkelbrauner Soße zusammenkochen.
Das ist bei Radikalen eigentlich immer so. Sie schreien am lautesten, so dass alle anderen denken sollen, sie stellten die Mehrheit dar. Die repräsentativen Umfragen sagen oft etwas anderes. Das ist klares Kalkül.
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Wittgenstein
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Das Grundübel

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Barbarossa hat geschrieben:Und nein, die NSDAP hat deutschlandweit nie eine absolute Mehrheit erhalten, solange es auch nur halbwegs freie und demokratische Wahlen gab - selbst bei den nur noch halfreien Wahlen im März '33 nicht, als Hitler bereits Reichskanzler war. Wahrscheinlich muss man vor allem den damaligen politischen Eliten ein Versagen vorwerfen, weil sie einfach nicht genug Wiederstand geleistet haben gegen NSDAP und SA und Ermächtigungsgesetz.
Einerseits richtig- andererseits gab es dann doch viele, die zu viele Landsleute, die dem Regime halfen. Natürlich haben die politischen Eliten versagt, haben sie die tatsächlichen Absichten Hitlers nicht erkannt und/ oder nicht erkennen wollen, das allein reicht aber nicht, zu viele haben zu lange geglaubt.
Das sollte die erste Lehre gewesen sein: Nicht glauben, sondern denken und prüfen. Bevor man noch Widerstand leisten muss oder müsste. Dass nicht jeder zum Helden geboren ist, ist klar und normal, wobei schon kleine Verweigerungen, wenige Worte in Diktaturen gefährlich werden können. Letztlich, und das war ftal, kämpften die Menschen täglich und in jeder Nacht ums eigene Überleben- Platz und Kraft für Widerstand aus der Bevölkerung gegen das Terror-Regime gab es nicht.
Hie darf darf man weder "alle Deutschen" als  Nazis bezeichnen, noch wieder nur wenige verantwortlich machen und ausblenden, dass bis Stalingrad Hitler durchaus breite Zustimmung im Volk genoss. Überzeugte Nazis habe ich noch genügend gekannt, und ich bin Nachkriegsjahrgang.
Der Angriff auf Dresden ist so wenig zu rechtfertigen wie der der Nazis auf Coventry oder die auf andere Städte, Opfer unter der Zivilbevölkerung gewünscht. Wobei die Opferzahlen nicht zu vergleichen sind. Unrecht bleibt Unrecht, ganz gleich, was durch bewusst in Kauf genommene Opferzahlen unter Zivilisten erreicht werden soll. Nur Ursache/ Auslöser und Wirkung sollten auseinander gehalten werden. Der Angriff auf Dresden war nicht "besser" und nicht "böser" als deutsche Bombardements und das Verhalten von SS und Teilen der Wehrmacht gegenüber der Zivilbevölkerung in Kriegsgebieten. Nur genauso grausam, tödlich, unmenschlich, Tod und Leid bringend.
In Dreden wie in Kiel und Coventry ( Partnerstädte) und überall sollten die heute lebenden Menschen des gegenseitigen Unrechts und Leids gedenken und daraus zu lernen. Gemeinsam, weil alle gleich gelitten haben. Nicht gegenseitiges ewiges Fingerzeigen, das hilft wenig weiter, baut keine Brücken. Das empfinden viele, die in den Städtepartnerschaften beteiligt waren und sind auch so. Gemeinsames " Nie wieder" in respektvollem Gedenken an alle Opfer.
Wittgenstein hat geschrieben:Das Grundübel

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Was soll dieses Zitat in diesem Thread nun besagen?
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Ruaidhri, im Grunde sind wir uns hier einig. 
Was für die Zeit nach dem Krieg wohl am meisten zu kritisieren ist, ist für mich die Wiedereinsetzung dieser alten Nazis in Amt und Würden - sie blieben sogar auch z. B. Richter. Hier wurden wohl die größten Fehler begangen. Nach meiner Auffassung wäre jeder Bauer - nichts gegen diesen Berufsstand - ein besserer Richter gewesen. Vor allem darum hatte es wohl den Anschein, dass man sie sehr zalreich überall noch antraf nach dem Krieg. 
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Ruaidhri
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Barbarossa hat geschrieben:Was für die Zeit nach dem Krieg wohl am meisten zu kritisieren ist, ist für mich die Wiedereinsetzung dieser alten Nazis in Amt und Würden - sie blieben sogar auch z. B. Richter. Hier wurden wohl die größten Fehler begangen. Nach meiner Auffassung wäre jeder Bauer - nichts gegen diesen Berufsstand - ein besserer Richter gewesen.
Die unverbesserlichen Nazis, Rassisten und Verharmloser und die historischen Tatsachen leugnenden gab es in der BRD quer durch alle Schichten, auch unter SPD- Wählern- und Mitgliedern. Es hat durchaus gedauert, sich von den eingeübten Denkmustern und Überzeugungen zu lösen, wenn überhaupt.

Ich denke aber letztlich auch, wir meinen beide das Gleiche. Jeder Bürger Europas und der freien Welt, die sich ja für die moralisch bessere hält, trägt ein Stück Mitverantwortung dafür, dass solche Dinge sich nicht wiederholen.
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Du magst recht haben. Ich denke auch, dass der Nationalsozialismus zumindest in Teilen dem Zeitgeist der 30er Jahre folgte - nur eben in seiner radikalsten Ausprägung. Irgendwo habe ich einmal gehört oder gelesen, dass selbst ein damaliger SPD-Politiker von den ,,deutschen Volksgenossen'' sprach. Das heißt, das war nicht ausschließlich Nazisprech. Wenn aber heute jemand diese Begrifflichkeit verwenden würde, würde die Öffentlichkeit ihn klar als Nazi definieren. Das nur mal so als Beispiel.
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