Der junge, spätere Stasichef Erich Mielke

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Moderator: Barbarossa

Wallenstein

Die frühere Kommunistin, Margarete Buber- Neumann, schreibt in ihren Memoiren:
„An einen heißen Nachmittag im August des Jahres 1931 saßen wir in der Redaktion der „Inprekorr“ bei der Arbeit. Plötzlich wurde die Tür aufgerissen, und eine erregte Stimme schrie uns zu, das man soeben auf dem Bülowplatz „Totenkopf“ und „Schweinebacke“ erschossen habe. „Totenkopf“ und „Schweinebacke“ waren die Spitznamen der beiden in kommunistischen Kreisen sattsam bekannten Polizeioffiziere Anlauf und Lenk.“
(Margarete Buber-Neumann, Von Potsdam nach Moskau, München 2002, S.229)

Beide waren besonders unbeliebt gewesen und die KPD jubelte über deren Ermordung. Die Tat galt als Vergeltungsschlag für den Tod von dem Klempner Fritz Auge, der am Tage zuvor auf diesem Platz nach einem Handgemenge mit der Polizei gestorben war. Die Täter waren der junge Erich Mielke und sein Freund Erich Ziemer, der später im spanischen Bürgerkrieg fiel. Dieser Mord auf dem Bülowplatz in Berlin schlug seinerzeit hohe Wellen. (heute heißt er übrigens Rosa-Luxemburg-Platz)

Die Eltern von Mielke gehörten 1918 zu den Begründern der KPD und er selbst trat 1921 dem Kommunistischen Jugendverband Deutschland (KJVD) bei, 1925 dann auch der KPD und dem Rotfrontkämpferbund. Gelernt hatte er Speditionskaufmann und arbeitete bis Januar 1931 bei Siemens, wo er aufgrund eines Arbeitskampfes entlassen wurde.

1930 gründete die KPD den PSS, den Parteiselbstschutz, eine paramilitärische Organisation, die ca. 100.000 Mitglieder hatte.

Unklar ist, wer diese Mordaktion zu verantworten hatte. Auftraggeber war ein gewisser Fritz Bröde gewesen vom PSS, dessen Vorgesetzter war Hans Kippenberger, der den militärischen Apparat der KPD leitete (er wurde 1937 in Moskau erschossen). Als politisch verantwortlich galt Heinz Neumann, ein Freund von Stalin, der aber ab 1931 in Opposition zu Thälmann geriet. Wegen seiner Losung „Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft“, wurde er von Moskau kritisiert. (1937 wurde Neumann in Moskau erschossen.)

Die Frau von Heinz Neumann, Margarete Buber – Neumann, behauptet, das ein Funktionär aus Sachsen, ein gewisser Walter Ulbricht, letztlich dafür verantwortlich gewesen sei. Ulbricht war ein farbloser Funktionär ohne Charisma, aber er vertrat einen neuen Typus, den „Apparatschik“ und nicht mehr den Volkstribun. Er war ein Meister der Intrige und nutzte den Konflikt zwischen Thälmann und Neumann aus, um sich selbst nach oben zu arbeiten. Er soll Bröde den Befehl zur Ermordung der Polizeioffiziere gegeben haben, um diese Tat dann Neumann und Kippenberger unterzuschieben, seinen beiden größten Rivalen. Bröde hat dann anschließend Mielke und Ziemer ausgesucht.

Nun, wie dem auch sei. Mielke flüchtete nach der Tat nach Moskau und erhielt an der Lenin-Schule von 1932 – 1936 eine politische und militärische Ausbildung. Von 1936 – 1939 beteiligte er sich in Spanien an den internationalen Brigaden, hatte aber dort als Sicherheitsoffizier vor allem die Aufgabe, Trotzkisten und andere Abweichler aufzuspüren. Während des Weltkrieges hielt er sich in Südfrankreich versteckt, um dann nach 1945 in der späteren DDR seine Karriere als Stasichef zu beginnen.

1992 bis 1993 wurde gegen ihn ein Prozess geführt wegen der Ermordung der beiden Polizisten und man verurteilte ihn zu sechs Jahren Gefängnis.

(Margarete Buber-Neumann wurde 1937 in Moskau inhaftiert und 1940 an Deutschland ausgeliefert. Sie schrieb darüber ein Buch: Als Gefangene bei Stalin und Hitler. Eine Welt im Dunkeln)
james
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Ich hab da so einige Bedenken was diese Verurteilung betrifft und will das auch mal ins richtige Licht setzen.

Du hast vergessen zu erwähnen das Mielke 62 Jahre nach der Ermordung der beiden Polizisten dafür verurteilt wurde!
Nach 62 Jahren gab es weder Beweismittel noch Zeugen und somit ist eine Täterschaft sicher nicht mehr beweisbar gewesen.
Auch die Erinnerungen von Margarete Buber-Neumann zeigen eigentlich nur ein internes Bild der damaligen KPD, wie man es auch von heutigen Parteien kennt, wo Intrigen und Machtgerangel ebenfalls an der Tagesordnung sind. Hat Merkel nicht auch Kohl gestürzt? Und war die nicht auch ein farbloser Funktionär ohne Charisma, ein Apparatschik?
Warum sollte es damals anders gewesen sein?

1930 gründete die KPD den PSS, den Parteiselbstschutz, eine paramilitärische Organisation, die ca. 100.000 Mitglieder hatte, ok, aber zur gleichen Zeit hatten die Nazis ihre SA (Sturmabteilung) schon paramilitärisch organisiert. Die hatten 1933 400.000 Mitglieder!
Im Vorfeld der Reichstagswahl am 31. Juli 1932 gab es bürgerkriegsähnliche Zustände mit insgesamt etwa 300 Toten und über 1100 Verletzten, woran die SA maßgeblich beteiligt war.

Jeder von denen bereitete sich also auf eine Revolution vor. Wenn dann sollte man auch über alle paramilitärischen Verbände reden, das wäre durchaus interessant gewesen. Meine Oma hat mir erzählt das es damals andauernd schwere Straßenschlachten gab.

Aber mal ehrlich, es war von Anfang an klar, das Mielke als Stasichef verurteilt werden sollte und nur deshalb holte man diesen uralten Fall hervor! Für die Ossis ging es jedoch um Rache für das was er den Ossis angetan hat. Für die Wessis ging es nur darum, das System DDR juristisch abzuurteilen.
Insofern hätte Mielke vor einem Ostgericht gestellt werden müssen und von bespitzelten Ossis für seine Taten angeklagt und gerichtet werden müssen. Dann wäre er wohl auch nicht mit 6 Jahren davon gekommen. Stattdessen haben Wessis hier Siegerjustiz betrieben, sodaß dieser Prozess fragwürdig bleiben wird.
Und so ganz nebenbei hatte der Westen damit den Einheitsvertrag gebrochen, an dem sie sich eh nie gehalten haben, denn sie hatten nach dem Vertrag keinerlei Recht Ossis anzuklagen, was sie aber massenhaft versucht haben.

Die Einzigen die das Recht hatten die Leute anzuklagen und abzuurteilen waren die Ossis und das wäre eine ehrliche Form der Aufarbeitung gewesen.

Davon mal abgesehen waren es 1931 auch ganz andere Zeiten. Hatte Joshka Fischer nicht auch mal mit Baggersteinen nach Polizisten geworfen?
Aus Erzählungen weiss man das die Polizeioffiziere Anlauf und Lenk besonders sardistisch auf Demonstranten einprügelten und es wohl speziell auf Sozialisten (ja auch die galten damals politisch als linksextrem) wie auch auf Kommunisten abgesehen hatten. Ob sie Mitglied der Nazis waren und demzufolge auch gewalttätig gegen Minderheiten vorgingen, wurde nicht publiziert, sondern sie werden hier zu Opfern gemacht, wobei ihre Täterrolle nie beleuchtet wurde. Die wurden ja sicher nicht umsonst gehasst.

Wie bereits erwähnt galt die Tat immer als Vergeltungsschlag für den Tod von dem Klempner Fritz Auge, der am Tage zuvor auf diesem Platz nach einer Prügelei zwischen Demonstranten und Polizei gestorben war.
Insofern ist dies durchaus mit dem Fall Benno Ohnesorg zu vergleichen, der 1967 vom Polizisten Karl-Heinz Kurras niedergeschossen wurde, was ja genauso für Aufruhr sorgte und zu schweren Ausschreitungen führte. Kurras wurde nie verurteilt.
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