Verantwortung in einem totalitären Staat

Leben, Wirtschaft, Stasi, Sozialismus, SED, Überwachung, Diktatur, Honecker, Kommunismus, Mauer

Moderator: Barbarossa

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Peppone
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Barbarossa hat geschrieben:...Gerhard „Adi“ Adolph?
Wenn dir angesichts von Regierungsbeteiligungen der Linken der Hut hoch geht, wie steht´s denn da mit Nutznießern des DDR-Sportregimes wie "Adi" oder auch Kathi Witt?

Beppe
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Barbarossa
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Peppone hat geschrieben:Wenn dir angesichts von Regierungsbeteiligungen der Linken der Hut hoch geht, wie steht´s denn da mit Nutznießern des DDR-Sportregimes wie "Adi" oder auch Kathi Witt?

Beppe
Das ist tatsächlich eine gute Frage. Die ist so einfach auch gar nicht zu beantworten.
Wo fängt die Verantwortung für die Aufrechterhaltung eines Regimes an? Diese Frage habe ich mir auch schon oft gestellt.
Schon bei einer einfachen Mitgliedschaft in der machthabenden Partei? (also der SED)
Oder erst, nachdem man ein Stück "die Leiter hochgeklettert" ist?
Und wie ist das mit den Blockparteien?
Welche Verantwortung tragen die?

Aber ich glaube, dazu sollten wir ein extra Thema eröffnen.
Oder?
:wink:
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dieter
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Lieber Barbarossa,
dann eröffne ein neues Thema, mich würde dazu Deine Meinung schon interessieren. :wink: Bin meistens prakmatisch, alles was Gold (Sieg) einbringt ist in Ordnung. Nehme den ehemaligen Stars auch nicht übel, dass sie bei den Medailien besser waren als die BRD-Sportler.
Nur eins: Bei der Auscheidung zu olympischen Spielen, wo es noch eine Gesamtdeutsche Mannschaft gab und die 4X100 Meterstaffel der Frauen der DDR gegen die gleiche Stafel der BRD antreten mußte, wegen der Teilnahme an den Spielen, gewann in meiner Geburtsstadt Kassel die Mannschaft der DDR haushoch im Auestadion. Anschließend wollten begeisterte Jugendliche von den DDR-Stars Autogramme haben, die weigerten sich aber, soche zu geben. Wie verbohrt muß man den eigentlich sein, um Autogramme von Fans zu verweigern. :oops: :evil: :twisted:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Peppone
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dieter hat geschrieben: die weigerten sich aber, soche zu geben. Wie verbohrt muß man den eigentlich sein, um Autogramme von Fans zu verweigern. :oops: :evil: :twisted:
Die Verbohrten waren eventuell die Sportfunktionäre. Weißt du denn, ob die Sportler überhaupt Autogramme geben durften? Vielleicht wurde ihnen ja der direkte Kontakt mit dem "Klassenfeind" untersagt - und Autogramme stellen ja schon so was wie die Ehrung eines Individuums dar, wo doch die DDR-Sportler ihren Sport ausschließlich ausübten zu Ehren des Sozialismus und um den Sozialismus zu fördern. Wenn dann so ein Sportler auch noch Autogramme gibt, dann hat das schon was von "Huldigung", was im Sozialismus ebenfalls nicht gern gesehen worden sein dürfte.

Beppe
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Barbarossa
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Peppone hat geschrieben:Die Verbohrten waren eventuell die Sportfunktionäre. Weißt du denn, ob die Sportler überhaupt Autogramme geben durften? Vielleicht wurde ihnen ja der direkte Kontakt mit dem "Klassenfeind" untersagt - und Autogramme stellen ja schon so was wie die Ehrung eines Individuums dar, wo doch die DDR-Sportler ihren Sport ausschließlich ausübten zu Ehren des Sozialismus und um den Sozialismus zu fördern. Wenn dann so ein Sportler auch noch Autogramme gibt, dann hat das schon was von "Huldigung", was im Sozialismus ebenfalls nicht gern gesehen worden sein dürfte.

Beppe
Öhm - klares "jein"!
:mrgreen:

Auch bei uns wuden Sieger hochgejubelt - auch in der Frühzeit der DDR - ich denke da so an Täve Schur.
Aber mit den Sportfunktionären könntest du recht haben. Soviel ich weiß gab es eine Kontaktsperre mit Menschen aus dem NSW und auch ein Autogramm wäre ein "Kontakt" gewesen. Ich denke, sie durften einfach nicht.

Edit:
So, abgetrennt habe ich die Beiträge schon und damit ist das neue Thema eröffnet.
Meine Ansicht darüber folgt sicher bald.
:wink:
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Peppone
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Barbarossa hat geschrieben:Edit:
So, abgetrennt habe ich die Beiträge schon und damit ist das neue Thema eröffnet.
Meine Ansicht darüber folgt sicher bald.
:wink:
Danke!

Beppe
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Vergobret
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Barbarossa hat geschrieben: Edit:
So, abgetrennt habe ich die Beiträge schon und damit ist das neue Thema eröffnet.
Meine Ansicht darüber folgt sicher bald.
:wink:
Du seist hiermit daran erinnert, find ich nämlich 'ne gute Frage.
„In all den Jahren habe ich so viele junge Männer gesehen,
die der Meinung waren, auf andere junge Männer zuzulaufen.
Aber das stimmt nicht.
Sie liefen alle zu mir.“
so sprach der Tod

Aus „Die Bücherdiebin“
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dieter
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Peppone hat geschrieben:
dieter hat geschrieben: die weigerten sich aber, soche zu geben. Wie verbohrt muß man den eigentlich sein, um Autogramme von Fans zu verweigern. :oops: :evil: :twisted:
Die Verbohrten waren eventuell die Sportfunktionäre. Weißt du denn, ob die Sportler überhaupt Autogramme geben durften? Vielleicht wurde ihnen ja der direkte Kontakt mit dem "Klassenfeind" untersagt - und Autogramme stellen ja schon so was wie die Ehrung eines Individuums dar, wo doch die DDR-Sportler ihren Sport ausschließlich ausübten zu Ehren des Sozialismus und um den Sozialismus zu fördern. Wenn dann so ein Sportler auch noch Autogramme gibt, dann hat das schon was von "Huldigung", was im Sozialismus ebenfalls nicht gern gesehen worden sein dürfte.
Beppe
Lieber Beppe,
es kann natürlich sein, dass es bei denen soweit ging. :roll: Ich weiß nur, dass ich die Wechsel des DDR-Quartetts fantastisch fand und sicherlich mehreren westdeutschen Besuchern das genauso ergangen ist. Ich bewundere Leistung, egal vom wem die erzielt wurde. Auch von einem 100-Meterläufer aus Jamaika. :wink: Übrigends Kati Witt als "schönstes Gesicht des Sozialismus", durfte sogar bei Holiday on Ice auftreten und da gab es die DDR noch, wurde auch von Honni ausdrücklich gelobt. :roll:
Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu.
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Peppone
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dieter hat geschrieben: Ich weiß nur, dass ich die Wechsel des DDR-Quartetts fantastisch fand und sicherlich mehreren westdeutschen Besuchern das genauso ergangen ist. Ich bewundere Leistung, egal vom wem die erzielt wurde. Auch von einem 100-Meterläufer aus Jamaika. :wink:

Das hat aber jetzt mit dem Thema nix zu tun, oder?!?
dieter hat geschrieben:Übrigends Kati Witt als "schönstes Gesicht des Sozialismus", durfte sogar bei Holiday on Ice auftreten und da gab es die DDR noch, wurde auch von Honni ausdrücklich gelobt. :roll:
Reine Werbemaßnahme, und Kati hatte ihren Funktionären auch die Pistole auf die Brust gesetzt. Hätte sie nicht fahren dürfen, hätte sie Rabatz gemacht. Die Macht hatte sie in den letzten Jahren der DDR schon. Und einen weiteren Gesichtsverlust wollte Honni (oder jemand von den Bonzen, der das eben entschieden hat) sich nicht leisten.
Kati war nicht Biermann, Ende der 80er waren nicht Mitte der 70er!

Kati war darüber hinaus auch "ideologisch stabil" - ohne das hätte sie auch beim größten Druck nicht fahren dürfen...

Beppe
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dieter
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Peppone hat geschrieben:
dieter hat geschrieben: Ich weiß nur, dass ich die Wechsel des DDR-Quartetts fantastisch fand und sicherlich mehreren westdeutschen Besuchern das genauso ergangen ist. Ich bewundere Leistung, egal vom wem die erzielt wurde. Auch von einem 100-Meterläufer aus Jamaika. :wink:
1)Das hat aber jetzt mit dem Thema nix zu tun, oder?!?
dieter hat geschrieben:Übrigends Kati Witt als "schönstes Gesicht des Sozialismus", durfte sogar bei Holiday on Ice auftreten und da gab es die DDR noch, wurde auch von Honni ausdrücklich gelobt. :roll:
2)Reine Werbemaßnahme, und Kati hatte ihren Funktionären auch die Pistole auf die Brust gesetzt. Hätte sie nicht fahren dürfen, hätte sie Rabatz gemacht. Die Macht hatte sie in den letzten Jahren der DDR schon. Und einen weiteren Gesichtsverlust wollte Honni (oder jemand von den Bonzen, der das eben entschieden hat) sich nicht leisten.
Kati war nicht Biermann, Ende der 80er waren nicht Mitte der 70er!
Kati war darüber hinaus auch "ideologisch stabil" - ohne das hätte sie auch beim größten Druck nicht fahren dürfen...
Beppe
Lieber Beppe,
1) wieso hat das mit dem Thema nichts zu tun :?: Ich bewundere Leistung, egal vom Wem sie erbracht wurde, also auch vom Quartet der DDR und Bolt sowieso, wenn der den Turbo anstellt, auch wenn ich manchmal meine, dass er gedopt ist. :wink:
2) Wenn unsere Kati "ideologisch so stabil" war, dann hat sie sich aber schnell nach der Wende umgestellt, also ein Wendehals. Sie war und ist immer da, wo oben ist. Zuletzt bei der Bewerbung von München für die Winterspiele. :wink:
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Barbarossa
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Vergobret hat geschrieben:Du seist hiermit daran erinnert, find ich nämlich 'ne gute Frage.
Ich hab es nicht vergessen. Ich bin noch dabei, mir darüber Gedanken zu machen und auch noch beim schreiben. Es wird wohl ein kleiner Aufsatz werden.
:wink:

Also meine Arbeitsthese ist ja:
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dieter
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Lieber Barbarossa,
so isses. :wink: Dewegen haben wir ja bei Euch immer noch eine Menge Leute, die der DDR nachhängen und die Linke/PDS/SED wählen. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass es in Ostdeutschland tatsächlich soviel Kommunisten gab und gibt. Meine ostdeutsche Verwandtschaft hat mir erklärt, dass sie immer gegen dieses System war, auch der SED-Mann, der ein Jahr zu früh den Aufstand geprobt hatte. :roll:
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Barbarossa
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Ich denke, ich habe euch mit den Hauptfragen lange genug auf die Folter gespannt. Allerdings hatte ich in den letzten Tagen anderweitig genug zu tun – das wird wohl jeder verstehen. Und die Fragen sind auch nicht so ganz schnell beantwortet.

Also die Hauptfragen dieses Themas waren ja:

Wo fängt die Verantwortung für die Aufrechterhaltung eines Regimes an?
Schon bei einer einfachen Mitgliedschaft in der macht habenden Partei?
(also der SED)
Oder erst, nachdem man ein Stück "die Leiter hochgeklettert" ist?
Und wie ist das mit den Blockparteien?
Welche Verantwortung tragen die?

Ich habe dazu nun einen längeren Artikel darüber geschrieben, wie ich die Sache sehe:


>>So manch einer hat sich seit 1989 vielleicht schon einmal gefragt, wieviel persöhnliche Verantwortung er selbst für die 40 Jahre währende Existenz der DDR trägt. Dieser Artikel soll dazu einen Denkanstoß anhand meiner eigenen Erfahrungen in der DDR geben...<<
DDR-Flagge.JPG
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dieter
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Lieber Barbarossa,
ich habe Dein Statement gelesen. Dein Verhalten kommt mir nicht besonders mutig vor. Soviel Engagemant wie Du gebracht hast reicht doch dazu aus, dass der Staat DDR weiter existieren konnte.
Ich will Dir nur kurz meinen Werdegang berichten. Mein Vater ist am 10.12.1941 vor Moskau bei Kalinin heute wieder Twer gefallen.Er wußte, dass es mich gab konnte mich aber nicht mehr sehen. Meine Mutter heiratete während des Krieges nochmal, wir zogen nach Belgard in Pommern, wo er bei einer Fahrschule der Wehrmacht Dienst tat. Er mußte nicht an die Front, aber die Front kam 1945 zu uns. Wir gingen auf die Flucht, die Erlebnisse will ich Dir ersparen. Von ihm haben wir nie mehr etwas gehört. Sicherlich auch gefallen. Wir gingen zurück nach Kassel, wo die Großeltern lebten. Der Großvater vätelicherseits wurde von einem amerik. Captain umgebracht, weil er ab 1933 in der Nazipartei war. Ich kam in Kassel-Bettenhausen in die Volksschule, meine Mutter heiratete zum dritten Mal und ich kam nach Frankfurt/M. in die Mittelschule. Im Untericht hatte ich mich immer für Sozialkunde (Politik) und Geschichte interessiert. Ich schloß nach 10 Jahren die Schule mit dem Zeugnis der Mittleren Reife ab. Ging als Lehrling zur LVA Hessen- Deutsche Rentenversicherung und trat in die Gewerkschaft ÖTV ein. Machte insgesamt drei Verwaltungprüfungen bis ich Inspektor wurde. Trat 1969 in die SPD ein, weil ich der meinung wie Willy brandt war, dass man mit dem Osten reden sollte. War mal zu Besuch in der DDR, wo ich ein Mädchen kennen und lieben lernte, aber das zerschlug sich wieder weil sie einen Anderen kennenlernte. Heiratete, wir haben einen klugen Sohn von dem ich schon berichtet habe. Dieser verweigerte den Wehrdienst. Ich trat 1989 aus der SPD aus, weil auch sie mich bei acht Prostata und Harnröhrenops. bis zum 65. Lebensjahr arbeiten lassen wollten. Ich fand auch die Politik von Kohl, die zur Wiederverreinigung führte gut.
Ich bin Pensionär, mitglied der Ev. Kirche von Hessen und Nassau und Fördermitglied von Greenpeace.
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Barbarossa
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dieter hat geschrieben:Lieber Barbarossa,
ich habe Dein Statement gelesen. Dein Verhalten kommt mir nicht besonders mutig vor. Soviel Engagemant wie Du gebracht hast reicht doch dazu aus, dass der Staat DDR weiter existieren konnte...
Ich weiß nicht...
Ich denke eigentlich nicht, weil sich das gesamte System - egal ob politisch oder auch wirtschaftlich - auf SED-Funktionäre aufgebaut war. Ja auch in der Wirtschaft in der Betrieben saßen sie und hielten die Zügel fest in der Hand. Das hätte nicht funktioniert, wenn es nicht ausreichend dieser Leute gegeben hätte - daher ja auch meine These. Das ganze System wäre dann zusammengebrochen. Deswegen war es ja auch so schwer, überhaupt irgendeine Art von "Widerstand" zu leisten, denn überall konnte einer von "denen" sein und einen beobachten. Und selbst die Wände zu Hause konnten "Ohren" haben...

Nicht jeder ist ein Biermann - und du mußt bedenken, ich war erst 22, als die Wende begann. Auch ein Biermann hat erst eine Entwicklung durchgemacht (siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Wolf_Bierm ... in_Hamburg).
Stellte man sich offen gegen den Staat (die Politik des Staates zu kritisieren, war gleichbedeutend damit), wußte man, daß man in diesem Staat nie wieder froh werden konnte. Im Grunde konnte man dann nur noch die Ausreise beantragen. Bis man diese genehmigt bekam, mußte man sich oft mehrere Jahre demütigen lassen. Es war eine grunsätzliche und endgültige Entscheidung. Das alles wußte man. Dazu muß man wirklich erst bereit sein. Es gab nur: ja oder nein = bleiben oder gehen. Blieb man, mußte man den Mund halten. Es war eben so. Die "kleinen Dinge", die ich getan habe, waren schon so das äußerse, was man tun konnte, ohne gleich mit dem Staat in Konflikt zu geraten.
Ich denke, solange man weitgehend in Ruhe gelassen wird und nicht hungern muß, solange wehrt man sich nicht. Damit beginnt man erst, wenn man sich in die Ecke gedrängt fühlt - erst recht, wenn man in ein System hinein geboren wird und es gar nicht anders kennt - und die Eltern es einem vor machen.
Ich gehe allerdings heute tatsächlich davon aus, daß ich irgendwann mit dem System endgültig in Konflikt geraten wäre, wäre die Wende nicht gekommen. Beweisen kann ich es natürlich nicht, aber du solltest bedenken, ich war ja noch sehr jung.
Kriegserlebnisse haben da natürlich eine ganz andere Qualität.
Die kann man mit einem Leben, zwar in einer Diktatur, aber immerhin im Frieden nicht vergleichen.
Beim ersten kommen Ereignisse/Schicksalsschläge auf einen zu, die man nicht ändern kann - wo man gar keine Wahl hat.
Beim zweiten hat man eine Wahl. Die Wahl sich zu entscheiden oder zumindest abzuwarten - auf einen günstigen Moment. Das ist der Unterschied.
:wink:
Die Diskussion ist eröffnet!

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