Gedanken zur Deutschen Einheit - warum so, wie sie war

Leben, Wirtschaft, Stasi, Sozialismus, SED, Überwachung, Diktatur, Honecker, Kommunismus, Mauer

Moderator: Barbarossa

Lia

Dieter hat geschrieben:das war eben festes Christentum.
Das bestreiten sogar meine Freunde aus der ex-DDR, allesamt SED- Opfer.
Man hatte seitens des Regimes nicht damit gerechnet, dass es so schnell so so viele werden sollten, die unter dem Dach der Kirche ihren Unmut äußerten.
Mit einzelnen oder kleineren Gruppen konnte man noch fertig werden, mit den Massen nicht mehr, zumal ja auch die westliche Presse zunehmend berichtete.
Bei der wirtschaftlichen Lage wurde es schwierig, die Welle noch zu brechen, ohne sich Sanktionen einzuhandeln.
Die Rolle, wie die katholische Kirche in Polen (samt Papst) spielte, die tägliche Anwesenheit im Leben hatte sie in der DDDR wohl für die meisten so wenig wie im Westen.
Dass Kirche nur ein Feigenblatt- oder Schutzschild war, sie aber nach der Wende wieder unpopulär wurde, sieht man an Mitgliederzahlen der evangelischen Kirche in den fünf ostdeutschen Ländern.
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Barbarossa
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Orianne hat geschrieben:Was ich mich frage, die Stasi hatte doch überall ihre Spitzel, warum sind die Kirchen nicht aufgeflogen?
Es ist richtig, dass die Kirchen und auch die kirchlichen Arbeitsgruppen mit Spitzeln der Stasi nur so gespickt waren. So war es wohl auch kein "dummer Zufall", dass die ersten Vorsitzenden der SDP und der Bürgerrechtsbewegung "Demokratischer Aufbruch" jeweils Spitzel der Stasi waren.
Dennoch waren die Bürgerrechtler in den Kirchen relativ sicher, bzw. der Staat tat sich schwer, gegen sie vorzugehen. Hintergrund dafür war die Religionsfreiheit, die in der DDR respektiert wurde - zumindest in den Kirchen selbst (*. Hier spielten die seit 1982 insbesondere in Dresden und Leipzig wöchentlich stattgefundenen Montagsgebete eine Schüsselrolle. Diese "Gebete" hatten oft politische Inhalte, fielen aber dennoch unter die Religionsausübung, wogegen die Staatsorgane wenig Handhabe hatten. Im Laufe der Zeit gab es allerdings im Anschluss an diese Gebete auch kleine öffentliche Kundgebungen - hier schlug der Staat dann allerdings häufig um so härter zu. Dennoch fanden diese Montagsgebete im Laufe der Jahre immer mehr Zulauf und die Teilnahme ging Ende der 80er Jahre schießlich in die Tausende. Auch immer mehr Nichtgläubige nahmen daran teil.
So gingen aus der evangelischen Tradition der Montagsgebete schließlich die Montagsdemonstrationen der friedlichen Revolution in der DDR hervor. Nur unter dem Dach der Kirche war es möglich, dass eine solche Bewegung entstehen konnte.

Es gab auch einen Versuch, eine Bürgerrechtsgruppe außerhalb der Kirche zu gründen - das war die "Initiative für Frieden und Menschenrechte", die Mitte der 80er Jahre gegründet wurde. Hier griff die Stasi sofort zu mit Verhaftungen und auch Ausweisungen in den Westen und die (ohnehin illegale) Oppositionsarbeit kam bis 1989 fast zum Erliegen.

Mein Fazit: Es war kein Versäumnis von Systemkritikern, dass es solange keine organisierte Opposition gab, sondern der Stasi gelang es, die Bildung von außerkirchlicher Opposition schon im Ansatz zu unterbinden.

(* Edit:
Der Grund war natürlich nicht, dass die Menschenrechte besonders wichtig genommen wurden, sondern das internationale Ansehen. Honecker wollte die DDR als einen international anerkannten Staat etablieren. Zu diesem Zweck wurden die KSZE-Verträge unterschrieben oder bspw. vor dem Treffen Honeckers mit Kohl 1987 die Todesstrafe abgeschafft. Mit der selben Absicht ist auch die weitgehende Respektierung der Religionsfreiheit zu sehen.
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dieter
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Lieber Barbarossa,
so hatten die KSZE-Verträge auch ihr Gutes. :D
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
Lia

Barbarossa hat geschrieben:Zu diesem Zweck wurden die KSZE-Verträge unterschrieben oder bspw. vor dem Treffen Honeckers mit Kohl 1987 die Todesstrafe abgeschafft. Mit der selben Absicht ist auch die weitgehende Respektierung der Religionsfreiheit zu sehen.
Das System hatte sich sozusagen selbst zumindest eine Longe angelegt, indem es internationale Abkommen unterzeichnte, die ihm umgekehrt wieder die Anerkennung als Staat bringen sollte. Gebremst, aber an die Kandare hattten sich Partei-Diktaturen nicht legen lassen.
Das heißt, dass man- die Stasi- auf einzelne Mitglieder keinen Druck ausübte und Schikanen einbaute, die oft alle Familienmitglieder trafen, gleich ob Katholik oder Protestant. Das weiß ich sicher und zuverlässig aus dem Freundeskreis von Diakonen und jemandem,der eigentlich katholische Theologie studieren wollte.
Dieter hat geschrieben:Lieber Barbarossa,
so hatten die KSZE-Verträge auch ihr Gutes.
Wieder so ein Satz, über dessen Sinn ich rätsele. Auch ihr Gutes? Kleine, aber ganz und gar nicht unbedeutende Schritte in Zeiten und in in einem Europa, das durch den eisernen Vorhang geteilt war und von vielen kriegerischen Auseinandersetzungen über Jahrhunderte gezeichnet war.
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