DDR-Bürger als "Versuchskaninchen" missbraucht

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Moderator: Barbarossa

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dieter
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Thomas1 hat geschrieben:Liebe Leute, bevor ihr alle die DDR als menschenverachtend verteufelt, stellt euch doch bitte mal einige Fragen: Wie kommt ein Staat auf die Idee, seine Bürger als Versuchskaninchen zu mißbrauchen? Da muß es doch ein Angebot der westdeutschen Pharmakonzerne gegeben haben, die ja schließlich auch gut gezahlt haben. Und man hätte es jederzeit kontrollieren können, immerhin hatten ja diese Konzerne genau gewußt, was sie rüber in die DDR schickten. Daß die Versuche in der DDR geheim blieben, gehörte im kalten Krieg zum guten Ton. Aber ich würde mal nicht nur dem MfS der DDR die Schuld geben, sonden auch den Pharmakonzernen, es gehören ja immer mindesten 2 dazu. Wer ist nun menschenverachtend?
Lieber Thomas,
ein kleiner Unterschied besteht doch. Die Pharmakonzerne waren keine staatlichen Betriebe. Also Pharmakonzerne mit den staatlichen Stellen der DDR gleichzusetzen, bedeutet Äpfel mit Pferdeäpfeln zu vergleichen. :wink: :mrgreen: (Vorsicht, Ironie)
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Triton
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Wie war das? Vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass Berliner Ärzte Patienten mit falschen Diagnosen zu unnötigen Behandlungen verhalfen, um Gelder der Pharmaindustrie zu kassieren. Scheinbar ein sehr lukratives Geschäft, Menschen chronische Krankheiten anzudichten und dann als Versuchskaninchen zu benutzen.
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Wendenkönig
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Hm, interessant. Wenn ich also etwas erfinde, von dem ich nicht weiß wie das Ergebnis wird, gebe ich es einem Bedürftigen und warte mal ab. Verantwortlich bin ich dann aber nicht, nur mitschuldig? Ich denke doch, Verantwortlich ist dann doch wohl der Hersteller, also in dem Fall die Farmakonzerne. Mitschuldig haben sich die entsprechenden Behörden der DDR gemacht, die diese Versuche zugelassen haben.
Wer will denn hier den ersten Stein werfen? Ich würde die Sache nach dem Prinziep "Der Hehler hängt wie der Stehler" behandeln. Oder ist hier ernsthaft jemand der Meinung, der Lieferant ist besser als der Probantenlieferant?
Sorben sind wir nicht, Wenden dürfen wir nicht sein also sind wir Deutsche (wendisches/ slavisches Sprichwort)
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Barbarossa
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Wendenkönig hat geschrieben:Hm, interessant. Wenn ich also etwas erfinde, von dem ich nicht weiß wie das Ergebnis wird, gebe ich es einem Bedürftigen und warte mal ab. Verantwortlich bin ich dann aber nicht, nur mitschuldig? Ich denke doch, Verantwortlich ist dann doch wohl der Hersteller, also in dem Fall die Farmakonzerne. Mitschuldig haben sich die entsprechenden Behörden der DDR gemacht, die diese Versuche zugelassen haben.
Wer will denn hier den ersten Stein werfen? Ich würde die Sache nach dem Prinziep "Der Hehler hängt wie der Stehler" behandeln. Oder ist hier ernsthaft jemand der Meinung, der Lieferant ist besser als der Probantenlieferant?
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Mit dem Prinzip "Der Hehler hängt wie der Stehler" gehe ich soweit auch mit.
Was aber das besonders Verwerfliche auf DDR-staatlicher Seite war, dass an Patienten ohne deren Wissen herumexperimentiert wurde. Es ist ein Unterschied, ob ein Partient solchen Experimenten einwilligt (vielleicht, weil er sterbenskrank ist und ein neues Präparat Hoffnung verspricht), oder ob er nicht einmal die Chance zur Zustimmung hat, weil er davon nichts weiß. Und auf diese DDR-Praxis hatten die westlichen Pharmakonzerne keinen Einfluss, weil auch keine Kontrollmöglichkeit vorhanden war. Hier sind diese also nach meiner Meinung schon zu entlasten und dem SED-Staat trifft hier m. E. die Hauptschuld, weil er sich nicht in die Karten schauen ließ. Anderenfalls hätten die Konzerne Lieferungen dieser Art komplett unterlassen müssen. Und das "nur" auf den bloßen Verdacht hin, die DDR könnte mit den Medikamenten schindluder betreiben.
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Wendenkönig
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Barbarossa hat geschrieben:
Wendenkönig hat geschrieben:Hm, interessant. Wenn ich also etwas erfinde, von dem ich nicht weiß wie das Ergebnis wird, gebe ich es einem Bedürftigen und warte mal ab. Verantwortlich bin ich dann aber nicht, nur mitschuldig? Ich denke doch, Verantwortlich ist dann doch wohl der Hersteller, also in dem Fall die Farmakonzerne. Mitschuldig haben sich die entsprechenden Behörden der DDR gemacht, die diese Versuche zugelassen haben.
Wer will denn hier den ersten Stein werfen? Ich würde die Sache nach dem Prinziep "Der Hehler hängt wie der Stehler" behandeln. Oder ist hier ernsthaft jemand der Meinung, der Lieferant ist besser als der Probantenlieferant?
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Mit dem Prinzip "Der Hehler hängt wie der Stehler" gehe ich soweit auch mit.
Was aber das besonders Verwerfliche auf DDR-staatlicher Seite war, dass an Patienten ohne deren Wissen herumexperimentiert wurde. Es ist ein Unterschied, ob ein Partient solchen Experimenten einwilligt (vielleicht, weil er sterbenskrank ist und ein neues Präparat Hoffnung verspricht), oder ob er nicht einmal die Chance zur Zustimmung hat, weil er davon nichts weiß. Und auf diese DDR-Praxis hatten die westlichen Pharmakonzerne keinen Einfluss, weil auch keine Kontrollmöglichkeit vorhanden war. Hier sind diese also nach meiner Meinung schon zu entlasten und dem SED-Staat trifft hier m. E. die Hauptschuld, weil er sich nicht in die Karten schauen ließ. Anderenfalls hätten die Konzerne Lieferungen dieser Art komplett unterlassen müssen. Und das "nur" auf den bloßen Verdacht hin, die DDR könnte mit den Medikamenten schindluder betreiben.

Danke für Dein WILLKOMMEN, :)
Ich stimme ja mit Dir in einigen Punkten überein ABER, meine Frage wäre: Wer glaubt denn ernsthaft, die Pharmahersteller hätten nicht gewusst, wie mit ihren Produkten verfahren wurde? Genau wie die Bosse der Industrie wussten wer zum Beispiel die superbilligen Textilien, die Möbel, die Stahlerzeugnisse herstellte (in allen genannten Produktionszweigen kamen Strafgefangene der DDR Justiz zum Einsatz und das zum Teil tatsächlich unter menschenunwürdigen Bedingungen), genau so war bekannt, dass auch Strafgefangene UND "normale" DDR Bürger dafür herhalten mussten um Medikamente zu testen. Alle diese Leistungen wurden akribisch ausgehandelt und vertraglich festgehalten. Genauso vertraglich festgehalten wurden auch die die Umstände wie die Erprobung in Anwendung kommen würde. Auf Verschwiegenheit wurde besonders großer Wert gelegt, Verschwiegenheit gegen Außen wie in dem Fall auch gegen Innen. Ich glaube nämlich nicht dass es eine Positive Reaktion gegeben hätte wenn Testpersonen über Misserfolge und schlechte Nebenwirkungen geplaudert hätten. In dem Umfang in dem diese Test vonstatten gingen war doch allen klar, dass selbst die Probanten nichts wissen durften. Also wurden die Test´s ohne Kenntnis der "Patienten durchgeführt. Kein Stein konnte unabsichtlich in´s Wasser fallen und Wellen erzeugen. Wie gut für die Pharmas und profitabel für die DDR Behörden.
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Barbarossa
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Wendenkönig hat geschrieben:...
Ich stimme ja mit Dir in einigen Punkten überein ABER, meine Frage wäre: Wer glaubt denn ernsthaft, die Pharmahersteller hätten nicht gewusst, wie mit ihren Produkten verfahren wurde? ...
Nun ja, der Artikel von n-tv lässt tatsächlich ein Fragezeichen draüber zurück, ob man im Westen nicht vielleicht doch bescheid wusste, was in den DDR-Kliniken passierte.
Es gab aber auch Fernsehberichte über das Thema, wo gesagt wurde, dass alles unter Geheimhaltung ablief. Ich würde den Fernsehberichten schon glauben.
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Triton
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Bleibt noch die Frage: An wem testet die Pharmaindustrie heute ihre Neuheiten?
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Renegat
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Triton hat geschrieben:Bleibt noch die Frage: An wem testet die Pharmaindustrie heute ihre Neuheiten?
Hauptsächlich in Drittweltländern, auch in Indien. Da ist eine ganze Testindustrie entstanden, mit scheinbar unabhängigen Testinstituten, die fertige Berichte liefern, die die Pharmafirmen bezahlen. Man kann sich aber auch hier gegen Aufwandsentschädigung als Testperson betätigen. Es gibt verschiedene Stufen bei Arzneimitteltests.
Den Pharmafirmen ist es ziemlich egal, wie die Testfirmen ihre Probanden rekrutieren und wie gut die über Risiken und Nebenwirkungen aufgeklärt werden. Da es ja scheinbar eigenständige Institute sind, sind sie formal dafür nicht verantwortlich. Gar nicht so anders, wie damals in der DDR. Ist doch praktisch.
Andererseits muß man natürlich sehen, dass Arzneimittel auch an Menschen getestet werden müssen, sonst können sie nicht für den Markt zugelassen werden.
james
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Mehr als 50.000 Patienten dienten als Testpersonen, oft ohne es zu wissen - viele starben.
Ist natürlich ein Beweis für die Richtigkeit der Behauptung. Ist das die gleiche Zeitung die behauptet hat, das 90% aller DDR-Bürger unter Herzkreislauferkrankungen litten?
Und mal davon abgesehen laufen die gleichen Versuche in Indien, Indochina, China und Bangladesh.
Sind das alles totalitäre Regime?

Wo sind die Contergan-Kinder der DDR?
Der Chefarzt von meinem damals schwerkrankem Vater hat mir da was ganz anderes erzählt und der gehörte zum erlauchten Kreis jener die eingeweiht waren.
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